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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Hypothyreose und Fettleibigkeit - Wirklich so ein Problem?



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GelbeKlamotten
17.06.2016, 15:39
Übergewicht ist ja, gerade bei jüngeren Menschen, immer ein sehr heikles Thema.
Viele Übergewichtige schreiben ihr Übergewicht einer Schilddrüsenerkrankung zu. Ich als Schilddrüsen-Gesunder finde das dann immer schwer einzuordnen. Ich bin natürlich mit den grundlegenden Prinzipien der Hypothyreose und deren Behandlung vertraut. Allerdings fehlt mir die Erfahrung, was die Einstellung von Patienten auf L-Thyroxin angeht. Im Krankenhaus wird ja meistens einfach mal was angesetzt, die "Feinabstimmung" findet dann aber ambulant statt und davon kriege ich nichts mehr mit.

Ich denke mir oft insgeheim, wenn Leute behaupten wegen ihrer Schilddrüsenunterfunktion nicht abnehmen zu können "Na dann nimm doch L-Thyroxin, kann ja nicht so schwer sein". Andereseits denke ich auch, das ich ihnen damit vielleicht doch Unrecht tue, und das vielleicht gar nicht so einfach abzustimmen ist, wie ich mir das vorstelle.

Deshalb meine Frage an euch: Ist die Einstellung eines Patienten auf L-Thyroxin im Allgemeinen schwierig? Gibt es wirklich Menschen, die übergewichtig sein müssen, weil sie partout ihre Schilddrüsenprobleme nicht in den Griff bekommen? Oder sind das eher Ausreden, hinter denen sich viele verstecken?

Evil
17.06.2016, 16:43
Due Einstellung mit L-Thyroxin führt meist deshalb nicht zur Gewichtsabnahme, weil die Patienten neben den Drüsenproblemen auch noch schwere Knochen haben.

*milkakuh*
17.06.2016, 17:44
Patienten mit einer echten Hypothyreose profitieren sicherlich vom L-Thyroxin. Allerdings glaube ich auch, dass es teilweise eine Modediagnose ist. Zum Fachlichen können sicher einige noch mehr beitragen.
Ich möchte aber anmerken, dass meiner Meinung nach gerade latent übergewichtigen Patienten oft unrecht getan wird. Es wird einfach gerade in diesem Gebiet sehr viel noch nich verstanden und es spielt eine ganze Menge eine Rolle. Sicherlich spielen Ernährung und Sport eine wichtige Rolle, daneben aber eben auch Schilddrüse, Darmflora und genetische Disposition.

Nessiemoo
17.06.2016, 17:59
Kann nur aus persönlichen Erfahrungen berichten, dass mit einer unbehandelten Hypothyreose war Gewichtsabnahme fast unmöglich, und sogar Gewicht halten war sehr schwierig. Nach einer Therapie (wobei die Einstellung war ja wirklich einfach bei mir) war es dann doch besser möglich. Die Frage ist halt inwiefern es wirklich was mit dem Stoffwechsel zu tun hat und inwiefern es mehr die Antriebslosigkeit und Müdigkeit sind, die Sachen wie gesund kochen und zum Sport gehen sehr erschweren. Und auch wenn man die gut einstellt, wird es nichts ohne das Lebensstil zu ändern.

Feuerengelchen
17.06.2016, 19:40
Ich hatte unbehandelt ein TSH von fast 40 bei Diagnosestellung - ich habe Essen nur angeschaut und wurde dicker. Entsprechend hungerte ich bis zum Beginn der Substitution und habe trotzdem angesetzt. Ich habe die zusätzlichen Kilos immer noch nicht herunter, und das mehr als 3 Jahre nach Diagnosestellung. Ich war kurz versucht, höhere Dosen zu nehmen - außer Tachykardien und einer beängstigenden Aggressivität hat es mir nicht wirklich einen Benefit gebracht. Früher wog ich mal 68-70kg, heute seit Beginn der Symptome fast 90.... hätte gerne was los und bin auch nicht unsportlich..... trotzdem sehr schwer.

Kandra
18.06.2016, 08:08
Kann das selbe wie Feuerengelchen von einer Nachbarin berichten. Die war früher sehr sehr schlank und hat dann plötzlich und unaufhaltsam richtig krass zugenommen. Irgendwann kam man dann auf die Schilddrüse, aber trotzdem das jetzt schon locker 5-6 Jahre her ist, hat sie ihr altes Gewicht immer noch nicht wieder, auch wenn es schon deutlich besser geworden ist.

nie
18.06.2016, 11:11
Ich kenne halt beide Seiten.
Auf der einen Seite die Leute, die die ganze Zeit behaupten, sie würden ja gerne abnehmen aber die Schilddrüse würde das nicht zulassen. Liest man mal auf einschlägigen Seiten im Internet (jaaa, sollte man nicht tun aber manchmal landet man da halt wenn man gerade Endokrinologie lernt), findet man auch immer wieder Leute, die trotzdem optimaler Werte davon überzeugt sind ein Schilddrüsenproblem zu haben und nur deshalb so dick/träge/antriebslos zu sein. Die Ärzte sind dann einfach nur zu unfähig oder rückständig um das Problem zu erkennen.
Auch eben auch genug Leute, die trotz Einstellung mit L-Thyrox nicht abnehmen "weil ja trotzdem was mit der Schilddrüse nicht stimme und das Problem damit ja nicht behoben sei".

Andereseits sehe ich halt an meiner Schwester, das so eine Hypothyreose doch einiges ausmachen kann. Meine Schwester ist im normalgewichtigen Bereich allerdings doch eher speckig. Gegen die überflüssigen 5-7 kg kämpft sie seit fast zwei Jahren, macht viel Sport, isst sehr gesund und hat sich letztes bei mir beklagt, dass sie unterm Strich sogar zugenommen hat im letzten Jahr. Sieht man ihr auch an, also da sind nicht nur zusätzliche Muskeln im Spiel. Hab sie dann mal zum Hausarzt geschickt um die Schilddrüse zu überprüfen und dabei kam tatsächlich eine Hypothyreose zu Vorschein. Sie ist jetzt seit ca. 4 Wochen auf L-Thyroxin eingestellt und ich bin mal gespannt, wie sich das auswirken wird.

ehemaliger User_10072016-1
18.06.2016, 11:46
Due Einstellung mit L-Thyroxin führt meist deshalb nicht zur Gewichtsabnahme, weil die Patienten neben den Drüsenproblemen auch noch schwere Knochen haben.

Ist da wirklich was dran mit den Knochen? Dies scheint eine Standardausrede bei Übergewichtigen zu sein. Beim adulten Menschen ist ohnehin die Markhöhle mit Fett gefüllt.

Miss_H
18.06.2016, 13:24
Ist da wirklich was dran mit den Knochen? Dies scheint eine Standardausrede bei Übergewichtigen zu sein. Beim adulten Menschen ist ohnehin die Markhöhle mit Fett gefüllt.
Google sagt:

Unser Skelett hat einen Anteil von 12 Prozent am Gesamtgewicht, bei einem 75 Kilogramm schweren Menschen wiegen die Knochen also bloß neun Kilogramm. Selbst wenn jemand ein stabileres Skelett mit dickeren und dichteren Knochen hat, bringen sie bei dieser Größe maximal zwei Kilogramm mehr an Gewicht. (http://www.planet-wissen.de/natur/anatomie_des_menschen/knochenbau/pwiewissensfrage110.html)

GelbeKlamotten
19.06.2016, 01:08
Das sollte wohl eher ein Scherz sein von Evil ;-)

Dass es schwieriger ist, Gewicht wieder loszuwerden, wenn es einmal da ist, das ist bestimmt der Fall. Und dass eine unerkannte Hypothyreose zu Übergewicht führt, ist ja auch klar. Nur wenn die Schilddrüsenwerte unter L-Thyroxin wieder normal sind, dann dürfte die Hypothyreose ja keinen Einfluss mehr auf das Gewicht haben. Deshalb zielte meine Frage eher in die Richtung, ob die Einstellung auf L-Thyroxin vielleicht in einigen Fällen so schwer sein könnte, dass sich eben keine Werte im Normbereich erreichen lassen.

Coxy-Baby
19.06.2016, 03:10
Naja L-Thyrox kann man ja so dosieren dass man den normalen Bereich erreicht, schwieriger ist die Feinabstimmung unter dem es dem Patienten am besten geht, ohne etwaige Nebenwirkungen, also den optimalen persönlichen TSH-Wert...

WhiteMountains
19.06.2016, 09:27
Hm ich kenne am eigenen Leib jetzt nur die umgekehrte Variante an Schilddrüsenproblemen - aber da wars schon so, daß ich gegessen habe (und auch Hunger hatte) wie ein Pferd und trotzdem tendenziell eher abgenommen habe solange die freien Hormone noch sehr hoch waren. Das gab sich aber lange bevor die werte wieder in der Norm waren.

Aber wenn ich mir die Beiträge in sh-foren von Hashimoto Patienten angucke, die sich grundsätzlich durch die Bank schwer krank zu fühlen scheinen, egal wie gut die werte sind , Frage ich mich ob da nicht eher die Auswirkungen auf die Psyche eine tragende Rolle auch beim Gewicht (bzw der Selbstdisziplin) spielen?
Internetforen haben aber natürlich auch ein begrenztes Publikum, wer zufrieden mit seiner Einstellung ist, sucht da kaum Hilfe, von daher mag der Eindruck täuschen.

Logo
19.06.2016, 11:00
Bullshit-Evolution:
Physiotherapeut>Lehrer>selbstständiger Coach von Irgendwas nach Sabbatical>Vegetarier>Irgendeine-Intoleranz>Schüssler>Säure/Basen-Diät>Schilddrüsen-Patient>akuter Thoraxschmerz nachts im Urlaub ohne Risikoprofil mit Kribbeln in der linken Hand>akuter Thoraxschmerz nachts im Urlaub ohne Risikoprofil mit Kribbeln in der linken Hand und "Luftnot" (Hyperventilation)>Präparate-Unverträglichkeiten>unklare HWS-Schulter-Beschwerden seit Jahren (letztes MR-HWS vor 1 Woche - nicht besser geworden!) mit und ohne chron. Bauchschmerzen/Völlegefühl (sic!)>Cortison-Allergie>Fibromyalgie



Sorry ;-)
Ich weiß es gibt auch normale (SD-)Patienten.

roxolana
20.06.2016, 11:53
Tja, schwieriges Thema. Ich hatte auch eine Gewichtszunahme hinter mir, als ich mit Hashimoto diagnostiziert wurde, und diese Kilos sind auch immer noch da. Zum Glück nur von 60 auf 67, also noch im normalgewichtigen Bereich, aber trotzdem ärgerlich. Abgenommen habe ich nur als ich in der (iatrogenen) Hyperthyreose war, aber das habe ich mir anschließend wieder draufgefuttert. ;-)

Absolute Arrhythmie
20.06.2016, 14:38
Ich kann da bei mir schon einen Zusammenhang zwischen Gewicht und SD-Funktion erkennen:
2006-2010: unbehandelte latente Hypothyreose (TSH ~ 5) -> Gewichtszunahme bis 78kg
bis 2012: Einstellung der Medikation mit zT Hyperthyreose -> Gewichtsabnahme bis 70kg
seit 2012: euthyreote, gut eingestellte Stoffwechsellage -> Gewichtsstagnation

Allerdings ist es mir durchaus möglich mit der eingestellten Hypothyreose mein Gewicht zu modifizieren. Ich kann aber nicht beurteilen, wie sich das mit einem schwer einstellbaren Hashimoto anfühlt. Allerdings macht es echt keinen Spaß in der Unterfunktion zu sein. Die Antriebslosigkeit und Müdigkeit sind zT schon schwer auszuhalten. Ich dachte damals ernsthaft schon, ich hätte Depressionen. Seit der Einnahme von L-Thyroxin hat sich das Problem aber reguliert.

expecting
20.06.2016, 18:03
Ich kann da bei mir schon einen Zusammenhang zwischen Gewicht und SD-Funktion erkennen:
2006-2010: unbehandelte latente Hypothyreose (TSH ~ 5) -> Gewichtszunahme bis 78kg
bis 2012: Einstellung der Medikation mit zT Hyperthyreose -> Gewichtsabnahme bis 70kg
seit 2012: euthyreote, gut eingestellte Stoffwechsellage -> Gewichtsstagnation

Allerdings ist es mir durchaus möglich mit der eingestellten Hypothyreose mein Gewicht zu modifizieren. Ich kann aber nicht beurteilen, wie sich das mit einem schwer einstellbaren Hashimoto anfühlt. Allerdings macht es echt keinen Spaß in der Unterfunktion zu sein. Die Antriebslosigkeit und Müdigkeit sind zT schon schwer auszuhalten. Ich dachte damals ernsthaft schon, ich hätte Depressionen. Seit der Einnahme von L-Thyroxin hat sich das Problem aber reguliert.


Hmm ... vielleicht sollte ich auch mal L-Thyrox einnehmen. Hab seit vielen Jahren ne latente Hypothyreose, TSH immer so zwischen 4-5, fT3 und fT4 aber im unteren Normbereich oder nur leicht erniedrigt. Fühle mich seit vielen Jahren sehr müde, könnte immer schlafen. Versuch seit Jahren abzunehmen (oberer Bereich Normalgewicht), hab jetzt im letzten Jahr trotz Achten aufs Essen 6 kg zugenommen und bin jetzt offiziell leicht übergewichtig :-?
Hab mich bis jetzt nicht getraut, weil mein Hausarzt meinte, so schlimm wärs noch nicht. Und hab Angst vor Nebenwirkungen wie Herzrhythmusstörungen. Andererseits, immer so weiter ist ja auch irgendwie nix :-?

Desdemon
02.07.2016, 07:49
In der Praxis scheint es nicht so einfach zu sein, nach dem Motto "TSH in den Normbereich bringen und das Abnehmen geht von allein".

Hier eine mögliche Erklärung: http://www.medical-tribune.de/medizin/fokus-medizin/artikeldetail/dgim-2011-thyroxin-substitution-vorsicht-mit-kohlenhydraten.html

Nessiemoo
05.07.2016, 18:34
[QUOTE=Desdemon;1938061]In der Praxis scheint es nicht so einfach zu sein,".

Wie alles andere in Medizin :-D

CHALi
19.07.2016, 11:12
Jup, kann mich den vielen Vorrednern nur anschliessen...

Im Studium im Pott (Heimat an der Nordsee war fern), merkte ich eine Gewichtszunahme und bleierne Müdigkeit.. kam dann schnell eine ordentliche Hypothyreose zur Diagnose. Mit LThyrox ging das Gewicht dann schnell runter und ich war wieder fit. Im Laufe der Zeit mussten wir das Thyroxin immer höher Dosieren, bin jetzt bei 175ern um ok vom TSH zu sein, wohlfühlen tu ich mich aber dann immer noch nicht (irgendwie noch Dröge), dafür brauche ich um die 250... dann ist alles ok, auch vom Gefühl wach und fit... nun, da ich zu den uncomplianten Patienten gehöre, habe ich ne Zeit das Zeug nur unregelmässig genommen.. da kann man zugucken, wie man zunimmt und Wasser einlagert... nun bin ich wieder brav, und nehm ein wenig mehr, damit zaubern sich pro Woche mind. 1kg runter ;) damit ich wieder aufs alte Gewicht komme... Und wie wunderbar wach man ist...
Das TSH ist eine Sache, aber nur weil der TSH perfekt ist, fühlt man sich nicht perfekt.. die Feinabstimmung würde ich persönlich nach dem Patienten richten ;)

BetterCallSaul
22.07.2016, 11:47
Due Einstellung mit L-Thyroxin führt meist deshalb nicht zur Gewichtsabnahme, weil die Patienten neben den Drüsenproblemen auch noch schwere Knochen haben.

Bester Post hier.

Für alle, die die schweren Knochen diskutieren, das war Ironie und heisst eigentlich nur: Übermässige Kalorienzufuhr, Faulheit und Ausreden sind #1 Grund für Fettleibigkeit. Cheers.