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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Mit Anästhesie einsteigen?!



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ubm59
13.07.2016, 11:46
Hallo ihr Ärzte!

Ich hätte mal gerne ein paar Meinungen zu folgendem Thema gehört. Und zwar geht es darum, dass man ja immer wieder hört, dass viele "erstmal mit Anästhesie anfangen" wollen.

Ich bin mittlerweile auf der Suche nach meiner ersten Stelle und da ich mir noch etwas unschlüssig bin was ich machen möchte, hatte ich überlegt mit Anästhesie anzufangen.
Ich verepreche mir dadurch viele Basics zu lernen (Intubation, ZVK, Arterie, Schmerztherapie etc.). Notfallmedizin und Intensiv sind ja auch echt spannend.

Das einzige was mir persönlich in der Zukunft fehlen würde wäre der Patientenkontakt im Sinne von Untersuchungen und die Möglichkeit der Niederlassung. Darum überlege ich mit Anästhesie anzufangen und später Innere oder vieleicht auch in ein kleines chirurgisches Fach zu wechseln.

Aber jetzt mal Butter bei die Fische: Wer von euch hat mit Anästhesie angefangen? Ist dort geblieben? Ist von dort in ein anderes Fach gewechselt? Fand es sinnlos damit anzufangen? Fand es klasse damit anzufangen?

Würde mich über unterschiedliche Meinungen und Begründungen freuen!

Lg

ChillenMitBazillen
13.07.2016, 13:15
Das einzige was mir persönlich in der Zukunft fehlen würde wäre der Patientenkontakt im Sinne von Untersuchungen und die Möglichkeit der Niederlassung.

Als Anästhesist in einem großen Haus möchte ich mal mit diesem Vorurteil aufräumen. Ich spreche wahrscheinlich mehr mit Patienten als viele meiner chirurgischen Kollegen. Nicht-Anästhesisten sehen Anästhesisten immer nur im OP. Es wird immer vergessen, dass zur Anästhesie auch die Intensivmedizin (sehr viel und sehr intensiver Angehörigen- und Patientenkontakt), die Notfallmedizin (ziemlich wenige schlafende Patienten, zwischenmenschliche Skills ziemlich gefragt), die Schmerztherapie (da wird mir der Patientenkontakt manchmal fast zu viel :) ) und auch die Palliativmedizin gehören. Die Einschätzung, dass Anästhesisten nicht viel Kontakt zu wachen Patienten haben, ist einfach falsch. Wenn man absolut maulfaul ist, wird man bestimmt eine Nische in der Anästhesie finden, in der man nicht viel sprechen muss, die Regel ist das aber nicht.

ubm59
13.07.2016, 14:58
Das klingt doch gut! Finde die Bereiche Intensiv, Schmerztherapie und Notfallmedizin auch klasse. Danke!

anignu
13.07.2016, 21:09
Was ChillenMitBazillen meint ist dass man als Anästhesist mehr Möglichkeiten hat als du vielleicht jetzt kennst. Schmerztherapie z.B. als Tagesklinik ist meines Wissens nach eher was was man erst später intensiver betreibt. Und auf die Intensivstation kommt man meist auch nicht in den ersten Wochen.
Diese ganzen Sachen sind eher was was man nach einer gewissen Zeit macht. Bei uns im Haus frühestens nach einem Jahr auf die Intensiv, nach drei Jahren Notarzt, die Schmerztherapie machen ein paar spezielle Fachärzte etc.
Niederlassung ist auch möglich. Ich kenn zumindest ein paar Anästhesisten die sich niedergelassen haben und ihre Dienste quasi für Chirurgen zur Verfügung stellen die sich dann den OP buchen. Oder wir haben bei uns einen externen Anästhesisten weil eine Gruppe von Belegärzten nur mit dem arbeiten will. Der ist wirklich gut, daher versteh ich das auch, und macht für seine eigenen Patienten auch alles selbst. Also macht die Prämedikation und Aufklärung, Narkose und postoperative Visite alles selbst. Hat für ihn halt den Vorteil dass er wirklich seine Patienten kennt und nicht einfach einen Patienten zur Narkose hingeknallt bekommt mit einem vorausgefüllten Zettel eines Kollegen von dem man ggf. noch weiß das er ein Depp ist.

Wenn du Anästhesie eh nur kurz machen willst, wirst vermutlich vor allem im OP und in der Prämedikation arbeiten. Ob du da so schnell ZVKs legen lernt weiß ich nicht, Arterie ist bei uns bei den kritischeren Patienten Standard und logischerweise intubiert man viel. Schmerztheraoie ist halt eher so die richtig akuten Sachen also eher mal mit dem Medikamentenhammer drauf, was man später auf Station braucht sind andere Medikamente. Ich glaub halt dass du mit einem Kurzeinsatz in der Anästhesie eher weniger lernst als du dir erhoffst. Denn auch als Chirurg bist du mindestens ein halbes Jahr auf der Intensiv (Internist auch, dachte ich) und es gibt auch gute Intensivstationen bei denen man keinen Anästhesisten ruft um einem Patienten Arterie oder ZVK zu legen oder zu intubieren, weil man es selbst kann. Es gibt auch "Wohlfühl-Intensivstationen" bei denen man mehr eine abgespeckte IMC ist. Egal.

Ich hatte Anästhesie im PJ und würde es nicht machen wollen. Klar, die werden regelmäßig ausgelöst für OP-Suppe, Kaffee, Telefonieren etc, aber sie stehen einfach auf der falschen Seite des Tuchs. Gefühlt. Für mich. Daher hab ich die andere Seite gewählt und bisher ist es die richtige Entscheidung.

LasseReinböng
14.07.2016, 09:25
Ich kann Anignu nur zustimmen. Du wirst als Anfänger vor allem eines machen: Narkosen. Dann kommt das Prämedizieren. Die Intensivmedizinrotation kann an manchen Häusern relativ spät kommen, kurz vor dem FA. Mit Schmerztherapie ( ich meine hier nicht die perioperative Schmerztherapie mit Regional-, rückenmarksnaher Anästhesie) hat man bei uns z.B. als Anästhesist gar nichts zu tun, Palliativmedizin dito. NEF-Fahren geht i.d.R. im 3. WBJ los.


Das nur so als Info.

Evil
14.07.2016, 13:36
Trotzdem kann man in der Anästhesie sehr viel Nützliches lernen, vor allem mit Blick auf spätere Notarzt-Tätigkeit.
Selbst wenn man "nur" im OP ist und Narkosen macht, man kann auf jeden Fall intubieren, und auch dort gibt es Notfälle, so daß man lernt, darauf adäquat zu reagieren. Und wenn man ein bißchen Regionalanästhesie lernt, schadet das auch nicht.

Ich habe zu Beginn der Weiterbildung 1,5 Jahre Anästhesie gemacht und es hat mir eine Menge gebracht. Jetzt bin ich niedergelassener Hausarzt, teilweise profitiere ich immer noch davon ;-)

BetterCallSaul
14.07.2016, 15:59
"Als Anästhesist kann man doch nix und lässt Patienten einfach schlafen."

Gruss aus der Anästhesie ;)

tragezwerg
14.07.2016, 16:15
Ich als Anästhesistin finde es super wenn Kollegen anderer Fachdisziplinen mal ein wenig Anästhesie gemacht haben!
Es nervt nämlich kolossal wenn man im Intensivdienst schon jede Menge Mist an der Backe hat und dann noch zusätzlich ständig von fachfremden Kollegen zu Cormack-1-Intubationen usw. gerufen wird, weil die Bedienung des Laryngoskops zu kompliziert erscheint (nicht falsch verstehen, ich helfe gern. Aber oft genug ist es einfach peinlich, dass selbst die simplen Dinge wie Lagerung und Equipment nicht passen)
Und zu ZVKs etc.: Wenn du nicht gerade an ein kleines Haus gehst kannst du das definitiv lernen, auch wenn du "nur" im OP bist.
Ich würde die OP-Zeit nicht unterschätzen, gerade was Notfallmanagement und Gefäßzugänge angeht gibt es da viel zu lernen.

anignu
14.07.2016, 16:28
Ich habe zu Beginn der Weiterbildung 1,5 Jahre Anästhesie gemacht und es hat mir eine Menge gebracht. Jetzt bin ich niedergelassener Hausarzt, teilweise profitiere ich immer noch davon ;-)
Nichts für ungut, aber das ist für mich kein Argument. Das geht auch andersrum, bei uns profitiert ein Anästhesist in Weiterbildung von seinem Facharzt für Allgemeinmedizin weil er einfach eine breite Ausbildung schon hat. Man profitiert sehr oft davon wenn man andere Fachrichtungen macht. Nimmt aber leider die Geschwindigkeit aus der Ausbildung und ehrlich gesagt: ich will jetzt endlich mal fertig werden mit der Facharztausbildung.

Und für Hausärzte kann man den Satz einfach mal pauschalisieren und durch beliebige Fachrichtungen ersetzen: "Ich hab zu Beginn meiner Weiterbildung 1,5 Jahre Chirurgie/Pädiatrie/Gyn/Uro/Derma/HNO/Neurologie/Orthopädie/Psychiatrie gemacht und es hat mir eine Menge gebracht. Jetzt bin ich niedergelassener Hausarzt, teilweise profitiere ich immer noch davon"

Ich als Anästhesistin finde es super wenn Kollegen anderer Fachdisziplinen mal ein wenig Anästhesie gemacht haben!
Ich als Chirurg finde es super wenn Kollegen der Anästhesie mal ein wenig Chirurgie gemacht haben! Dann haben sie vielleicht mal ein wenig Verständnis dafür was bei einer OP so passiert und könnten vielleicht auf der Intensivstation die Patienten die sie betreuen auch mal selbst ein Pflaster wechseln oder oder oder... (hab den Rest wieder gelöscht, war sehr sehr viel zu lang)

tragezwerg
14.07.2016, 16:58
Ich als Chirurg finde es super wenn Kollegen der Anästhesie mal ein wenig Chirurgie gemacht haben! Dann haben sie vielleicht mal ein wenig Verständnis dafür was bei einer OP so passiert und könnten vielleicht auf der Intensivstation die Patienten die sie betreuen auch mal selbst ein Pflaster wechseln oder oder oder... (hab den Rest wieder gelöscht, war sehr sehr viel zu lang)

Ach, das könnte man von beiden Seiten her ewig hin und her diskutieren (siehe Relaxierung von Organen ohne motorische Endplatte etc. pp.) Von mir aus dürfen auch alle Chirurgen ihre Intensivpatienten komplett selbst betreuen, ich brauch die Intensivmedizin nicht zum glücklich sein (mir fehlt es da an dienstleistungsgewerblicher Unterwürfigkeit).
ubm59 ging es ja aber darum, ob so ein Einstieg in der Anästhesie Sinn machen würde und um Erfahrungswerte. Und dass es da unterschiedliche Meinungen gibt ist klar.
Verlorene Zeit ist es m.M.n. nie. Vor allem da man auch Zeiten für andere Fächer anrechnen lassen kann und damit den Facharzt nicht zwingend in die Länge zieht durch "Fremdzeit" in der Anästhesie.

Brutus
14.07.2016, 17:01
Hat für ihn halt den Vorteil dass er wirklich seine Patienten kennt und nicht einfach einen Patienten zur Narkose hingeknallt bekommt mit einem vorausgefüllten Zettel eines Kollegen von dem man ggf. noch weiß das er ein Depp ist.
Aber immerhin besser als umgekehrt, oder? ;-) :-))


Wenn du Anästhesie eh nur kurz machen willst, wirst vermutlich vor allem im OP und in der Prämedikation arbeiten. Ob du da so schnell ZVKs legen lernt weiß ich nicht, Arterie ist bei uns bei den kritischeren Patienten Standard und logischerweise intubiert man viel. Schmerztheraoie ist halt eher so die richtig akuten Sachen also eher mal mit dem Medikamentenhammer drauf, was man später auf Station braucht sind andere Medikamente. Ich glaub halt dass du mit einem Kurzeinsatz in der Anästhesie eher weniger lernst als du dir erhoffst.
Sehe ich anders. Kurzeinsatz ist ja relativ. Wenn ich nicht gerade innerhalb der Probezeit wieder kündige, dann bin ich ja schon so lange in der Abteilung, dass ich regelmäßig im OP meine Kaffeepause machen kann, die Tageszeitung lesen, das OP-Klo vernünftig einweihen und ab und an auch mal ein bißchen Narkose lernen. Maske, LM, LT, ITN in allen Varianten, ZVK, Arterie, PDK, SPA, periphere Nervenblöcke, Sonogesteuerte Punktionen, etc, etc, etc...
Und nicht vergessen, Pausen, Essen, Trinken, Lesen, den Operateuren auf die Nüsse gehen, ... .... ......
Ich sach ja immer: Augen auf bei der Berufswahl. :-))


Denn auch als Chirurg bist du mindestens ein halbes Jahr auf der Intensiv (Internist auch, dachte ich) und es gibt auch gute Intensivstationen bei denen man keinen Anästhesisten ruft um einem Patienten Arterie oder ZVK zu legen oder zu intubieren, weil man es selbst kann. Es gibt auch "Wohlfühl-Intensivstationen" bei denen man mehr eine abgespeckte IMC ist. Egal.
Dazu gehören aber auch immer zwei. Zur Zeit bin ich in einem Haus, wo es durchaus Chirurgen gibt, die interessiert sind und die gerne mal was "machen" wollen. Die können dann gerne alles machen, was ich sonst tun müsste, gerne mit Hilfe, oder auch ohne. Ist aber eh ein nettes Arbeiten. Und die wissen eben auch, dass ich auch "gerne" Nachts zur Hilfe bei original chirurgischen Tätigkeiten komme, die Thoraxdrainage im letzten Dienst z.B... ;-)
Allerdings waren in meinem alten Haus die chirurgischen Assistenten, die eigentlich auf der ITS eingeteilt waren, lieber in der ZNA, oder auf der Station, oder sonstwo... und da halten sich mein Engagement auch dezent in Grenzen... :-(


Ich hatte Anästhesie im PJ und würde es nicht machen wollen. Klar, die werden regelmäßig ausgelöst für OP-Suppe, Kaffee, Telefonieren etc, aber sie stehen einfach auf der falschen Seite des Tuchs. Gefühlt. Für mich. Daher hab ich die andere Seite gewählt und bisher ist es die richtige Entscheidung.
Augen auf bei der Berufswahl. ;-) Wenn Du glücklich bist, ist es doch gut. Wenn Du irgendwann man alt bist und lieber ein bißchen mehr Zeit für Dich haben willst.... wir haben Kekse! :D


Mit Schmerztherapie ( ich meine hier nicht die perioperative Schmerztherapie mit Regional-, rückenmarksnaher Anästhesie) hat man bei uns z.B. als Anästhesist gar nichts zu tun, Palliativmedizin dito. NEF-Fahren geht i.d.R. im 3. WBJ los.
Kenn ich anders. NEF ab dem 2. WBJ, damit man zügig auch fahren kann, wenn FK / ZB da ist. Palliativ und Schmerz bist Du spätestens nach dem FA hingekommen, meistens aber schon vorher mit involviert, da im Dienst die Palliativ und Schmerz mit abgedeckt werden mussten...


"Als Anästhesist kann man doch nix und lässt Patienten einfach schlafen."
Gruss aus der Anästhesie ;)
E-ben! Augen auf bei der Berufswahl! :-)) :D


Nimmt aber leider die Geschwindigkeit aus der Ausbildung und ehrlich gesagt: ich will jetzt endlich mal fertig werden mit der Facharztausbildung.
Wie gesagt: wenn Du mal alt bist! :-))


Ich als Chirurg finde es super wenn Kollegen der Anästhesie mal ein wenig Chirurgie gemacht haben! Dann haben sie vielleicht mal ein wenig Verständnis dafür was bei einer OP so passiert und könnten vielleicht auf der Intensivstation die Patienten die sie betreuen auch mal selbst ein Pflaster wechseln oder oder oder... (hab den Rest wieder gelöscht, war sehr sehr viel zu lang)
Och, den Spruch kann ich 1:1 umdrehen. ;-)
Aber alles wir gut!!! Wir haben Euch trotzdem irgendwie lieb. Ungefähr so wie den Hundewelpen, der gerade auf den Teppich kackt. Aber wenn er Dir dann so herzlich durchs Gesicht leckt......... :D :D :D :D :D

ubm59
14.07.2016, 18:00
ubm59 ging es ja aber darum, ob so ein Einstieg in der Anästhesie Sinn machen würde und um Erfahrungswerte. Und dass es da unterschiedliche Meinungen gibt ist klar.

So ist es!


Danke jedenfalls für die zahlreichen Antworten! Wirklich sehr unterschiedlich. ;)

Evil
14.07.2016, 20:20
Nimmt aber leider die Geschwindigkeit aus der Ausbildung und ehrlich gesagt: ich will jetzt endlich mal fertig werden mit der Facharztausbildung.
Das bleibt Dir unbenommen, Du kannst Dir aber von der Anästhesie durchaus was anrechnen lassen für Allgemeinmedizin. Und nein, von der Anästhesie profitierst Du meines Erachtens mehr als von anderen Fächern, weil das Handling in Notsituationen gerade bei den Allgemeinmedizinern die Spreu vom Weizen trennt.
Das werden Dir hier diverse Notärzte von Einsätzen in Hausarztpraxen bestätigen können ;-)

BetterCallSaul
14.07.2016, 20:35
Das bleibt Dir unbenommen, Du kannst Dir aber von der Anästhesie durchaus was anrechnen lassen für Allgemeinmedizin. Und nein, von der Anästhesie profitierst Du meines Erachtens mehr als von anderen Fächern, weil das Handling in Notsituationen gerade bei den Allgemeinmedizinern die Spreu vom Weizen trennt.
Das werden Dir hier diverse Notärzte von Einsätzen in Hausarztpraxen bestätigen können ;-)

Hört auf den Mann. Außerdem kann ich dieses "das kann dir nicht angerechnet werden" aus Deutschland nimmer hören. Nur weil du keinen Fleiß-Sticker dafür bekommst.. Interdisziplinäre Erfahrung ftw.

anignu
15.07.2016, 00:11
Sehe ich anders. Kurzeinsatz ist ja relativ. Wenn ich nicht gerade innerhalb der Probezeit wieder kündige, dann bin ich ja schon so lange in der Abteilung, dass ich regelmäßig im OP meine Kaffeepause machen kann, die Tageszeitung lesen, das OP-Klo vernünftig einweihen und ab und an auch mal ein bißchen Narkose lernen. Maske, LM, LT, ITN in allen Varianten, ZVK, Arterie, PDK, SPA, periphere Nervenblöcke, Sonogesteuerte Punktionen, etc, etc, etc...
Und nicht vergessen, Pausen, Essen, Trinken, Lesen, den Operateuren auf die Nüsse gehen, ... .... ......
Ich sach ja immer: Augen auf bei der Berufswahl. :-))
Ich weiß ja nicht wie es in "deinem Haus" so ist. Bei uns ist es so: seit der neue Chef da, ist neu, dass nicht mehr nur Oberärzte z.B. einen Zervikalblock stechen dürfen. Das dürfen nun sogar Fachärzte lernen. Ernsthaft.

Dazu gehören aber auch immer zwei. Zur Zeit bin ich in einem Haus, wo es durchaus Chirurgen gibt, die interessiert sind und die gerne mal was "machen" wollen. Die können dann gerne alles machen, was ich sonst tun müsste, gerne mit Hilfe, oder auch ohne. Ist aber eh ein nettes Arbeiten. Und die wissen eben auch, dass ich auch "gerne" Nachts zur Hilfe bei original chirurgischen Tätigkeiten komme, die Thoraxdrainage im letzten Dienst z.B... ;-)
Allerdings waren in meinem alten Haus die chirurgischen Assistenten, die eigentlich auf der ITS eingeteilt waren, lieber in der ZNA, oder auf der Station, oder sonstwo... und da halten sich mein Engagement auch dezent in Grenzen... :-(
Wir reden da ein bissl aneinander vorbei. Ich war bisher auf zwei verschiedenen Intensivstationen und kenn die bei uns im Haus auch noch. Haus 1: Wohlfühlintensiv, chirurgisch geführt. Selten mal überhaupt ein beatmeter Patient, und wenn dann war der nicht krank. Wenn ein einziges Mal in mehreren Monaten ein richtig septischer Patient da war und man sich gespielt hat (ohne Picco oder ähnliches) mit Volumen rein und Beatmung auf der anderen Seite dann war das schon viel für alle Beteiligten. Und dann Haus 2 Intensiv, chirurgisch geführt, wo es alles gab von Beatmung angefangen über Hämofiltration und Piccogesteuerter Volumengabe bis EMCO. War wirklich spannend. Und jetzt im aktuellen Haus erleb ich eine anästhesiologisch geführte Intensiv bei der die Chirurgen, die zwangsweise für den Common Trunc dort ihre Zeit verbringen müssen, nicht auf der eigentlichen Intensiv eingesetzt werden sondern nur auf der IMC. Denn Intensiv ist für Chirurgen zu schwierig. Und dann sitzen komplett gefrustete Chirurgen dort rum die nichts dürfen und nichtmal rüber dürfen auf die andere Station sondern sich den ganzen Tag mit Aufnahme und Entlassbriefen beschäftigen. Postoperative Überwachung für eine Nacht sag ich nur. Vollkommener Schwachsinn. Versautes halbes Jahr. Aber die Chirurgen sind in ihrer OP-Wütigkeit zu dumm zu kapieren wie wichtig es manchmal ist selbst eine Intensiv zu haben. Oder zumindest sinnvollen Zugriff drauf. Inzwischen hat bei uns die Verwaltung die Idee den Anästhesisten auch noch die internistische Intensiv zu geben. Dass es gar keine fachbezogene Intensiv mehr gibt. Find ich persönlich keine gute Entwicklung. Ebenso wie ich es nicht gut finde dass die Spezialisierung bei den Chirurgen so extrem früh erfolgt.

Augen auf bei der Berufswahl. ;-) Wenn Du glücklich bist, ist es doch gut. Wenn Du irgendwann man alt bist und lieber ein bißchen mehr Zeit für Dich haben willst.... wir haben Kekse! :D
Irgendwann hol ich mir ganz persönlich den Keks bei dir ab :-) Und dann können wir in aller Ruhe mal alle Vorurteile austauschen. Bei 2-20 Bier. Je nachdem wie lang es dauert. Würd mich sogar ernsthaft mal freuen.

Kenn ich anders. NEF ab dem 2. WBJ, damit man zügig auch fahren kann, wenn FK / ZB da ist. Palliativ und Schmerz bist Du spätestens nach dem FA hingekommen, meistens aber schon vorher mit involviert, da im Dienst die Palliativ und Schmerz mit abgedeckt werden mussten...
Das klingt für mich nach nach einem großen Haus. Wobei auch hier "Palliativ und Schmerz... nach dem FA". Es muss einem halt klar sein, dass das nichts für die ersten paar Jahre ist.

Das bleibt Dir unbenommen, Du kannst Dir aber von der Anästhesie durchaus was anrechnen lassen für Allgemeinmedizin. Und nein, von der Anästhesie profitierst Du meines Erachtens mehr als von anderen Fächern, weil das Handling in Notsituationen gerade bei den Allgemeinmedizinern die Spreu vom Weizen trennt.
Das werden Dir hier diverse Notärzte von Einsätzen in Hausarztpraxen bestätigen können ;-)
Lies nochmal nach: es geht drum möglicherweise mit Anästhesie zu beginnen und dann Innere oder was chirurgisches zu machen. Nicht Allgemeinmedizin...
Und Notarzt kannst auch als Chirurg sein. Einer der besseren Notärzte damals zu meiner Zivi-Zeit war ein Urologe. Hat das eine ja nichts mit dem anderen zu tun. Ich hab mal gerüchtemäßig gehört es soll sogar gute Ärzte unter den Anästhesisten geben. ;-)
Einen guten Notarzt zeichnet ja nicht aus dass er alles und jeden aufschnorcheln kann. Es kommen einem Probleme aller Fachrichtungen unter und die muss er möglichst gut der besten Therapie zuführen. Da wo ich unterwegs war waren 70% internistische Probleme. ACS, Atemnot, Intox etc. 20% war wegen Schmerzen nachgefordert. Bekommt man als Chirurg auch noch hin. Und die restlichen 10% waren irgendwelches Zeug von Kinder über Gynsachen über Verkehrsunfälle usw. Damit sollten fast die Internisten Notarzt fahren, wenn man behaupten würde es geht drum sich mit den Erkrankungen auszukennen...

Außerdem kann ich dieses "das kann dir nicht angerechnet werden" aus Deutschland nimmer hören. Nur weil du keinen Fleiß-Sticker dafür bekommst.. Interdisziplinäre Erfahrung ftw.
Da würde ich zustimmen wenn die Ausbildung besser oder strukturierter wäre. Von sämtlichen ehemaligen Kommilitonen, mit denen ich noch mehr Kontakt hab, gibt es zwei die die rein chirurgische Richtung gewählt haben. Alle anderen haben Innere, Pädiatrie oder kleinere chirurgische Fächer wie Uro genommen. Und alle anderen außer uns beiden haben die Logbücher/Kataloge voll oder zumindest unterschrieben und warten noch die Zeit ab oder haben sich schon zum Facharzt angemeldet. Und ich brauch zwar vermutlich noch ein Jahr hab aber noch genug im Katalog zu tun. Ich darf grad extrem viel machen, aber es ist halt auch noch ein Berg. Mir gehts nicht um irgendwelche Sammelbildchen für mein Album. Es geht drum überhaupt Facharzt zu werden.

Evil
15.07.2016, 13:53
Ich habe nachgelesen, und ich bleibe dabei: Anästhesieerfahrung bringt Dir auch in allen anderen Fächern eine Menge.
Nimm doch mal Dein Beispiel von der Anä-geführten Intensivstation; wenn dort ein Chirurg mit anästhesistischer Vorerfahrung hinkommt, darf er in der Regel deutlich mehr machen und bekommt mehr beigebracht, weil er von den Anästheten nicht für einen grobmotorischen Baumarktschnitzer mit IQ unter Raumtemperatur gehalten wird.

Und ich widerspreche Dir, was die notärztlichen Fähigkeiten angeht: ein guter Notarzt muß gegebenenfalls alles und jeden beschnorcheln können, und sei es auch nur deshalb, weil er dann weniger Schiss vor der Gabe von Opiaten oder Sedativa hat. Und ja, Anästhesisten lernen eher den Umgang mit Notfallsituationen als andere Fachrichtungen. Daran ändert auch der einzelne Super-Notarzt nix, der von Haus aus Pathologe ist, und mehr kann als alle deutschen Anästhesisten zusammengenommen ;-)

davo
15.07.2016, 14:20
Kurze Zwischenfrage interessehalber (hab ich mich schon mal gefragt): Könnte man als Pathologe (oder aus einem anderen nichtklinischen Fach kommend) Notarzt werden? Und wenn ja: Gibt es tatsächlich Notärzte aus solchen Fächern? :-))

Heerestorte
15.07.2016, 14:33
Jeder Arzt kann theoretisch Notarzt werden, wenn er die Voraussetzungen mitbringt.

https://www.aerztekammer-bw.de/10aerzte/30weiterbildung/09/zusatzwb/wbo28.pdf

arbeiter79
15.07.2016, 14:52
Alle wollen immer viel machen, ich bin dagegen total froh wenn ich möglichst wenig machen muss. Aufnahmen, Briefe, Aufklärungen, Visite, reicht das echt keinem, wollen alle immer schwierige Sachen machen. Man muss sich da einen abmühen mit Dingen die man nicht kann...
Je mehr man kann umso mehr muss man dann auch machen. Meine Dienste waren z.b. ruhiger als die anderer Kollegen weil ich einige Sachen nie gemacht hab und der Hintergrund nicht kommen wollte, die wurden dann eben auf morgen verschoben. Bei anderen hieß es dagegen mach das mal noch schnell...

Kackbratze
15.07.2016, 15:13
Vielen Dank lieber Arbeiter79 für deine Gedanken. Gerade deine Arbeitsauffassung ist das, wonach der Threadersteller gesucht hat.
Ich persönlich nutze auf der Intensivstation gerne 2 Blätter Toilettenpapier mehr als in der Ambulanz. Warum weiss ich nicht, hat mit dem Thema auch nix zu tun, wird dem Threadersteller aber sicherlich helfen sowas zu wissen.