PDA

Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Praktika in Arztpraxen



annekii
17.05.2017, 16:54
Hallo,

ich bin niedergelassene Kinderärztin und wir sind neu Lehrpraxis für die nahegelegene Uni. Es sieht hier vor, dass Studierende im 6. Semester 3 x 4 h zum Praktikum, in den Folgesemestern bis zum 9. Semester 1-2 x im Semester kommen.
Ich würde gerne mal hier fragen, was Ihr im 6. Semester ohne Pädiatrie bisher von uns erwarten würdet. Mir ist außer Mitlaufen lassen, alles erklären und jedes Kind mit untersuchen (Abhören, Trommelfelle anschauen, Rachen anschauen, Abdomen nach Symptomatik), Ultraschall zuschauen und selbst machen nichts eingefallen. Allerdings das alles unter enormem Zeitdruck, ohne Muße, etwas von Grund auf zu erklären oder vor allem selbst entwickeln zu lassen.
Erzählt doch bitte mal von guten Tagespraktika in Arztpraxen! Wohlgemerkt, keine Famulaturen, denn in 4 Wochen am Stück geht das alles viel einfacher, weil wir dann auch vieles alleine machen lassen können, wenn es soweit ist. Aber bei 4 h mit 30-40 Patienten in der Zeit?!?!

Wir haben natürlich auch Informationen über die Anforderungen, aber das ist einfach nicht praktisch veranlagt und eine Umsetzung geht daraus auch nicht hervor. Wenn ich es gut machen wollte, bräuchte ich 5x so viel Zeit. Also wie mache ich es bei den zeitlichen Vorgaben so, dass die Studierenden was mitnehmen?

LG
Annekii

Zanza
17.05.2017, 17:10
Also, ich denke, dass für einen Tag Mitlaufen und -gucken durchaus sinnvoll ist und auch nicht zu wenig.

Was machen bei euch die Helferinnen denn? Machen die zum Beispiel selbständig Seh- oder Hörtests für die U-Untersuchungen (war in der Praxis, wo ich Schülerpraktikum gemacht habe, so)? Dann die Studis da vielleicht mal mitschicken, fand das damals ganz cool und das sieht man ja auch nicht mehr unbedingt.

Ansonsten, gilt für alle Studis, die bei einem so aufkreuzen: Am Anfang fragen, was es schon für Vorkenntnisse/-erfahrungen gibt (Famu, Ausbildung, eigene Kinder...) und was sie sich selber von dem Tag erhoffen/was sie gerne sehen wollen würden. Vielleicht haben manche ja auch schon spezifische Vorstellungen, das macht es euch dann einfacher!

Wenn du schon absehen kannst, was für Kinder kommen: Vielleicht eine spezielle "Beobachtungsaufgabe" geben (vielleicht für U-Untersuchungen verschiedene Entwicklungsstände, falls du da an einem Tag mehrere hast im gleichen Alter? Oder in der Atemwegsinfekt-Saison wie unterschiedlich Anamnese und Symptome bei gleicher Diagnose sein können) und dann abends das nachbesprechen.

Finde es übrigens super, dass du dir so Gedanken darüber machst :)

nie
17.05.2017, 21:13
Als jemand, der vorher eigentlich überhaupt keine Erfahrung mit Kindern hatte, fande ich vor allem die U-Untersuchungen interessant. Um überhaupt mal ein Gefühl dafür zu bekommen, was ein Kind in welchem Alter kann/können sollte und wie sich Kinder im Laufe der Zeit so entwickeln. Gerade die U-Kinder kennt man ja als Ärztin meistens schon und weiß, wenn es irgendwas Besonderes/Auffälliges gibt. Da kann man den Studenten ja im Vorfeld schonmal sagen, dass sie auf xy (Gang, Motorik, Sprachen, Augen wasauchimmer) mal achten sollen und hinterher sagen, was ihnen aufgefallen ist.


Ansonsten, gilt für alle Studis, die bei einem so aufkreuzen: Am Anfang fragen, was es schon für Vorkenntnisse/-erfahrungen gibt (Famu, Ausbildung, eigene Kinder...) und was sie sich selber von dem Tag erhoffen/was sie gerne sehen wollen würden. Vielleicht haben manche ja auch schon spezifische Vorstellungen, das macht es euch dann einfacher!

Das kann ich außerdem nur so unterschreiben.

davo
18.05.2017, 07:04
Ich fand in der Hausarztfamulatur auch völlig banale Dinge wichtig, wie z.B.: Wie groß sind bei einem gesunden Kind die Tonsillen? Wie kann ich xyz untersuchen, ohne dass das Kind durchdreht? Wie löse ich das Problem, dass einem die Eltern manchmal ständig dazwischenreden? Und natürlich Themen wie Impfungen. Auch wichtig finde ich, dass man, wenn zeitlich möglich, vor- und v.a. nachbespricht. Was man warum getan hat, was man warum nicht getan hat. Was Pflicht war, was optional war. Was wichtige Differenzialdiagnosen gewesen wären. Usw. Aber in so einem stark eingeschränkten zeitlichen Rahmen ist es sicher schwer, dafür zu sorgen, dass die Basics abgedeckt werden.

*milkakuh*
18.05.2017, 15:29
Ich hätte gerne mal im U-Kurs oder Blockpraktikum einen Säugling untersucht. Das finde ich total wichtig und wäre so mein Tagesziel für einen Tag in einer pädiatrischen Praxis. :-) Wir haben stattdessen immer größere Kinder untersucht aber das ist ja fast schon wie bei Erwachsenen...

Miss_H
18.05.2017, 16:20
Ich finde es wirklich super, dass du dir Gedanken machst. Damit ist schon der erste wichtige Punkt erledigt. Punkt ist, den Praxismitarbeitern sagen, dass du jemanden erwartest. Es gibt nix blöderes als doof rumzustehen und niemand weiß etwas.
Die Ideen von den anderen finde ich super. Ansonsten finde ich es hilfreich wenn du die Dinge, die du machst einfach beschreibst. Sind vielleicht banale Dinge, aber das hilft sehr. Beispiel Mund: Die Schleimhäute sind feucht und rosig, die Zunge hat keinen Belag und ist normal groß, die Zähne sind gut gepflegt. Die Tonsillen sind sehr groß, aber haben keine Krypten oder Beläge, der Rachen ist nicht gerötet. Und dann soll der Student mach dem 3. Mal versuchen es selber zu beschreiben.
Ansonsten nach Erwartungen frage, wobei es nicht ganz einfach ist das zu sagen. Daher Auswahl anbieten: U-Untersuchungen, Kleinkind oder größeres Kind untersuchen, selber mal ein Sono machen. Für alles ist meist keine Zeit. Es gibt auch immer mal wieder Studenten die früh nach Hause wollen und keine Lust haben. Da muss man sich auch nicht viel Mühe machen. Kann man dann vorher klären und nach 2 Stunden Mitlaufen nach Hause schicken. Oder halt den Bezug zum Wunschfach herstellen.

Nessiemoo
18.05.2017, 21:08
Also ich habe bei meinem Blockpraktikum 4h in einer Kinderarztpraxis mitgelaufen und fand das ziemlich gut. Eben Kinder mituntersuchen, typisch Scharlach und Mittelohrentzündung gesehen (ein Trommelfell ist ja gar nicht einfach einzustellenam Anfang), einmal auch Herzecho usw. Ich fand das damals einfach gut, dass die Befunde danach kurz durchgesprochen worden. (Das Kind war jetzt zu fit um Appendizitis zu haben... Diese U Untersuchung war komplett unauffällig/ Das Kind hatte eine leichte sprachliche Entwicklungsverzögerung). etc. :) Viel Erklären und Untersuchen lassen (so viel wie möglich eben) ist ja schon alles, was man erwarten kann.

McBeal
19.05.2017, 03:42
Ich habe sowas nie im Studium gemacht.
Prinzipiell fände ich als ersten Einblick in die Pädiatrie aber auch die kindliche Entwicklung am Wichtigsten und würde versuchen, den Studenten vor allem die Teilnahme an U-Untersuchungen zu ermöglichen. Vielleicht könntet Ihr auch eine Infomappe erstellen, die die sich anschauen können, wo drinsteht, was bei welcher U untersucht wird. Vielleicht noch die Denver-Entwicklungsscales rein etc.
Dieses Thema empfinde ich am Wichtigsten. Außerdem sind die Kinder dabei ja eher gesund und kooperativ. Wer notfallmäßig mit Fieber oder Erbrechen vorgestellt wird, hat vielleicht auch weniger Bock auf Studenten. ;-)

Ansonsten schließe ich mich an. Normalbefunde beschreiben, mal mit auf eine obstruktive Bronchitis oder bei älterem kooperativen Kind Tonsillitis oder Otitis schauen etc. Sono finde ich ehrlich gesagt schon zuviel. Da werdet Ihr Ärzte ja keine Zeit haben, daneben zu stehen und allein schallen bringt ohne bzw. mit minimal Erfahrung meines Erachtens nichts. Also, dabei zuschauen lassen natürlich gern. Auch Hüfte, weil man das ja außerhalb der Pädiatrie nicht sieht.

Echt super, dass Du Dir so viele Gedanken machst!

LG
Ally

annekii
19.05.2017, 07:58
Hallo,

danke für die vielen Antworten und Ideen! Einiges machen wir sowieso schon so, aber an manches habe ich gar nicht gedacht. Es kommt mir eigentlich gar nicht so lang her vor, dass ich studiert habe, aber ich kriege nicht mehr hin, mir vorzustellen, wie es ist, wenn man eben noch nicht viel gesehen hat. Vieles ist so selbstverständlich geworden.

Seh- und Hörtests laufen bei uns klar auch, aber es dauert so lange, dass man da einige Kinder verpasst. Die Masse ist vermutlich unser großer Potential, wir können einfach mal 30 Kinder in der Zeit bieten, in allen Größen. Und viele mit kleinen Besonderheiten, die man erwähnen und erklären kann. Aber vorher planen kann man das halt nicht. Aber ich werde mal meine Ausarbeitungen über die U-Untersuchungen überarbeiten, da man die auch gut mitgeben kann.

Unsere MFAs wissen Bescheid, wir haben auf der letzten Dienstberatung darüber gesprochen und die Studentinnen stehen im Kalender der Praxissoftware, wo auch die Patienten drin stehen.

LG
Annekii

WackenDoc
19.05.2017, 09:06
Die Einschätzung normales Kind- krank aber im Rahmen- kritisch (ok- das kann man schlecht planen) ist sicher eine gute Take-Home-Message.
Und mal selber Impfen.

McBeal
19.05.2017, 11:17
Impfen? Als Tagespraktikant? Würde ich keinen Praktikanten, der nur einen Tag da ist, machen lassen. Das sollte beim Kinderarzt echt schnell gehen und wenn ich mir dann vorstellen, wie der Student 30s braucht, um die Stelle auszusuchen, die Luftblase zu entfernen, langsam einzustechen etc. würde ich das weder Patienten noch Eltern antun, wenn ich sie als Patienten behalten möchte. ;-)

LG
Ally