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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Enttəuschung in Innere, Fachrichtungswechsel wohin?



sibemol
03.06.2016, 10:58
Ich habe vor kurzem meine FÄ Innere gemacht, bin aber sehr enttäuscht von internistischer Weiterbildung. Das Fach Innere ist sehr groß und verlangt tiefes analytisches Denken, was ich auch sehr mag und was zu meinem Charakter passt. ABER aktuell das größte Problem in Innere ist das Fehlen einer guten Weiterbildung.

- jeder Assistenzarzt in Innere kriegt 18-25 Patienten und muss jeden Tag viele Patienten entlassen und aufnehmen, weswegen keine Zeit für Funktionsdiagnostik bleibt. Es kann auch sein, dass man neben Stationspatienten noch Zentralnotaufnahme versorgen muss...

Das wichtigste für Vorgesetzte ist, bestimmte Patienten- und Interventionen-Zahl zu erreichen. Die Liegezeit der internistischen Patienten ist viel kürzer als bei chirurgischen. Aber die Entlassungsbriefe sind bei Chrirugen viel kürzer.

- Blutabnahmen, Braunülen-Liegen, Kodierungen muss man sehr oft als Internist selbst machen.

- Unbezahlte Überstunden sind wegen Personalmangel und unstrukturiertem Tagesablauf unvermeidbar.
Nach 24h-Dienst, statt nach Hause zu gehen, muss man noch 2-5 Überstunden machen, weil der Oberarzt genau an dem Tag eine Oberarztvisite machen will und sagt: "Du muss heute 5 Patienten entlassen, dann kannst du nach Hause gehen".

- Weiterbildung in Spezialisierungen mit vielen invasiven Techniken (Kardiologie, Gastroenterologie) ist sehr schlecht in vielen Krankenhäusern.

Jetzt überlege ich mir einen Fachrichtungswechsel. Aber wohin? Es ist total schwer, in Chirurgie oder Anästhesie zu wechseln: 1) wegen Konkurenz, 2) als FÄ bin ich teuer. Man erwartet bestimmte Kenntnisse, die ich natürlich als Internistin nicht habe.

lux12345
03.06.2016, 11:02
Hausärztlich tätig? Hier zum Beispiel sich in nem MVZ anstellen lassen? Vorausgesetzt, dass du dich mit der ambulanten Medizin anfreunden kannst...

Bestimmte Zusatzbezeichnungen machen und sich dann dort spezialisieren, zB Diabetologie, Palliativmedizin...

Solara
03.06.2016, 11:21
Man erwartet doch von dir keine Kenntnisse im neuen Fach, wer erzählt dir denn sowas? Ich kenne jetzt doch scho so einige, die nach dem FA komplett was Neues machen, da wird, außer der Beherrschung des Faches in dem man den FA hat, nichts erwartet. Die sind übrigens fast alle in die Anästhesie und Chirurgie gewechselt ;-)

Fr.Pelz
03.06.2016, 12:24
Kann es sein, dass du einfach in einer Klinik mit schlechter Organisation bist?
Gerade angeordnete Überstunden nach Dienst, Kodierungen etc sind definitiv kein Manko der Inneren, sondern Organisatorische Mängel der Klinik. Wenn dir das Fach an sich Spaß macht, wechsele doch lieber die Klinik als gleich das Fach.

Nessiemoo
03.06.2016, 17:35
Ich dachte wegen Ärztemangel sind v.a Chirurgie und Anästhesie die Abteilungen die Ärzte willkommen heissen. Und gegenüber eine Berufsanfänger hast du doch schon mal sehr viele Vorteile, dass du zB schon eine Station managen kannst...

tragezwerg
03.06.2016, 17:40
Als Anästhesistin mit vielen quer eingestiegenen Kollegen (die meisten ehemalige Internisten) ist mein Eindruck, dass es gar kein Problem ist in der Anästhesie unter zu kommen. Im Gegenteil, wenn der Arbeitgeber ne Chance hat Leute mit Erfahrung einzustellen wird er das auch tun. Gerade wenn es um Intensiverfahrung geht hast du ja nen Vorteil gegenüber jedem Anfänger!

LasseReinböng
03.06.2016, 17:50
Anästhesie dürfte überhaupt kein Problem sein, der Personalmangel ist groß und du kennst Dich mit internistischen Erkrankungen aus, da fallen Dir ITS und NEF fahren sicherlich leichter.

Die Entscheidung, eine Fachrichtung wegen schlechter Arbeitsbedingungen und nicht primär aus fachlichem Interesse heraus zu wechseln, kann allerdings auch nach hinten los gehen.

Mano
03.06.2016, 18:07
Als fertige Fachärztin stehen dir doch alle Türen offen: Niederlassung, MVZ, Oberarztposten... Oft werden für chirugische Abteilungen auch Stationsärzte gesucht, die die Station managen aber nicht selber operieren wollen (oft mit lukrativen Konditionen wie z.B. reiner Tagdienst ohne Nacht- und Wochenendbereitschaft). Oder in eine Rehaklinik - da ist die Liegedauer ja auch deutlich länger und es "soll entspannter zguehen".
Oder schlicht und ergreifend das Haus wechseln - die Probleme die du beschreibst scheinen doch eher am Haus als am Fach zu liegen.
Wenn du aus Interesse an Anästhesie oder Chirurgie wechseln willst (das kann ich aber nicht wirklich aus deinem Post herauslesen), dann werden dich aber auch viele Abteilungen mit Kusshand nehmen.

arbeiter79
07.06.2016, 14:53
Oft werden für chirugische Abteilungen auch Stationsärzte gesucht, die die Station managen aber nicht selber operieren wollen

Echt das gibt's, reiner Stationsarzt in einer chirurgischen Abteilung und nie im Op?? Hab mir schon einige Stellenangebote angeschaut hab so etwas aber leider noch nie gesehen.

erdbeertoertchen
07.06.2016, 18:45
Von der HTC hab ich das schon so kennengelernt, dass der Stationsarzt oft ein Internist war.

Pflaume
07.06.2016, 22:55
Echt das gibt's, reiner Stationsarzt in einer chirurgischen Abteilung und nie im Op?? Hab mir schon einige Stellenangebote angeschaut hab so etwas aber leider noch nie gesehen.

Das gibt es schon wirklich öfters, unter Umständen auch in Verbindung mit Studentenunterricht an Unikliniken. Insbesondere die ganzen Herzchirurgie-Abteilungen, herzchirurgische Intensivstationen und teils auch neurochirurgische Abteilungen suchen eigentlich oft Leute, die bereit sind, einfach nur den Stationskram/Papierkram zu erledigen, ohne in den OP zu wollen und ohne Dienste zu machen. Teils gibt es dort dann sogar kardiologische Weiterbildungsermächtigung, so daß man theoretisch auch internistische Weiterbildungszeit sammeln könnte (wieviel einem das dann nützt, sei dahingestellt). In Hamburg suchen zB das UKE und St. Georg regelmäßig solche Ärzte.

Eine ehemalige Kollegin von mir hat das zwei Jahre gemacht... nur herzchirurgische Verläufe und Entlaßbriefe geschrieben. Regelmäßige Arbeitszeit Montag bis Freitag 7:30 bis 16 Uhr plus Überstunden an einer Uniklinik. Kein einziger Dienst. Nie im OP. Ich glaube, die hat noch nicht mal Verbände gemacht oder sowas. Das ist wie Rehaklinik.