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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Fachfremde Patientenaufklärung - Juristische Frage



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Medimatze
30.05.2016, 20:37
Inwieweit hafte ich für eine fachfremde Aufklärung?
Als UCh für eine Gastro, oder ein CT mit KM. Wie siegt es juristisch aus wenn was passiert.

test
30.05.2016, 20:40
Hallo,

ich würde davon ausgehen, dass ein Unfallchirurg in aller Regel nicht in der Lage ist über eine Gastroskopie oder ein CT mit KM aufzuklären. Hängt aber sicher von den Vorerfahrungen und Kenntnissen des Einzelnen ab.
Im Zweifel würde ich es mit der Rechtsabteilung deines Arbeitgebers klären.
Bei uns gibt es die klare Vorgabe, dass diejenigen aufklären, die die Prozedur durchführen. Bei komplexen Prozeduren sollte es auch nicht durch den Assistenten im 1. Jahr erfolgen sondern durch jemanden, der die Prozedur wirklich aus eigener Erfahrung gut kennt.

Und natürlich haftet der, der aufklärt, für seine Aufklärung.

Medimatze
30.05.2016, 20:46
Natürlich bin ich in der Lage die Aufklärung durchzuführen, was ja aber nicht die Frage ist. Wer haftet, wenn der Internist die Untersuchung durchführt, ein Loch in die Magenwand stochert, der Patient operiert wird und letztlich verstirbt!? Bei uns im Haus wird es "erwartet" dass die anfordernte Abteilung die Aufklärung auch macht. Umgekehrt natürlich nicht. "Ist schon immer so". Inwiefern bin ich als Aufklärer haftbar?!

Sebastian1
30.05.2016, 21:02
Bei uns (grosses Haus) ist klar die Abteilung zuständig, die durchführt.

Medimatze
30.05.2016, 21:03
Mich interessiert die juristische Situation...

Absolute Arrhythmie
30.05.2016, 21:15
Dann fragst du vielleicht besser in einem Juristenforum?

kartoffelbrei
30.05.2016, 21:25
Ich denke, dass wird auch nicht anders sein, als wenn du für eine OP aufklärst, und dein operierender Kollege schneidet den Nerv durch... Wenn du darüber nicht aufgeklärt hast, bist du natürlich für die fehlerhafte Aufklärung verantwortlich. Ob jetzt bei einer formal korrekten Aufklärung für ein anderes Fach dir bei Komplikationen trotzdem ein findiger Anwalt einen Strick daraus drehen könnte nach dem Motto "Man kann als Fachfremder gar nicht korrekt aufklären", kann ich nicht beurteilen...

Hoppla-Daisy
30.05.2016, 21:25
Unser Chef sagte, dass er es uns untersagen würde, eine fachfremde Aufklärung durchzuführen. Das sei ganz klar Sache der ausführenden Abteilung. Juristisch würde man uns unter Umständen nämlich ordentlich drankriegen. So waren seine Worte. "Jeder Anwalt nimmt euch auseinander, das glaubt mal! Und dann sitzt ihr in der Patsche!"

Und wir wurden angehalten, das auch ganz klar so allen mitteilen, die uns zu einer "mal eben schnell aufklären, damit wir loslegen können-Aufklärung" "nötigen" wollen.

Medimatze
30.05.2016, 21:52
Habe auch schon einige Juristen gefragt. Es ist ja an sich delegierbar. Damit auch an einen anderen Arzt, damit auch an eine fachfremde Abteilung. Sogar an den Hausarzt. Rechtlich konnte und kann es mir aber niemand sagen. Mein Chef sagt "mach es halt". Ich mach auch von mir aus die Aufklärung, allerdings möchte ich meine Unterschrift nicht im Dokument haben, weil ich die möglichen Folgen nicht kenne.

test
30.05.2016, 21:55
Natürlich bin ich in der Lage die Aufklärung durchzuführen, was ja aber nicht die Frage ist. Wer haftet, wenn der Internist die Untersuchung durchführt, ein Loch in die Magenwand stochert, der Patient operiert wird und letztlich verstirbt!? Bei uns im Haus wird es "erwartet" dass die anfordernte Abteilung die Aufklärung auch macht. Umgekehrt natürlich nicht. "Ist schon immer so". Inwiefern bin ich als Aufklärer haftbar?!

Und wodurch bist du dazu in der Lage? Kannst du sowohl eine Gastroskopie als auch ein CT mit KM selber durchführen und hast dies auch selbständig schon in größerer Zahl getan? Kennst die verschiedenen Komplikationen in ihrer jeweiligen Häufigkeit auch Abteilungsspezifisch?

Letzlich wird vor Gericht geurteilt und das kann oft ganz anders ausgehen als man vorher denkt, da vieles Auslegungs und Interpretationssache ist.

Fakt ist:
Nach der Neuregelung des § 630e Abs. 2 Nr. 1 BGB ist vorgesehen, dass die Aufklärung mündlich entweder durch den Behandelnden selbst oder durch eine „Person“ erfolgen muss, „die über die zur Durchführung der Maßnahme notwendige Ausbildung verfügt“.

Wenn jetzt ein Richter das so auslegt, dass nur derjenige über die zur Durchführung notwendige Ausbildung verfügt, der das wirklich schon selbständig gemacht hast, könntest du als UCH, der nicht gastroskopieren kann, angeschmiert sein, da er sagen könnte, dass du gar nicht in der Lage warst aufzuklären.

Die deutsche Röntgengesellschaft interpretiert das so:
Im Hinblick auf die Aufklärung im Vorfeld zu radiologischen Maßnahmen bedeutet dies, dass es sich bei dem Aufklärenden um einen Arzt mit entsprechender Fachkunde im Sinne der RöV handeln muss.

Ob das ein Richter genauso sieht, wird man dann vor Gericht sehen ;-)

Man will es nicht unbedingt darauf ankommen lassen, daher haben, wie du hier im Thread selber nachlesen kannst, viele Kliniken Regeln eingeführt, dass die behandelnde Abteilung aufklärt. Wie gesagt bei uns auch bei komplizierteren Eingriffen jemand mit Erfahrung in dem Eingriff. Es kann niemand vernünftig über einen komplizierten Eingriff aufklären bei dem er nicht öfter dabei war. MAn kann doch dann gar nicht die Häufigkeiten der verschiedenen Komplikationen vernünftig einschätzen, diese können ja auch in verschiedenen Abteilungen und je nach Patientengut schwanken.

Ich kann dir da nur empfehlen das PAtientenrechtegesetz und die Empfehlungen der Ärztekammern und Fachgesellschaften zu dem Thema zu lesen. Aber wie gesagt, was vor Gericht passiert, ist manchmal was ganz anderes. Da werden auch mal URteile gesprochen, die vorher niemand erwartet hätte. :-nix

test
30.05.2016, 21:57
Habe auch schon einige Juristen gefragt. Es ist ja an sich delegierbar. Damit auch an einen anderen Arzt, damit auch an eine fachfremde Abteilung. Sogar an den Hausarzt. Rechtlich konnte und kann es mir aber niemand sagen. Mein Chef sagt "mach es halt". Ich mach auch von mir aus die Aufklärung, allerdings möchte ich meine Unterschrift nicht im Dokument haben, weil ich die möglichen Folgen nicht kenne.

Waren das auf Medizinrecht spezialisierte Juristen, die sich auch mit dem Patientenrechtegesetz auseinander gesetzt haben?

Von denen mit denen ich zu dem Thema Kontakt hatte, wurde das klar im o.g. von mir zitierten Sinne interpretiert.
Wie gesagt, wenn du die Fachkunde i.S. RöV hast, mag das mi dem CT ok sein bei der Gastro sehe ich als UCH ohne eigene GAstroerfahrung eher schwarz.

anignu
30.05.2016, 22:28
Fakt ist:
Nach der Neuregelung des § 630e Abs. 2 Nr. 1 BGB ist vorgesehen, dass die Aufklärung mündlich entweder durch den Behandelnden selbst oder durch eine „Person“ erfolgen muss, „die über die zur Durchführung der Maßnahme notwendige Ausbildung verfügt“.

Wenn jetzt ein Richter das so auslegt, dass nur derjenige über die zur Durchführung notwendige Ausbildung verfügt, der das wirklich schon selbständig gemacht hast, könntest du als UCH, der nicht gastroskopieren kann, angeschmiert sein, da er sagen könnte, dass du gar nicht in der Lage warst aufzuklären.
Jetzt kommen wir irgendwie in einen kompletten Schmarrn.

Wenn es ernsthaft drum geht, dass man nur drüber aufklären darf was man selbst auch durchführen kann, dann dürfen Assistenzärzte bald gar nichts mehr aufklären. Dann darf ein Assistenzarzt im 1. Jahr Unfallchirurgie nicht mal für eine Duokopfprothese aufklären weil er es einfach nicht kann. Dann darf ein junger Facharzt für Viszeralchirurgie über Lebertransplantationen nicht aufklären weil er es nicht kann... Irgendwo ist da auch die Grenze des Unsinns erreicht.

Es geht doch drum ob man beurteilen kann wie schwerwiegend und häufig die Komplikationen sind. Ein viszeralchirurgischer Assistenzarzt kann sehr wohl beurteilen wie schwerwiegend Komplikationen einer Magen-/Darmspiegelung sein können. In gefäßchirurgischen Abteilungen die selbst keine Angiographien/PTAs machen können die trotzdem die Aufklärungen übernehmen weil sie diejenigen sind die dann die Komplikationen versorgen etc... Es ist doch so: wenns sehr fachspezifische Dinge sind darf man es nicht, wenns eher allgemeine Dinge sind dann schon. Und zum Common Trunc der Chirurgen gehört meiner Meinung nach dazu dass man ungefähr weiß was ein CT ist und was eine ÖGD ist.

Im Zweifel ist immer erstmal der Ausführende Schuld weil der sich über die Wirksamkeit der Aufklärung Gedanken machen muss.

Der Rest sind Regularien des Hauses.
Ich kenn das auch so dass die nicht patientenführenden Abteilungen oder sogenannten Hilfswissenschaften grundsätzlich erstmal alles abwälzen was Arbeit bedeuten könnte. Also für ein CT mit KM wird erwartet: schriftliche Anmeldung im PC, telefonische Anmeldung bzgl. Terminvereinbarung, vollständig ausgefüllte Aufklärung, funktionierende Venenverweilkanüle und die Medikation entsprechend angepasst (Metformit pausiert etc.). Und wenn auch nur eines dieser Dinge nicht funktioniert dann werden von Assistent bis Oberarzt einfach mal alle zusammengestaucht und man darf betteln das man seine Untersuchung noch bekommt.
Ebenso wie die Anästhesisten: wollen irgendwelche Untersuchungen präOP (vor allem internistischer Natur) von denen weder ich noch der Internist versteht warum eigentlich. Auch der Anästhesist kann es nicht genau sagen aber wenn wir nicht liefern gibts keine Narkose. Oder Darmspiegelung bei unklarem Hb-Verlust und positivem Hämoccult: logisch muss die Aufklärung von der patientenführenden Abteilung erfolgen und alles vorbereitet werden.

Wobei wir hier schon schön langsam immer grundsätzlicher werden: wir eigentlich patientenbehandelnden Ärzte lassen uns von Verwaltung, Hilfswissenschaften und unterstützenden Abteilungen so viel Zeug reindrücken dass die eigentliche Patientenversorgung immer schlechter wird. Aber offensichtlich ist das so gewollt. Komplikationsstatistiken? Müssen logischerweise die Ärzte machen. Patienten bitten die Fragebögen zur atientenzufriedenheit auszufüllen? Ärztliche Aufgabe. Eine Schwester hat grad keine Zeit für Verbände? Ärztliche Aufgabe... Wir lassen uns einfach nur noch verarschen.

@Brutus: ich warte mal wieder auf eine Antwort von dir. Bringst mich immer wieder ganz gut auf den Boden zurück wenn ich mal wieder beschissene Wochen hatte und mich mal wieder grundsätzlich auskotzen muss.

test
30.05.2016, 22:36
Wie man das Ganze auslegt und ausführt, bleibt ja jedem selbst überlassen.
Den rechtlichen Rahmen habe ich oben zitiert. In dem wird sich ein Richter bewegen sofern es soweit kommt, was ja relativ wenig wahrscheinlich ist.
Wenn du sagst, dass ein junger A.i.W. Unfallchirurgie GAstroskopie und CT mit KM überschaut (ich nehme an ein UCH hat meistens auch die Fachkunde i.S. RöV?), dann mag es ja gut gehen. Das kann ich nicht beurteilen, da es nicht mein Bereich ist. Nur muss man sich diese Frage eben individuell und innerhalb von Abteilungen/Kliniken stellen und sich überlegen, wie man das handhaben will.
Viele Kliniken haben eben klare Regeln eingeführt, die eher strenger sind, weil man einfach Problemen aus dem Weg gehen will. Denn. wenn regelhaft Assistenzärzte, die vielleicht nicht dazu in der Lage sind, fachfremd aufklären und das so angeordnet ist, ist das Organisationsverschulden. Und das wollen dann die meisten Geschäftsführungen doch nicht verantworten. :-nix

Sebastian1
30.05.2016, 23:25
Naja, der Alltag sieht bei mir häufig so aus: Wie oben bereiuts gesagt: es gibt einen hausinternen hochoffiziellen Beschluss, das die durchführende Abteilung aufklärt. Auf der Intensiv mit vielen Abteilungen im Haus ist das auch durchaus sinnvoll, schon allein aus der Vielzahl der diagnostischen und therapeutischen Eingriffe, die da gemacht werden. Und auch da muss man nochmal unterscheiden: Wir haben zwar eine Kardiologie, aber dennoch kardiovertiere ich Intensivpatienten ohne deren zutun. Ich führe durch, ich kann das indizieren und durchführen, ich kann das also auch aufklären. Das kann ich vor einem Richter auch glaubhaft darlegen.
Gern sagt mir aber auch der Gastroenterologe, ich möge doch mal eben die Colo aufklären. Nein, mach ich nicht, weil, kann ich nicht. Ich weiss (weniger gut als der Spezialist) wann das indiziert ist, ich weiss auch, was es da für Komplikationen gibt. Könnte glaubhaft sein, kann auch sein, das ein virtueller Richter da anders entscheidet. Dafür gibt es die hausinterne Richtlinie.
Undmal an den Haaren herbeigezogen könnte ich ja auch einen WBA im 1 Jahr Humangenetik auffordern, eine Exenteration bei Ovarial-Ca aufzuklären - da kann man sich dann ziemlich sicher sein, dass das Unsinn ist.
So doof ist unsere Rechtsprechung oft gar nicht. Ein bisschen gesunder Menschenverstand hilft. Und dennoch gibt es Grenzfälle. Reales Beispiel: Intensivpatient mit ARDS und ECMO, ursprünglich aber abdominalchirurgisch. Schlecht bleibend, eigentlich kein adäquater Verlauf. Indikation CT Thorax und Abdomen zur Verlaufskontrolle sowie (vor allem) Ausschluss eines zusätzlichen abdominellen Fokus. Bestehendes ANV mit CVVHD. Teleradiologin will kein KM geben, längere Diskussion, in der sie mehrfach betont, dass SIE ALLEIN das Recht habe, KM-Indikation zu stellen. Dem habe ich mit Fachkunde und als FA widersprochen. Letztendlich wurde das in der Diskussion aufgelöst, aber angenommen, ich kläre hier die ges. Betreuer auf, gegen den Willen der Teleradiologin und führe das CT mit KM durch, wer ist im Recht? Vor allem, wenn es zu KOmplikationen und zu einer Klage diesbezüglich kommen sollte....?
Ich denke, eine kurze und pauschale Antwort ist wenig zielführend, aber als Anhaltspunkt mag eben der gesunde Menschenverstand dienen. Was ich gut kenne und in der Durchführung verantworten kann, das kann ich aufklären. Alles andere nicht. Das heisst aber übrigens IMO nicht, dass ich das selbst können muss. Aber der UCHler im 1. WBJ, der die Dukopfprothese aufklärt, macht das vermutlich unter der organisatorischen Verantwortung seiner Vorgesetzten, die die Indikation vorher oder nachher überprüfen und die vermutlich aus juristischer Sicht auch die erfolgte Aufklärung überprüfen müssen.

Mano
31.05.2016, 16:26
Ich kenne es auch so, dass die meisten Dinge von der durchführenden Abteilung aufgeklärt werden. Ausnahme stellt die radiologische Bildgebung dar. Aber zum einen sind hier die Risiken ja recht überschaubar und zum anderen wird die Indikation in der Regel auch von der anfordernden Fachabteilung gestellt (der Radiologie untersucht ja vorher weder klinisch die Oberarmfraktur noch prüft er ob es wirklich Rasselgeräusche über der Lunge gibt).

FirebirdUSA
31.05.2016, 19:51
Reales Beispiel: Intensivpatient mit ARDS und ECMO, ursprünglich aber abdominalchirurgisch. Schlecht bleibend, eigentlich kein adäquater Verlauf. Indikation CT Thorax und Abdomen zur Verlaufskontrolle sowie (vor allem) Ausschluss eines zusätzlichen abdominellen Fokus. Bestehendes ANV mit CVVHD. Teleradiologin will kein KM geben, längere Diskussion, in der sie mehrfach betont, dass SIE ALLEIN das Recht habe, KM-Indikation zu stellen. Dem habe ich mit Fachkunde und als FA widersprochen. Letztendlich wurde das in der Diskussion aufgelöst, aber angenommen, ich kläre hier die ges. Betreuer auf, gegen den Willen der Teleradiologin und führe das CT mit KM durch, wer ist im Recht? Vor allem, wenn es zu KOmplikationen und zu einer Klage diesbezüglich kommen sollte....?


Hast du eine Fachkunde CT?! In der Regel nein, ansonste bräuchtest du die Radiologin nämlich gar nicht anrufen um ein CT zu fahren. Insofern ist die Rechtslage eindeutig und in diesem Fall hat ALLEINE die Radiologin die endgültige Entscheidung was gefahren wird. Wenn sie der Meinung ist sie kann alles beurteilen auch ohne KM ist das ihre Entscheidung und nicht deine. Im übrigen hat sie völlig Recht: Für eine Fokussuche im AKN ist KM in der Regel nicht notwendig!!! In deinem konkreten Fall wäre eine positiv Füllung über Nasensonde und rektal vermutlich völlig ausreichen gewesen, um einen Fokus im Abdomen zu finden. Wenn man auf diesem CT nichts findet bzw. sich nicht sicher ist kann man immernoch KM geben.

Und deswegen ist auch Mano im Unrecht. Die Indikation darf rein rechtlich nur derjenige Stellen der die Fachkunde (für das jeweilige Verfahren hat). Natürlich werde ich einem Unfallchirurgen nicht widersprechen wenn er eine Fraktur vermutet... und es mag ja die Ausnahme sein aber ich untersuche wenn es sein muss auch Patienten selbst bevor ich ein CT fahre. Bei uns werden aber auch alle Patienten von der Radiologie aufgeklärt und nicht von der zuweisenden Abteilung.

Sebastians Beispiel hat aber mit Aufklärung an sich gar nichts zu tun. Zurück zur ursprünglichen Frage:
Ich denke das Problem ist am Ende ist es immer eine Einzelfallentscheidung des zuständigen Richters. Vor was hast du aber Angst? Im Krankenhaus bist du ja meist über deinen Arbeitgeber versichert. Sofern du nicht grob fahrlässig handelst geht es ja vorallem um Schadenersatz und nicht um strafrechtlich relevantes (du führst ja den Eingriff nicht durch und bist deswegen nicht derjenige der den Patienten umgebracht hat). Was kann also passieren? Deine Haftpflicht bzw. die deines Arbeitgebers muss zahlen? Persönlich sehe ich dein Risiko fast bei 0, deswegen verstehe ich nicht dein Problem für einfache Eingriffe die Aufklärung zu übernehmen. Wenn du einen Eingriff wirklich gar nicht einschätzen kannst, dann solltest du es natürlich nicht tun! Außerdem haftet nach meinem Verständnis doch auch erstmal der Durchführende der sich überzeugen muss, dass die Aufklärung fachgerecht durchgeführt wurde.

Sebastian1
31.05.2016, 20:14
Noch etwas anderes Setting: Teleradiologin, nicht in der Lage, die Patientin vor Ort zu beurteilen. Und auch nicht aufzuklären. Aufgrund des bestehenden ANV hat die MTRA die Radiologin eingeschaltet (was ja auch absolut ok ist). Die Entscheidung, was gefahren wird, ist vorher interdisziplinär mit den Chefs von 2 operativen Abteilungen und der Anästhesie gefallen, und das war schon durchaus mit Sinn und Verstand so gemacht. Ich war letztlich derjenige, der die Anmeldung durchgeführt hat und den Transport begleitet hat. Fachkunde CT habe zwar nicht ich, aber der ebenfalls anwesende OA Anä, der das ja auch mit indiziert hat, durchaus. Ich hab das Beispiel hier halt auch gebracht, was wäre, wenn ich mich (als FA mit Therapiefreiheit, meinetwegen auch ohne den OA mit CT-FK) darüber hinweggesetzt hätte? Vor allem dann, wenn die Indikation berechtigt ist und lediglich fachlich von der Radiologin anders (falsch) beurteilt worden wäre?

FirebirdUSA
31.05.2016, 20:57
Noch etwas anderes Setting: Teleradiologin, nicht in der Lage, die Patientin vor Ort zu beurteilen. Und auch nicht aufzuklären. Aufgrund des bestehenden ANV hat die MTRA die Radiologin eingeschaltet (was ja auch absolut ok ist). Die Entscheidung, was gefahren wird, ist vorher interdisziplinär mit den Chefs von 2 operativen Abteilungen und der Anästhesie gefallen, und das war schon durchaus mit Sinn und Verstand so gemacht. Ich war letztlich derjenige, der die Anmeldung durchgeführt hat und den Transport begleitet hat. Fachkunde CT habe zwar nicht ich, aber der ebenfalls anwesende OA Anä, der das ja auch mit indiziert hat, durchaus. Ich hab das Beispiel hier halt auch gebracht, was wäre, wenn ich mich (als FA mit Therapiefreiheit, meinetwegen auch ohne den OA mit CT-FK) darüber hinweggesetzt hätte? Vor allem dann, wenn die Indikation berechtigt ist und lediglich fachlich von der Radiologin anders (falsch) beurteilt worden wäre?

Naja, es gibt eine klare Fragestellung: Infektfokus. Wir haben einen Patienten im Nierenversagen und KM macht es nicht besser sondern eher schlechter. Deswegen stellt sich die Frage bringt KM in diesem Setting etwas? Die Frage ist mit "in den meisten Fällen NEIN" zu beantworten und deswegen hat die Radiologin bei dem Setting erstmal Recht. Gibt es einen speziellen Grund der das KM erforderlich macht (z.B. "wir müssen wissen wie die Gefäßversorgung der Leber ist" oder "wir vermuten es könnte auch eine Minderperfusion des Darmes sein") dann kann man das kommunizieren (und dann sollte jeder sinnvoll denkende Radiologe auch einlenken).
Es ist völlig egal was der Chef der Anästhesie oder der Chirurgie meint (da die meisten "nicht-Radiologen" native CTs nur sehr schlecht beurteilen können). Die Entscheidung was und wie gefahren wrd um die Fragestellung zu beantworten entscheidet alleine der Arzt der die Fachkunde hat und für die Untersuchung verantwortlich zeichnet. Wenn du einen Anästhesie-OA vor Ort hast der die Fachkunde hat, dann kann er natürlich entscheiden wie er es gefahren haben will. Nur muss er es dann auch verantworten und im Zweifel auch befunden. Wenn ein Kollegen meint er kann selber entscheiden wie er ein CT zu fahren hat, dann hat er per Definition (Fachkunde) auch die Befähigung es selbst zu befunden!
Wenn der Patient dich wegen einem chronischen Nierenversagen verklagt, hast du ein Problem. Beweis dann mal, dass nativ nicht ausreichend war. Andersherum gilt es natürlich auch.. wenn im CT nichts zu sehen war und der Patient verstirbt an einem nicht erkannten Abszess z.B. in der Muskulatur dann hat die Radiologin ein Problem.

Bei Teleradiologie bin ich persönlich immer sehr vorsichtig und las lieber mehr machen als ich machen würde wenn ich selber anwesend wäre (deswegen verstehe ich auch die konsequente Weigerung der Radiologin in deinem Fall nicht). Wenn ich vor Ort bin kann ich mir nativ sofort ansehen und entscheiden ob ich noch KM brauche oder nicht. Im Teleradiologie-Setting ist das halt schwierig, da ist der Patient dann schon auf dem Weg zurück zur Intensiv und ggf. ist die Patientengefährdung durch einen doppelten Transport ja viel höher als das Risiko einer dauerhaften Nierenschädigung.

Sebastian1
31.05.2016, 21:28
Vielen Dank für die aufklärenden Worte. In dem Setting war ich halt sehr irritiert, weil die TR offenbar schlecht gefrühstückt hatte und relativ aggressiv auftrat. Ging mit ein bisschen fachlichem Austausch dann dennoch gut zu lösen, hatte ich aber in den letzten Jahren, in denen wir OFT CTs gefahren haben, so noch nie, daher auch ein gewisser Grad der Verunsicherung bei mir.

Fr.Pelz
31.05.2016, 21:32
Wäre auch sehr interessiert an einer fachjuristischen Einschätzung. Hier setzen die Radiologen voraus, dass die anfordernde Abteilung aufklärt. Passiert das nicht (oder der Bogen verschwindet auf dem Weg oä), geht der Patient retour und wird NICHT vom Radiologen aufgeklärt, selbst wenn der schon vor ihm steht. Der Radio-CA verkauft uns das als disziplinarische Maßnahme und macht nur mal bei Notaufnahme-Patienten eine Ausnahme. Dabei weiß ich tatsächlich nicht wie häufig zb KM-Paravasate in der hiesigen Abteilung sind...

Endoskopien werden von uns als chirurgische Abteilung aufgeklärt, auch wenn die Internisten sie machen - ob das jetzt Augenärzte und Dermatologen auch machen, weiß ich nicht. OPs werden aber grundsätzlich nur von der durchführenden Abteilung aufgeklärt.