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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : " Septischer" OP Saal. Maßnahmen.



Lizard
16.09.2016, 08:58
Hallo zusammen,

wenn "bei uns" ein OP Saal als septisch eingestuft wird (MRGN,MRSA, septische Wunden etc.) legen die Reinigungskräfte mit Desinfektionsmittel getränkte Tücher an alle OP Türen und stellen saubere Schuhe dazu. D.h. man soll/muss jedes mal die Schuhe tauschen wenn man den Saal verlässt/betritt.

Ich würde gerne wissen wie das andere Kliniken regeln.

Der Sinn dieser nassen Tücher erschließt sich mir nicht und ich halte Ganze für Humbug. Aber "es wird halt schon immer so gemacht."
Neuerdings hat man neue (angeblich nicht staubende) Tücher angeschafft. Diese sind aber sehr rutschig wenn sie nass sind , was gestern dazu geführt hat, dass eine Anästhesieschwester ausgerutscht ist und sich die Hand gebrochen hat. :-(

Differenzialdiagnose
16.09.2016, 16:30
Das mit den Tüchern habe ich bis jetzt nur gehört, aber nie gesehen. Das mit den Schuhen wurde aber so geregelt, dass man eben mit sauberen Schuhen in den septischen Saal gegangen ist und nach OP diese im Saal an der Tür hat stehen lassen und in andere saubere Schuhe gewechselt ist. Die im Saal wurden dann von den Reinigungsleuten in Plastiktüten eingesammelt, gesondert desinfiziert und abgekocht.

Brutus
16.09.2016, 16:39
Ich würde gerne wissen wie das andere Kliniken regeln.
Genauso! :-)


Der Sinn dieser nassen Tücher erschließt sich mir nicht und ich halte Ganze für Humbug. Aber "es wird halt schon immer so gemacht."
Der Sinn ist eher der, dass Du mit der Lafette über die Desi-Tücher fährst und damit zumindest pseudosteril durch den (Rest-) OP fährst. Denn wenn die Tücher nicht da liegen würden, würdest Du ja mit einer septischen Lafette, vor allem mit bösen Keimen an den Rädern durch die Flure fahren bis zur Schleuse... ;-)


Neuerdings hat man neue (angeblich nicht staubende) Tücher angeschafft. Diese sind aber sehr rutschig wenn sie nass sind , was gestern dazu geführt hat, dass eine Anästhesieschwester ausgerutscht ist und sich die Hand gebrochen hat. :-(
CIRS-Meldung, Meldung an den Sicherheitsbeauftragten und Zurückkehren zu altem Regime. Oder die neuen Tücher so verlegen, dass eine Unfallgefahr nicht mehr auftreten kann...

Lizard
16.09.2016, 17:50
CIRS-Meldung, Meldung an den Sicherheitsbeauftragten und Zurückkehren zu altem Regime. Oder die neuen Tücher so verlegen, dass eine Unfallgefahr nicht mehr auftreten kann...

Jupp, habe ich schon gemacht.:-)

Danke fürs Feedback :)

bipolarbär
17.09.2016, 03:36
Der Sinn dieser nassen Tücher erschließt sich mir nicht und ich halte Ganze für Humbug. Aber "es wird halt schon immer so gemacht."
Neuerdings hat man neue (angeblich nicht staubende) Tücher angeschafft. Diese sind aber sehr rutschig wenn sie nass sind , was gestern dazu geführt hat, dass eine Anästhesieschwester ausgerutscht ist und sich die Hand gebrochen hat. :-(

Es ist totaler Humbug. Wie zur Hölle soll eine für eine Übertragung ausreichende Keimzahl an die Räder kommen? Aber es wird halt immer so gemacht und naturgemäß geht man den Konflikten aus dem Wege. Ich finde, dass dein Fall hervorragend dazu geeignet ist, zumindest anzuregen, dass Unsinn auch manchmal schaden kann.

Vielleicht sollte man mehr Unsinn sammeln? Braunülen mit Heparin blocken zum Beispiel, oder sterile Handschuhe zum Ziehen von ZVK und ähnlichem.

Brutus
17.09.2016, 07:09
Naja, gänzlich als Humbug würde ich das nicht abtun. Du hast die Lafette ja IM Saal stehen bei septischen Eingriffen. Dann kommt garantiert nicht die Putzfrau in den Saal, um zu putzen, wenn ihr alle noch drin seid. Und dann fährst Du die Lafette unter den Tisch und durch den Schmock, der da auf dem Boden ist. Und danach fährst Du durch den OP-Flur bis zur Schleuse und verteilst auf dem Weg noch ein paar Reste. Ja ich weiß: die Einwirkzeit hast Du nicht eingehalten, aber dafür ist das Tuch auch richtig nass. Übrigens: damals, es war einmal vor langer Zeit in einem Krankenhaus weit weit entfernt... da mussten wir uns IM septischen Saal komplett ausziehen und dann "nackich" zurück zur Umkleide laufen. Ja, genauso bescheuert, aber war so. Wobei ich immer noch glaube, dass die da heimlich Webcams aufgestellt haben und sich tierisch kaputtgelacht haben... :-))

Fr.Pelz
17.09.2016, 11:34
Also, beim Chirurgenkongress in diesem Frühjahr gab es einen halbstündigen Vortrag zu dem Thema "Braucht man einen septischen OP-Saal?"
Es wurde erstmal unterteilt in "septische OPs ohne Multiresistente Erreger" (also Abszessspaltungen, Wundrevisionen bei inf. Wunden, Amputationen von diabetischen Füßen) ->da war das Fazit (von einem Mikrobiologen, der ie Keimbelastungen in den Sälen gemessen hat) dass man keinen septischen OP braucht, alle normalen Desinfektionsmaßnahmen inkl Zwischenreinigung reicht. Man muss auch nicht, wie es bei uns leider völlig hirnrissigerweise Usus ist, diese OPs immer ans Ende des OP-Programms stellen.

Bei den Patienten mit MRE ist die Datenlage nicht ganz klar bzw völlig zufriedenstellend wurde das nicht beantwortet. Das Fazit des Vortragenden war aber, dass man keine Sondermaßnahmen braucht, außer dass sich das gesamte in dem Saal arbeitende Personal inkl der Reinigungskräfte nach der OP ausschleust.
Hier im Haus gibts keine Tücher zum Drüberfahren. Kann mir auch schlecht vorstellen, dass die Räder der Lafette kontaminiert sind, wenn die der Patient nie berührt. Hier macht man es so, dass die Patientenschleuse als "MRSA" deklariert wird, da darf dann zwischenzeitlich keiner durch (haben noch eine weitere) und die wird gewischt und das Personal, das keinen OP-Kittel trägt, trägt die üblichen Schutzkittel über der OP-Kleidung.

bipolarbär
19.09.2016, 02:30
Gleiches wurde bei uns an der Uni im Rahmen einer AÄ-Fortbildung gelesen. Deswegen habe ich die Tücher als Humbug abgetan. Macht ihr regelmäßige Abstriche bei euren OP-Schwestern/euch Selbst an Nase/Rachen? ;-)


Ja ich weiß: die Einwirkzeit hast Du nicht eingehalten, aber dafür ist das Tuch auch richtig nass. Übrigens: damals, es war einmal vor langer Zeit in einem Krankenhaus weit weit entfernt... da mussten wir uns IM septischen Saal komplett ausziehen und dann "nackich" zurück zur Umkleide laufen. Ja, genauso bescheuert, aber war so. Wobei ich immer noch glaube, dass die da heimlich Webcams aufgestellt haben und sich tierisch kaputtgelacht haben... :-))

Ja, wenns richtig nass ist, kann es doch den Schmock nicht absorbieren! :-D Das andere ist einfach nur befremdlich. Aber mich überrascht gar nichts mehr.

Brutus
19.09.2016, 05:28
Gleiches wurde bei uns an der Uni im Rahmen einer AÄ-Fortbildung gelesen. Deswegen habe ich die Tücher als Humbug abgetan. Macht ihr regelmäßige Abstriche bei euren OP-Schwestern/euch Selbst an Nase/Rachen? ;-)
Auf gar keinen Fall! Was passiert, wenn Du in der Nase einen MRSA hast, der nie wieder weg geht? Berufsverbot? Wer zahlt? Neee, wer mir mit einer Agarplatte zu Nahe kommt, der sollte einen unterschriebenen Vertrag vom Arbeitgeber dabei haben, wer im Falle des Falles für die Kosten aufkommt...


Ja, wenns richtig nass ist, kann es doch den Schmock nicht absorbieren! :-D Das andere ist einfach nur befremdlich. Aber mich überrascht gar nichts mehr.
Vielleicht kann es den Schmock nicht absorbieren, aber schön mit Desi durchweichen. ;-)
Und wenn die Keime im Desinfektionsmittel schwimmen, sollten sie sich auch nicht weiter verbreiten. So der Plan. ;-)

@Pelz: Wieso kommen die Räder nicht in Kontakt mit den Keimen des Patienten? Ihr wärt die ersten Chirurgen, die keine Sauerei am Boden veranstalten bei ihren Operationen. :-)) :D

bipolarbär
19.09.2016, 17:43
Auf gar keinen Fall! Was passiert, wenn Du in der Nase einen MRSA hast, der nie wieder weg geht? Berufsverbot? Wer zahlt? Neee, wer mir mit einer Agarplatte zu Nahe kommt, der sollte einen unterschriebenen Vertrag vom Arbeitgeber dabei haben, wer im Falle des Falles für die Kosten aufkommt...

Ich würde das dann sogar als Patient ablehnen. Stigmatisierung durch Acinetobacter? Nee, nee, schön sein lassen!
Aber man merkt dann doch schnell, wie konsequent man bei manchen Maßnahmen ist und bei anderen dann plötzlich nicht mehr und wie viel Unsicherheit trotz einigen wissenschaftlichen Erkenntnissen herrscht. Deswegen so ausflüchte wie die Tücher. Wie ist denn die Evidenzlage für laminar flow in Operationssälen? ;-)

Fr.Pelz
19.09.2016, 19:27
@Pelz: Wieso kommen die Räder nicht in Kontakt mit den Keimen des Patienten? Ihr wärt die ersten Chirurgen, die keine Sauerei am Boden veranstalten bei ihren Operationen. :-)) :D

Also bei den richtig suppigen OPs(betrifft hier aber hauptsächlich die Unfallchirurgen- und die haben wiederum wenig MRE-Patienten) liegen Saugtücher auf dem Boden. Das ist wirklich selten, dass das Blut bis dahin fließt, wo die Räder der Lafette dann hinrollen. Aber gut, hundertprozentig ausschließen kann ich es nicht.

Über die versicherungstechnische/karrierepolitische Sache mit MRSA beim Personal hab ich noch gar nicht nachgedacht. Unser Betriebsarzt testet das nicht. Aber der Gedanke ist schon grauselig, dass Personal da ggf jahrelang Keime verteilt.

bipolarbär
20.09.2016, 01:24
Keine Sorge, es gibt in einigen Häusern bereits einen Chlorhexidin-Kübel im Saal, in den man sein Gesicht vor der OP taucht und kräftig gurgelt.

Lizard
20.09.2016, 14:11
Deswegen so ausflüchte wie die Tücher. Wie ist denn die Evidenzlage für laminar flow in Operationssälen? ;-)
E-ben :D

Gastmeier P, Breier AC, Brandt C (2012) Influence of laminar airflow on prosthetic joint infections: a systematic review. J Hosp Infect 81:73–78

http://paperity.org/p/76128727/postoperative-wundinfektionen-uber-miasmen-luftkeime-und-andere-risikofaktoren