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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Temperaturmanagement nach Reanimation



LJGibbs
29.11.2016, 18:25
Die Frage des Temperaturmanagements wird meiner Erfahrung nach sehr abhängig von der jeweiligen Abteilung gelöst. Mich würden Eure Erfahrungen und Vorgehensweisen interessieren.

a) Was sind Eure Zieltemperaturen nach Reanimation und für welche Dauer werden sie gehalten?
b) Welche medikamentösen und physikalische Maßnahmen kommen bei Euch zur Anwendung, insbesondere wenn das Temperaturmanagement sehr schwierig ist? Schränkt ihr die physikalischen Maßnahmen bei schwerer pAVK ein? (=keine aktive Kühlung im Bereich von Leisten und Extremitäten)

Sebastian1
29.11.2016, 22:47
Das ist ja im Umbruch, spätestens seit den ESC-Guidelines 2015. Die Zieltemperatur als solches ist so absolut nicht mehr; die Zahlen, die wir bisher haben, zeigen nicht wirklich relevante Unterschiede, ob man auf 32, 34 oder 36 Grad einstellt. Was Konsens ist, ist die Tatsache, das Fieber zu vermeiden ist.
Device dürfte je nach Verfügbarkeit variieren...CoolGuard, RhinoChill, Arctic Sun, Eispacks, kalte Infusionen...

Brutus
02.12.2016, 22:30
Hab heute aufm DIVI mit dem Vertreter von der Arctic Sun länger gequatscht. Da wird wohl gerade noch eine große Studie gemacht. Unter anderem mit den Kölnern. Die Aussage, es ist egal, hauptsache kein Fieber kann man wohl so nicht stehen lassen. Es ist wohl schon deutlich besser vom Outcome, wenn die Patienten auf 32-34°C gekühlt werden. Die Neurologen gehen sogar noch tiefer auf 30-32°C, angeblich mit noch besserem Outcome. Man darf also gespannt bleiben.
Übrigens soll nicht nur Fieber vermieden werden, sondern auch rasche Temperaturänderungen sowie Temperaturspitzen...

pottmed
03.12.2016, 08:55
Das der Vertreter von Arctic Sun das so sieht, sollte ja klar sein ;-)

Aber ich bin auch gespannt wie es da weiter geht. In diesem Bereich ist das letzte Wort sicherlich noch nicht gesprochen.

//stefan
25.01.2017, 11:05
was ist eigentlich mit traumatischen kreislaufstillständen mit ROSC? erkauf ich mir durch die hypothermie nicht eine höhere chance einer koagulopathie wenn die eh schon mit der gerinnung durch blutung/transfusion kompromittiert sind?

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26.01.2017, 19:00
was ist eigentlich mit traumatischen kreislaufstillständen mit ROSC? erkauf ich mir durch die hypothermie nicht eine höhere chance einer koagulopathie wenn die eh schon mit der gerinnung durch blutung/transfusion kompromittiert sind?

Milde Hypothermie ist IMO immer noch recht kontrovers diskutiert.
Bei polytraumatisierten ROSC Pat.
würde ich sie unter dem Aspekt der Koagulopathie weglassen. Normotemperierung würde ich forcieren (bspw. mit Arctic Sun auf 36.5 fahren).

Allerdings ist AFAIK die Rate von stabilen ROSCs nach Trauma-bedingten CardiacArrest überschaubar...

Brutus
26.01.2017, 21:31
Das Problem bei Polytraumapatienten ist ja nicht so sehr, dass man eine "therapeutische" Hypothermie überhaupt anwenden würde. Die werden ja eher "akzidentell" Hypotherm. Letztens erst wieder erlebt. Patientin mit Sturz aus 3. Stock. Nach Schockraum und Traumaspirale in den OP gekommen und ohne aktive Kühlung bereits ziemlich kühl angekommen. Und es wurde während der OP trotz Warmtouch nicht wirklich besser...

WackenDoc
27.01.2017, 18:42
Wenn sie mal kalt sind, bekommst du sie erstmal nicht warm.

Ich bin ja Fanatiker was Hypothermieprophylaxe angeht.
Die Rettungsdecke und ihre optimale Anwendung ist das meisst unterschätzte Teil im zivilen Rettungsdienst.
Gefolgt von der Heizung der RTWs und der Einstellung "volle Pulle".

Mir geht´s nicht in den Kopf, dass bei den aktuellen Temperaturen noch RTWs offen an Einsatzstellen stehen gelassen werden. Dass nicht eine der ersten Maßnahmen wenn man zum Fahrzeug "Motor an-Heizung auf volle Pulle" ist. Dass man Türen nicht schließt. Etc.
Meine Besatzungen nerv ich damit inzwischen.

Patienten in REttungsdecken einpacken war übrigens eines der Hauptthemen neben Blutstillung und Atemwege frei machen als ich auf der Ausbildungsmission war.