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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Lärm im OP



DonatusvHB
21.07.2017, 00:33
Den meisten scheint es nicht so viel auszumachen, aber ich habe ein extrem empfindliches Gehör und inzwischen richtig Probleme mit dem Lärm bei der Arbeit.
Ständig Tür auf und zu, das Gebläse für den Patientenwärmer läuft und der Sauger. Mir ist das zu laut und sich suche nach einer Möglichkeit für den Gehörschutz. Hat von euch jemand Erfahrung mit speziellen Gehörschutz-Filtern, die Gespräche gut zulassen, Alarmsignale durchlassen aber Hintergrundlärm dämpfen?
Ich kann ja leider nicht den Tag mit Ohrenstöpseln oder diesen Bauarbeiter Dingern herumlaufen. Das würde aussehen, als hätte ich zu viel am Sevo-Topf geschnüffelt und ich hätte Angst, dass mir wichtige Sachen entgehen. Insbesondere in der Orthopädie habe ich aber inzwischen kurzzeitig nur noch Grütze im Kopf und einschießende Kopfschmerzen, wenn die Gelenkprothesen mit Metall auf Metall eingeschlagen werden. Komme leider an dem Einsatzbereich nicht vorbei. Wie macht ihr das?

Feuerblick
21.07.2017, 07:01
Wende dich vertrauensvoll an einen Hörgeräteakustiker. Der kann dir da weiterhelfen.

MissGarfield83
21.07.2017, 07:07
@donatus : Kann ich nachvollziehen ... bei mir ist es aber eher die Intensiv. Ein Alarm hier, ein Alarm da, der Gomer ruft, dauernd gelaufe und getrappel, der Monitor etc. Mein Hassalarm ist die Fresenius CiCa ... das ist wie mit nasser Kreide auf der Tafel *brrrr*

DonatusvHB
21.07.2017, 10:54
Feuerblick: War schon bei verschiedenen Hörgeräteakustikern, die mir gegen einen dreistelligen Betrag gerne direkt einen Abdruck gemacht hätten, um mir dann einen Filter zu verkaufen, bei dem sie davon ausgehen, dass es dann passen müsste. Viel Gelaber und Verkaufswille, wenig Interesse am konkreten Problem. "Weiß ja nicht welche Frequenzbereiche das sind, aber der hier ist gut für alle. Die meisten gehen damit auf Rock-Konzerte.". Bevor ich so viel investiere, wollte ich mich erstmal bei den Leidensgenossen erkundigen, ob jemand Erfahrung hat.

Miss Garfield: Intensivstation ist auch so ein Ding. Da ist es tatsächlich der kontinuierliche Lärmpegel und ich finde auch, dass die Pflege da ordentlich zu beiträgt. Leere Glasflaschen in Metalleimer WERFEN, sehr laute Unterhaltungen, weil die Hintergrundkulisse schon so mächtig ist etc.. Ich frage mich immer, ob das die Menschen waren, die die Rock-Konzerte ohne Gehörschutz besucht haben... ;-)
Mir ist das Herz aufgegangen, als ich von dieser speziellen anti-Delir Modellstation gelesen habe. Bei mir ist leider schon der Versuch gescheitert, die Pflege davon zu überzeugen, den Glasmüll vor das Zimmer zu stellen und die Alarme in den Zimmern nachts auszustellen. Ich kann jeden Patient verstehen, der dort 24 h sein muss und dann anfängt zu randalieren.

Heerestorte
21.07.2017, 12:58
Ich würde ehrlich gesagt einfach mal sowas versuchen:

https://www.amazon.de/Alpine-PartyPlug-2015-Gehörschutz-transparent/dp/B00REB9VTO

Ein Kumpel hat so Teile immer dabei.
Er versteht damit alles noch ganz normal, nur Lärmspitzen werden halt gedämpft.

Da gibt es auch die unterschiedlichsten Modelle:
https://www.amazon.de/Alpine-SleepSoft-Ohrstöpsel-Schlafen-Schnarch-Geräusche/dp/B00REAQT8Q

Der zweite wirbt zumindest damit:



Dämpft Umgebungslärm und Schnarch-Geräusche
Klingel, Alarm und Wecker bleiben hörbar dank der einzigartigen AlpineAcousticFilters



Das wäre doch genau richtig, oder?
Umgebungslärm wird gedämpft, aber Alarme hört man.

Kandra
21.07.2017, 13:07
Feuerblick: War schon bei verschiedenen Hörgeräteakustikern, die mir gegen einen dreistelligen Betrag gerne direkt einen Abdruck gemacht hätten, um mir dann einen Filter zu verkaufen, bei dem sie davon ausgehen, dass es dann passen müsste. Viel Gelaber und Verkaufswille, wenig Interesse am konkreten Problem. "Weiß ja nicht welche Frequenzbereiche das sind, aber der hier ist gut für alle. Die meisten gehen damit auf Rock-Konzerte.". Bevor ich so viel investiere, wollte ich mich erstmal bei den Leidensgenossen erkundigen, ob jemand Erfahrung hat.



Ich habe genau so einen Filter (allerdings tatsächlich für Rockkonzerte ^^) und man versteht Gespräche noch perfekt, die (in meinem Fall) Musik wird aber auf ein erträgliches Maß heruntergeregelt, ohne dass die feinen Nuancen der Musik verschwinden (was passiert, wenn man Oropax benutzt). Die 200€ haben sich für mich auf jeden Fall gelohnt. Ob es dir im OP was bringt, wirst du allerdings tatsächlich ausprobieren müssen. Wenn nicht, brauchst du dir wenigstens keine Gedanken mehr um Hörschäden auf dem nächsten Konzert machen ;)

Nessiemoo
21.07.2017, 22:30
Ich finde dein Problem relativ interessant da ich irgendwannmal auf ein Paar Studien gestolpert bin - so ganz bewiesen ist es nicht, gibt aber mehrere Studien, die das Lärm in OP nicht nur arbeitzmedizinisch für das Personal, sondern auch im Sinne der Patientensicherheit kritisch bewerten.

Ich finde die eine Studie nicht, aber es gab mal eine Interventiosnstudie, wo die besondere Maßnahmen zur Reduzierung des Lärms in OP eingesetzt haben (Personalschulung etc), und das mit bessere Outcomes assoziiert war.

Je nach eigener Position könnte man ja versuchen sowas in der Abteilung mal anzusprechen.

Noise in the Operating Room—What Do We Know? A Review of the Literature
Noisy OR linked to communication gaps, surgical site infections By: Amy Karon Frontline Medical News
T. Justin Way, Ashleigh Long, Jeff Weihing, Rosalind Ritchie, Raleigh Jones, Matthew Bush, Jennifer B. Shinn. Effect of Noise on Auditory Processing in the Operating Room. Journal of the American College of Surgeons, 2013; 216 (5):
Noise in the Operating Room Jonathan D. Katz, M.D.

DonatusvHB
22.07.2017, 00:25
Kandra, das klingt schonmal gut. Danke für den Beitrag.

Nessiemoo, schön, dass noch andere Leute diese Studien gelesen haben. Ich habe damals sogar einen Journal Club zu diesem Thema gehalten. Fazit war: Interessant, dass wir das mal gehört haben... Es wäre eine so einfache Maßnahme, die allen etwas bringen würde, aber die breite Masse ist einfach extrem indolent und Veränderungen sind bööööööse. Solange auch die Oberen nur mitleidig mit den Schultern zucken, kann man sich da im Saal abarbeiten. Bei mir herrscht absolute Ruhe bei der Ein- und Ausleitung, das ist momentan das durchsetzbare Maximum.

regen.tropfen
22.07.2017, 12:27
Ich bin zwar bisher nur sehr selten im OP und hab da bisher keine Probleme, aber vielleicht kann ich dennoch etwas beitragen. Bevor du viel Geld für extra angepasste Stöpsel ausgibst, schau dich mal im Musik-Bereich um. Die von Heerestorte geposteten Modelle gehen schon in die richtige Richtung, zumindest ist Alpine eine Marke, die mich bisher sehr überzeugt hat. Ich benutze privat (beim Musik machen oder auf Konzerten) diese hier (https://www.thomann.de/de/alpine_musicsafe_prosilver_edition.htm). Die haben den Vorteil, dass sie alle Frequenzen einigermaßen gleichmäßig dämpfen, ist in der Musik ganz wichtig und im OP vl. auch nicht ganz so schlecht. Normal unterhalten kann ich mich damit übrigens auch. ;)

Kandra
22.07.2017, 13:05
Ich bin zwar bisher nur sehr selten im OP und hab da bisher keine Probleme, aber vielleicht kann ich dennoch etwas beitragen. Bevor du viel Geld für extra angepasste Stöpsel ausgibst, schau dich mal im Musik-Bereich um. Die von Heerestorte geposteten Modelle gehen schon in die richtige Richtung, zumindest ist Alpine eine Marke, die mich bisher sehr überzeugt hat. Ich benutze privat (beim Musik machen oder auf Konzerten) diese hier (https://www.thomann.de/de/alpine_musicsafe_prosilver_edition.htm). Die haben den Vorteil, dass sie alle Frequenzen einigermaßen gleichmäßig dämpfen, ist in der Musik ganz wichtig und im OP vl. auch nicht ganz so schlecht. Normal unterhalten kann ich mich damit übrigens auch. ;)


Wenn die alle Frequenzen gleichmäßig dämpfen, dämpfen sie aber auch die Gesprächslautstärke. Und was im OP so gesprochen wird, sollte man in der Regel schon noch mitbekommen.

Brutus
22.07.2017, 16:22
^^ Wäre ich gehässig, würde ich sagen: 99%, was von südlich des Tuches kommt, ist unwichtig. ;-)
Nee, mich regt eher diese künstliche absolute Ruhe auf. Da wird ein Radio beim betreten des Raumes direkt vom Strom getrennt, man meckert über "zu laute" Alarme, etc... Und das bei einer ME am UA.

MissGarfield83
22.07.2017, 18:10
@brutus : Je nach Operateur kann das ja auch ungemein diffizil sein ... schwierig,schwierig, aber im Endeffekt gut machbar *G* und das halt bei jeder OP ...

altalena
22.07.2017, 18:55
Hab neulich zum ersten Mal mit Musik im Hintergrung operiert, weil wir in nen anderen Saal gelegt wurden, fand das aber super :-))
Generell kenne ich das Problem aber auch, zwar nicht im OP, sondern bei sehr lauten Umgebungsgeräuschen. Rechts kann mein Ohr das dann nicht runterregulieren (fehlendes Recruitment, heißt das so? War in HNO leider keine Leuchte). Nervt auch, wenn ich bei Konzerten oder so bin. Nehme dann halt immer Ohropax. Vielleicht isses auch ein Residuum meiner Fazialisparese, also dass der Stapedius da irgendwie einen wegbekommen hat :-nix

MissGarfield83
22.07.2017, 21:56
@Altalena : hört sich nach kaputtem Stapediusreflex an - passt auch zu ner Facialisparese - vor allem wenn sie nicht sehr distal ist.

Bille11
23.07.2017, 00:47
^^ Wäre ich gehässig, würde ich sagen: 99%, was von südlich des Tuches kommt, ist unwichtig. ;-)
Nee, mich regt eher diese künstliche absolute Ruhe auf. Da wird ein Radio beim betreten des Raumes direkt vom Strom getrennt, man meckert über "zu laute" Alarme, etc... Und das bei einer ME am UA.

>90% muss unwichtig sein. Ich bin ja schliesslich gute Anästhesistin und höre nur zu, wenn man mir direkt etwas sagt oder aber andere Geräusche wie der Sauger, mein Kram, auffällig werden. Das Alltagsgespräch ist vollkommen für den Eimer.

anignu
23.07.2017, 09:15
Nee, mich regt eher diese künstliche absolute Ruhe auf. Da wird ein Radio beim betreten des Raumes direkt vom Strom getrennt, man meckert über "zu laute" Alarme, etc... Und das bei einer ME am UA.
Aus Chirurgensicht kann ich sagen: wenn es eine OP ist, die hohe Konzentration erfordert hilft mir persönlich eine absolute Ruhe schon. Wenn es eh irgendwie eine Standard-OP ist, dann kann von mir aus gern das Radio laufen... und ob jetzt eine ME am UA zu den schwierigen OPs zählt ist dann ja wiederum vom Chirurgen abhängig ;-)

John Silver
26.07.2017, 22:46
Ich reagiere schon leicht gereizt, wenn ich gerade laparoskopisch eine Leberblutung stille, und z.B. Schwestern meinen, sich über irgendwelchen Blödsinn direkt am Turm unterhalten zu müssen. Sonst stören mich die Geräusche wie Sauger etc. schon, aber nicht dramatisch. Musik im OP fände ich toll, aber da sind die Oberen zu spastisch. Dann summe ich halt selbst irgendein Lied vor mich hin, und gerade in stressigen Phasen hilft mir das sehr.
Zur Anfangsfrage kann ich indirekt beitragen. Ich habe individuell angepasste Kopfhörer. Die dämpfen mit -26 dB. Damit bin ich so gut wie taub, auch wenn keine Musik läuft. Also aufpassen, das kann schnell zu viel des Guten werden.

Kackbratze
27.07.2017, 02:13
0815-Kram (Wyrm, rektale Blutung, Abszess) gerne mit Musik, ansonsten bevorzuge ich Ruhe oder meine eigene Stimme. Wenn die OP-Schwestern wissen, dass es ernst wird, weil man nix mehr sagt, weiss man, dass der Laden einen kennt und läuft.

Dienstplan erstellung, Pausen-Planung oder Ähnliches während der OP finde ich schrecklich und unterbinde es auch, wenn es gerade unpassend ist.
Ich kaufe keine Dämpfer o.Ä., schliesslich müssen alle konzentriert arbeiten und nicht nur der doofe Chirurg.
Und wenn das nicht geht muss man es eben einfordern und nicht mit irgendwelchen Gadgets sich aus der Situation zurückziehen.