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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Studie: Traumeel für Pferde mit Rückenbeschwerden - Meinungen?



Viehdoc
21.11.2016, 17:14
Auf der Messe gabs ein Extrablatt vom Pferdespiegel zum Thema "Anwendungsbeobachtung zur Wirksamkeit und Verträglichkeit von Traumeel ad us vet bei Pferden mit akuten muskulären Hals- und/oder Rückenproblemen."
In der Studie hat Traumeel wahnsinnig gut abgeschnitten (ok, es gab keine Verblindung der Studie), nur 6,6% der Pferde waren hinterher noch schmerzempfindlich. Behandlungsdauer war durchschnittlich 14 Tage, zusätzlich wurde zum Teil (bei 37%) Chiropraktik oder Behandlung mit Wärme oder Kälte gemacht.
Ich frag mich jetzt, ob einfach Ruhe die Probleme auch gelöst hätte oder ob Traumeel wirklich ne Wirkung hat??

Ich bin ja eigentlich überhaupt nicht von Homöopathika überzeugt, aber habe zum Beispiel auf Anraten einer Bekannten nach meinem Arbeitsunfall ziemlich viel Traumeel und dafür relativ wenig und kurz Schmerzmittel genommen und hatte überhaupt keine Schmerzen. Fand ich schon ein bisschen komisch mit Bruch/Fissur und ziemlich großer Fleischwunde überm Gelenk...

Eine Freundin von mir hatte es ihrer Stute gegeben, die hochgradig Arthrose im Karpalgelenk hat und ich hab das immer eher ein bisschen belächelt. Aber nachdem ich das jetzt selber mal ausprobiert hab, bin ich ein bisschen am überlegen, ob es nicht doch vielleicht ne Berechtigung hat.

Irgendwer meinte zu mir, Traumeel sei ja auch kein "richtiges Homöopathikum"...

Habt ihr damit irgendwelche Erfahrungen am Tier?

kekskruemel
21.11.2016, 18:44
Das würde mich auch sehr interessieren. Ich kenne viele, die ihren Pferden Traumeel oder Zeel geben. Und es wird auch oft empfohlen. Gerade bei Arthrose höre ich das häufig.
Bisher habe ich es noch nicht genutzt, weil ich kein Fan von Homöopathika bin und es für rausgeworfenes Geld halte.
Gibt es bei Tieren eigentlich auch einen Placebo-Effekt?

WackenDoc
21.11.2016, 19:41
Natürlich gibt es auch bei Pferden einen Placeboeffekt. Genauso wie bei Kindern z.B.

Shizr
22.11.2016, 00:41
Auf der Messe gabs ein Extrablatt vom Pferdespiegel zum Thema "Anwendungsbeobachtung zur Wirksamkeit und Verträglichkeit von Traumeel ad us vet bei Pferden mit akuten muskulären Hals- und/oder Rückenproblemen."
In der Studie hat Traumeel wahnsinnig gut abgeschnitten (ok, es gab keine Verblindung der Studie), nur 6,6% der Pferde waren hinterher noch schmerzempfindlich. Behandlungsdauer war durchschnittlich 14 Tage, zusätzlich wurde zum Teil (bei 37%) Chiropraktik oder Behandlung mit Wärme oder Kälte gemacht.
Anwendungsbeobachtungen sind für die Beurteilung von Wirksamkeit und Verträglichkeit völlig wertlos.
Das wissen die Hersteller auch, und genau deshalb kommen sie mit sowas um die Ecke.

Es ist absolut typisch für Homöopathie (oder sonstige Quacksalberei), in Anwendungsbeobachtungen gut dazustehen.
Sobald man das dann allerdings randomisiert, kontrolliert, verblindet, eben objektiviert und unabhängig vom Beobachter macht, ist es auf Placeboniveau. Beim Erwachsenen, beim Kind, beim Tier, beim Ikearegal... immer das gleiche. In Anekdoten und Einzelfällen nahezu immer hervorragend, in randomisierten, verblindeten Studien nutzlos.



Irgendwer meinte zu mir, Traumeel sei ja auch kein "richtiges Homöopathikum"...
Das stimmt auch.

Hahnemann hätte sich über sowas wie Traumeel bereits beim bloßen Gedanken daran sicherlich übergeben müssen.
Komplexmittel sind eh schon böse, wenn man auch nur zwei Substanzen kombiniert... Traumeel sind vierzehn.
Wenn wir Traumeel tatsächlich eine echte Wirksamkeit unterstellen, kann das nichts mit der Homöopathie zu tun haben.
Und wenn wir andererseits Hahnemann unterstellen, dass er mit seinem wirr verschwurbelten Organon tatsächlich den Heiligen Gral der Heilkunst entdeckt hätte, dürfte Traumeel nix taugen, weil es eben etwas völlig anderes ist.



Aber nachdem ich das jetzt selber mal ausprobiert hab, bin ich ein bisschen am überlegen, ob es nicht doch vielleicht ne Berechtigung hat.
Hat es nicht. Die Studienlage ist eindeutig, und nur die Leute, die mit Homöopathie viel Geld verdienen, weigern sich standhaft, das einzusehen.
Ich hab's in diesem Forum wieder und wieder geschrieben, und ich wiederhole es so lange, bis mich ein Homöopathiefan zuhause aufsucht und umbringt, weil ich der Heiligen Wahren Lehre widerspreche... Homöopathie funktioniert nicht. Nie. Bei niemandem. (Außer natürlich bei dem, der damit Kohle scheffelt.)



Nur mal ein Beispiel, wie bekloppt es ist, Anwendungsbeobachtungen für Wirksamkeitsnachweise nutzen zu wollen:
Nehmen wir Chemotherapie X, die 75% aller Patienten nachhaltig und nachweisbar von einem bestimmten Tumor befreit. Unter Placebotherapie kommt es bei 1% aller Patienten zur Gesundung.

Wenn ich jetzt aus der Chemotherapiegruppe in den 25% Nichtgesundenden eine Anwendungsbeobachtung mache (ob vorsätzlich oder bias-beeinflusst, sei mal dahingestellt), kann ich nach dieser Logik damit schlüssig beweisen, dass diese Chemotherapie nicht wirkt.
Umgekehrt, wenn ich die 1% Placebogesundeten anwendungsbeobachte, stelle ich plötzlich fest, dass Placebo hochwirksam diesen Tumor heilt.

Um das einleuchtend zu finden, ist man wahlweise extrem geschäftstüchtig oder extrem naiv.



Wenn die Anwendungsbeobachtungen real wären, würde man diese vielbeschworene originäre homöopathische Wirksamkeit ja auch in den Studien finden. Aber oh Wunder, tut man nicht. Zumindest nicht in Studien, die qualitativen Mindestanforderungen genügen.
Honi soit qui mal y pense.

Nickel1992
22.11.2016, 18:34
ich finde Homöopathie auch extrem schwierig... bin da auch nicht unbedingt ein Fan von. Wers machen möchte, bitteschön, aber ich glaub da nicht wirklich dran.
Hab damit bisher auch nicht wirklich Erfahrungen bei Tieren machen können, weil ich von mir aus sowas auch nie geben würde...

Viehdoc
24.11.2016, 19:56
Natürlich gibt es auch bei Pferden einen Placeboeffekt. Genauso wie bei Kindern z.B.

wobei ich mich frag, wie der bem Pferd zustande kommt. Nem Kind kann man ja sagen: hier hast du was, damit gehts dir gleich besser. Nem Pferd kannst du das nicht sagen...
Bilden sich dann die Besitzer ein, dass es dem Pferd besser geht? Weil ein Pferd denkt ja nicht: ach da hat er mir was Gutes eingegeben, damit gehts mir jetzt bestimmt besser.

Also das ist jetzt ne ernstgemeinte Frage ^^. Placebo entsteht doch dadurch, weil man denkt, man hätte was wirksames eingenommen, auch wenn nur Zucker drin war oder nicht?

Miss_H
24.11.2016, 20:03
Placebo entsteht schon durch die Zuwendung. Und das merken Tiere genauso.

Shizr
24.11.2016, 21:05
Placebo entsteht doch dadurch, weil man denkt, man hätte was wirksames eingenommen, auch wenn nur Zucker drin war oder nicht?
Nein.

Insbesondere hat der Placeboeffekt nichts damit zu tun, dass sich jemand einbilden würde, dass es "besser gehe". Nicht das geringste.
Das sind messbare, nachweisbare Effekte.
Die nur halt - weil es eben kein Medikament gibt - nicht auf die Wirkung eines Medikamentes zurückgeführt werden können.



Es gibt Untersuchungen, die nahelegen, dass der Placeboeffekt selbst dann relevant ist, wenn der Patient weiß, dass er nur Zuckerkügelchen futtert.

Die Zuwendung als solche kann helfen.
Das therapeutische Ritual kann helfen. Vermutlich einer der Punkte, die "Wunderheilern" ab und an mal einen vorzeigbaren Erfolg bescheren, weil die halt ein enormes Brimborium betreiben.
Große Tabletten bewirken einen stärkeren Placeboeffekt als kleine. Kapseln stärker als Tabletten. Injektionen mehr als orale Medikamente. Auch die Anzahl an Tabletten kann einen Unterschied machen.

Und das ganze funktioniert halt auch "by proxy". Da gibt's durchaus einige Untersuchungen zu. Auch bei Tieren.

Das hat aber nichts damit zu tun, dass sich irgendjemand irgendetwas einbilden würde.
Placebo hat NICHTS, aber auch GAR NICHTS mit "Einbildung" zu tun.

Viehdoc
28.11.2016, 19:40
okay, das war mir bisher irgendwie so nicht klar ;). Also ist es beim Tier sicher die erhöhte Zuwendung durch den Besitzer, weil man sich um ein krankes Tier ja einfach mehr bzw. anders kümmert....

JazzKo
08.12.2016, 23:12
okay, das war mir bisher irgendwie so nicht klar ;). Also ist es beim Tier sicher die erhöhte Zuwendung durch den Besitzer, weil man sich um ein krankes Tier ja einfach mehr bzw. anders kümmert....

so hat es unser Toxikologie Prof auch immer gesagt. So eine Art indirekter Placebo Effekt.