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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Eiseninfusion in der Schwangerschaft



wischmopp
09.06.2016, 09:17
Wer kann dazu etwas sagen, sei es aus eigener Erfahrung oder aus ärztlicher Sicht?

Vorgeschichte:
Ich hatte gestern eine Patientin (Neupatientin), 34. SSW mit einem Hb von 9,9 laut Mutterpass (aus dem Finger, es gibt kein Blutbild) mit einer Einweisung und einer Überweisung zur Eiseninfusion. Bei Schwangeren lese ich ja aus mangelnder Erfahrung grundsätzlich alles genauestens nach ->>> sehr strenge Indikationsstellung, Gefahr der Plazentaminderversorgung, Gefahr der Mangelernährung des Feten etc. pp).

Nun arbeite ich (WBA Allgemeinmedizin) in einem MVZ, in dem auch Gynnies sind.
Von deren Seite wurde mir auch abgeraten, die Pat solle doch in die Geburtsklinik zur stationären Gabe gehen, ohne anständiges Labor generell sowieso nicht...

Soweit so gut.
Die Patientin ist jedoch komplett ausgetickt, als ich ihr das mitgeteilt habe (ich schieb´s mal auf die Hormone ;-) )

Sie hätte extra wegen uns den bereits vereinbarten Termin in der Geburtsklinik abgesagt (wieso? -> weil es dort nur stationär gemacht wird -> aha, und wieso wohl???). Sie hätte aber KEINE ZEIT über Nacht, sie müsse schließlich noch ARBEITEEEEEN!! Außerdem sei sie extra wegen mir (??? hab ich sie einbestellt???) 70 km hierher GEFAHREN!!!! (wieso das??? wir sind in München? Hier gibt es alle 2 Meter eine Praxis! -> na weil es sonst niemand ambulant machen will -> aha! ICH AUCH NICHT!!)

Dann solle ich mich doch gefälligst mal mit all unseren Sprechstundenhilfen (an die 40 insgesamt...) zusammensetzen und dafür sorgen, dass sie Ahnung haben, wenn jemand anruft!! Schließlich hätte sie ja am Telefon schon gesagt, wieso sie kommt!!

Und das Kräuterblut als Muster, das mir meine Gyn-Kollegin für sie gegeben hat könne ich mir "sonst wo hin schieben"!!! :-oopss

Nach dem Termin war ich etwas geflasht :-)), die Studentin bei mir eher schockiert.



Meine eigentliche Frage: Macht man das auch ambulant oder grundsätzlich nur stationär? Falls auch ambulant, wer macht das? Der Hausarzt oder der Gynäkologe? Oder einfach derjenige, der die Indikation stellt?

vanilleeis
09.06.2016, 09:43
Ich würde es nicht ambulant als HA machen. Ferrlecit kann üble Kreislaufreaktionen machen, da hätte ich dann gerne ein CTG als Kontrollmöglichkeit. Ohne Blutbild sowieso nicht. Von daher hast Du genau richtig reagiert, meiner Meinung nach.

Ich kann allerdings auch (ein wenig) die Patientin verstehen, wenn sie am Tel. wirklich gesagt haben sollte, worum es geht und die MFA sie trotzdem einbestellt haben. Die Art und Weise ihrer Reaktion ist natürlich völlig daneben.

Trianna
09.06.2016, 11:02
Bei 9,9? Meiner ist aktuell bei 10,1...

Da bin ich mal gespannt, was auf mich zukommt noch.

(Sorry, ausser meiner persönlichen Leier kann ich nix beitragen ^^)

wischmopp
09.06.2016, 11:49
Trianna, ich freue mich auch über persönliche Leier :-). Und ich fand 9,9 auch nicht so schlimm, zumal es ja auch nur aus dem Finger gemessen war, das ist ja eh eher ungenau.

vanilleeis, eine MFA (oder Azubine) darf das aber doch nicht entscheiden. Bei uns läuft das eigentlich generell so, dass man eben dann beim Termin bespricht, worum es geht. Dass sie sich ein MFZ 70 km von daheim entfernt aussucht, ist wirklich ihr Problem, finde ich. Und dass sie den anderen Termin absagt, obwohl ihr schon von mehreren Seiten von der ambulanten Gabe abgeraten wurde, auch.

Wobei ich ihr Verhalten so strange fand, dass es mich eigentlich nur amüsiert und nicht verärgert hat.

roxolana
09.06.2016, 13:34
34. SSW? ARBEITEEEEN?? Was ist eigentlich mit Mutterschutz?

Naja, sei froh dass du die Bekloppte los bist. So schnell wird sie wohl nicht wiederkommen. :-))

Peter_1
09.06.2016, 13:48
Mach Dir kein Stress, ich hätte es auch nicht gemacht, egal ob schwanger, oder nicht. Die Indikation für Eisen i.v. sollte extrem eng gestellt werden, hat halt ein anaphylaktisches Potential. Eng bedeuetet bei mir: Unmöglichkeit der oralen Substitution (zB bei nachgew. Resorptionsstörung, oder absolute Unverträglichkeit trotz Wechsel des oralen Präparates und Gabe nach dem Essen).
Lass was passieren, dann wird Dir gerade von solchen unverschämten Leuten als erstes vorgehalten werden nicht den weniger risikoreichen Applikationsweg gewählt zu haben und dann biste dran, zumal es schon häufig Hinweise auf die absolute eng zu stellende Indikation von i.v. Eisen gab.
Alles richtig gemacht, solche Leute braucht man nicht als Arzt, wir haben doch genug nette Patienten, auf die Stinkstiefel verzichte ich liebend gerne :)

vanilleeis
09.06.2016, 13:59
Na ja, wenn ich als Patientin irgendwo anrufe und sage "ich hätte gerne einen Termin für eine ambulante Eiseninfusion, geht das bei Ihnen?" und die MFA mir einen Termin gibt, gehe ich ja davon aus, dass das dann passiert. Dass sie das gar nicht entscheiden darf, weiss ich in dem Fall als Pat gar nicht. Das meinte ich.
Ich kenne das Problem, dass (manche) MFA die Termin einfach machen ("Klar, kommse vorbei"), ohne zu kommunizieren, dass dann erstmal ein Gespräch mit dem Arzt stattfindet, bevor Diagnostik/Therapie/was auch immer stattfindet. Dann kommt der Patient und ist zu Recht enttäuscht, weil er etwas anderes erwartet hat. In dem Fall hab ich dann auch Verständnis dafür, wenn er sich über die Zusammenarbeit Arzt-MFA aufregt. Wobei der Ton die Musik macht

Peter_1
09.06.2016, 14:06
Na ja, wenn ich als Patientin irgendwo anrufe und sage "ich hätte gerne einen Termin für eine ambulante Eiseninfusion, geht das bei Ihnen?" und die MFA mir einen Termin gibt, gehe ich ja davon aus, dass das dann passiert. Dass sie das gar nicht entscheiden darf, weiss ich in dem Fall als Pat gar nicht. Das meinte ich.
Ja, keine Frage, wenn man mir als Patient dann jedoch erklärt warum es zu risikoreich ist (was die MFA nicht wissen kann), dann ist die beschriebene Reaktion doch verwunderlich. Wir sind ja keine Friseure wo man die Dauerwelle bestellt, sondern Ärzte die eine medizinische Indikation stellen müssen. Ich kann ja auch nicht anrufen und fragen: kann ich bei Ihnen einen Termin zur Knie TEP machen und dann sauer sein wenn der Arzt keine Indikation sieht, oder?
Mit anderen Worten:ich kann zwar telefonisch fragen ob etwas prinzipiell geht, ob das dann aber wirlich indiziert ist und damit auch gemacht wird steht nun mal auf einem anderen Blatt, sonst wären wir ja auch irendwie überflüssig (für manche PAt. ist die Erwartung dank Dr. Google ja auch, dass das irgendwie abläuft in der Praxis wie bei Mäckes: 1 Doppelwhopper mit Pommes bitte, wie? krieg ich nicht?, was ist das denn für ein service hier?).

McBeal
09.06.2016, 15:14
34. SSW? ARBEITEEEEN?? Was ist eigentlich mit Mutterschutz?

Der Mutterschutz beginnt doch erst bei 34+0SSW. ;-)

Meine Kollegin hatte Eiseninfusionen, bei allerdings viel niedrigerem Hb und sehr schlechter Verträglichkeit der Tabletten. War wohl auch ambulant beim Gyn.

LG
Ally

Eilika
09.06.2016, 20:04
Ich kenne einige, die hier Eiseninfusionen in der Schwangerschaft hatten. Eigentlich alle ambulant. Wir haben das bei uns in der Notfallpraxis auch mal gemacht (Spital ohne Gyn) - aber da auf die Verantwortung vom leitenden Arzt. Stationär kenne ich es aus der Schweiz gar nicht. Aber hier gibt es vor der Geburt ja auch keinen Mutterschutz und ich kenne nicht wenige, die am Tag vor der Entbindung noch gearbeitet haben ;-)

altalena
09.06.2016, 22:11
Hab das hier einmal gehabt, die Pat blieb stationär.

Peter_1
10.06.2016, 14:11
Ambulant oder stationär ist erstmal irrelevant. Es geht vor allem darum, dass eine i.v. Eisengabe deutlich komplikationsträchtiger ist als eine p.o. Gabe. Die Indikation sollte also sehr sehr streng gestellt werden, was erfahrungsgemäß meist nicht der Fall ist. Per os ist Eisen oft bauchmässig schlecht verträglich, oft hilft jedoch ein Wechsel des Präparates, oder eine Einnahme nach dem Essen (auch wenn dann die Resorption schlechter ist und das gegen die Empfehlungen ist, so reicht die Resorption meist eben doch). Ansonsten kann man die Infusionen auch ambulant machen , sollte aber lange genug nachbeobachten (mind. 30 min, besser 1h) und sollte ausgestattet sein um eine Anaphylaxie behandeln zu können. Ausserdem sollte man gut dokumentiert aufgeklärt haben.

wischmopp
10.06.2016, 20:11
Danke Peter,
ich hab viel aus Deinen Antworten gelernt!