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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Neurojahr f. Psychiatrie in Rehaklinikß



Lisbeeth
18.07.2016, 12:27
Hi ihr,

ich möchte gerne in die Psychiatrie. In meiner Wunschklinik (habe da auch PJ gemacht und famuliert) ist zur Zeit keine Assistentenstelle frei, ich habe mich da aber mit dem ganze Team super verstanden und die mehr oder wenige definitive Zusage vom Chef und der leitenden Oberärztin, dass sie mich perspektivisch sehr gerne einstellen würden. Im Moment überlege ich, erstmal mein Neurojahr abzuleisten, da hätte ich auch schon eine Stelle, allerdings "nur" in einer Rehaklinik. Ich habe schon ein bisschen recherchiert hier im Forum, und allgemein wird ja eher davon abgeraten, in der Reha zu starten als Berufsanfäger ("Reha-Stempel" auf der Stirn", "man lernt nicht", usw). Gilt das eurer Meinung nach auch in meiner Situation, also wenn man "nur" das Gegenfach ableisten muss?

Relaxometrie
18.07.2016, 13:47
Hi Lisbeeth,

da Du ja vermutlich noch jung bist und Zeit für den ein oder anderen "Umweg" hast, würde ich das mit der Neuro-Reha gar nicht so dramatisch sehen. Trotzdem gibt es Vor- und Nachteile :-D
Bevor Du gar nicht arbeitest, ist es mMn nach besser, in der Reha anzufangen, als rumzuhängen und lustlos zu werden. Und Du wirst erstaunt sein, wie krank die Patienten in einer Neuro-Reha sind. Ich habe 9 Monate in einer solchen Klinik gearbeitet (weil es dort auch internistische Weiterbildung gab, die ich im Rahmen der Weiterbildung zum FA für Allgemeinmedizin gesammelt habe) und insbesondere in der Frühreha (teils noch beatmet) und bei "Phase B und C"-Patienten gab es viel zu lernen.
Wenn Du die Neurologie dann für Dich entdeckst, kannst Du bei Bedarf immer noch in die Akutneurologie wechseln.
Ein Nachteil der Reha, welcher für mich auch der Kündigungsgrund war, ist die völlig ausufernde Bürokratie.
Aber etwas lernen kann man in einer Neuro-Reha durchaus!
Ich hatte während der Neuro-Reha-Zeit einen ärztlichen Kollegen, der seit bestimmt 20 Jahren ausschließlich in dieser Neuro-Reha gearbeitet und sich dort sein Nest gebaut hat. Der möchte keine Facharztprüfung ablegen und genießt es, daß er sämtliche Abläufe im Schlaf beherrscht und genug Zeit und Energie fürs Privatleben übrig hat.
Also: in einer Neuro-Reha lernt man viel. Man kann dort "versacken" (Finde ich zwar nicht schlimm; aber man muß sich dann auch eingestehen, daß man nie wirklich gelernt hat, sicher mit Notfällen umzugehen), oder frühzeitig wieder gehen. Aber verlorene Zeit ist es sicherlich nicht, wenn man mal dort arbeitet.

Lisbeeth
18.07.2016, 14:09
Danke für deine ausführliche Antwort! Ich bin allerdings schon 32, da habe ich auf ganz große Umwege nicht mehr so große Lust ;) . Aber das liest sich doch schonmal ganz gut. Und wer weiss, am Ende bleibe ich vielleicht ja doch noch "hängen" in der Neuroreha. Soll jedenfalls ein nettes Team sein.

Kaas
09.08.2016, 07:18
Falls Du dich in irgendeiner x-beliebigen Psychiatrie bewerben willst, ist das wahrscheinlich egal, wo Du dein Neurojahr gemacht hast. In beliebten Kliniken in attraktiven Städten kann es aber, denke ich, durchaus schon sein, dass die Chefs es eher kritisch beäugen, wenn man sein Neurojahr nicht in einem Akutkrankenhaus abgeleistet hat. Würde mir wenn, dann auf jeden Fall eine renommierte Rehaklinik suchen, wo auch Frühreha gemacht wird. Am besten mit Intensivstation (so wie Relaxo auch schon geschrieben hat). Ein bisschen was lernen willst Du ja auch.

Doctoressa
12.08.2016, 14:56
Als FÄ f. Neurologie finde ich völlig OK, dass du dein Neurojahr als zukünftige Psychiaterin in einer Rehaklinik machst. Als ich mein Psychojahr in einer Akutklinik für Psychiatrie gemacht habe, da wollten alle psychiatrischen Assis ihr Neurojahr nur in einer Neuro-Rehaklinik ableisten. Hatten auch gemacht und damit keine Probleme gehabt.

rindunica
13.08.2016, 09:18
Hey.
Ich mach auch grad mein Neurojahr, allerdings in der Akut. Die meisten meiner Kollegen haben sich auch eher für Rehakliniken entschieden und waren damit vollkommen zufrieden. Praktisch machte das im Arbeitsalltag überhaupt nichts aus und war für niemanden ein Thema, vor allem da du ja kein Neurologe bist sondern Psychiater. Viele Neurologen machen bei uns ihr Psych. jahr auch eher in einer Epilepsieklinik, deswegen würd ich mir an deiner Stelle da keinen Kopf machen. Ich denke gerade als Berufseinsteiger ist das ein gutes Arbeitsambiente und ich bezweifle dass du diese Entscheidung vor jemandem wirst rechtfertigen müssen.

par
14.08.2016, 16:24
Neuro-Reha für Psychiater:

pro:
- ältere multimorbide Patienten auch mit Erkrankungen von unmittelbarer Relevanz in der Psych (Demenz, "organische Psychosyndrome" (etwas unsauber formuliert)...)
- längere Liegezeiten, dadurch etwas entspannter (wenn die Bürokratie tlw. abgenommen wird, die kann wirklich ausarten)
- ich würde das wenn, dann im Ausland für besseres Gehalt machen, denn

contra:
- du lernst keine Akutneurologie: dazu gehört nicht nur das Managen von Notfallsituationen, sondern Diagnostik allgemein (die Patienten kommen ja bereits mit Diagnose). Als Neurologe, macht ja gerade die Diagnostik so viel Spaß :-love aber ich kann mir gut vorstellen, dass auch nicht alles den Psychiater interessiert. Auch Neurologen interessieren die "Persönlichkeitsstörungen" nicht unbedingt an erster Stelle z.B.
- ist auch viel Innere dabei.... also weder Neuro noch Psych. Wenn man keine fitten Kollegen aus der Inneren hat, die mitbetreuten, wird dieses Gewicht nur unbefriedigend behandelt.

Wenn mir mehr einfällt, werd ich es ergänzen :-)