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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Allgemein- oder Viszeralchirurgie?



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Dormicum
20.08.2017, 12:12
Mich würde mal interessieren, für welche der beiden WBs ihr euch entschieden habt und warum.
Hintergrund ist, dass ich gerne Viszeralchirurgie machen würde, mein Chef aber möchte, dass man zu erst den FA für Allgemenchirurgie macht. Warum er das möchte, ist mir klar: 100 OPs weniger und vor allem nicht so genau definierte OPs, sprich er bekommt seine Assistenten schneller durch. WB-Ermächtigung hätte er übrigens für beides. Allerdings frage ich mich, was ich damit soll? Insbesondere in der Zukunft wird es wohl eher weniger Chirurgen geben, die noch alles operieren, jedes Mini-Krankenhaus hat bei uns in der Umgebung bereits Viszeral- und Unfallchirurgie getrennt. Keiner sucht Allgemeinchirurgen, auch in Stellenanzeigen findet man niemanden, der einen sucht. Praxis wäre für mich ohnehin keine Option. Deshalb frage ich mich, was soll mir das bringen außer Zeitverlust? Hat jemand ne Idee oder Erfahrungen?

Kackbratze
20.08.2017, 17:02
Du hast die Frage doch schon beantwortet. Die Ausnahme wäre die chirurgische Niederlassung, da könnte der Allgemeinchirurg von Vorteil sein.

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20.08.2017, 19:02
Ein Kollege hat genau deshalb (Niederlassung) den Allgemeinchirurgen kürzlich nachgeholt (MVZ-Sitz Akquise).

anignu
20.08.2017, 19:12
Also sooo schlimm ist es jetzt nicht den Allgemeinchirurgen zu machen. Das heißt ja nicht dass das dann schon das Ende sein muss. Wenns zügig klappt und du dafür schon FA-Gehalt bekommst, dann noch den Viszeralchirurgen drauf machst oder dann erst als Oberarzt...

conquistador
20.08.2017, 22:47
Letztendlich muss jeder für sich entscheiden, was einem mehr gefällt. Ich persönlich finde den Facharzt für Allgemeinchirurgie als Basis ganz gut. Damit darfst du zumindest offiziell alles operieren. Ob man das kann ist natürlich eine andere Frage. Die meisten unserer jüngeren Oberärzte haben erst den Allgemeinchirurgen gemacht und dann den Viszeralchirurgen hinterher. Schaden tut es einem auf keinen Fall, dass man auch etwas Ahnung von der Unfallchirurgie etc. hat.
Dann kommt noch dazu, dass man sich als Viszeralchirurg tatsächlich schlecht niederlassen kann...
Man sollte sich in jedem Fall alle Optionen offenhalten, auch wenn es nicht geplant ist...

John Silver
22.08.2017, 05:34
Wenn man in der Praxis keine BG-Fälle und Frakturnachsorge machen will, sondern lieber endoskopieren, muss man Viszeralchirurg sein. Praxis ist ein dehnbarer Begriff.
Ich bin Allgemeinchirurg, und mache nächstes Jahr den Viszeralchirurg. Liegt aber daran, dass in Hessen der Viszeralchirurg erst Ende des letzten Jahres aufgespalten wurde, was in den meisten Bundesländern schon vor Jahren passiert ist. Der "alte" Viszeralchirurg ist so umfangreich, dass man den Facharzt frühestens nach 9-10 Jahren machen kann - da bietet es sich an, zwischendurch den Allgemeinchirurgen zu machen und schon mal Facharzt zu sein. Ob ich es heute auch so gemacht hätte? Eher nicht. Unsere Unfallchirurgie ist Mist, die Rotation war für mich weitgehend verlorene Zeit, habe kaum operiert. Habe am Ende meine Knocheneingriffe hauptsächlich über die Hand- und die Kinderchirurgie gesammelt. Wir machen jedoch UCH und Ortho im Dienst mit, deshalb habe ich genug Erfahrung diesbezüglich. Wenn wir eine gute UCH hätten, würde ich mich auch heute noch für den Allgemeinchirurgen entscheiden. Breite Erfahrung schadet nicht; man hat noch viele viele Jahre fürs Spezialistendasein.

Lava
22.08.2017, 16:16
Und BG in der Praxis geht nur, wenn man spezielle Unfallchirurgie hat.

Dormicum
22.08.2017, 23:03
Vielen Dank schon mal für eure Meinungen.
Die Frage ist halt, ob man den Viszeralchirurgen auch in 6 Jahren schaffen kann oder nicht. Dann würde es mehr Sinn machen, den gleich zu machen. Sollte man eh 9 Jahre brauchen, kann man auch "zwischendurch" noch den Allgemeinchirurgen machen. Eine Rotation in die Unfallchirurgie sieht mein Chef eh nicht vor, man bekommt das Jahr bescheinigt, da man im Dienst ja hauptsächlich unfallchirurgische Fälle hat...naja...
Ich denke mal, ich werde das dann gegen Ende der 6 Jahre entscheiden, da lässt es sich dann besser abschätzen.

John Silver
23.08.2017, 05:03
Wenn Du nicht rotierst, wie bekommst Du dann die Eingriffe zusammen?

anignu
23.08.2017, 10:08
Eingriffe? Das wird unterschrieben und dann passt das. ;-)

In Zukunft braucht man eh keine Eingriffe mehr. Da bescheinigt der Chef, dass es passt und dann passt das auch. (angeblich leider die Wahrheit)

konstantin
23.08.2017, 16:43
Habe auch erst letztens erfahren, dass der "neue" Viszeralchirurg in der ÄKWL bspw. viel abgespeckter ist als der alte. Die Eingriffszahlen, die man für den "neuen" braucht, sind ziemlich überschaubar und locker in 6 Jahren zu schaffen...

Fr.Pelz
23.08.2017, 19:21
Naja das mit den Eingriffen ist natürlich bekloppt. Ich schwanke auch seit 4 Jahren zwischen Allgemeinchirurgie und Viszeralchirurgie- aber da ich im Oktober dann doch in die UCH rotieren darf, ist mein Schicksal wohl besiegelt. Hier machen wir auch UCH in den Diensten und in der ZNA mit - aber das bringt null Eingriffe, denn im Dienst wollen die ungeduldigen traumatologischen Hintergründe schnell fertig werden und haben keinen Bock auf Ausbildung. Und man selbst drängelt dann auch nicht groß, weil es ja meist noch 1000 andere Dinge zu erledigen gibt. (Geht mir zumindest so). Von daher ist so eine Rotation schon obligatorisch, sonst kann man es auch sein lassen.
Mein Chef argumentiert immer mit dem großen "Überblick" den man als Allgemeinchirurg hat. Der Chef einer anderen (Uni-)Klinik bei dem ich mal hospitiert hat, sieht das gemau andersrum und hält Trauma für verschwendete Zeit, weil man es nie mehr braucht, wenn man Viszeralchirurgie machen will. Da muss man sich halt klar werden, was man will. Ich hab auch einen Kollegen, der immer Viszeralchirurg werden wollte, dann ist er mit dem damaligen OA so aneinander geraten, dass das Fach für ihn gestorben war... Jetzt fährt er (ua) Notarzt und ist froh über seine UCH-Erfahrungen...

konstantin
23.08.2017, 20:15
Wenn's wirklich Viszeralchirurgie sein soll, ist die Route "Viszeralchirurgie -> Spezielle Viszeralchirurgie" nach dem heutigen Ausbildungskatalog sicher das sinnvollste. Allgemeinchirurgie wäre sicher cool, wenn man konsequent 18 Monate rotiert in Viszeral/Unfall/Gefäß oder so und da dann auch halbwegs ans Operieren kommt. Aber in meiner Vorstellung hängt man eh die meiste Zeit in seinem Primärfach rum, und in der Rotation wird man auf Station und in der Rettungsstelle verballert und darf dann vielleicht mal 'ne ME machen oder 'nen Radius versorgen und das war's dann auch im Wesentlichen... Ob's wirklich so ist, kann ich nicht sagen, aber was man so von Kollegen vernimmt und so wie ich mir das vorstelle, ist das vermutlich der Regelfall.

Habe einen Kollegen, der den Allgemeinchirurgen vor dem Viszeralchirurgen nur deshalb gemacht hat, damit er im Ausland auch legitim als "General Surgeon" auftreten darf.

conquistador
24.08.2017, 07:45
ich habe dies nochmal vorgestern meinem Chef gefragt, der auch alle Titel und Zusatzbezeichnungen Allg, Visz, spezielle Visz. etc. inklusive Unfallchirurgie und D-Arzt besitzt.
Er meinte auch aus eigener Erfahrung, dass der Allgemeinchirurg eine gute Basis für alles ist und bei den Bewerbungen auch besser rüberkommt.

Bezüglich der Rotation in die Unfallchirurgie gebe ich Konstantin recht: Meistens ist es so, dass der Rotant Kleinkram erledigt. Der Vorteil von kleineren Häusern ist in der Hinsicht wirklich, dass man auch andere Ostersynthese operiert und an seine OP-Zahlen kommt.
Also ich habe die 100 erforderlichen Knocheneingriffe tatsächlich auch operiert und da waren auch viele Osteosynthesen (Femur,Hüfte, Sprunggelenk,Clavicula,Radius, Hand, Fuß etc.) dadrunter dabei. Insgesamt habe ich auch nicht viel mehr als 1- 1 1/4 Jahr dafür gebraucht.

Dormicum
24.08.2017, 17:40
Wenn Du nicht rotierst, wie bekommst Du dann die Eingriffe zusammen?

Im Dienst darf man bei uns auch als viszeralchirurgischer Assistent in der Unfallchirurgie operieren. Aber es sind dann natürlich nur die Eingriffe, die im Dienst so anfallen (Fixateur, PFN, ECMES, Sehnennähte usw.). Eine ME wird man nie machen, aber es ist ja auch im Logbuch sehr allgemein gehalten.

John Silver
28.08.2017, 05:25
Ehrlich? Ein Uch-Oberarzt lässt Dich, obwohl Du keinerlei Erfahrung in der Uch hast und keine Rotaton machst, einen PFN operieren? Das klingt recht unglaubwürdig. Der Katalog ist zwar allgemein gehalten, aber es sind nun mal 100 Eingriffe, davon 10 an langen Röhrenknochen. Ohne Rotation sicher nicht machbar.

anignu
28.08.2017, 09:49
Was heißt unglaubwürdig... das kann schon sein. Ich hab ohne Rotation oder Vorahnung im visceralchirurgischen Bereich in einer Klinik 6 LapAE und 1 offenen Ileus operieren dürfen. Dialog bei Ileus lief ungefähr so: "Hast schonmal einen Ileus operiert?" - "Nein" - "Hast Lust?" - "Klar, unter Anleitung" - "Na dann machs. Ich brauchs nimmer lernen."
Wobei das jetzt bei mir 1. nicht die Megazahlen sind und 2. war das auch nicht bei jedem FA/OA. Aber manche sind halt so drauf.
Wie gesagt: die Frage ist, ob man so die Zahlen in adäquater Zeit zusammenbekommt. Aktuell ist es bei uns so, dass zwei Chirurgen nachts / WE Dienst haben. Und da geht dann eher der UCh zu den UCh-Eingriffen und der VCh zu den VCh-Eingriffen. Wenns geht. Da würde man dann die Zahlen nicht zusammenbekommen.

Dormicum
28.08.2017, 10:31
In unserer WBO sind es 100 Extremitäteneingriffe. Von langen Röhrenknochen steht da nichts.
Und ja, man darf tatsächlich einen PFN operieren. Wir sind auch eine "große Familie", keine getrennten Abteilungen VCH und UCH sondern nur eine gemeinsame, wobei die VCH als Sektion geführt wird und auch eigene Assistenten hat.

Lava
29.08.2017, 14:40
Ein PFN ist so ungefähr eine der einfachsten Osteosynthesen, die es gibt. Wenn jemand irgendwas Unfallchirurgisches operieren darf, dann DAS. :-oopss OK, auf meinen ersten PFN musste ich ein halbes Jahr warten, aber aktuell haben wir eine Kollegin, die aus der ACh zu uns kam, die durfte einen nach ein oder zwei Monaten machen :-nix

John Silver
31.08.2017, 20:18
Dennoch: 100 Eingriffe bekommt man so schwerlich zusammen. Und was sagt die Ärztekammer zur fehlenden Rotation? Diese ist eigentlich vorgeschrieben.