PDA

Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Dauer bis zu den ersten Symptomen einer Sepsis



Seiten : [1] 2

VaniNessi
18.06.2016, 19:49
Hallo alle zusammen:

Hier einmal eine Frage zum wichtigen Thema Sepsis.
Die Symptome einer Sepsis werden ja hinreichend überall aufgeführt, aber mich würde einmal interessieren, wieviel Zeit zwischen dem Eintreten von Bakterien in die Blutbahn und den ersten Symptomen vergeht...Oder den Worst-Case angenommen: Wieviel Zeit vergeht zwischen dem Eintreten der Bakterien in die Blutbahn und dem Tod (sofern das Ganze unbehandelt bleibt)? Sprechen wir hier von Stunden/Tagen oder kann sich das ganze auch über Wochen hinziehen?

FirebirdUSA
18.06.2016, 20:14
Beides ist möglich

VaniNessi
18.06.2016, 22:03
Okay, dachte, das geht alles sehr flott... Wo würdet ihr so eine minimale und eine maximale Dauer ansiedeln?

Fr.Pelz
18.06.2016, 22:36
Der Normalfall sind mehrere Stunden. Im klinischen Alltag kann man das bei stationären Patienten ganz gut mitverfolgen, zB wenn bei ITS-Patienten alle paar Stunden PCT bestimmt wird. Und es ist ja auch klar, dass schnell, möglichst in der ersten Stunde der Symptomentdeckung, behandelt werden muss, um die Prognose deutlich zu verbessern.
Aber es hängt natürlich auch von Erreger, Fokus und Immunstatus ab. ITS-Patienten mit Katheterinfektion können sehr schnell auffiebern, bei jüngeren Patienten mit pAVK wundert man sich manchmal, wie die monatelang mit ihren infizierten Ulcera rumlaufen ohne septisch zu werden...

VaniNessi
18.06.2016, 23:06
Vielen Dank für die Antwort. Ist es denn z.B. so, dass ich einen Monat nach einer Infektion bzw. einen Monat nach einem Übertritt von Bakterien ins Blut noch mit Symptomen rechnen kann oder wären diese in der Zeit schon aufgetreten bzw. unbehandelt eine drastische Verschlechterung und im schlimmsten Fall der Tod eingetreten?

Sebastian1
18.06.2016, 23:15
Der Normalfall sind mehrere Stunden. Im klinischen Alltag kann man das bei stationären Patienten ganz gut mitverfolgen, zB wenn bei ITS-Patienten alle paar Stunden PCT bestimmt wird.

Ich finde PCT deutlich überbewertet. Ja, besser als CRP allemal, aber dennoch mit deutlicher Verzögerung und schlechter Halbwertzeit. Ander dagegen IL6, das steigt schnell an und sinkt bei Fokussanierung bzw korrekter antibiotischer Therapie genauso schnell wieder ab. Ich würde alle anderen Parameter für IL6 aufgeben und wundere mich nachhaltig, warum es sich ausserhalb der Pädiatrie nicht wesentlich flächendeckender durchsetzt.

Miss_H
18.06.2016, 23:57
Ich würde alle anderen Parameter für IL6 aufgeben und wundere mich nachhaltig, warum es sich ausserhalb der Pädiatrie nicht wesentlich flächendeckender durchsetzt.
Ich glaube das dauert immer ein paar Jahre. Das Wissen muss sich erst verteilen und nicht jedes Labor bietet es an.

VaniNessi
19.06.2016, 00:58
Ich frage nochmal ein bisschen anders: Wenn ich einen Infektionsherd habe- ich gehe jetzt beispielhaft mal von einem infizierten Zugang/einer infizierten Viggo, Infusion etc. aus, durch den es zum Eintrag von Bakterien in den Blutkreislauf gekommen ist- innerhalb welcher Zeit ist dann mit Symptomen bzw. unbehandelt mit dem Tod zu rechnen? Kann man einen Rahmen für eine Art Latenzzeit angeben? Gibt es einen Punkt ab dem man dann z.B. sagen kann: Wenn bis jetzt nichts aufgetreten ist, dann wird auch nichts mehr auftreten?

Miss_H
19.06.2016, 01:19
Ich denke da kann man keine Latenzzeit angeben. Die Vorgänge sind einfach viel zu komplex um einen "Startzeitpunkt" fest legen zu können. Daher kann man auch keine Latenzzeit bestimmen.
Um bei deinem Beispiel zu bleiben. Wann kommt es denn zum Eintrag von Bakterien ins Blut? Beim Stechen des Zugangs, ja bestimmt, aber vielleicht kann der Körper diese noch platt machen. Vielleicht kommt es auch erst nach 3 Tagen zur Einwanderung von Bakterien entlang des Zugangs. Ohne Startzeitpunkt keine Berechnung der Latenzzeit.

VaniNessi
19.06.2016, 01:39
Okay, dass man keinen Startzeitpunkt festlegen kann, verstehe ich...meine Frage zielte darauf ab, dass ich einen theoretischen Startzeitpunkt habe. Sagen wir beim Abstöpseln einer Infusion wurden Keime ins System gebracht. Das ist mein Startzeitpunkt. Der Körper kämpft gegen die Keime an, schafft es aber nicht, der Patient wird septisch. Die Sepsis wird nicht erkannt. Wie lange kann der Patient vom Startzeitpunkt (Abstöpseln der Infusion) aus überleben?

Fr.Pelz
19.06.2016, 06:35
Das kann man wirklich nicht sagen, du stirbst ja in einer Sepsis meist an Multiorganversagen und wenn zb die Niere schon vorher schlecht war, geht das MOV auch schneller. Ich habe auch schon Patienten zb mit Enzephalitis gesehen, die 2 Wochewn alle Sepsis-Parameter erfüllt haben ohne zu sterben. Da hat sich dann vielleicht die Keimlast durch Antibiose immer noch gerade so im "nicht-tödlichen-Bereich" bewegt? Im Einzelnen weiß mans sicher nicht.
Und eine "Sicherheitsphase" kann man auch nicht angeben. Wie gesagt, es gibt echt viele viele Patienten die mit Ulcera oder Dekubiti Jahre verbringen, das beschränkt sich dann auf eine lokale Infektion und irgendwann kommt zu der Wundflora, an die der Patient schon adaptiert ist, ein anderer Keim hinzu - oder der Immunstatus kippt und dann ist plötzlich die Sepsis da.

Habe gerade noch eine Patientin auf Station, relativ "jung", kleines Fersenulkus bei Diabetes, für 2-3 Monate hat sie dem beim Wachsen zugeguckt und sich nichts weiter dabei gedacht. Als sie dann in die Notaufnahme in einer manifesten Sepsis kam, war das vermutlich der Zeitpunkt, als die lokale Infektion auf den Calcaneus übergegangen war und so, übers Knochenmark septisch einschwemmte. (So erkläre ich mir das zumindest, beweisen kann ichs nicht)

FirebirdUSA
19.06.2016, 09:51
Wenn du Keime im Blut hast geht es i.d R. sehr schnell (Stunden), bei lokalen Infekten kann es sich im Extremfall wie FrPelz schon schreibt über Monate bis Jahre hinziehen.
Wenn du keine lokalen oder systemischen Infektzeichen hast kann man vermutlich nach ein paar Tagen davon ausgehen, dass der Körper damit fertig wurde. Pauschale Angaben sind aber nicht möglich. Da spielen zu viele Faktoren eine Rolle (z.B. Immunstatus, Art des Keims, Ort des Keimeintritts,...)

Kandra
19.06.2016, 10:25
Ich finde PCT deutlich überbewertet. Ja, besser als CRP allemal, aber dennoch mit deutlicher Verzögerung und schlechter Halbwertzeit. Ander dagegen IL6, das steigt schnell an und sinkt bei Fokussanierung bzw korrekter antibiotischer Therapie genauso schnell wieder ab. Ich würde alle anderen Parameter für IL6 aufgeben und wundere mich nachhaltig, warum es sich ausserhalb der Pädiatrie nicht wesentlich flächendeckender durchsetzt.

Zu teuer ist bei uns das Argument, das gegen einen breiteren Einsatz von IL6 spricht.

Sebastian1
19.06.2016, 14:52
Nicht wirklich teurer als PCT. Wobei wir beides parallel bestimmen.
Und vor allem nicht teurer als die Folgekosten, die enstehen, wenn Probleme später erkannt werden oder bestehende nicht sicher unter Kontrolle sind. Und dabei ist IL6 ganz enorm hilfreich, weil eben extrem schnell reagierend. Ich habe Patienten mit Urosepsis gesehen, die mit IL-Werten von 200.000 kamen (während das PCT noch kaum reagiert hatte) und die dann nach adäquater Therapie innerhalb von 24 Stunden bei <1000 und nach 48 Stunden bei <100 waren. Und das PCT hing munter nach, stieg erst so richtig an als IL6 schon wieder fast normwertig war und hing Tage danach noch über dem oberen Cutoff-Wert. Großer Mist.

Hoppla-Daisy
19.06.2016, 17:58
Also bei ner Urosepsis kann das innerhalb einer halben Stunde mal richtig, richtig Scheiße werden :-oopss. Da ist jede Minute wertvoll und wichtig!

Sebastian1
19.06.2016, 18:06
Jo, Urosepsis wird richtig schnell richtig kacke. Aber glücklicherweise bei korrekter Therapie (oft, nicht immer) relativ schnell auch wieder richtig gut (wenn man das zum Beispiel mit komplizierten abdominellen Infektionen oder septischer Pneumonie als Sepsistrigger vergleicht).
Und da will ich halt schnell wissen (neben dem klinischen Bild, was beim beatmeten Intensivpatienten auch nicht immer einfach zu beurteilen ist), ob ich den polysensiblen E.coli mit zB kalkuliert Tazobac treffe oder ob der E. faecium eben nicht dabei ist. Das geht vor vorliegen der Mibi mit IL6 halt sehr gut. Ich bin sehr gespannt, ob das nach Wechsel des Hauses verfügbar sein wird (und wenn nicht, ob und wie schnell ich es dann durchgesetzt bekomme... ich hoffe, das ist dann als OA möglich).

VaniNessi
20.06.2016, 18:17
Wenn ihr sagt, sowas kann sich auch hinziehen, bedeutet das dann, dass wenn vor einem Jahr mein Zugang kontaminiert wurde und Keime in mein Blut gekommen sind, ich dann heute noch eine Sepsis deshalb bekommen könnte? Kommt mir irgendwie extrem unwahrscheinlich vor...

Solara
20.06.2016, 18:35
Das ist alles bereits beantwortet worden, lies doch bitte die bisherigen Antworten aufmerksam durch.

Moorhühnchen
20.06.2016, 20:08
Ich bin sehr gespannt, ob das nach Wechsel des Hauses verfügbar sein wird (und wenn nicht, ob und wie schnell ich es dann durchgesetzt bekomme... ich hoffe, das ist dann als OA möglich).
Angesichts der Tatsache, daß Dein zukünftiger Arbeitgeber in etwa das Spektrum und die Größe meines Hauses hat, erzähle ich mal, wie es bei uns ist:
Das Labor kann weder PCT noch IL6 bestimmen (ich behaupte mal, die meisten hier wissen nichtmal, was das ist). Generell findet die Intensivvisite um 7:45 Uhr statt - da wird das Labor gerade abgenommen, die ersten Werte sind ca. ab 8:30 Uhr da. Bei Visite hat man also immer nur die Werte vom Vortag.... :-oopss

Ich drücke die Daumen, daß es in Deiner zukünftigen Wirkungsstätte anders ist und falls nicht, daß man dort lernwilliger ist als hier. :-top

FirebirdUSA
20.06.2016, 20:29
... bedeutet das dann, dass wenn vor einem Jahr mein Zugang kontaminiert wurde ... Wenn es um deinen Zugang geht ist das hier der falsche Ort für die Diskussion! Solltest du
tatsächlich Medizin studieren dann lies nochmals die Antworten, da ist deine Frage beantwortet. Solltest du ein Laie sein solltest du mit diesen Fragen zu deinem Hausarzt gehen!