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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Rechtliche Frage zum Dienstvertrag



Lava
13.07.2017, 16:50
Mein Ex-Arbeitgeber verweigert mir die Auszahlung meiner Überstunden, die nach Beschäftigungsende noch bestanden mit der Begründung, dass ein Paragraph im Dienstvertrag Folgendes besagt:

"Anfallende Mehrstunden werden grundsätzlich werden grundsätzlich in Freizeit abgegolten" Beim Ausscheiden aus den Diensten der RkK gGmbH müssen Urlaub und evtl. Freizeitabgeltung wahrgenommen sein"

Ist so ein Paragraph überhaupt zulässig? Kennt sich da jemand aus? (Nein, ich kann den Marburger Bund nicht fragen, weil ich da immer noch kein Mitglied bin)

tarumo
13.07.2017, 17:15
Nach meiner Einschätzung (bin kein Jurist) ist so ein Paragraph per se erst mal zulässig und auch nicht so ungewöhnlich. Entscheidend ist aber vielmehr, ob man Dir die Möglichkeit eingeräumt hat, die Überstunden in vollem Umfang zu nehmen (da hapert es ja in den meisten KH). Falls nein, solltest Du dann wirklich professionellen Rechtsbeistand in Anspruch nehmen
Ich habe übrigens nach einem Hin und Her an allen KH-Stellen die Ü-Std. in voller Höhe als Freizeitausgleich bekommen. M.E. auch die vorteilhaftere Variante, weg. Steuern etc.

Lava
13.07.2017, 17:24
OK, das wäre nämlich mein Punkt, dass es so viele Überstunden waren, dass ein vollständiger Ausgleich nicht möglich war. Morgen findet ein Schlichtungsverfahren statt. Ich hoffe, dass sie mir ein Angebot machen, sonst geht's vor Gericht weiter.

Shizr
13.07.2017, 17:27
"Beim Ausscheiden aus den Diensten der RkK gGmbH müssen Urlaub und evtl. Freizeitabgeltung wahrgenommen sein"
Ich bin zwar kein Jurist, aber ich glaube ehrlich nicht, dass das zulässig ist.


Für Urlaub ist es definitiv nicht zulässig. Wenn du den zwischen Kündigung und Vertragsende nicht mehr nehmen kannst, ist das nicht dein Problem.
Bei Überstunden ist es m.W. ziemlich genau so.


Diese Klausel solltest du mal mit einem Arbeitsrechtler besprechen.
Gibts irgendwelche Juristen in deinem Bekanntenkreis?

Lava
13.07.2017, 17:31
Ich hab ja schon einen Anwalt. (Witzigerweise hat der zwar meinen Dienstvertrag gelesen, aber zu diesem Punkt gar keine Stellung genommen bzw. eine Aussage gemacht). Das Schlichtungsverfahren findet erstmal ohne rechtlichen Beistand statt und beide Seiten können den Vorschlag vom Schlichter ja annehmen oder halt nicht.

Pflaume
13.07.2017, 23:17
Für Urlaub ist es definitiv nicht zulässig. Wenn du den zwischen Kündigung und Vertragsende nicht mehr nehmen kannst, ist das nicht dein Problem.
Aber nur, wenn man ihn noch (rechtzeitig?) beantragt hat und der Antrag abgelehnt wurde (und man das auch nachweisen kann). Nur so als grundsätzliche Anmerkung. Das ist aus meiner Sicht erstaunlich oft ein Problem. Bei Lava vermutlich nicht.

(bin auch kein Jurist)

Zur eigentlichen Frage Lavas kann ich leider keine Erfahrung beisteuern.

Shizr
14.07.2017, 18:45
Aber nur, wenn man ihn noch (rechtzeitig?) beantragt hat und der Antrag abgelehnt wurde (und man das auch nachweisen kann). Nur so als grundsätzliche Anmerkung. Das ist aus meiner Sicht erstaunlich oft ein Problem. Bei Lava vermutlich nicht.
Nein. Eben nicht.

Wenn ich zum Zeitpunkt X zu einem zukünftigen Zeitpunkt Y kündige, stellen sich für den Arbeitgeber zwei Fragen.
1. Hat der Arbeitnehmer zum Zeitpunkt X noch Urlaubsanspruch, der nicht gewährt wurde? Wenn ja, dann
2. Ist es möglich, zwischen Zeitpunkt X und Zeitpunkt Y den Urlaubsanspruch zu gewähren?

Wenn es nicht mehr möglich ist, den Urlaub zu gewähren, dann muss der Arbeitgeber ihn ausbezahlen.

Es funktioniert eben nicht so, dass der Arbeitgeber dann sagen kann "''Ätsch, du hättest noch acht Urlaubstage übrig, aber die hättest du halt mal vor deiner Kündigung beantragen müssen".
Auch wenn Arbeitgeber das immer wieder behaupten.

tarumo
14.07.2017, 21:12
Nein. Eben nicht.

Wenn ich zum Zeitpunkt X zu einem zukünftigen Zeitpunkt Y kündige, stellen sich für den Arbeitgeber zwei Fragen.
1. Hat der Arbeitnehmer zum Zeitpunkt X noch Urlaubsanspruch, der nicht gewährt wurde? Wenn ja, dann
2. Ist es möglich, zwischen Zeitpunkt X und Zeitpunkt Y den Urlaubsanspruch zu gewähren?

Wenn es nicht mehr möglich ist, den Urlaub zu gewähren, dann muss der Arbeitgeber ihn ausbezahlen.

Es funktioniert eben nicht so, dass der Arbeitgeber dann sagen kann "''Ätsch, du hättest noch acht Urlaubstage übrig, aber die hättest du halt mal vor deiner Kündigung beantragen müssen".
Auch wenn Arbeitgeber das immer wieder behaupten.

So ist es, und deswegen würde ich mir auch nicht in irgendeiner Schlichtung den Schneid bzw. die Stunden "abkaufen" lassen. BTW, was ist dabei eigentlich herausgekommen? Bisweilen wird ja ein Faß aufgemacht von wegen nicht angeordnete Überstunden usw. Wenn aber alles sauber dokumentiert ist, sollte der TE aber nichts zu befürchten haben.

Eilika
14.07.2017, 21:13
OK, das wäre nämlich mein Punkt, dass es so viele Überstunden waren, dass ein vollständiger Ausgleich nicht möglich war. Morgen findet ein Schlichtungsverfahren statt. Ich hoffe, dass sie mir ein Angebot machen, sonst geht's vor Gericht weiter.
Und was kam raus?

Lava
15.07.2017, 10:46
Es gab eine Einigung :-party

Ich krieg zwar nicht alles, aber so ca. 3/4 von dem Betrag und immerhin ist es jetzt vorbei. Wenn das jetzt noch vor Gericht gegangen wäre, hätte ich erstmal nochmal 2000€ vorstrecken müssen und das hätte sich dann noch länger hingezogen für ein paar Kröten mehr. Nee nee, ist schon gut so.

Muriel
15.07.2017, 12:15
Sehr gut. Und hoffentlich für die Klinik eine Lehre, wie die mit zukünftigen Angestellten umgeht. Ok, dieser Gedanke ist wohl eher naiv.

Miss_H
15.07.2017, 12:34
Sehr gut. Und hoffentlich für die Klinik eine Lehre, wie die mit zukünftigen Angestellten umgeht. Ok, dieser Gedanke ist wohl eher naiv.
Sie haben immerhin 1/4 geschenkt bekommen, wieso sollten da was ändern ;-) Ich hätte es als Arbeitnehmer aber wohl auch so gemacht.

Shizr
15.07.2017, 14:09
Sehr gut. Und hoffentlich für die Klinik eine Lehre, wie die mit zukünftigen Angestellten umgeht. Ok, dieser Gedanke ist wohl eher naiv.
Leider wohl ja.

Denn man kann sicherlich unterstellen, dass die Klinik das generell erst mal mit jedem probiert und wahrscheinlich 75% naiv genug sein werden, zu glauben, dass das schon so seine Richtigkeit hat. Oder den Aufwand scheuen... oder in Unkenntnis der Rechtslage befürchten, die Klinik werde vor Gericht schon damit durchkommen.
Und selbst bei den verbleibenden 25% kommt man so noch wenigstens drum herum, die vollen Überstunden zu vergüten.

Unterm Strich denke ich: Da steckt ein System dahinter, die wissen sehr genau, dass sie das nicht dürfen, spekulieren aber einfach darauf, dass es schon in ausreichend vielen Fällen funktionieren wird.
Die sparen damit sicherlich einen Haufen Geld.

Lava
15.07.2017, 18:00
Sehr gut. Und hoffentlich für die Klinik eine Lehre, wie die mit zukünftigen Angestellten umgeht. Ok, dieser Gedanke ist wohl eher naiv.

Im Gegenteil! Ich fürchte, ich war die letzte, die so "einfach" an ihr Geld gekommen ist. Ich hatte den unschätzbaren Vorteil, dass ich schriftlich die Aussage hatte, meine Überstunden auch nach dem Ausscheiden noch bezahlt zu bekommen. Damit haben sie sich quasi ins eigene Bein geschossen. Den Fehler werden sie jetzt nicht mehr machen. Während der Anhörung hatte der Personalchef schon angedeutet, dass es gut sein, dass er Ärger mit dem Geschäftsführer bekommt und an der nächsten Anhörung nicht mehr teilnehmen wird. Ich fürchte, demnächst werden sie einfach auf ihrer nicht-zahlen-Politik beharren, bis das Ganze vorm Gericht landet. Der Kollege, der nach mir gekündigt hat, hatte nochmal mehr als doppelt so viele Überstunden wie ich. Bei ihm geht es um einen FÜNFSTELLIGEN Betrag....
Die Kollegen, die noch in der Klinik arbeiten, hatte ich die ganze Zeit unterrichtet über die Vorgänge und sie gewarnt. Deswegen sind da jetzt auch ein oder zwei in den Marburger Bund eingetreten und lassen sich brav vierteljährlich ihre Überstunden abzeichnen und fordern den Ausgleich.
Wenn die Klinik weiterhin so starrsinnig bleibt, wird das kein gutes Ende nehmen, weder für die Assistenten noch und insbesondere nicht für die Klinik. So kommen sie aus ihren roten Zahlen jedenfalls nicht raus.

Pflaume
16.07.2017, 10:02
Es funktioniert eben nicht so, dass der Arbeitgeber dann sagen kann "''Ätsch, du hättest noch acht Urlaubstage übrig, aber die hättest du halt mal vor deiner Kündigung beantragen müssen".
Auch wenn Arbeitgeber das immer wieder behaupten.

Höre ich so wirklich zum allerersten Mal, obwohl das Thema ja oft genug relevant ist. Dankeschön!

Glückwunsch an Lava, dass es zumindest akzeptabel ausgegangen ist :daumenhoch: