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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Hämatokrit



Lava
30.04.2017, 17:13
Sagt mal, sagt der Hämatokrit wirklich etwas darüber aus, ob ein Patient "verdünnt" ist? Seit Beginn meiner ärztlichen Karriere versuchen Kollegen immer wieder, mir das einzureden, aber ich weigere mich standhaft, aus dem Hämatokrit irgendwas zu schließen. Ich meine: wenn jemand einen Hb-Abfall hat, sprich, dem fehlen Erythrozyten, dann ist doch selbstverständlich der Anteil korpuskulärer Bestandteile im Blut niedriger als normal und der Hämatokrit erniedrigt :-nix Sehe ich das falsch?

Hoppla-Daisy
30.04.2017, 17:14
Klar sagt das was über ne Verdünnung aus. Wenn du nen Patienten mit Volumen vollballerst, wird der dir natürlich verdünnen und ne Anämie vorgaukeln. Aber dafür haben wir ja noch andere Parameter im Blutbild, die einem das Gegenteil erzählen ;-).

Lava
30.04.2017, 17:32
OK, aber wenn ich wirklich ne Anämie habe, ist der Hämatokrit doch auch niedrig?

Hoppla-Daisy
30.04.2017, 17:37
Dann haste aber auch noch MCV, MCH und MCHC

Evil
30.04.2017, 20:35
Was bei einer normochromen Anämie (Blutung, renal) normal ist und dahingehend nicht unbedingt weiterhilft. Der Hämatokrit reagiert ähnlich wie der Hb, nur je nach Referenzwert eher.

Lava
02.05.2017, 07:57
Also bringt er mir eigentlich wenig bis gar nichts

Bille11
02.05.2017, 11:02
Naja in der perioperativen Medizin kann er Dir durchaus etwas bringen..

Wenn Omi Müller aus dem OP kommt und am nä Tag einen Hkt von 31 bei einem Hb von 12 hat, dann habt ihr nicht etwa schonend operiert, sondern möglicherweise der lieben Omi das Wasser vorenthalten, so dass sie eher konzentriert ist. Dann lohnt es sich durchaus, mal die Diurese mit ins Boot zu holen.. oder ein bis drei Jonosteril reinzukippen.

Wenn Omi Müller dann aber auf einmal einen Hb von 7,5 mit einem Hkt von 19 anbietet (und wiegt vermutlich nur 45kg), dann hat sie eine Verdünnung erlitten. Dann lohnt es sich, möglicherweise mal einen Blick auf die Diurese und die Drainagen zu werfen.. vielleicht der lieben kleinen Omi eine Torem in den Rachen zu werfen..

Wenn Omi Müller aber einen stetig abfallenden Hb von 12,5 auf 8,5 mit Hkt von 22 anbietet, da keine Jonosterils im Orbit waren, die Diurese mässig gut ist und die Drainagen voll sind, dann sollte man sich durchaus Gedanken machen, ob die Beckenringfraktur so recht stabil ist, und die venösen Plexus mit im Hinterkopf haben. Ist Omi Müller dabei dann hypoton und müde, dann ist die ein oder andere Jonosteril sicher angebracht. Beim Transport auf die Intensivstation hat sie dann vermutlich einen Aufnahme-Hb von 5,5 und der Hkt ist weiterhin bei so 18.. wir freuen uns dann, wenn die EKs noch nicht "abgelaufen" sind.

Hb mg/dl
Hkt /l

Evil
02.05.2017, 13:20
Wenn Omi Müller aus dem OP kommt und am nä Tag einen Hkt von 31 bei einem Hb von 12 hat, dann habt ihr nicht etwa schonend operiert, sondern möglicherweise der lieben Omi das Wasser vorenthalten, so dass sie eher konzentriert ist.
Das verstehe ich nicht. Wie kann sie denn den Hb normochrom konzentrieren bei fallendem korpuskulärem Gesamtvolumen, also gleicher Hb in weniger aber gleich großen Erys?

Das Hämoglobin ist IN den Erys, und wenn die runtergehen, geht auch die Konzentration des Hb herunter.
Wenn andererseits das Blutvolumen insgesamt runtergeht, bleibt der Hämatokrit genauso gleich wieder Hb.

Bille11
02.05.2017, 15:08
Weil die korpuskulären Anteile konzentriert werden, wenn jemand einen relativen Volumenmangel hat unter Vorenthalten der Volumenzufuhr (perioperativ restriktives Volumenmanagement, Omi Müller trinkt wenig, etc)

Evil
02.05.2017, 15:45
Ja, und mit den korpuskulären Anteilen steigt und fällt der Hb gleichsinnig. Wo ist dann der Unterschied zwischen Hkt und Hb?