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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Perspektiven in der Orthopädie



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Sziv
17.06.2016, 18:55
Hallo,
ich spiele mit dem Gedanken, in Richtung Ortho zu gehen. Dazu habe ich ein paar Fragen an Kollegen, die dort bereits arbeiten.

1. Welche Auswirkung hatte die Zusammenlegung von UC und Ortho? In unserem Klinikum sind das bspw. noch zwei verschiedene Abteilungen, die erstaunlich wenig miteinander zu tun haben. Ist sowas üblich, oder eher die Ausnahme?
2. Wie sieht es mit der Arbeitsbelastung aus? (h/Woche im Schnitt)
3. Lohnt sich eine Niederlassung zur Zeit, bzw. ist abzusehen, dass es in Zukunft größere ökonomische Einschnitte geben wird ?
4. Wie sieht es auf dem Stellenmarkt aus? Überlaufen, oder gute Chancen?

Was mich an der Orthopädie reizt: Oft unmittelbarer Behandlungserfolg, praktische Tätigkeit, keine ellenlangen Therapieschemata und Medikamentenlisten; Und so wie ichs erlebt habe: Orthopäden sind meist relativ angenehme Zeitgenossen?
Freue mich über jede Antwort

P.S. Falls falsches Forum, einfach verschieben.
Habe Forensuche benutzt

Lava
18.06.2016, 09:45
Also diese Zusammenlegeung von UCh und Ortho war eher eine Zwangsehe aus meiner Sicht. Das sind einfach grundverschiedene Fächer mit unterschiedlichen Denk- und Arbeitsweisen. Ich z.B. bin mehr der Unfallchirurg, Ortho ist nicht meine Welt. Für den Facharzt muss man aber zwangsläufig beides machen und so bin ich jetzt seit zwei Jahren in einer orthopädischen Klinik. Wenn man eine Präferenz hat, kann man (zumindest bisher) das andere, weniger geliebte Fach aber ganz gut umschiffen. Bisher ist die Trennung beider Fächer in einzelne Abteilungen eher die Regel als die Ausnahme.

Die Arbeitsbelastung empfinde ich jetzt nicht anders als in der UCh. Eigentlich mache ich sogar noch viel mehr Überstunden! Das ist wohl eher von der Klinik abhängig, weniger vom Fach. Ja, nachts ist es etwas ruhiger in der Ambulanz, dafür kriegt man Unmengen an Patienten mit Rückenschmerzen, was mich einfach nur nervt. Da hab ich lieber einen Schockraum als sowas.

Ich denke eine Niederlassung kann sich lohnen, wenn man ein Verkäufertyp ist und seinen Patienten viele Igel Leistungen andreht. Wenn man "richtige" Medizin machen will, ist man wohl genauso gefangen im Budget System wie jeder andere niedergelassene Arzt. Immerhin hat man die Möglichkeit, als Beleger auch zu operieren, wenn man das will.

Mach dir nicht zu viele Hoffnungen, was das Patientenklientel angeht. Ich habe das Gefühl, der Altersdurchschnitt in unserer Klinik liegt locker bei über 70. In der Unfallchirurgie hat man doch häufiger junge Patienten. Ich meine, wir haben 90 Betten, in denen Leute liegen, die 70, 80 oder 90 Jahren alt sind. Herzinfarkte, Schlaganfälle, GI Blutungen, Ileus, Pneumonie, Lungenembolie, sowas passiert alle Nase lang. Und es geht auch nicht alles immer gut. Vor allem bei den Wirbelsäulenpatienten gibt es viele Komplikationen (Pseusarthrosen, Schraubenlockerung oder -dislokation, Anschlussinstabilitäten, Anschlussfrakturen....), aber bei den Prothesen auch (Infekte, Luxationen, periprothetische Frakturen...) Ist nicht immer alles "Arthrose - TEP Einbau - fertig".

Die Stellensituation würde ich eher als gut bezeichnen. In unserer Klinik waren von den letzten 7 eingestellten Assistenten 6 Anfänger dabei... weil wir einfach keine erfahrenen Leute kriegen. Wir haben zwar keine offenen Stellen, aber man findet derzeit einfach nur noch Anfänger.

Innerhalb der Orthopädie gibt es eine Reihe von Spezialisierungsmöglichkeiten. Prothesen, Schulter, Füße und natürlich Wirbelsäule. Wenn man das Ärzteblatt so liest, werden vor allem erfahrene Wirbelsäulenchirurgen gesucht. Damit lässt sich auch (noch) noch Menge Kohle verdienen.

Sziv
19.06.2016, 15:28
Hey Lava,
das gibt mir schon mal nen guten Einblick - danke dafür.
Bei uns fallen die Wirbelsäulen OPs eher den Neurochirurgen zu. Aber ist wahrscheinlich auch wieder von Haus zu Haus verschieden.
Das mit dem Patientenalter hört sich (für mich) nicht so prickelnd an. Gibts denn da nicht ne Möglichkeit über die Sportmedizin-Schiene? Wäre das ne denkbare Alternative für dich, und wenn ja/nein warum?

Lava
24.06.2016, 08:48
Mir geht es weniger ums Alter, mehr um das Fach an sich. Ich mag halt lieber ne anständige Verletzung, die ich reparieren kann, als Gelenk-Wehwehchen ;-) Das merkt man auch an der Anspruchshaltung der Patienten. Wenn man eine Fraktur hat, dann hat man ein akutes Problem, auf das man sich konzentrieren kann. Den Prothesenpatienten hingegen geht es eigentlich meistens so gut, dass sich auf jede andere Schei*e konzentrieren. Die meckern bei Visite immer darüber, dass es IMMER NOCH weh tut (4 Tage nach Operation! Das muss doch langsam mal aufhören!), dass sie schlecht schlafen, dass sie nicht kacken können oder dass sie einen Pickel haben und die linke A*schbacke juckt.

Sportmedizin hat mich auch noch nie interessiert, das ist keine Alternative.

sailor1989
24.06.2016, 21:11
Dann gibt es bei der Orthopädie aber als kleines Unterfach z.B. die Tumororthopädie. Da sind die Patienten trotz Protheseneinbau oder Amputationen per se anders drauf, denke ich.

anignu
25.06.2016, 12:25
Ja, Tumororthopädie ist sicherlich spannend. Ich kenn da halt 2 Patientengruppen: die Alten mit Metastasen etc. und die Jungen mit Primärtumoren. Das muss man halt mögen, dass die möglicherweise als Kinder dann schon sterben können... Für mich wär das nichts.

Lava
26.06.2016, 12:16
Die machen halt krasse Sachen. Genauso wie Wirbelsäulenzentren, die Skoliosen operieren. Krasser Schei*. Aber da muss man erstmal rein kommen. Wahrscheinlich sollte man gleich in einem solchen Umfeld anfangen.

CYP21B
26.06.2016, 13:51
Ich ticke da denke ich ähnlich wie Lava bzgl. Präferenz für Uch. Für mich ist noch ein Vorteil dass man da generell breiter bleibt und sich nicht so extrem spezialisieren kann und muss wie in der Orthopädie. Man hat sicher auch Nachteile weil es eben nicht so planbar ist und man auch als OA in den Diensten reinkommen muss.

Bzgl. der Zusammenlegung kommt es denke ich öfter dazu dass die Dienste zusammenfallen. Arbeitsbelastung ist extrem abteilungsabhängig.

anignu
26.06.2016, 14:12
Arbeitsbelastung ist extrem abteilungsabhängig.
Und wie!
In einem Haus in dem eher elektive Knie/Hüften gemacht werden ist das was anderes als in einem Traumazentrum. Manche Häuser haben ja nicht einmal eine Notaufnahme, da sind die Dienste extremst entspannt für den Hintergrund...

Sziv
29.06.2016, 19:23
Arbeitsbelastung ist extrem abteilungsabhängig.
Ist das irgendwie im Vorherein abzusehen wenn man sich bewirbt, oder nimmt man als Assi im ersten Jahr eh das was man grade kriegt ?

CYP21B
30.06.2016, 19:23
Gewisse Tendenzen kann man vorab zumindest erahnen. Es ist aber nicht pauschal gut eine möglichst geringe Arbeitsbelastung zu haben. Wenn kaum Ops anfallen operiert der Assistent auch nicht so viel.

anignu
30.06.2016, 22:04
Alles ist abhängig davon in welcher Phase man sich grad befindet:
mal wünscht man sich behütet herangeführt zu werden, mal will man endlich schneller weiter kommen, mal will man immer die gleichen Fälle um Sicherheit zu bekommen, mal will man Abwechslung, mal will man endlich Verantwortung übernehmen, dann aber wiederum nicht zu viel.
Zumindest sind das so die Gedanken meiner Assistenzarztzeit bisher.

Wichtig meiner Meinung nach: wie ist die Perspektive? Man kann locker mal ein paar Jahre Vollgas geben und auch mal ein paar Stunden mehr arbeiten um irgendwas zu erreichen. Aber das langfristige Ziel ist halt spannend.

Lava
01.07.2016, 19:46
Ist das irgendwie im Vorherein abzusehen wenn man sich bewirbt, oder nimmt man als Assi im ersten Jahr eh das was man grade kriegt ?

Als Anfänger ist das natürlich schwierig einzuschätzen, weil man einfach nicht weiß, was es bedeutet, Dienste oder Überstunden zu machen. Man sollte halt beim Bewerbungsgespräch fragen, wie das Dienstmodell aussieht, ab wann man Dienste macht und wieviele es sind. Noch besser ist dann natürlich, wenn man die Assistenten selbst fragen kann. Schreib dir am besten Fragen auf, damit du sie nicht vergisst:
Wieviele Dienste im Monat? (bei 24h Diensten sind 4 bis 6 OK, darüber finde ich es schon eher zu viel... hatte anfangs aber auch mehr, in meinem Spitzenmonat im ersten Jahr hatte ich mal 9 Dienste)
Wieviele Wochenenden muss man arbeiten? (mehr als 2 sollten es auch nicht sein)
Wie häufig macht man Überstunden? Wieviele Überstunden? Wie werden sie vergütet?

Ich finde, am Anfang steckt man eine hohe Arbeitsbelastung noch ganz gut weg. Mit der Zeit wird es zäher, weil man einfach nicht mehr so das Gefühl hat, noch großartig weiter zu kommen. Am Anfang lernt man ja ständig was Neues, da ist man so motiviert :-)

arbeiter79
01.07.2016, 21:27
Ich finde, am Anfang steckt man eine hohe Arbeitsbelastung noch ganz gut weg. Mit der Zeit wird es zäher, weil man einfach nicht mehr so das Gefühl hat, noch großartig weiter zu kommen. Am Anfang lernt man ja ständig was Neues, da ist man so motiviert :-)

War auch für mich so was die Dienste betrifft. erst lernt man viel, dann hat man irgendwann das Gefühl den Laden im Griff zu haben, das ist dann schon ein gutes Gefühl auch weil man sich wahrscheinlich noch dran erinnert wie es noch vor Paar Monaten gelaufen ist. Da hatte ich dann wirklich das Gefühl mich richtig entwickelt zu haben.
Danach ging es bergab, im Dienst hab ich dann ab einem gewissen Punkt fast gar nichts neues mehr gelernt. Gleichzeitig habe ich das was ich in den Diensten so machen musste irgendwann als Kleinkram erkannt. Am Anfang hatte ich da Respekt vor und hab die Assistenzärzte die dort die Dienste locker gemacht haben als ziemlich kompetent empfunden, diese Aura hatte sich als ich dann selber das Niveau erreicht hatte entzaubert. Dann Stand leider nur noch das Geldverdienen im Vordergrund.

Sziv
06.07.2016, 14:09
Danke für eure Antworten - das hilft mir die Situation besser einzuschätzen!

Chrissi1205
10.07.2016, 12:02
Wenn man noch jung ist wie Du, will man viel Action und richtige Verletzungen und operieren...da machen eine Nachtdienste und die Arbeitsbelastung auch noch wenig aus.
Allerdings solltest du auf lange Sicht schon wissen, ob du dein Leben lang Nacht - umd WE-Dienste willst oder ob du dich irgendwann auch mal niederlassen willst (mit freien Abenden und WEs), was wesentlich beziehungs - und familienkompatibler ist.
Dann sind dir nämlich Patienten, die ein kleines Wehwechen haben und die die mit einer Spritze glücklich machen kannst auch nicht unrecht.
Ich selber liebe den OP auch, aber wenn man das 10 jahre gemacht hat, will man nicht mehr dauernd nachts und am WE arbeiten. verdiensttechnisch ist man eher im höheren Bereich als Arzt.
gerade niedergelassene Orthopäden verdienen in der Regel gut.
Ansonsten finde ich, dass du noch sehr "jung" redest, du hast noch gar keinen Respekt vor deinen Patienten und nimmst sie nicht ernst. Klar ist eine gelungene OP gut und natürlich gibt es anspruchsvolle Patienten, aber wenn ihnen "die Arschbacke" juckt, sollte man vielleicht mal zum äußersten schreiten und nachschauen oder die Lagerung ändern - und ein Patient, der Schmerzen hat, hat immer recht (genau wie der Patient im Gips). Finde es nicht richtig, so abfällig über die Bedürfnisse deiner Patienten zu reden.
Die Unfallchirurgie hat eine gewisse "Werkstattmentalität", aber du solltest schon anfangen, nur nur die Fraktur zu sehen, sondern den ganzen Menschen.... auch ist Patient nicht gleich Patient - due musst einen Diabetiker oder Osteoporosepatienten ganz anders behandeln und auch medikamentös einstellen als einen jungen Unfall-Motorradfahrer.
Und ein guter Arzt kann nicht nur den UFN reinkloppen, denn man kann vieles auch gut konservativ behandeln - nicht jeder Patient ist mit der OP am besten beraten.
Auch wenn die glatten Fälle am dankbarsten sind und am meisten Spaß machen :-)

Sziv
14.05.2018, 16:26
Also... mit dem heutigen Tag bin ich nun 4 Monate in der Ortho/Unfall. Wobei es an meinem Haus wohl 90% Unfall sind.

Ich muss leider sagen, dass es mir überhaupt nicht gefällt. Das Team ist ok, mit 3/4 komm ich wirklich gut klar. Der Zusammenhalt ist gut, meine Kollegen greifen mir unter die Arme und weißen mich auf Fehler hin - das ist top.
Der Rest ist Bescheiden. Oberärzte keinen Bock zu erklären, äußerst launisch.
Ständige Umplanungen, Dienstverschiebungen, ständig jemand krank weil überlastet, ständig wird man auf andere Station geschoben oder muss wo für nen Tag aushelfen, wo man Null Ahnung von den Patienten hat.
Arbeitszeiten sind ein Witz. Wir starten um 6:45 und arbeiten bis 17:00 durch. Pausen werden nicht gemacht, aber nachgearbeitet.
Urlaube müssen so kompliziert mit 3 oder 4 verschiedenen Oberärzten rückgesprochen werden, dass es quasi unmöglich ist einen Tag frei zu machen ohne von irgendwem nen Einlauf zu kassieren.
Das opt out zu unterschreiben war eh der größte Fluch, vor kurzem bin ich auf 85 Stunden gekommen, kein FZA.
OP macht keinen Bock, weil ich eh nur Hacken halte. OP-Karrenz wird als Strafmaßnahme angeordnet, aber im Endeffekt tun sie mir damit mittlerweile n Gefallen. Ich merke wie ich immer weniger Bock auf OP habe. Eventuell weil ich ständig nur angemault werde, oder weil es mittlerweile einfach so negativ konnotiert ist.

So. Vielleicht bin ich ein Weichei? Vielleicht ist das normal, ich weiß es nicht , mir fehlt der Vergleich. Ich überlege, ob ich nur das Haus wechsle, oder gleich die ganze Fachrichtung. Vielleicht ist es an orthopädischen Häusern anders? Wie ist es da mit den Diensten? Ich denke, dass ich nach dem 6. Monat kündigen werde.
Ach ja, falls jemand sagt die Phase geht bestimmt wieder vorbei, so denke ich seit Februar.

Feuerblick
14.05.2018, 16:29
Lies dir deinen Text nochmal durch, dann kommst du von ganz alleine auf des Rätsels Lösung.... Übrigens: Opt-out kann man kündigen.

Sziv
14.05.2018, 16:40
Ne sorry, ich komm auf keine Lösung. Meinst du ich bin gebiast weil ich eh kündigen will oder was?
Und das mit dem opt-out kündigen ist mir natürlich klar, aber warum machts denn keiner? Weil du dann halt das Kollegenschwein bist.

Solara
14.05.2018, 16:50
Dein Beitrag sagt nichts positives über deine aktuelle Abteilung. Damit gibst du dir selbst die Antwort. Was genau willst du noch da dort?