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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Für immer Assistenzarzt bleiben?



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geisterhome
07.10.2016, 13:55
Was haltet ihr von diesem Gedanken? Ich hab schon in einem Fachgebiet deutlich die Facharztreife erreicht, bin dann aber letztes Jahr nochmal gewechselt um nochmal was neues zu machen.
Früher wäre nie einen FA zu machen überhaupt nicht in Frage gekommen, mittlerweile kann ich es mir vorstellen, v.a. das Gefühl das ich mir beruflich etwas beweisen will ist mir abhanden gekommen. Früher ist es mir auf die Nerven gegangen die "Drecksarbeit" für OÄ zu machen, heute fällt es mir erstaunlicherweise immer leichter.
Ich verdiene trotzdem weit überdurchschnittlich und muss mir dafür keinen Kopf machen, ein ruhiges entspanntes Leben ist mir wichtig geworden.
Kennt ihr Kollegen die grundsätzlich keinen FA machen wollen? Könntet ihr euch vorstellen immer AA zu sein?

Kaas
07.10.2016, 14:02
Habe im Rahmen meines PJs sowohl auf der Nephro als auch in der internistischen ZNA zwei ältere Assistenzärztinnen kennengelernt, die beide fachlich extrem gut waren, aber nie ihren Facharzt gemacht hatten. Die haben da gefühlt den halben Laden geschmissen, waren mit den Chefs per Du, hatte in der Klinik ein gutes Ansehen und wirkten ziemlich zufrieden. Der Vater meines Ex war auch über 50, kein Facharzt und hat seit 20+ Jahren in der Dialyse gearbeitet. Der hatte auch ein extrem entspanntes Leben.

WackenDoc
07.10.2016, 14:09
Ich drück mich auch seit ein paar Jahren vor der FA-Prüfung. Und jetzt fällt es mir auf die Füße, weil das für die Stelle, die ich gerne hätte, eigentlich Voraussetzung ist.

In der Klinik sehe ich das Problem, dass man ja mehr Erfahrung sammelt und irgendwann auch die Entscheidungen selber treffen will. Aber wenn man ewig Assistenzarzt bleibt, kommen halt immer wieder jüngere Fachärzte nach, die irgendwann auch weniger Erfahrung haben, als man selber, die dann aber die Entscheidungen treffen.
Hast du einen Job wo das mehr oder weniger egal ist, ist der FA nicht so wichtig. ABER: Es wird nicht unbedingt besser, wenn man die Prüfung vor sich her schiebt und wer weiss, für was man den FA mal braucht.

Ich hatte das "Problem" dass ich als Truppenarzt fast keine Einschränkungen durch den fehlenden Facharzt hatte und auch als Notarzt eh die Entscheidungen selber treffe. Also war halt auch kein Druck da, die Prüfung zu machen.

Feuerblick
07.10.2016, 14:10
Ja, solche Leute gibt es tatsächlich - wenn auch selten.

Ich frage mich ja nur, warum man keinen FA machen sollte bzw. welche Nachteile einem der FA in der Klinik bringen würde. Letztlich geht es um eine einzige mündliche Prüfung und nicht um ein mega-aufwändiges Examen :-nix

Ich wäre nie auf die Idee gekommen, den FA nicht zu machen. Schon alleine, weil damit einige Optionen (Wegbewerben mit 10 oder mehr Jahren Assizeit ohne FA? Selbständig machen?) für die weitere berufliche Entwicklung nicht offen gestanden hätten. Das hat nicht mal was mit Karriere zu tun sondern einfach damit, dass man sich selbst in seiner Auswahl stark einschränkt, wenn man dort, wo man gerade arbeitet, vielleicht doch nicht mehr so glücklich ist.

geisterhome
07.10.2016, 14:29
Ich wollte eigentlich am Anfang meiner Laufbahn mehr selbst entscheiden und es hat mich innerlich gestört das ich den OA fragen sollte damit er sich nicht übergangen fühlt. Selbst vor Patienten ist es mir manchmal schwer gefallen zu sagen ok wir machen das (wahrscheinlich)so aber vorher muss ich noch den OA fragen, oder er kommt nachher noch mal vorbei (weil er meiner Einschätzung nicht ganz traut).

Damals dachte ich wie es mir erst in ein paar Jahren gehen wenn ich nochmal mehr Erfahrung habe und trotzdem noch kaum was selbst entscheiden kann. Ich wollte eben wohl zeigen was für ein guter Arzt ich schon bin. Erstaunlicherweise sehe ich das heute viel lockerer, da bin ich vllt doch etwas reifer geworden. Jetzt ist meine Einstellung eher das ich gar nicht dafür bezahlt werde die schwierigen Entscheidungen zu treffen die ich mir früher eher mal übergeholfen habe.

geisterhome
07.10.2016, 14:38
Ja, solche Leute gibt es tatsächlich - wenn auch selten.

Ich frage mich ja nur, warum man keinen FA machen sollte bzw. welche Nachteile einem der FA in der Klinik bringen würde. Letztlich geht es um eine einzige mündliche Prüfung und nicht um ein mega-aufwändiges Examen :-nix

Ich wäre nie auf die Idee gekommen, den FA nicht zu machen. Schon alleine, weil damit einige Optionen (Wegbewerben mit 10 oder mehr Jahren Assizeit ohne FA? Selbständig machen?) für die weitere berufliche Entwicklung nicht offen gestanden hätten. Das hat nicht mal was mit Karriere zu tun sondern einfach damit, dass man sich selbst in seiner Auswahl stark einschränkt, wenn man dort, wo man gerade arbeitet, vielleicht doch nicht mehr so glücklich ist.

Etwas mehr Verantwortung ist es schon wenn man FA ist, da kann man nicht mehr so leicht den OA rufen wenn es einem zu viel wird. Ich denke es gibt Abteilungen und Fachgebiet da entscheidet der FA fast alles allein und macht Dienste ohne Hintergrund, anderswo ist es ein besserer AA der die komplizierten Sachen nie alleine machen wird bevor er nicht OA wird.
Ansonsten glaub ich das wer AA bleiben will sich eher auch nicht selbstständig machen möchte.

Was ich mich allerdings auch frage ist, wie die Aussichten im Falle eines Stellenwechsels sind für z.B. jemanden mitte 50 ohne FA?

Feuerblick
07.10.2016, 14:45
Ohne pauschalisieren zu wollen: Die Aussichten dürften schlecht sein. Entweder, der Bewerber ist zu feige, um seinen FA zu machen oder der Bewerber ist zu faul, seinen FA zu machen oder der Bewerber ist zu feige, um die entsprechende Verantwortung zu übernehmen (die du übrigens auch ohne den FA-Titel irgendwann übertragen bekommst. Stichwort Altassistent. Da wird dir den OA auch irgendwann den Vogel zeigen, wenn du ihn für eine Entscheidung ranzitierst, die du selbst aufgrund deiner Ausbildung auch selbst treffen könntest)... Sieht in ner Bewerbung einfach nicht gut aus für einen potentiellen Arbeitgeber.

Kackbratze
07.10.2016, 15:45
Der FA-Titel verhindert ja nicht, dass Du als Assistenzarzt weiter deine Station schmeisst.
Die Prüfung sollte schon sein, wie Du danach deine Karriere gestaltest, liegt ganz bei Dir.

annekii
07.10.2016, 17:46
Ich habe mit dem Gedanken gespielt, weil ich Angst hatte, die Verantwortung als Facharzt zu tragen. Ich war fast bis zum Schluss nicht so weit, dass ich gemerkt habe, wieviel ich alleine kann und dass ich kaum noch den Hintergrund anrufe. Dieses Gefühl des Backups war mir immer wichtig. Meine letzte Zeit auf Station und dann nur noch in Honorardiensten in dieser Klinik hat mir aber noch diesen Schritt gezeigt. Ich merkte, wie die jungen Assistenten mich immer fragten und ich kannte auch immer die Antwort, was mich wirklich erstaunte! Zwei erfahrene Schwestern meinten unabhängig voneinander auch, dass ich klar jetzt Facharztstand hätte und dass ich auch Hintergrunddienst leisten könnte. So langsam kam es bei mir an. Aber dann bin ich ja gleich in die Niederlassung.
So bin ich froh, dass ich die Gelegenheit ergreifen konnte, als sie sich mir bot.

milz
07.10.2016, 18:45
Wäre mir nie in den Sinn gekommen. Allein vom Verdienst her und gewisse Dinge will man ja auch irgendwann mal hinter sich bringen.

Moorhühnchen
07.10.2016, 21:04
Habe mal eine Gynäkologin in der Klinik gefragt, Mitte 50 und auch ohne FA, warum sie es so macht. Sie ist Mutter von 4 Kindern, will nicht OÄ werden. Sie argumentierte, wenn sie FÄ sei, müsse sie auch Fortbildungen besuchen - das war für sie der Hauptgrund. Nicht, daß sie sich nicht fortbilden würde - aber das Dazu-gezwungen-sein...

Ich selbst fand es in den letzten Weiterbildungsabschnitten manchmal lästig, nicht "mein Ding" machen zu können. Viele OÄ hatten konsequent eine andere Ansicht als ich und mich den Anordnungen dann "unterwerfen" zu müssen, hat mich häufig sehr geärgert, zB. ob ich bei diesem oder jenem Patient jetzt einen ZVK legen MUSS oder andere invasive Maßnahmen durchführen, von denen ich mir keinen Vorteil versprach (PiCCO legen bei einer Arterenol-Laufrate von 0,5 ml/h....)

Fr.Pelz
07.10.2016, 21:22
Ich kenne einen Altassistenten, der es einfach nie geschafft hat, den FA zu machen und bald in Rente geht. Ich stelle mir das komisch vor, wenn die Patienten dann bei einem alten Arzt auf den Kittel gucken und "Assistenzarzt" lesen.

Gut, das ist nur ein oberflächliches Argument. In der Chirurgie ist sowas extrem selten, einfach weil nur Fachärzte allein operieren dürfen und kaum ein Chef ewig dabei zugucken würde, wie jemand, der vermutlich irgendwann gut operieren kann, nicht dafür eingesetzt werden darf.

LasseReinböng
07.10.2016, 23:15
In meiner Abteilung gibt es zwei Kollegen, die nie den FA gemacht haben und gut 15 - 20 Jahre Berufserfahrung in dem Fachgebiet haben ( Anästhesie).

Die machen genau die gleichen Dienste wie die FÄ, tragen dieselbe Verantwortung, verdienen aber deutlich weniger. Da die beiden Kollegen fachlich gut sind und erfahrene Kollegen begehrt sind, wird das vom Chef getragen. Ich glaube allerdings nicht, daß er dies bei den jüngeren Kollegen noch akzeptieren würde.

Die Chancen, sich trotz knapp zwei Jahrzehnten Berufserfahrung ohne FA woanders zu bewerben, sind natürlich ebenfalls sehr begrenzt.

Ich weiß auch nicht, was sich mit dem FA großartig ändern soll. Letztlich gibt es in der Klinik CA, OÄ und Assistenten. Ob der Assistent nun FA oder Weiterbildungsassistent ist, macht doch häufig keinen Unterschied. Wenn der OA anstatt Vanco Linezolid für den Patienten haben möchte oder einen ZVK anordnet, dann ist das so und es ist ziemlich egal, ob der ausführende Assistent FA oder WBA ist. Natürlich hat man als FA ein anderes Standing als ein WBA aber wenn man sich ständig den Anordungen des OA widersetzt oder meint, es besser zu wissen, sind die Tage in der Abteilung sehr schnell gezählt.
Auch möchte wohl kein Chef einen Assistenten, der sich trotz 20 Jahren Berufserfahrung ständig beim OA rückversichern und keine Verantwortung übernehmen will.

bipolarbär
08.10.2016, 03:10
Ich würde es eher empfehlen, für immer Student zu bleiben. Da ist man nicht mal gezwungen zu arbeiten, geschweige denn sich fortzubilden. Natürlich hat man dann immer das Problem, dass der Fachschaftsvorsitzende einem mit 20 Jahren irgendwelche Vorschläge macht, die man nicht indiziert sieht (Beck's als Partygetränk - der Junge hat wohl kein Geschichts-, Germanistik- und Politikstudium hinter sich, um zu verstehen, wieso das falsch ist!), anderseits kann man auf viele Jahre Erfahrung zurückgreifen und hat keine Probleme, die 500. Klausur in seinem Leben zu bestehen. Und das bei besten Work-Life-Balance-Möglichkeiten!

Kandra
08.10.2016, 06:56
Ich würde es eher empfehlen, für immer Student zu bleiben. Da ist man nicht mal gezwungen zu arbeiten, geschweige denn sich fortzubilden. Natürlich hat man dann immer das Problem, dass der Fachschaftsvorsitzende einem mit 20 Jahren irgendwelche Vorschläge macht, die man nicht indiziert sieht (Beck's als Partygetränk - der Junge hat wohl kein Geschichts-, Germanistik- und Politikstudium hinter sich, um zu verstehen, wieso das falsch ist!), anderseits kann man auf viele Jahre Erfahrung zurückgreifen und hat keine Probleme, die 500. Klausur in seinem Leben zu bestehen. Und das bei besten Work-Life-Balance-Möglichkeiten!

Ich sag's ja immer wieder: Der Trend geht zum Drittstudium :D

Lava
08.10.2016, 10:38
Ich habe eine Kollegin, die keinerlei Anstalten macht, sich mal für die Prüfung anzumelden. Sie tut immer wieder mal so, aber so richtig ernst scheint es ihr nicht zu sein. Sie meckert immer gerne, wie schei*e alles in der Klinik ist, bleibt aber auch hier und unternimmt nichts. Sie ist vielleicht auch so eine, die mit ihrer derzeitigen Situation zufrieden ist. Hin und wieder mal was operieren dürfen, Stationsarbeit, Dienste, aber nie die komplette Verantwortung für irgendwas tragen.

Dann kannte ich mal eine andere Assistentin, die auch eeeeewig keinen Facharzt gemacht hat und das nie wollte. Sie war zwar Chirurgin, hat aber nicht wirklich gern operiert. Die Wachstation war ihr Ding. Als die dann an die Anästhesisten ging, musste sie doch ihren Facharzt machen und dann wohl noch spezielle Intensivmedizin (geht das als Chirurg eigentlich?) und seither ist sie quasi Stationsärztin auf der IMC.

Bei meiner ersten Famulatur waren der Oberarzt und der Stationsarzt praktisch fast gleich alt, beide 60 oder drüber. Aber der Stationsarzt war immerhin auch Facharzt, meine ich. Beide haben das gleiche operiert, beide haben die gleichen Dienste gemacht und angeblich auch das gleiche verdient. Weiß echt nicht, wo da jetzt noch der Unterschied lag...

Evil
08.10.2016, 11:28
Als ich vor 11 Jahren anfing, gab es in vielen Abteilungen "ewige" Assistenzärzte. Die Ärzteschwemme war zwar vorbei, aber von einem Mangel konnte keine Rede sein. Die meisten Weiterbildungsverträge waren nur bis zur FA-Prüfung befristet, wenn man die also hinauszögerte, hatte man einen praktisch unbefristeten Vertrag.
Und bevor es das Arbeitszeitgesetz gab, konnte man so viele Dienste machen wie man wollte, der Verdienst war damit auch recht hoch. Ehrlicherweise kamen mir die Dienste damals allerdings auch weniger anstrengend vor.

Mano
08.10.2016, 11:29
Auch wenn ich es mir für mich nicht vorstellen kann - grundsätzlich halte ich den Gedanken gar nicht für so abwegig. Wenn man mit dem, was man macht zufrieden ist und keine zusätzliche Verantwortung will, warum nicht?
Glaube im Gegensatz zu vielen anderen Kommentaren auch nicht, dass das zwangsläufig ein Nachteil bei Bewerbungen ist. Was kann einem Arbeitgeber denn besseres passieren als jemand mit fachärztlicher Erfahrung, der bereit ist für ein Assistentengehalt zu arbeiten. Selbst wenn dieser Assistent vielleicht nicht exakt das wie ein echter Facharzt leistet - er dürfte den durchschnittlichen Assistenten mit 5-6 Jahren Berufserfahrung deutlich übertreffen, benötigt nicht mehr irgendwelche Zahlen oder Rotationen und kann im Zweifel eben auch ohne formalen Facharztstatus Facharzt-Aufgaben übernehmen...

davo
08.10.2016, 12:15
Ich finde es interessant, dass das anscheinend ausgerechnet in chirurgischen Abteilungen recht häufig ist. Eigentlich hätte ich vermutet, dass dieses Phänomen eher dort häufig ist, wo man als Oberarzt (zumindest an größeren Abteilungen) viel spezialisierter und/oder patientenferner arbeitet als als Assistenzarzt - z.B. in der Psychiatrie oder in der Inneren Medizin.

BadGateway502
08.10.2016, 12:55
Assistenzarzt ohne Facharzt ist aus aktueller Sicht gesehen nicht plausibel. Zudem sprechen alle von einem Fachkräftemangel. Ich kann nur jeden motivieren den Facharzt zu machen. Was danach kommt ist eine andere Frage.
Es gibt genügend Häuser und Zentren die mit "Facharztstandard" werben.