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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Neurotische Zukunftsangst?



Karlderbaer
07.11.2016, 10:11
Hallo liebes Forum,

ich würde hier gern eine Frage an die Erfahrenen stellen. Ich habe in diesem Jahr mein ganz tolles Physikum gemacht und es lief... beschissen. Ich habe zwar ganz passabel bestanden, habe aber sowohl im schriftlichen als auch im mündlichen eine große Portion Pech abgegriffen ( mir fehlt ein Punkt zur nächstbesseren/angestrebten Note und bei der Lotterie im mündlichen habe ich dann auch gnadenlos verloren.)
Auch wenn mir ziemlich viele Leute was von Pech erzählt haben,
halte ich mich jetzt trotzdem für blöd und habe keinerlei Motivation mehr, in der Klinik zu lernen. Noten dabei sind sowieso egal und im Stex wird gefühlt wieder gewürfelt. Ich bin quasi im schlimmsten Post-Physikums-Loch. :-((

Jetzt mache ich mir Sorgen, ob mich das ganze noch weiter in meine Zukunft verfolgt.
In meinen schlimmsten Befürchtungen sehe ich mich nach 50 Bewerbungen in einem Haus sonstwo (wo ich niemals hinwollte , würde gern in die Stadt/Stadtnähe, Dorf/Land finde ich super furchtbar wegen den Menschen da) mit einem cholerischen Chef& einer grottigen Weiterbildung unglücklich werden.
:-meinung

Auf der anderen Seite gibt es eine Fraktion, die behauptet, die Physikumsnote würde nie wieder jemand sehen wollen, und die Hex-Note wäre auch nicht soooo super super wichtig, schließlich gibt es ja auch noch so Dinge wie Engagement (mach ich), vorherige Berufserfahrung (hab ich+ mach ich als HiWi), Vitamin B ( naja ...) und Persönlichkeit (hab ich vielleicht auch.)
Der einzige Punkt, wo die Noten wichtig sind, wären wohl Stipendien, aber fördern würde mich glaub ich sowieso keiner wollen.
Ich weiß, dass ich an meiner blöden Note jetzt nix mehr ändern kann, scheise gelaufen ist es jetzt sowieso.

Meine Frage wäre, wie ihr das in euren Bewerbungsprozessen so erlebt habt: War die Note ein entscheidendes Kriterium um überhaupt eingeladen zu werden oder war die Note eher unwichtiger?
Sprich: Kann ich jetzt aufhören, mir Hoffnung zu machen ein fröhlicher Doktor zu werden oder habe ich immer noch eine Chance?

Ich weiß, dass diese Frage in andere Form immer mal wieder gestellt wird, aber auch 2 Monate nach dem stex macht mich das immer noch fertig ( Schlafstörungen & so). Richtig darüber hinwegkommen, dass nach 2 Jahren Arsch aufreißen letzendlich nicht viel bei rumgekommen ist, werde ich glaube ich sowieso nie.

Danke fürs Lesen und für ernstgemeinte Antworten. Irgendwie ist es mir unangenehm Peinlich hier zu fragen, da ich auch schon ziemlich viel rumgeflame in solchen Threads gelesen habe.:-blush

Karl

Coxy-Baby
07.11.2016, 10:14
Einfach mal runterkommen und abspannen, an der Vergangenheit wirst du jetzt nichts mehr ändern können, also get over it.
Bis jetzt haben noch alle mit Arztschein nen Job bekommen.

Solara
07.11.2016, 11:02
Such dir für Famulaturen und PJ gute Abteilungen und wenn's dir gefällt, lass ne Bewerbung da. Wenn du dich da gut anstellst, passt alles.

Nessiemoo
07.11.2016, 11:02
Also ich hatte auch ein sehr schlimmes Post-examens-Loch, trotz gute Noten... Das geht vorbei, man muss nur gut um seine Gesundheit kümmern - Sport, Entspannungstechniken, Hobbies, Urlaub. bei mir hat es nur ein paar Wochen gedauert. Wenn es nach zwei Monaten immer noch nicht vorbeigeht und die Schlafstörungen und dieser Zukunftsangst anhält, wäre es vielleicht Zeit sich an eine psychologischer Beratungstelle oder an dein Hausarzt zu wenden - es kann sein, dass es dann nicht an den Noten liegt, sondern an eine Depression, die man behandeln sollte. ;)

Das ist natürlich bitter mit den Noten, aber eigentlich akzeptiert dass man irgendwannmal. Auch wenn es dir schwer fällt, geh durch die Klinik mit offenen Augen, irgndwannmal kommt ein Fach was dich interessiert. Nimm möglich viel für deine spätere Tätigkeit mit, das ist das wichtigste. Gute Noten sind zwar von Vorteil, aber kein muss. Guck dir verschiedene Häuser/Versorgungstufen/Städte in deinen Famulaturen und PJ an. Ist halt alles noch 4-5 Jahre voraus wo du dir so arg Sorgen machst.

Aber deine Gesundheit geht erstmal vor.

Rettungshase
07.11.2016, 11:32
Also ich lese gerade nur "Noten, Noten, Noten".
Mag sein, dass das an unserem verkappten Bildungssystem liegt oder an deinen Ansprüchen, aber du sollst später Patienten gut behandeln können und du musst eben schauen, wie du zu diesem Punkt kommst, dass du das einmal können wirst.
Das hat nicht zwangsläufig mit exzellenten Noten zu tun (ich z.B. werde Anästhesistin und bin nicht die größte Leuchte in histopathologischen Bildern -> die Note dort wird wohl also nicht hochgradig ausschlaggebend für meine Zukunft sein). Was deinen späteren Chef mehr interessieren sollte als deine Physikumsnote, ist wie du dich z.B. auch extracurriculär aufstellst. Dazu hast du aber noch die ganze Klinik lang Zeit.

Denk mal an dein Abi zurück: Wäre es nicht nett gewesen, damals diese eine Mathematikklausur besser geschrieben zu haben? Und wie wichtig ist das heute noch? Genau, gar nicht.

WackenDoc
07.11.2016, 11:41
Vielleicht ist das Problem auch typisch für Mediziner: Viele haben in der Schule ja zur Spitzengruppe gehört. Und im Studium muss man halt feststellen, dass sich dort viele sehr gute Schüler sammeln und man in dieser Gruppe eben nicht zwangsläufig zur Spitzengruppe gehört.
Dazu ist das Physikum allgemein ziemlich belastend und viele fallen hinterher regelrecht in ein Loch. Weil der Stress abfällt, weil man einfach erschöpft ist, weil man es hinter sich hat, weil man vielleicht seine eigenen Erwartungen nicht erfüllen konnte.

Versuch eine Strategie zu finden, das hinter dir zu lassen. Geh meinetwegen eine Runde mit deinen Komilitonen oder auch Freunden saufen. Jetzt wäre auch eine gute Zeit für ein Hobby (in der Klinik ist meist mehr Zeit als bis zum Physikum) und wenn das nicht fruchtet, ab zur psychologischen Beratungsstelle der Uni.

davo
07.11.2016, 11:58
Für mich klingt das so, als wäre eine psychologische Beratung eine sehr gute Idee. Und zwar sofort.

An meiner kleinstädtischen Uniklinik gibts genug Ärzte, die mit mittelmäßigen oder gar schlechten Noten eine Stelle bekommen haben, auch in recht beliebten Fächern. Natürlich kann eine gute Note ein Türöffner sein, oder in manchen Fächern sogar wirklich wichtig sein (Derma z.B.), aber im Großen und Ganzen scheinen die Noten nicht sehr wichtig zu sein. Sei froh, dass du die Vorklinik hinter dir hast, genieß die Klinik, knüpfe Kontakte in den Famulaturen. Alles wird gut.

kekskruemel
07.11.2016, 12:07
Ich empfehle dir auch eine Beratung und/oder Gang zum Hausarzt. Gerade Schlafstörungen sind fies, das wirkt sich mitunter auch massiv auf die Stimmung aus. Zwei Monate ist halt schon eine Weile, da würde ich nicht mehr lang fackeln.
Sollte (muss nicht!) sich da eine Depression bei dir entwickeln, kannst du das jetzt noch ganz gut abfangen.

Attempto
07.11.2016, 22:14
Zumindest die Noten für schriftliche Prüfungen sagen nur etwas darüber aus, wie gut jemand lernen kann. Über seine Qualitäten als Arzt sagen sie nichts.
Im Bewerbungsgespräch interessieren mich überzeugendes Interesse am Fach, selbstsicheres Auftreten, Eindruck von Teamfähigkeit und kommunikative Fähigkeiten. Auch frühere Zeugnisse (sofern vorhanden) sind wichtig. Noten aus dem Studium waren für mich noch nie ein Kriterium, ob jemand zum Gespräch eingeladen wird oder nicht.
Es ist immer frustrierend, wenn man nicht das schafft, was man sich erhofft hat. Aber in der Behandlung von Patienten ist dieses Gefühl an der Tagesordnung (und hat mit Glück oder Pech nichts zu tun). Damit muss man sich abfinden können, sonst wird man sehr schnell sehr unglücklich.

Solara
07.11.2016, 22:31
Attempto, welche früheren Zeugnisse bei einem Berufsanfänger - denn um nichts anderes geht es hier!?

Attempto
08.11.2016, 05:38
Zum Beispiel Kollegen, die vor dem Studium eine Ausbildung gemacht und gearbeitet haben, vor allem in der Pflege.

Solara
08.11.2016, 18:00
Zum Beispiel Kollegen, die vor dem Studium eine Ausbildung gemacht und gearbeitet haben, vor allem in der Pflege.

Aha. Und der TE? Der schreibt nichts von einer vorangegangenen Ausbildung, wie soll das da weiterhelfen?
Wie ist es mit Arbeitszeugnissen aus handwerklichen Berufen oder aus dem kaufmännischen? Die interessieren dich auch?

par
08.11.2016, 20:49
@ Solara: ich bin nicht Attempto, antworte aber, weil ich damit auch an den Threadsteller gerichtet schreiben möchte: mich würde es interessieren, wenn ich wüsste, die Berufe wurden aus Spaß / Freude gewählt, weil ich wissen will, wie sehr sich jemand in etwas reinhängt, das ihn wirklich interessiert (und darin ist man meist auch nicht sehr schlecht). Ehrlich gesagt, wäre ich von "ich mache, was man mir vorsetzt perfekt und habe selbst nichts zu gestalten" eher abgeschreckt. Du hast noch einige Jahre Studium vor dir (mega gut, freu dich verdammt!!), schau, dass du dein eigenes Profil entwickelst (z.B. mit einer Doktorarbeit, die genau dein DING ist, mit - wie gesagt, Famulatur/PJ-wahl nach deinem Typ, etc.) und am Ende so gelernt hast, dass du zufrieden sagen kannst, du hast viel Spaß und Wissen mitgenommen (dann kommen die Noten - zumindest da, wo sie relevant sind ;-) ).

Und noch was aus eigener Erfahrung in einem anderen Zusammenhang: du wirst es JETZT nicht glauben, aber in 1 Jahr hat sich deine jetztige Einstellung relativiert. Versprochen. Voraussetzung ist allerdings, dass du produktiv (klar, ein wenig genickt, aber nicht "alltagsrelevant") ins neue Semester starten kannst. Wenn dir das nicht gelingt, suche dir genau die Hilfe, die du brauchst.

Solara
08.11.2016, 21:14
Par, ich vermute, nicht der ganze Text war an mich gerichtet, oder?
Gerade weil ich aus eigener Erfahrung weiß, wie unterschiedlich Zeugnisse bei unterschiedlichen Arbeitgebern für die gleiche Tätigkeit ausfallen (oder ausfallen können) gebe ich nicht viel auf so ein Zeugnis. Besser als nix ist es. Aber auch nicht viel mehr - denn auch das "wie" kann man einklagen.

John Silver
15.11.2016, 20:49
Einfach mal cool bleiben. Cool und geschmeidig. Ich habe fürs Physikum mit den dicksten Büchern gelernt, und mich sehr umfangreich vorbereitet. Im schriftlichen Teil war ich zwar gut von der Bestehensgrenze entfernt, aber auch von meinen Vorstellungen bzgl. der Note (mir hat ebenfalls ein Punkt zur besseren Note gefehlt). Im mündlichen Teil geriet ich an zwei, gelinde gesagt, inadäquate Prüfer; ich wußte genau, dass ich weit besser vorbereitet war, als meine Mitprüflinge, und dennoch habe ich gerade so bestanden, während die anderen relativ locker durchspaziert sind. Na und? Das Hammerexamen bestand ich mit Bestnote, und habe immer die Stellen bekommen, die ich wollte. Nach meiner Physikumsnote hat mich noch nie jemand gefragt. Klar, die Examensnote spielt bei der ersten Stelle eine gewisse Rolle; aber die Situation ist mittlerweile so, dass man, örtliche Ungebundenheit vorausgesetzt, selbst in der plastischen Chirurgie als Anfänger mit mäßiger Note eine Stelle findet. Die Physikumsnote spielt überhaupt keine Rolle, und ein halbwegs adäquater Chef weiß das; diese Note verrät einem so gut wie nichts über den Bewerber, weil im Beruf aus der Sicht eines Chefs andere Dinge im Vordergrund stehen, als die Fähigkeit, große Mengen mehr oder weniger unnützen Wissens in sich zu stopfen, um sie gleich danach wieder zu vergessen.