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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Kristalloide Infusionstherapie



Gast26092018
21.03.2017, 17:37
Hallo,

Ich habe eine Frage zur Flüssigkeitsherapie mit kristalloiden Lösungen:
NaCl 0,9% hat ja einen viel höheren Chloridgehalt (50%) und Natriumgehalt als die Extrazellulärflüssigkeit und Chlorid gilt ja als renaler Vasokonstriktor.
Setzt ihr bei euch NaCl Infusionen nur noch bei Hyponatriämien und zum Auflösen von Medikamenten ein? Manche Kliniken setzen 0,9% NaCl-Lösungen auch bei Hyperkaliämien bei prärenalen ANV ein, aber dies soll durch den hohen Chloridgehalt das Nierenversagen wohl eher verschlechtern (laut einer Metaanalyse) und das Kalium kann dann über den H/K+-Austauscher eher sogar noch steigen. Der Kaliumgehalt in Ionosteril ist ja sehr niedrig....verwendet ihr in solchen Konstellationen lieber balancierte Kristalloide trotz der Hyperkaliämie? (Iono)

Wie ist das bei euch?
Ich mein es kommt ja natürlich auch auf die Infusionsmenge an, bei geringeren Mengen bis 2l/Tag wird es wohl keinen großen Unterschied geben :-nix

mary-09
21.03.2017, 17:55
Meine persönliche Meinung ist ja, dass man diese großen NaCl 0,9-Pullen abschaffen könnte. Mir fällt auch mit überlegen eigentlich kein Problem/keine Elektrolytstörung oder was auch immer ein, was man nur mit größeren Mengen NaCl 0,9 lösen könnte. Zum Medis auflösen, klar...kann man machen. Größere Mengen würde ich davon aber nicht geben. Es führt eben zu einer hyperchlorämischen Azidose, was der angegriffenen Niere nun mal auch nicht hilft und wenn man sooo viel Angst vor dem Kalium hat, dann gibt es ja immer noch 2/3 E´lytlösungen etc. und sowas würde ich dann in solchen Fällen eher nehmen.

Moorhühnchen
21.03.2017, 17:57
Ich weiß gar nicht, wann ich das letzte Mal ne NaCl angehängt habe, das muß Jahre her sein. Wird hier eigentlich nur noch zum Aufziehen von Medis genommen, auch hyperkaliäme Patienten bekommen bei mir kein NaCl. Ich hab auch ggf. schon von Station in den OP mitgekommene NaCls verworfen und gegen Jono/Stero ausgetauscht.
Warum das gerade bei unseren Internisten noch nicht so angekommen ist, frage ich mich trotzdem. Irgendwer hatte hier doch letztes Jahr mal diesen schönen Anti-NaCl-Artikel gepostet, den ich ausgedruckt und auf der Intensiv ausgelegt habe. :-))

Aber wir haben ja auch keine Dialyse, vielleicht fehlt da auch das Problembewußtsein, bzw. das gefährdete Klientel....

EDIT: als ich 2009 angefangen habe, war unsere hauptsächlich verwendete Infusionslösung Na100! Wie sich sowas bis 2009 halten konnte, ist mir ein Rätsel. Wir haben das im OP literweise in Patienten gekippt im Wechsel mit damals noch HES, bis es ausgetauscht wurde gegen Jonosteril. :-((

*milkakuh*
21.03.2017, 18:44
http://www.medi-learn.de/foren/showthread.php?94704-Akutes-Volumenmanagement-bei-Niereninsuffizienz-bzw-Dialysepatienten&highlight=ringer+nacl Vielleicht werden hier schon einige deiner Fragen beantwortet. :-) Mehr kann ich leider nicht zum Thema beitragen.

Sebastian1
21.03.2017, 19:24
NaCl 0.9% ist als Infusionstherapie obsolet. Es gibt wohl keine Indikation, in der eine VEL nicht eher indiziert wäre. Das einzige andere, was ich sehr selten (in der akuten Hämorrhagie) gebe, ist HES. Und NaCl gibt's nur noch zum Aufziehen von Medis, wobei ich es am liebsten auch da abgeschafft sähe.
Es gibt Strategien, in der Hypernatriämie mit 0.45%igem NaCl zu infundieren, aber das erschliesst sich mir auch nicht ganz. Und so Sachen wie G5% sind auch out...

Gast26092018
21.03.2017, 20:08
Ok, danke für die Infos!
Aber bei hypovolämischen Hypontriämien würde ich schon noch NaCl 0,9% (in geringem Maße) verwenden aber ansonsten lasse ich NaCl ab jetzt als Infusionstherapie weg.
G5% würde ich nur bei schwereren Hypernatriämien, bei geringeren Iono-Na-100.

Rettungshase
21.03.2017, 20:09
Die S3-Leitlinie "Intravasale Volumentherapie beim Erwachsenen" gibt für periinterventionelle und intensivmedizinische Patienten die Empfehlung, isotone Kochsalzlösung nicht als Volumenersatz zu verwenden (GoR A).
-> http://www.awmf.org/uploads/tx_szleitlinien/001-020k_S3_Intravasale_Volumentherapie_Erwachsenen_20 14-09.pdf

Boergemaus
28.03.2017, 21:08
Lies unbedingt mal folgenden tollen Artikel vom Kollegen Prof. Dr. med. Kümpers aus Münster:

http://link.springer.com/article/10.1007%2Fs00108-015-3676-1

Der ist wirklich empfehlenswert und viele Fragen werden beantwortet. Insbesondere bei Hyponatriämie und Hyperkaliämie kann man gut und gern Vollelektrolytlösung (bei uns das gute, alte E153 aus dem Serumwerk Bernburg wegen seiner sehr "physiologischen" Elektrolytzusammensetzung) verwenden. Eine Hyponatriämie ist in der Regel auch kein Natriummangel, sondern eher ein Wasserüberschuss bzw. durch Medikamente wie Hydrochlorothiazid bedingt. Da macht man durch hohe Natriumzufuhr mit NaCl meist nur Laborkosmetik. Auch bei Hypovolämie reicht normale Vollelektrolytlösung immer aus.

Brutus
29.03.2017, 08:07
Den Artikel kann ich nur empfehlen. Und damit einhergehend: Egal, was die Frage ist - NaCl 0,9% ist NICHT die korrekte Antwort ;-)
Wie konnte mir die Aussage denn entgehen? DANKE!!!