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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Präoperative Untersuchungen von Patienten



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Dr-Pizza
30.09.2016, 18:33
Hallo! Ich hab nach einigermaßen ausführlicher Recherche keine genaue Bezugsquelle gefunden: Wie ist es in Eurem Haus geregelt? Ich kenne es so, dass der Anästhesist den Patienten präoperativ sieht. Wenn ihm jetzt auffällt, dass eine Untersuchung fehlt, die er für die Durchführung der Anästhesie braucht, bzw um den Patienten freizugeben oder sein perioperatives Risiko zu beurteilen, fordert er die Untersuchung an. Wer ist dafür zuständig, dass diese laufen, bzw wer muss diese Untersuchungen anmelden, Blut abnehmen usw?

Ich kenne es eigentlich so, dass der Anästhesist einschätzt, welche zusätzliche Diagnostik er benötigt (EKG, Blutabnahme, Kardiokonsil usw) und dass der Chirurg die Aufgabe hat, diese Befunde beizubringen.


Eine Vereinbarung der Berufsverbände ist ja, dass dem Anästhesisten durch den Chirurgen vor der Prämedikation die !vollständige! Akte inkl. Anamnese und Befunden auszuhändigen ist...de facto passiert es aber häufig, dass ich stundenlang Hausärzten und Kardiologen hinterhertelefoniere. Und mir neulich eine Kollegin empfahl, doch selbst bei dem Patienten Blut abzunehmen, wenn mich das interessiere?!


Wie ist es bei Euch geregelt und gibt es dazu konkrete Vereinbarungen?

Fr.Pelz
30.09.2016, 19:48
Hier ist es von den Zuständigkeiten her auch so, wie du es kennst. Ich bin (als Chirurgie-Assi) dafür zuständig, dass alles da ist, was der Anästhesist will, wenn es um elektive Eingriffe geht und mache das auch (BE, Konsile anmelden, Hausärzte anrufen).
Wurde aber schon positiv überrascht von Anästhesisten, die auf einmal sagten, sie hätten schon mal beim Hausarzt oder Angehörigen nachgehakt.

Eilika
01.10.2016, 06:16
Hier ordnen die Chirurgen gemäss den Care Maps Labor und EKG und ggf Röntgen Thorax an. Wenn der Anästhesist dann bei Eintritt noch Echo oder Lungenfunktion will, dann meldet er das selber an.

Lizard
01.10.2016, 07:11
Hier schauen wir (Anästhesisten) den Patienten an und schätzen das OP Risiko ein. Wenn noch Untersuchungen notwendig sind oder Unterlagen fehlen , schreiben wir das auf. Die Anmeldung/Beschaffung der Unterlagen etc. ist dann Sache der jeweiligen Abteilung.

davo
01.10.2016, 08:11
Wo ich famuliert habe, wurde alles standardmäßige (Labor, EKG, Röntgen, jeweils nach einfachem Flussdiagramm) von den Chirurgen gemacht (genau genommen von den Famulanten / PJ-Studenten der Chirurgie :-p ), und alles speziellere, was darüber hinausging, haben die Anästhesisten angemeldet, wenn sie der Ansicht waren, dass das nötig ist.

anignu
01.10.2016, 15:13
Ich kenns auch so dass die Anästhesisten sich nicht drum kümmern. Im Regelfall hab ich damit kein Problem, da schon dran gewöhnt und ich mich ja auch im Eigeninteresse (bzw. um des Patientenwohl) um Vorbefunde etc. kümmere.

Es nervt mich nur unglaublich wenn ein Anästhesist ein Kardiokonsil fordert, ich den Sinn der Anforderung nicht versteh, der Kardiologe den Sinn der Anforderung nicht versteht und ich dann dem Kardiologen versuchen soll zu erklären warum das notwendig ist. Und der Anästhesist sich darauf zurückzieht dass es nicht sein Job ist sich drum zu kümmern.

Vor Vorteil find ich ja schon, dass die Anästhesisten ihre Aufklärungen selber machen. Bei anderen Abteilungen von denen man was will, muss man deren Aufklärungen ja auch noch machen.

Fr.Pelz
01.10.2016, 19:57
Es nervt mich nur unglaublich wenn ein Anästhesist ein Kardiokonsil fordert, ich den Sinn der Anforderung nicht versteh, der Kardiologe den Sinn der Anforderung nicht versteht und ich dann dem Kardiologen versuchen soll zu erklären warum das notwendig ist. Und der Anästhesist sich darauf zurückzieht dass es nicht sein Job ist sich drum zu kümmern.
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DAS finde ich auch nervig. Vor allem wenn man dann mit Anä-Assis und Innere-Assis telefoniert ("Der soll halt sagen, ob der mit der EF OP-fähig ist" "Woher soll ich das wissen, was ist das überhaupt für eine OP?") Da wäre ich auch für die direkte Kommunikation, denn der Chirurg (ggf noch eines kleineren Faches) ist ja nun eben nicht der Fachmann für die Kreislaufbelastungen während einer Narkose.

Solara
01.10.2016, 20:48
Der Chirurg will aber operieren. Und sieht den Patienten auch noch als erster, kann als erster auf die Vorerkrankungen schauen und auf den aktuellen Status. Und kann dann schon reagieren, frühzeitig. Also zumindest unsere Chirurgen können das.

Fr.Pelz
01.10.2016, 21:04
Was soll mir das jetzt sagen? Nur weil ich den Patienten als erstes sehe, weiß ich doch trotzdem nicht was der Anästhesist vom Kardiologen will (wenn der das tatsächlich manchmal selber nicht genau weiß). Und wenn ich einen Patienten frühzeitig sehe und der hat Luftnot, komme ich natürlich schon auf den Gedanken, die OP-Indikation zu überprüfen und letzte kardiologische Befunde ranzuholen, trotzdem muss der Anästhesist einschätzen ob der die Narkose überlebt bzw wieder aufwacht.

ChillenMitBazillen
01.10.2016, 21:18
Es ist meine Aufgabe als Anästhesist, die Narkosetauglichkeit des Patienten zu beurteilen. Letztlich ist jeder Patient narkosetauglich, nur das Risiko variiert.

Ich schreibe die (seltenen) Kardiokonsile selbst, weil ich ja meist auch eine differenzierte Fragestellung habe (die nicht lautet "narkosetauglich?"). Um die Anmeldung und Durchführung muss sich dann der Stationsarzt kümmern.

Solara
01.10.2016, 21:47
DAS finde ich auch nervig. Vor allem wenn man dann mit Anä-Assis und Innere-Assis telefoniert ("Der soll halt sagen, ob der mit der EF OP-fähig ist" "Woher soll ich das wissen, was ist das überhaupt für eine OP?") Da wäre ich auch für die direkte Kommunikation, denn der Chirurg (ggf noch eines kleineren Faches) ist ja nun eben nicht der Fachmann für die Kreislaufbelastungen während einer Narkose.

Für diese Frage sollen Anä und Internist direkt sprechen? Was genau operiert wird weiß doch der Chirurg am besten. Der Anästhesist schreibt, was er wissen will und der Chirurg organisiert das.

Was nervt ist, wenn weder die chirurgische Aufklärungen gelaufen ist noch irgendwas an Befunden da ist, gerne bei multimorbiden Patienten.
Und dann gejammert wird, wenn abgesetzt wird.

Meuli
01.10.2016, 23:08
"Therapieoptimierung" lautet bei uns das Zauberwort! Narkose können wir bei jedem machen, wenn der Internist was von "narkosefähig" schreibt, kriegt unsereins regelmäßig nen Fön!!

Slippengringo
02.10.2016, 09:57
"Therapieoptimierung" lautet bei uns das Zauberwort! Narkose können wir bei jedem machen, wenn der Internist was von "narkosefähig" schreibt, kriegt unsereins regelmäßig nen Fön!!


Genau dieses Wort ("narkosefähig") wollen die Anästhesisten bei uns aber immer vom Internisten hören bzw. lesen.
"Bitte Konsil: Klärung Narkosefähigkeit"...

Eilika
02.10.2016, 10:04
Ich zitiere unseren Kardiologen: wer die 4 MET schafft, der schafft auch die Narkose (jetzt mal grosse Eingriffe mit Herz-Lungen-Maschine und so Kram aussen vor, sowas gibt es bei uns im Haus nicht). Und unsere Anästhesisten haben wirklich Freude, wenn ich unsere UHUs schonmal mit dem Patienten auf die Treppe geschickt habe...

Kandra
02.10.2016, 10:07
Ich zitiere unseren Kardiologen: wer die 4 MET schafft, der schafft auch die Narkose (jetzt mal grosse Eingriffe mit Herz-Lungen-Maschine und so Kram aussen vor, sowas gibt es bei uns im Haus nicht). Und unsere Anästhesisten haben wirklich Freude, wenn ich unsere UHUs schonmal mit dem Patienten auf die Treppe geschickt habe...

Und was ist, wenn der UHU die 4 Etagen nicht schafft? :D

Muriel
02.10.2016, 10:19
Nerviger als das Stichwort "Kardiokonsil" ohne Fragestellung und ohne diese auch mal auf Nachfrage meiner- oder kardiologenseits formulieren zu können, fand ich, dass an meinem alten Haus per se jeder Patient ab 40 ein RöTx bekommen sollte präop. Angeschaut wurden allerdings weder Aufnahmen noch Befunde, so die Aussage mehrere Anästhesisten dort. Aber macht man halt so, immer schon usw... Als dann eine komplett gesunde Patientin Anfang 40 mit außerhäusig gelaufenem Rö inkl CD und schriftlichem Befund (opB) kam, die CD nicht gelesen werden konnte und deswegen die Aufnahme wiederholt werden sollte (Aufnahme war 2 Tage alt), bin ich ungehalten geworden.

anignu
02.10.2016, 12:45
Das wiederum nervt mich nicht mehr. Das ist mir völlig schnuppe. Das wird einfach angemeldet und ist mir dann egal. Dann sollen sie es halt anschauen wenn es sie interessiert. Auch dass jede noch so kleine Abszessspaltung/VAC-Wechsel etc. im OP immer eine Blutgruppe braucht wenn Anästhesisten dabei sind. Ja mei. Machen, sich seinen Teil denken, und is erledigt. Auf Diskussionen wie "wenn ihr euch weigert eine Blutgruppe abzunehmen / einen Röntgenthorax anzumelden machen wir die Narkose nicht" lass ich mich nicht mehr ein. Und wenns auch nur StandBy für eine leichte Sedierung ist... sobald bei uns ein Anästhesist dabei ist wird das volle Programm gefordert, völlig undifferenziert. Damit hab ich kein Problem mehr. Dem Patienten nehm ich sowieso Blut ab wenn er kommt, ein Röhrchen mehr ist da auch egal und beklebt/hergerichtet wirds von den Aufnahmeleuten. Und das Rö-Tx anmelden ist ne Sache von maximal fünf Minuten am Tag für alle Patienten die an dem Tag kommen. Da verbrauch ich für andere Sachen mehr Zeit/Energie.

Aber "Kardiokonsil" ohne Fragestellung. Das kostet Zeit, Nerven, Arbeit und man darf sich dann von den Kardiologen anhören wie blöd man denn sei wenn man nicht mal eine Fragestellung formulieren könne und von den Anästhesisten, dass man keine Narkose bekomme wenn das nicht vorliegt. Dass es auch nicht Aufgabe des Anästhesisten sei mit dem Kardiologen direkt zu reden etc. Zum Glück bin ich schon so lange da dass ich aus den meisten Anästhesisten mit sehr viel zureden herauskitzeln kann was die überhaupt wollen. Aber es nervt gewaltig.

Eine Begebenheit in dem Zusammenhang: ein Patient kam und sollte elektiv operiert werden. Die Anästhesisten haben ein Kardiokonsil gefordert. Die Internisten wiederum hatten keine Zeit. Da keiner aufgepasst hat ist der Patient am nächsten Tag operiert worden ohne dass ein Kardiokonsil gelaufen war. Wiederum am Tag drauf schrieb dann der Kardiologe auf das Konsil mit der Frage "OP-Fähigkeit": "Da eine OP bereits erfolgt ist und der Patient noch lebt ist eine OP-Fähigkeit offensichtlich gegeben."

Eins muss ich noch erwähnen, damit hier nicht der falsche Eindruck entsteht: ein Kardiokonsil wird bei uns maximal alle ein bis zwei Monate angefordert. Aber wenns gefordert wird nervts halt.

Und zum Thema Vorbefunde: da ich selbst von mir behaupte eine saubere Anamnese zu machen, weiß ich ja ob es Vorbefunde gibt oder nicht. Und die besorgt mir dann die Stationsassistentin. Das ist zum Glück auch wenig Arbeit und interessiert mich zum Teil ja auch.

Fr.Pelz
02.10.2016, 20:00
Für diese Frage sollen Anä und Internist direkt sprechen? Was genau operiert wird weiß doch der Chirurg am besten. Der Anästhesist schreibt, was er wissen will und der Chirurg organisiert das.

Ja, das Problem ist ja da, wenn der Anästhesist NICHT schreibt, was er wissen soll. Und dem Anästhesist wird mitgeteilt was operiert wird und er kann dann einschätzen, wie lang und kreislaufbelastend das ist. (Bei Nicht.Standars redet man halt kurz drüber). Aber dem Internist kann keiner einen Vorwurf machen, wenn er nicht weiß, dass eine Ileostomarückverlagerung schneller und weniger invasiv als ein Wiederanschluss nach Hartmann ist. Wenn der Anästhesist nur aufschreibt "Kardio-Konsil" kann ich dem Internisten die OP-Schritte erzählen, aber ob die Narkose dann ein größeres kardiales Risiko darstellt...?




Was nervt ist, wenn weder die chirurgische Aufklärungen gelaufen ist noch irgendwas an Befunden da ist, gerne bei multimorbiden Patienten.
Und dann gejammert wird, wenn abgesetzt wird.

Hier wird die Anästhesie gar nicht erst bestellt, wenn es keine OP-Aufklärung gab.

Moorhühnchen
02.10.2016, 21:31
Hier wird die Anästhesie gar nicht erst bestellt, wenn es keine OP-Aufklärung gab.Oh wie nett! In meinem alten Haus haben wir die Patienten regelmäßig zuerst gesehen - einem Unfallchirurgen ist eine körperliche Anamnese ja nicht zuzumuten! ;-)

Spaß beiseite. Ich denke, man muß das differenzierter betrachten. Im Sinne des Prozeßablaufs ist es meiner Meinung nach sinnvoller, wenn ich dem Internisten fürs kardiologische Konsil meine Fragestellung selbst formuliere und ggf. auch mit ihm die Befunde bespreche und dann - sofern ich nicht selber die Narkose mache - auch dem narkoseführenden Kollegen weiterleite. Dafür sollte ich aber auch Art und Umfang der OP kennen und falls ich das nicht tue, dann vorher absprechen. Eigentlich bin ich so im alten Haus wesentlich besser gefahren, als einfach auf dem Narkoseprotokoll zu vermerken "Bitte Kardiokonsil anmelden". Geht in der Hälfte der Fälle unter und ich find's dann auch irgendwie unkollegial zu sagen, "Ätschibätsch, dann mach ich die Narkose auch nicht". Da fühl ich mich schon selber in der Pflicht.

Andererseits: wenn ich es anmelde und auch aufschreibe, daß es noch laufen muß und dem chirurgischen Kollegen weitergebe, daß die OP nicht stattfinden wird, falls es nicht gelaufen ist, dann erwarte ich auch, daß er ebenso wie ich darauf achtet, daß es läuft.

Und zum Thema RöTx anmelden und dann nicht anschauen, gibt's ja auch schöne Gerichtsurteile zum Thema "Bild gemacht, aber nicht befundet und damit nicht den zwei Jahre späteren Tod am Bronchial-Ca verhindert". Muß jetzt aber nachlesen, ist das ein Befunderhebungsfehler?

Mano
03.10.2016, 18:10
Wenn ein Anästhesist ein Kardiokonsil mit der Fragestellung "Narkosefähigkeit?" stellt ist das ähnlich dämlich wie wenn der Unfallchirurg in Radiologiekonsil "OP-Indikation?" schreibt.
Der Kardiologe soll mir die Dauermedikation einstellen, das Langzeit-EKG prüfen oder Herzvitien ausschließen - ob der Patient "narkosefähig" ist entscheidet am Ende doch wohl der Anästhesist und nicht Kardiologe oder Hausmeister...