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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Übernahme einer Allgemeinarztpraxis



mwn58
06.09.2017, 16:54
Hallo zusammen,

ich habe ein paar Fragen an die Praxiserfahrenen unter euch. Mein Bruder macht Internetserien und die neue soll folgenden Inhalt haben:

Eine junge Frau erbt die Arztpraxis ihres verstorbenen Vaters und fängt mit ihrem Freund an ohne Kenntnisse Patienten zu behandeln. Sie googelt einfach die Diagnosen.
Die Serie soll lustig werden, aber muss unbedingt auf realen Bedingungen fußen.
Daher ein paar Fragen:

1 Wie bekommt eine Arztpraxis ihre Medikamente? Wer liefert das? Wie bestellt man das?

2 Wie bekommt ein Arzt in seiner Praxis sein Geld?

3 Wie lange dauert es wohl, bis sowas auffliegt, wenn keiner der Patienten sich beschweren würde?
Wir brauchen mindestens eine Woche, bevor die beiden auffliegen :) Länger ist auch gut!

4 Was kann man alles illegales machen, um sich in einer Arztpraxis zu bereichern? Wie könnte man Geld machen?

5 Wer könnte unangemeldet in die Praxis kommen? Gibt es jährliche Besuche von bestimmten Prüfern?


Einige Fragen konnte ich so wage beantworten, aber ich wollte doch nochmal die Experten befragen :) Über zahlreiche Antworten würde ich mich sehr freuen!
Vielen Dank :)

hebdo
06.09.2017, 17:54
Ich habe gerade eine Unternehmensberatung gegründet, die Filmproduzenten und auch Regisseure in dieser Hinsicht beraten tut. Bei Interesse einfach melden.

Relaxometrie
06.09.2017, 18:18
beraten tut
:-D

..

Kackbratze
06.09.2017, 18:26
1 Wie bekommt eine Arztpraxis ihre Medikamente? Wer liefert das? Wie bestellt man das?

Hausärzte dürfen, nach entsprechenden Weiterbildungen, z.B. auf Sylt, selber Medikamente herstellen. Die Zutaten bekommt man dann zugeschickt von Fachhändlern oder Amazon. Meist stellen Hausärzte die Medikamente Mittwoch nachmittags her, deswegen sind da die Praxen immer zu.


2 Wie bekommt ein Arzt in seiner Praxis sein Geld?

Das fällt mit Punkt 5 zusammen, die Prüfer der Krankenkassen kommen alle 3 Monate (Quartal!!!) und prüfen, ob alles stimmt. Also die Praxissauberkeit, ob das Personal hübsch ist und der Arzt kompetent die Fragen beantworten kann. Zum Abschluss, wenn alles ok ist, geben die Prüfer dann die Überweisung frei, die sich nach der Anzahl der Patienten der Praxis richtet. Bargeld gibt es nur von Privatpatienten, dafür kommen die auch immer sofort dran.


3 Wie lange dauert es wohl, bis sowas auffliegt, wenn keiner der Patienten sich beschweren würde?
Wir brauchen mindestens eine Woche, bevor die beiden auffliegen Länger ist auch gut!

Wenn sie mit ihrem Freund total empathisch und Patientenzugewandt ist, könnte sie das jahrelang machen (s. Dr. Postels und Co), Homöopathie und Osteopathie helfen da auch ungemein! Sie müsste nur ihre ehemalige Babysitterin töten, weil die ja weiß, dass sie nie Abi gemacht hat. Aber das geht ja fix, (zusammen mit Punkt 4), da Mord an Patienten um an deren Erbe oder einfach an deren Schweigen zu kommen ein klassischer Finanzierungsweg der modernen Landarztpraxis ist. Erbhilfe bei Großbauern gehört in den Bereich der privaten Krankenversorgung und wird meist auch in bar bezahlt.

mwn58
06.09.2017, 19:27
Wow, schon mal vielen Dank für eure schnellen Rückmeldungen!!

Aber nochmal zu Punkt 1). In Arztpraxen sind doch meist Medikamente vorhanden, die Vertreter mitbringen, oder? Eigene Produktion in Arztpraxen habe ich noch nie erlebt. Das machen sicher nicht alle, oder? Wahrscheinlich trifft das eher auf Dermatologen und so zu!? Und der allgemeine Medikamentenbedarf (z.B. Bedarfsanalgetika, Notfallmedikamente) bestellt man doch in der Apotheke seines Vertrauens, oder?

Und zu Punkt 4) Könnte man nicht dem Patienten alle möglichen IGeL Leistungen schmackhaft machen!?

Coxy-Baby
06.09.2017, 19:52
Oh Gott was für ein Scheiss, so das keine Comedy werden soll, würde ich es sein lassen.....

Kackbratze
06.09.2017, 20:01
Produktproben gibt es auch. IgeL-Leistungen sind negativ behaftet, da fällt der Betrug zu schnell auf.

anignu
06.09.2017, 20:15
Wow, schon mal vielen Dank für eure schnellen Rückmeldungen!!

Aber nochmal zu Punkt 1). In Arztpraxen sind doch meist Medikamente vorhanden, die Vertreter mitbringen, oder? Eigene Produktion in Arztpraxen habe ich noch nie erlebt. Das machen sicher nicht alle, oder? Wahrscheinlich trifft das eher auf Dermatologen und so zu!? Und der allgemeine Medikamentenbedarf (z.B. Bedarfsanalgetika, Notfallmedikamente) bestellt man doch in der Apotheke seines Vertrauens, oder?

Und zu Punkt 4) Könnte man nicht dem Patienten alle möglichen IGeL Leistungen schmackhaft machen!?
Völlig richtig.

Die Vertreter überschütten einen quasi mit Medikamenten. Eigene Produktion ist auch in der Tat nicht in allen Praxen wichtig. Orthopäden brauchen da ja jetzt z.B. nicht so viele Medikamente. Aber schonmal drüber nachgedacht warum die Salbe für die Verbände aus so einem komischen Spender kommt? Und klar, einige der Notfallmedikamente, vor allem die die ganz exakt dosiert werden müssen, holt man sich aus der Apotheke. Die werden auch weitaus steriler hergestellt und sind daher für das Spritzen in die Vene zugelassen (für echte Notfälle sehr wichtig). Bei richtigen Notfällen werden die Medikamente oft direkt in die Vene gespritzt da es dann am Zielort (entsprechendes Organ oder Hirn) sehr sehr viel schneller ankommt.

IGeL-Leistungen sind da sehr gut geeignet. Bei Privatpatienten ist das aber auch egal. Da geht es nur drum, dass man möglichst viel macht. Umso mehr man macht, umso mehr kann man abrechnen. Und das ist auch für den Patienten gar nicht schlimm, der ist ja versichert, der holt sich das Geld wieder von seiner Privatkasse. Die Abrechnung erfolgt da übrigens nach GOÄ (Gebührenordnung für Ärzte). Google da einfach mal ein bissl. Und dann sei einfach kreativ was man alles so kombinieren kann um etwas abzurechnen. Und immer den Höchstsatz verlangen. Machen eh alle. Beispiel: Patient kommt in Praxis, Ehefrau dabei, sagt kurz Hallo, erzählt vom Husten, kurzer Blick in den Mund, kurzes Abhören der Brust (Unbedingt Blutdruck messen lassen! für die Abrechnung), Verschreiben eines Schleimlösers, Krankschreibung für einen Tag, fertig. Sind schonmal Beratung (GOÄ Ziffer 1), Beratung Angehöriger (GOÄ Ziffer 4), klinische Untersuchung (GOÄ Ziffer 7) und Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (GOÄ Ziffer 70). Oder kurz: 5 Minuten Arbeit, 65 Euro abkassiert. Genial, oder?
So, und dann gibt es noch Sonderfälle, dass man sogar noch mehr als den Höchstsatz verlangen darf. Da verdient man sich dumm und dämlich.