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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Studium in England - Fragen zur deutschen Approbation



Joules
02.04.2017, 12:28
Liebe Forenmitglieder,

Ich habe als in England Medizin studiert und arbeite inzwischen hier als Ärztin. Nun würde ich gerne aus verschiedenen Gründen nach Deutschland ziehen und habe hierfür einige Fragen zur deutschen Approbation. Ich habe bereits online gesucht, finde aber leider auf meine Fragen keine Antworten, ich würde mich also über etwas Hilfe sehr freuen! Im Gegenzug bin ich gerne bereit, Fragen über das Englische Gesundheitssystem zu beantworten.

1. Wie einfach lässt sich die Approbation von einem Bundesland auf ein anderes übertragen? Gibt es besondere bürokratische Hürden sollte ich zB die Approbation in Bayern erhalten, dann aber in NRW arbeiten wollen.
2. Wie entscheidet man, in welchem Bundesland man sich um die Approbation bewirbt? Aktuell habe ich noch keine Bewerbungen abgeschickt und mich noch nicht einmal auf eine Region festgelegt.. Gibt es eine bestimmte Landesärztekammer, die besonders gute Konditionen bietet oder sonstige Vorteile bietet?
3. Wie lange dauert es normalerweise, bis man die Approbation erhält? Ich habe etwas von bis zu einem Jahr gelesen - stimmt das?

Vielen Dank im Voraus!

Joules
01.05.2017, 21:39
Guten Abend,

hat vielleicht doch jemand ein paar Tipps für mich? Wäre ausgesprochen dankbar! (Und bin wie gesagt gerne bereit Fragen zum englischem Gesundheitssystem zu beantworten)

Viele Grüsse!

WackenDoc
02.05.2017, 07:03
Die Approbation gilt bundesweit. Da muss nichts mehr umgeschrieben werden.

Echinococcus
02.05.2017, 07:14
Die Approbation gilt bundesweit. Da muss nichts mehr umgeschrieben werden.

Man sollte dazu nur noch erwähnen, dass man sich beim Umzug aber bei der neuen Ärztekammer anmelden muss. Das war aber z.B. bei mir überhaupt kein Problem und ziemlich fix und unbürokratisch gelöst.

WackenDoc
02.05.2017, 07:21
Stimmt, das ja.
Die Qualifikationen bleiben aber erhalten. Die werden nicht umgeschrieben, egal zu welcher ÄK man gehört.

Jule-Aline
02.05.2017, 11:48
Du bist ja EU Bürger bzw hast deine Berufserlaubnis in England erhalten.Google mal nach,welche Ärztekammer zuständig ist,wenn man bisher nicht in Dtl gearbeitet hat.Da gibt es eine, aber ich weiss nicht mehr welche.

Maks8
02.05.2017, 15:57
Approbation muss in dem Bundesland beantragt werden, wo du eine Stellenzusage kriegst. Das ist bei einem ausländischen Abschluss immer so. Danach ist die Approbation aber bundesweit gültig und muss beim Umzug nicht umgeschrieben werden.

Spitzenpumpe
03.05.2017, 06:28
Hallo Joules,

die Facharztausbildung in England ist doch, so weit ich gehört habe, doch viel besser strukturiert und international definitiv höher angesehen als die deutsche. Das sollte man wissen falls man vor hat, Deutschland irgendwann wieder zu verlassen.

THawk
03.05.2017, 11:17
Hallo Joules,

die Facharztausbildung in England ist doch, so weit ich gehört habe, doch viel besser strukturiert und international definitiv höher angesehen als die deutsche. Das sollte man wissen falls man vor hat, Deutschland irgendwann wieder zu verlassen.

Das würde ich ein bisschen bezweifeln. Gerade in Zeiten der aktuellen Gesundheitssystems-Krise dort kann man das nicht so pauschal sagen. Auslands-Erfahrung generell ist sicher gut (ggf. als "add-on" oder Teil der deutschen FA-/Subspez-Ausbildung), aber dass gerade England so viel besser ist, naja...

Pflaume
03.05.2017, 11:42
Du bist ja EU Bürger bzw hast deine Berufserlaubnis in England erhalten.Google mal nach,welche Ärztekammer zuständig ist,wenn man bisher nicht in Dtl gearbeitet hat.Da gibt es eine, aber ich weiss nicht mehr welche.

Für die Approbation ist nicht die Ärztekammer zuständig, sondern verschiedene Landesämter. Hier (http://www.bundesaerztekammer.de/fileadmin/user_upload/downloads/pdf-Ordner/Ausbildung/Liste_der_Approbationsbehoerden_final.pdf) eine Liste. Grundsätzlich würde ich die Approbation in dem Bundesland beantragen, in dem ich vorhabe, tätig zu werden, da es dann möglicherweise etwas weniger Nachfragen von der Ärztekammer bei der Anmeldung gibt. Die Mühlen der Ärztekammern mahlen ja gelegentlich sehr merkwürdig.

Jule-Aline
03.05.2017, 12:45
Für die Approbation ist nicht die Ärztekammer zuständig, sondern verschiedene Landesämter. Hier (http://www.bundesaerztekammer.de/fileadmin/user_upload/downloads/pdf-Ordner/Ausbildung/Liste_der_Approbationsbehoerden_final.pdf) eine Liste. Grundsätzlich würde ich die Approbation in dem Bundesland beantragen, in dem ich vorhabe, tätig zu werden, da es dann möglicherweise etwas weniger Nachfragen von der Ärztekammer bei der Anmeldung gibt. Die Mühlen der Ärztekammern mahlen ja gelegentlich sehr merkwürdig.

Du hast recht.Ich AK und Landesverwaltungsamt verwechselt.

Spitzenpumpe
03.05.2017, 17:38
Aus meiner Sicht ist auch die Weiterbildung in England besser organisiert. Sie ist hier staatlich gemanagt und kontrolliert und wesentlich strukturierter. Jeder Weiterbildungs*assistent hat sein eigenes Budget und erhält, genau reguliert, Feedbacks aus allen Abteilungen, in denen er war. Viel von dem, über das wir in Deutschland diskutieren, zum Beispiel strukturierte Weiterbildung, Weiterbildungsverbünde, Fachgespräche, Prüfungen, Kompetenzbasierung oder Evaluation, haben wir hier längst.
Quelle: https://www.aerzteblatt.de/nachrichten/58653/Deutsche-Aerzte-im-Ausland-Teil-1-Grossbritannien
oder

Ich möchte meinen Facharzt zur Kinderärztin abschließen, und das ist in England viel besser organisiert: Hat man einen Ausbildungsplatz, sind alle Stationen innerhalb von fünf Jahren gesichert. In Deutschland klappt die Rotation nicht so gut. Außerdem werden wir jungen Ärzte von unseren Chefs viel kollegialer behandelt als in Deutschland. Die älteren Kollegen hier sind unglaublich bemüht, uns etwas beizubringen.
Quelle: http://www.sueddeutsche.de/karriere/mediziner-im-ausland-die-ausbildung-ist-hier-besser-1.546507
Auch wenn das Gesundheitssystem in England schlechter als in Deutschland sein mag, die Ausbildungsstruktur scheint ja davon jedenfalls nicht betroffen zu sein. Vielleicht kann ja Joule was zu ihrer Erfahrung bezüglich der Ausbildungsstruktur an ihrer Klinik schreiben.

kassandra1986
07.05.2017, 13:07
Hallo ihr lieben,
ich war vor einigen Jahren im PJ in Großbritannien. Daher kann ich diesbezüglich noch ein bisschen etwas beisteuern. Ich hatte auch mal mit dem umgekehrten Weg geliebäugelt und überlegt, vielleicht mal als Assistenzarzt in UK zu arbeiten.

Frage an die Threadstellerin: Hast du schon dein Foundation Year 2 (F2) fertig und somit eine volle Approbation?
Dann müsste es problemlos gehen mit Wechsel ins deutsche System als Assistenzarzt. Wird bestimmt ein bürokratischer Aufwand, aber wegen EU usw. dürfte das insgesamt kein Problem sein.

Joules
07.05.2017, 21:12
Vielen Dank für die zahlreichen Antworten und Hinweise!
Ich habe hier in England die volle Zulassung mit dem General Medical Council (also der Britischen Ärztekammer) - das sollte also in Deutschland problemlos anerkannt werden.

Bezüglich der Ausbildungsstruktur hier in England: Mir persönlich gefällt das Training sehr gut - fast alles ist zentral geregelt und gut reguliert. In einigen Fachrichtung (zum Beispiel Pädiatrie, Gyn/Geburtshilfe und Allgemeinmedizin) reicht nach dem "Foundation Training" eine einzige Bewerbung und man bekommt quasi bis zum Ausbildungsende eine Stelle in der Region zugesichert - wobei die Regionen (=deaneries) teils mehrere Grafschaften umfassen können. Die Bewerbungen selbst sind ziemlich offen und fair geregelt und finden 1x im Jahr statt - man erfährt bereits vorher wofür man Punkte kriegt (das können beispielsweise Publikationen, Poster, Lehrerfahrungen, Masters oder PhDs etc. sein) und danach gibt es ein Ranking und man wird zum Interview eingeladen.

Ein grosses Problem ist, dass die aktuelle Gesundheitspolitik (beispielsweise der neue Junior Doctor’s Contract) viele Ärzte vertreibt. In diesem Jahr haben sich nur 50% der Ärzte die ihr Foundation Year 2 abschliessen dazu entschlossen direkt in die Facharztausbildung einzusteigen. Viele gehen ins Ausland und planen danach eventuell wieder zurückzukehren aber es bleiben dennoch viele Stellen unbesetzt.. Ich nehme aber an, dass es ähnliche Probleme auch in Deutschland gibt.

Spitzenpumpe
08.05.2017, 08:46
Hallo Joules,

hier ein Artikel der sehr gut die Weiterbildung in Deutschland, anhand der Ausbilung zum Allgemeinmediziner, beschreibt. In anderen Fächern ist die Situation nicht viel anders. Und leider handelt es sich hierbei nicht um ein Extrembeispiel.

https://www.online-zfa.de/media/archive/2008/01/10.1055-s-2007-1004539.pdf

Wenn du also die Möglichkeit hast, einen guten Ausbildungsplatz in England zu bekommen, würde ich mir gut überlegen, ob es nicht vielleicht besser wäre nach der Facharztausbildung nach Deutschland zu wechseln.

davo
08.05.2017, 09:11
Ich versteh auch nicht, warum wenige Bewerber ein Nachteil sein sollen. Ist doch umso besser für ausländische Bewerber, gerade wenn man was anderes als GP oder Psych machen will :-))

Knugs
13.05.2017, 20:25
Ein Moment mal: viele von euch sind etwas verwirrt was den weiterbildungs Standard in der lieben UK angeht.

1) Der Facharzt dauert um einiges länger als in Deutschland.
Studium
FY1/FY2 (nicht Weiterbildungs spezifisch!)
CT1/CT2 (basisausbildung)
ST3/4/5/6/7/(8)
Zb T&O geht bis in ST8 also 9-10 Jahre nach dem Studium bis man den Facharzt (CCT) bekommt. Wie vergleicht das mit einem deutschen Arzt/Orthopäden mit 9-10 Jahren Erfahrung?

2) Das bewerbungssystem ist ein schlechter Witz:
-In FY1/2 listet man seine preferences (Regionen!) Nordirland/Schottland/ east England etc. Und man wird an verschwiedenen Rotationen unterteilt. Man hat hier nicht viel Einfluss und man endet oft in der Ecke der UK. Das Problem ist im Grunde wie das mit dem Leben funktionieren soll. HAUS/Wohnung kann man nicht kaufen. Kann der Partner und die Kinder ständig mit umziehen? Natürlich nicht. Viele fahren 1-3h zur Arbeit damit das mit der Familie funktioniert. Hat man ein Problem mit dem Chef/kh/Weiterbildung? Pech- man kann sich nicht einfach woanders bewerben. Man wartet seine Zeit ab.
-das gleiche gilt für CT und dann noch mal in ST Training. Jetzt hat man 6 Monate Rotationen in den Regionen und den Kh. D.h für die nächsten 8 Jahre zieht man fast jede 6 Monate woanders außer man hat Glück (London). Aber in London reicht das Geld einfach nicht zum Leben.

3) Es gibt eine weiterbildungs Struktur ja - aber: mini cex und CBD bringen nichts wenn keiner daran Interesse hat. Für die Royal College Klausuren muss man natürlich selber lernen und zahlen und das Krankenhaus bietet nur wenige Kurse an. Die Weiterbildung ist im Grunde Self-taught. Das Problem hier ist der Service. So wie schon gesagt - junior doctor contract/ staffing issues / work life balance etc. Das System ist jetzt so schlecht geworden das keiner mehr Zeit für teaching hat.

"The service takes preference"

4) Die Weiterbildung dauert immer länger. 50% bewerben sich nicht nach FY2 weil man hier so demoralisiert wurde. D.h nicht das es einfacher ist die Stelle zu bekommen. Viele machen ein CT3 weil die Bewerbung nicht stark genug ist. Forschung/ audits etc. Etc. Das hat sich mittlerweise jetzt ins Studium ausgedehnt : iBsc, ein Jahr dazu studieren um mehr zu punkten. Auch wenn man jetzt den Facharzt hat wird man nicht automatisch ein consultant. Das kann noch einige Jahre dauern bis man die Stelle bekommt. Mein ST4 geht zB jetzt für 2 Jahre in die Forschung.


Wenn es so schlecht ist wieso sind dann so viele deutsche Ärzte hier hingezogen? Im Jahre 2000 war es noch ganz anders hier. Die Weiterbildung war gut; der Service war spitze. Es gab keine staffing issues so wie jetzt. Der neue Vertrag (7 Day NHS) und austerity hat das System etwas zerstört. MMC hat das Training verschlimmert. Ein FY1 verdient jetzt 30% weniger verglichen zu 2008. Vielleicht ist es als consultant angenhemer? Bestimmt. Damals waren es aber viele deutsche Fachärzte die hier hingezogen sind.




P.s um ins deutsche System zu wechseln braucht man nur das FY1 (google EU Richtlinien recognition of basic medical Education)

Spitzenpumpe
14.05.2017, 11:42
Hallo Knugs,

das heißt also, abgesehen von den harten Facharztprüfungen in England, dass das (fehlende) Teaching in der Praxis, sich nicht so sehr von dem deutschen System unterscheidet?!
Aufgrund der schwierigeren Facharztprüfungen und dem damit verbundenen vermehrten Lernaufwand, den man in England leisten muss, sind uns die Engländer in der Theorie sicherlich schon überlegen. Ich komme aus der Anästhesie und hier merkt man, so ist jedenfalls mein Eindruck, einen deutlichen Wissensunterschied, wenn man sich mit DESA und EDIC austauscht oder sich "nur" mit Herrn/ Frau deutschen Facharzt unterhält. Wobei ich letzterem aber sicherlich nicht die praktische Kompetenz absprechen will. Es kommt einem nur der Gedanke, gerade wenn man die von mir in diesem Thread verlinkten Artikel gelesen hat, dass wenn die englischen Kollegen auch noch das gezeigt bekommen was sie theoretisch wissen müssen, die ja alle im Vergleich zu uns ja absolute Cracks in ihrem Gebiet sein müssen.

Würdest Du aber nach Deiner Erfahrung sagen, dass es letztendlich am Ende der Ausbildung aber am Krankenbett keinen Unterschied zwischen in Deutschland oder England ausgebildeten Facharzt gibt?