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Fr.Pelz
08.03.2017, 19:13
Hallo,
heute bin ich mal wieder meinem all-time-Ärgernis begegnet: Ein Patient, der vor 2 Tagen bereits transfundiert worden war, brauchte heute notfallmäßig nochmal Transfusionen. Er hatte eine arterielle Blutung, wir mussten schnell in den Op... und die Serologie verlangte eine erneute Blutprobe. Warum geht das nicht, dass man eine Probe asserviert, sodass für folgende Bestellungen nicht jedes Mal wieder neu Blut abnehmen muss? (Was ja in Notfallsituationen/Schock häufig nicht ganz einfach ist).
Oder dass man die Blutgruppe einmal bestimmt und sich dann drauf verlässt? Der Bed-Side-Test passiert ja auf jeden Fall nochmal.

Eilika
08.03.2017, 19:29
Mh. Hier gilt das Kreuzblut 72h. Danach braucht es Neues wegen der Antikörpertests. Und vor allem nach stattgehabter Transfusion macht das für mich auch irgendwie Sinn mit den Antikörpern... Aber da weiß sicher noch jemand mehr.

Shizr
08.03.2017, 19:30
Da geht's m.W. um den Antikörpersuchtest.

Der Patient könnte ja seit der letzten Transfusion irreguläre Antikörper gebildet haben.

basile123
08.03.2017, 19:55
Aber i.d.R. nicht in so kurzer Zeit. Die 72h stimmen, bzw. meist aufgerundet auf 23:59Uhr, sodass dieser "Auftrag" durchaus noch zum "Nachkreuzen" verwendet werden kann. Entsprechend ist dann die Gültigkeit der SVP geringer wenn z.B. am Tag nach der eigentlichen Probenabnahme nachgefordert wird.
Die Aufbewahrung von 1-2 Wochen sollte eigentlich laborseitig kein Problem sein bzw. macht ja auch in anderer Hinsicht Sinn (V.a. UAW/HTR).
Am besten mit dem transfusionsbeauftragten Kliniker oder dem Transfusionsmediziner abklären.

Blutgruppe einmal bestimmen und sich darauf verlassen macht bei v.a. Antikörperbildung ja auch keinen Unterschied, bei jeder Neueinsendung von Material muss die AB0-Blutgruppe und Rh pos/neg zur Identitätssicherung durchgeführt werden (TFG).
Eine mögliche Patientenverwechslung kann da ja schonmal recht unschön enden, da bringt einem u.U. der Bedside-Test auch nichts.

Fr.Pelz
08.03.2017, 20:10
Aber ist denn die Möglichkeit einer Patientenverwechslung wirklich dadurch geringer, dass ich nochmal frisches Blut einsende? Das bezweifle ich jetzt mal. Aber 72h ist ja schonmal ne Ansage, das hätte ich hier auch gern.

Vor allem ist diese Regel so Gesetz, dass ich der Dame am Telefon zwar sagen konnte, dass ich jetzt neues Blut brauche, sie aber keinen Finger krumm machen wollte, bis nicht neues Blut inkl PC-Auftrag bei ihr eingetroffen wäre.

pottmed
08.03.2017, 20:20
Es geht wirklich nicht um Patienverwechslung, sondern um die Antikörper. Darum der ganze Zauber

Philip_MHH
08.03.2017, 20:20
von den notwendigen Suchtests für die irregulären AK mal ab (die ja gut und wichtig sind ) ....du kannst doch, wenn jemand dir grade akut verblutet doch aber auch ungekreuztes Blut anfordern, notfalls auch 0-, wenn die Blutgruppe nicht bekannt ist

basile123
08.03.2017, 20:35
Hier mal was aus den Richtlinien zur Hämotherapie der BÄK

4.2.4 Untersuchungsmaterial
Für blutgruppenserologische Untersuchungen ist eine nur für diesen Zweck bestimmte
und geeignete Blutprobe erforderlich. Nach Abschluss der Untersuchungen
ist das Probengefäß (Originalröhrchen) mindestens 10 Tage gekühlt
(+ 4 °C bis + 8 °C) aufzubewahren. Nabelschnurblut von Neugeborenen muss
als solches gekennzeichnet werden (s. Abschn. 4.3.1).

Durch die serologische Verträglichkeitsprobe sollen auch Verwechslungen und
Fehlbestimmungen aufgedeckt werden. Aus jeder neu abgenommenen Patientenblutprobe
ist eine Kontrolle der AB0-Blutgruppenmerkmale durchzuführen

Um transfusionsrelevante Antikörper infolge einer Sensibilisierung nach Transfusionen
und Schwangerschaften innerhalb der letzten 3 Monate (auch bei einer
fraglichen Transfusions- und Schwangerschaftsanamnese) zu erfassen, ist die
serologische Verträglichkeitsuntersuchung für weitere Transfusionen nach spä-
testens 3 Tagen (Ausnahmen analog Abschn. 4.2.5.7) mit einer frisch entnommenen
Empfängerprobe erneut durchzuführen


Naja zu der Verwechslung: Eine initiale Verwechslung ist natürlich fatal, vor allem bei AB0 gleichheit zwischen eigentlichem Patienten und dem, wo falsch abgenommen wurde.
Bei einer bereits bestimmten Blutgruppe im Patientenverlauf (vielleicht früherer Aufenthalt, separate Blutgruppenanforderung je nach Indikation) und dann eingesendeter SVP-Anforderung würde eine AB0-Ungleichheit natürlich sofort auffallen (erschreckend, dass sowas doch mit einer gewissen Regelmäßigkeit geschieht) und man kann Gegenmaßnahmen einleiten. Worst case wäre natürlich ein bei dem eigentlichen Empfänger vorhandener irregulärer (vorher unbekannter, evtl neu gebildet/geboostert oder Erstbefund) AK mit einer blutgruppengleichen Verwechslung mit einem AK-negativen Patienten und SVP mit einer antigentragenden Konserve. Kommt zum Gück nicht jeden Tag vor, nur getreu dem Motto: Nichts ist unmöglich...

Solara
08.03.2017, 21:02
Wenn er so dringend ne Konserve brauchte, dann ungekreuzt null neg.
Alternativ cellsaver aufbauen - und natürlich Blut für ne neue BG-Bestimmung ins Labor schicken mit Hinweis auf absolute Dringlichkeit.

Wie tief war der Hb denn? Kardial vorerkrankt? Kreislaufinstabil?

Fr.Pelz
08.03.2017, 21:18
Der Patient drohte kreislaufinstabil zu werden mit seiner aktiven Blutung, war es aber noch nicht, von daher wäre ungekreuztes Blut noch nicht gerechtfertigt gewesen. Der Hb war bei ca 6mmol/l, weil ja gerade vor 2 Tagen von 3mmol/l auftransfundiert. Ich musste ja die Not-OP organisieren, die Schwester hat kein Blut bekommen, da hat mir die zusätzliche BE und die Telefonierei mit der Serologie/Anforderungsschein ausfüllen noch zusätzlich Zeit geklaut.

vanilleeis
08.03.2017, 21:39
Es geht um die Antikörper. http://m.flexikon.doccheck.com/de/Serologische_Verträglichkeitsprobe

Brutus
09.03.2017, 15:00
Aber ist denn die Möglichkeit einer Patientenverwechslung wirklich dadurch geringer, dass ich nochmal frisches Blut einsende? Das bezweifle ich jetzt mal. Aber 72h ist ja schonmal ne Ansage, das hätte ich hier auch gern.
Guckst Du hier: Doccheck Flexikon. Ja, nicht DIE Quelle, die man zitiert, aber hier ganz gut beschrieben:

4 Gültigkeitsdauer
Die Gültigkeit der serologischen Verträglichkeitsprobe für ein bestimmtes Produkt ist üblicherweise auf 3 Tage begrenzt. Dadurch wird die Möglichkeit berücksichtigt, dass der Patient kurz vor der Blutentnahme immunisiert wurde und sich gerade ein Antikörper in Bildung befindet. Im ungünstigsten Fall könnte eine solche Antikörperbildung innerhalb von 3-4 Tagen stattfinden, z.B. wenn es sich um eine Boosterung handelt. Für die Bestimmung der Gültigkeit zählt nicht der Zeitpunkt der Laboruntersuchung, sondern der Zeitpunkt der Blutentnahme. Unter bestimmten Umständen ist es zulässig, die Kreuzproben-Gültigkeit auf bis zu 7 Tage zu verlängern. Hierzu muss anamnestisch gesichert sein, dass die Patientin in den drei Monaten vor der Untersuchung keine Transfusion erhalten hat und dass keine Schwangerschaft bestand.


Vor allem ist diese Regel so Gesetz, dass ich der Dame am Telefon zwar sagen konnte, dass ich jetzt neues Blut brauche, sie aber keinen Finger krumm machen wollte, bis nicht neues Blut inkl PC-Auftrag bei ihr eingetroffen wäre.
Womit sie auch Recht hat! Wie gesagt, es gilt eigentlich der Zeitpunkt der Abnahme. Damit kann es auch schon vorkommen, dass eben nicht 72 Stunden eingehalten werden. Wenn ich morgens die Probe abnehme, das Blut aber erst Abends im Labor ankommt, dann gelten trotzdem die 72 Stunden von Probeentnahme an. Also defacto nur noch 2,5 Tage. ;-)

GANZ WICHTIG: weil hier auch die ungekreuzten EK angesprochen wurden. VOR Transfusion der ungekreuzten 0 neg. Konzentrate unbedingt Kreuzprobe abnehmen und mit Angabe der EK-Nummern ans Labor schicken. Die werden nämlich auch gekreuzt. Und da macht es keinen Sinn, die Kreuzprobe nach der Gabe abzunehmen...

Solara
09.03.2017, 17:49
Ja, stimmt, das vergaß ich zu erwähnen. Blut zur BG-Bestimmung muss trotzdem vor der Gabe ungekreuzter Konserven abgenommen werden.

ehem-user-02-08-2021-1033
15.03.2017, 10:42
GANZ WICHTIG: weil hier auch die ungekreuzten EK angesprochen wurden. VOR Transfusion der ungekreuzten 0 neg. Konzentrate unbedingt Kreuzprobe abnehmen und mit Angabe der EK-Nummern ans Labor schicken. Die werden nämlich auch gekreuzt. Und da macht es keinen Sinn, die Kreuzprobe nach der Gabe abzunehmen...

Zum Thema irreguläre Antikörper und O negativ... hab mich da mal mit einer Transfusionsmedizinerin unterhalten.
Natürlich kann ein Patient mit irregulären Antikörpern auch auf eine Transfusion mit 0 negativ mit einer Transfusionsreaktion reagieren...

vanilleeis
15.03.2017, 11:18
Ja, klar, darum machst Du ja auch die Kreuzprobe.

konstantin
22.03.2017, 22:13
Mal ne andere Frage: macht ihr auch einen Bedside-Test der EKs?

Hier hieß es nun nämlich, dass das nicht (mehr) nötig sei, weil das Labor garantieren könne, dass das, was draufsteht, auch drin ist. Aber irgendwie geht mir das gegen den Strich... dann kann ich mir auch den Bedside-Test am Patienten schenken, schließlich weiß ich, welcher Patient vor mir ist, und das Labor hat mir ja vorher schon die Blutgruppe bestimmt... Klar, da ist die Verwechslungsgefahr sicher um einiges größer, aber im Labor oder wo auch immer die EKs beklebt werden, kann ja theoretisch auch ein Fehler passieren. Und ich dachte, es geht beim Bedside-Test darum, direkt vor der Gabe nochmal zu bestimmen, ob DAS Blut wirklich zu DEM Patienten passt...

Keine Ahnung.. wie seht ihr das? Bin ich da zu vorsichtig? Ich mein, Bedside-Test am EK schadet nich und kostet mich vielleicht 'ne Minute, die ist ja in der Regel durchaus zu entbehren...

Kandra
23.03.2017, 06:14
Wir machen nur den Bedside-Test am Patienten und haben das auch in der Uni so gelernt wenn ich mich jetzt nicht völlig irre.

Feuerblick
23.03.2017, 06:28
Bedside-Test vom EK war schon zu meiner PJ-Zeit "out". Ich habe auch nur Bedside-Test vom Patienten gelernt.

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23.03.2017, 06:46
Bedside-Test würde ich weiter machen und auch immer dokumentieren in der Akte. Der Bedside-Test hat neben AB0 Check auch den Charakter einer Identitätskontrolle. Es gibt Länder, da wird dieser als entbehrlich angesehen weil die Patienten Wristband tragen (müssen)...
Aber da zu "schludern" ist ne sichere Art seinen Beruf zu riskieren, kaum etwas ist so klar hinterlegt (ihr müsstet eine SOP/Anweisung und einen Transfusionsbeauftragten haben - sprich mal mit dem; der müsste dich auch eingewiesen haben [und wenn nur auf dem Papier!]) und dezidiert dokumentiert wie Transfusionen. Gefundenes Fressen für Anwälte, bei den meisten medizin. Handlungen gibt es gutachterlichen Interpretationsspielraum ob lege artis/indiziert usw., hier ist das so klar und leicht vor den Kadi gezogen zu werden....

Was evtl. das Missverständnis sein könnte:
Das Labor/BSD garantiert für die Richtigkeit der EK-Austestung, früher musste man die auch noch Testen. Jetzt nicht mehr.(Eigenblutspende ist evtl. noch ne Ausnahme, bin mir nicht sicher - benutze die nicht)

Fazit:
Patient immer (dokumentiert).

Feuerblick
23.03.2017, 06:55
Ähm... es ging um den Bedside-Test aus dem EK, nicht um den Bedside-Test zum Patienten...