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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Missgunst Kumpel/Kollegen gegenüber!?



GeckoGirl
17.12.2016, 22:57
Hallo zusammen,
und zwar mache ich mir gerade ziemlich viel Gedanken über die Gerechtigkeit in Zusammenhang mit dem Zulassungssystem zur Medizin. Musste vier Jahre warten und das ganze letzte Jahr nebst Ausbildungsabschluss extrem hart darum gekämpft (gelernt), um einen Platz in Österreich zu ergattern. Nun habe ich einen Kumpel, der dieses Jahr sein Abi gemacht hat und sofort einen Platz bekommen hat. Ich kenne ihn schon sehr lange und mag ihn auch sehr, haben jahrelang im gleichen Verein als Leitungsteam fungiert, trotzdem hat sich bei mir in letzter Zeit Neid eingestellt.
Er musste einfach NICHTS für seinen Studienplatz tun, außer sich zu bewerben. Er hat(te) das große Pech (Glück!?), schwer krank (hoffentlich gewesen) zu sein. Mir ist klar, dass er sehr viele Monate gelitten hat und er und seine Familiie viele Entbehrungen hatten. Aber qualifiziert das einen für ein Studium!? Welche Qualitäten hat er die ich nicht hatte? Außer seine Erkrankung? Mir gehen diese Gedanken schon lange durch den Kopf. Auch ob ich selbstsüchtig bin oder es ihm das nicht gönne weil ich einige Jahre älter bin und viele meiner Kommilitonen eben diese 4 Jahre jünger, als ich mit Medizin hätte anfangen können. Normalerweise kenne ich mich gar nicht so :-( Ich gelte bei anderen eher als hilfsbereit und großzügig. Hab mich sogar am Anfang für ihn gefreut dass es (für uns beide-was für ein Zufall!) geklappt hat.
Was mich dann später geärgert hat ist, dass er mir gegenüber den Studienplatz als sicher angegeben hat lange bevor das Zulassungsverfahren durch war, da es ihm in einer Beratung so angegeben wurde und er überhaupt keinen Zweifel hatte, dass er Medizin studieren kann, währendessen er ein mittelmäßiges Abitur ablegte, wobei ich noch bis August bangen musste.
Ich habe von Oktober des Vorjahres angefangen zu lernen, ab Januar ca 3x die Woche und ab Juni JEDEN. EINZELNEN. TAG. auf diesen Test trainiert. Letzendlich sehr gut abgeschnitten. Davor Freiwilligendienst, jahrelang Ehrenamt, zwei Ausbildungen im medizinischen Bereich Aber: Ich musste weit von zu Hause fortziehen. Er konnte daheim wohnen bleiben und gibt mir gegenüber an er komme prima mit dem Studium klar, hat sogar noch viel Zeit für unseren Verein, wo ich jetzt kein Mitspracherecht mehr habe.
Die ganzen Gedanken/Gefühle kamen jetzt hoch als ich derletzt ein Wochenende zuhause war und ihn/den Verein gesehen habe.
Ist das normal? Bin ich gemein? Wie kann ich damit besser umgehen? Kontakt besser abbrechen?
Ich finde das Zulassungssystem einfach ungerecht :(
Würde gerne ein paar Meinungen/Anregungen dazu hören.
Feel free to write

Umbie
17.12.2016, 23:25
Ich nehme an, dein Freund ist über die Härtefallquote aufgrund seiner Erkrankung zugelassen worden? Du schreibst nicht, welche Erkrankung er hat (hatte), aber bekanntermaßen reicht ein Schnupfen für diese Quote nicht aus. Stell dir doch einfach mal die Frage, ob du hättest tauschen wollen?
Findest du es wirklich ungerecht, dass Studieninteressierte, die im Auswahlverfahren über ihre Abiturnote erst nach entsprechender Wartezeit einen Platz bekämen, sofort studieren dürfen wenn ihre Erkrankung diese Wartezeit gar nicht zulässt? Ich finde das höchst gerecht!
So richtig kann ich auch dein Problem nicht verstehen. Du hattest ein Ziel, Abi hat nicht gereicht und entsprechend musstest du dich auf anderen Wegen anstrengen um deinen Traum zu erfüllen....und es hat geklappt.
So abgedroschen es klingt, aber im Leben bekommt man nichts geschenkt und im Studium musst du doch auch hart arbeiten oder?

Ob das Zulassungssystem generell nun gut oder schlecht ist - darüber kann man streiten, aber ich finde du solltest deine Haltung in der Sache noch mal gründlich durchdenken, sorry.

*milkakuh*
17.12.2016, 23:33
Bist du wirklich neidisch darauf, dass dein Kumpel auch einen Studienplatz bekommen hat? Ich glaube, dass du eher neidisch auf sein Leben bist. Ich hab selber die ersten zwei Jahre im Ausland studiert und weiß wie schwierig es ist. Das erste Semester fand ich am schlimmsten, weil man einfach am neuen Studienort noch nicht so 100%ig angekommen ist. Ab dem zweiten Semester wurden die Freundschaften enger und ich man konnte sich viel mehr anvertrauen. Mein Ratschlag also: Schau, dass du dir in Österreich ein gutes soziales Netzwerk schaffst. Gute Freunde, halbwegs regelmäßige Unternehmungen und ein Hobby sind goldwert. Ich bin mir sicher, dass es dir dann insgesamt wieder besser geht und du nicht mehr neidisch auf deinen Freund bist.
Übrigens: Ich habe vorher auch eine Ausbildung im medizinischen Bereich gemacht und bin sehr froh darüber, weil man kaum praktische Dinge im Studium lernt. Ohne die Ausbildung hätte ich in den Blockpraktika und auf Station sicher große Probleme.

GeckoGirl
17.12.2016, 23:57
Natürlich hätte ich nicht mit ihm tauschen wollen, nicht mal gegen ein Medizinstudium. Und als geheilt gilt er leider noch nicht :-(
Aber ist diese Härtefallquote gerechtfertigt, wenn man nicht mal weiß ob die Person das Studium durch eben diese harte Arbeit, die ggf. zuvor nie verrichtet oder bewiesen wurde, beenden kann, geschweige denn später im Arbeitsalltag bestehen kann!? Aber im Vergabesystem gehts eben nicht um Utiliarismus sondern um den sozialen Aspekt. Andere mit vergleichbaren schulischen Leistungen müssen gerade bis zu 7 Jahren warten oder sich anderweitig anstrengen. Mein Freund hat durch seine Erkrankung (bis jetzt) 1 Jahr verloren.. und bekam einen Studienplatz geschenkt..
In Österreich zB bekommt jeder nur dann einen Studienplatz wenn er den MedAt besteht, was ich sehr fair finde,da JEDER eine Chance hat und eine Abinote die zB mit vergleichsweise "einfachen" Fächern wie Hauswirtschaft, Bildende Kunst o.Ä. erworben wurde und subjektive Lehrerbewertungen relativieren kann!

GeckoGirl
18.12.2016, 00:02
@milkakuh
Das kann gut sein dass ich auf sein Leben neidisch bin. So direkt habe ich das nicht erkannt.
Vermisse mein "altes" Leben schon,vor allem weil es komplett anders aussah und ich (bis auf den Studienplatz) glücklich war.
Danke für die Tipps

WackenDoc
18.12.2016, 01:13
Vielleicht hilft dir die Erkenntnis, dass es schlichtweg menschlich ist, auch mal neidisch zu sein unabhängig davob ob das objektiv gerechtfertigt ist. Und ja, das Leben ist nicht immer gerecht und nein, du musst auch nicht lieb, nett und mit allem zufrieden sein.

Kackbratze
18.12.2016, 02:15
nein, du musst auch nicht lieb, nett und mit allem zufrieden sein.

Absolute Zustimmung. Indem Du es erkennst hast Du den ersten Schritt schon getan. Und dann solltest Du einen Schritt weiter denken.
Es wird immer Jemanden geben, der besser/schneller/schöner ist. Lohnt es sich, darauf Lebensenergie zu verschwenden? Warum sollte man das tun?
Derjenige der besser ist, hat vielleicht mehr gelernt?
Derjenige der schneller ist, hat einfach eine schnellere Auffassungsgabe?
Der Schönere hat einfach schönere Eltern?

Aber sind die glücklicher? Der, der mehr lernt war vielleicht auf weniger Parties oder ist einfach unbeliebt?
Der Schnellere hat es vielleicht drauf, aber übersieht die Details?
Der Schönere? Schonmal GALA gelesen? Haben die glückliche Ehen oder tolle langjährige Partner? Oder laufen die eher unter Trophäe?

Der erste Blick sollte immer auf sich selbst erfolgen. Der Rest kommt erst an 2. Stelle.
:-meinung

davo
18.12.2016, 06:28
Ist doch scheißegal, ob die Quote gerechtfertigt/gerecht ist oder nicht. Es gibt diese Quote, er hat sie genutzt. So wie jeder andere in seiner Situation es auch getan hätte. Außerdem: Er hat den Studienplatz bekommen, du hast den Studienplatz bekommen. Gibt doch gar keinen Unterschied mehr zwischen euch. Und vier Jahre sind relativ zum Leben jetzt nicht wahnsinnig viel. Darüber hinaus hättest du ja auch einfache Abi-Fächer wählen können. Wenn du das nicht getan hast - tja, selbst schuld.

In diesem Sinne: Schau in die Zukunft statt in die Vergangenheit. Sich zu ärgern über Dinge, die man nicht ändern kann, ist pures Gift für das Wohlbefinden. Außerdem kann er doch gar nichts dafür, dass es diese Quote gibt. Und dass diese Quote mit einem hohen Preis verbunden ist, sollte man auch nicht vergessen. Also, ärger dich nicht, sondern freu dich drüber, dass du Medizin in einem anderen Land studieren kannst - mal längere Zeit woanders zu sein, ist ja auch eine tolle Erfahrung, die nicht jeder mal erlebt. Nutze die Chance, hol das Maximum raus, und gut ists.

pottmed
18.12.2016, 08:28
Und never forget.... Österreich ist eines der schönsten Länder überhaupt, das wollte ich nicht hören als ich dort gelebt habe, aber hinterher weiß man es zu schätzen. Also mach das Beste draus ;-)

Rettungshase
18.12.2016, 17:05
Im Hinblick auf dein Studium und insbesondere dein Berufsziel ist es eine gute Gelegenheit, dich persönlich weiterzuentwickeln.

Ich würde dir dringend anraten, einen Weg zu finden, deine Ansichten diesbezüglich zu ändern. Es wird auch im Studium Situationen geben, dass z.B. jemand der in deinen Augen weniger schlau ist oder weniger gelernt hat, in der einen oder anderen Prüfung besser abschneidet als du. So what?! Möchtest du dann auch deine Zeit und emotionalen Ressourcen durch Neid und Missgunst verschwenden?
Wichtig ist, was du daraus machst. Da ist es völlig irrelevant, was irgendein anderer Mensch irgendwo anders macht und wie er dahin gekommen ist...

Außerdem sagt man doch so schön: Wer immer nur das macht, was er schon immer getan hat, wird immer der bleiben, der er ist.
Also: Nutz den neuen Ort, um neue Hobbys zu finden oder alte Hobbys mit neuen Leuten fortzuführen. Lerne neue Leute kennen, erweitere deinen Horizont.

Ich fand meine Studienstadt initial schrecklich, aber letztendlich wird jeder Ort schön, wenn man die richtigen Leute kennt, mit denen man etwas Nettes unternehmen kann.