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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Gründe für Kindstaufe



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Relaxometrie
09.09.2017, 20:13
In letzter Zeit haben einige Forenmitglieder davon geschrieben, daß sie ihre Kinder taufen lassen oder Taufpate werden. Mich interessiert die Motivation dahinter. Lasst Ihr Eure Kinder taufen, bzw. unterstützt Ihr die Taufe durch das Übernehmen des Amtes eines Taufpaten, weil Ihr wirklich gläubig seid? Oder weil es „halt so üblich ist“? Oder weil die Familie es einfordert? Oder weil Ihr befürchtet, sonst keinen Platz in Kindergarten/ Schule zu bekommen?
Letztlich ist die Taufe für das Kind später niemals wieder folgenfrei rückgängig zu machen, wenn es nach eigenen Überlegungen zu dem Entschluß kommen sollte, Atheist zu sein. Die Kirchen sehen einen „rituellen Austritt“ nicht vor; ein Austritt ist aus theologischer Sicht also nicht möglich. Und der „verwaltungstechnische Austritt“ kann Folgen haben, wenn man sich an einer kirchlich geleiteten (aber staatlich finanzierten) Institution bewirbt. Warum wartet Ihr nicht ab, bis Eure Kinder selbst entscheiden können, ob sie Kirchenmitglied werden möchten? Die Tatsache, daß das Kind dann erstmal nicht getauft wäre, schließt eine Erziehung nach christlich-westlichen Werten ja nicht aus.

Fr.Pelz
09.09.2017, 20:20
Hallo,
für mich hat der Glauben mal eine größere Rolle gespielt, in der Zeit hab ich auch beschlossen, meine Kinder (früh) taufen zu lassen. Für mich selbst waren meine Taufpaten immer etwas besondere Verwandte. Ich bin selbst Taufpatin eines Kindes und empfinde das auch als Ehre.
Allerdings jetzt wo ich Kinder habe, ist das alles mehr in den Hintergrund getreten. Für mich ist es vorrangig, dass es ihnen gut geht. Und jetzt sehe ich es tatsächlich mehr wie du. Sie sind lange nicht in dem Alter, in dem sie auch nur ansatzweise verstehen würden, was da passiert. Also liegt das Vorhaben "Taufe" eher noch in Planung. Genauso wie eine kirchliche Hochzeit.

Feuerblick
09.09.2017, 20:31
Was hat dir die Kirche eigentlich getan, dass du sie als Wurzel allen Übels ansiehst und glaubst, dass man einem Kind etwas "antut", nur weil man es taufen lässt?

Und was meinst du mit "rituellem" Austritt? Wenn man Atheist ist, ist einem doch völlig egal, was die Institution selbst glaubt bezüglich eines Austritts. Dann denken die halt, dass du gar nicht austreten kannst. Wenn du doch nicht dran glaubst und verwaltungstechnisch austreten kannst, wo bitte ist das Problem?

Andere Frage: Wann genau kann denn jemand entscheiden, ob er getauft werden möchte? Wann kann er seinen Glauben und seine Motive bewerten? Und wann kann er sicher sein, dass das seine Überzeugung ist und er das nicht in ein paar Jahren anders sieht? Mit 10 Jahren? Zum Zeitpunkt von Konfi/Firmung? Mit 18? Noch später? Früher?

Ich bin übrigens nicht ultimativ gläubig, renne nicht dauernd in die Kirche und bin doch gerne ein Teil dieser Gemeinschaft. Und ich war gerne Patin.

Btw: Ich persönlich finde es viel anmaßender, dass es Arbeitgeber gibt, die einen Unterschied zwischen "ausgetreten" und "nie getauft" machen. Das hat einfach gar nichts mit dem Glauben zu tun.

Eilika
09.09.2017, 21:20
Ich lasse taufen, weil ich glaube und die Institution Kirche nicht unwichtig finde und die christlichen Werte mir wichtig sind. Mein Sohn geht gerne in die Kirche. Mir ist klar, dass sich das noch ändern kann. Aber ich möchte, dass er damit aufwächst. Und er kann dann entscheiden, was er draus macht. Und die Konsequenzen eines potentiellen Auftritts halte ich persönlich für nicht allzu relevant. Auch wenn ich natürlich hoffe, dass es nicht dazu kommt.

McBeal
09.09.2017, 21:32
Für mich gab/gibt es immer wieder Abschnitte in meinem Leben, in denen der glaube wichtig war/ist.
Die Gemeinde bei uns war sehr aktiv und ich hatte da nette Kontakte, ich war auf kirchlichen Schulen und so war es immer mehr oder weniger präsent.
Es gehört (neben vielem anderen) zu mir und mir waren kirchliche Trauung und Taufe der Kinder sehr wichtig, auch wenn mein Mann inzwischen ausgetreten ist. Darüber hatten wir aber vorher schon gesprochen.

Mir ist es wichtig, dass die Kinder dazu gehören und den christlichen Glauben und seine Werte, die Gemeinde etc. kennenlernen. Vieles gehört ja auch zu unserer Kultur. Ich glaube einfach, dass man, ohne nicht selbst Mitglied der Kirche zu sein, diese auch nicht richtig kennenlernen kann und später nicht so einfach die Möglichkeit hat, einen Zugang zu finden und sich dann bewusst dafür zu entscheiden und dann taufen zu lassen. Da ist es einfach, den Glauben früh kennenzulernen und sich später dagegen zu entscheiden, wenn man das möchte.

Dass Menschen prinzipiell nach Spiritualität suchen und offen dafür sind, davon gehe ich aus. Und da halt ich das heutige Christentum hier in Europa für eine gute Wahl. ;-)

Übrigens finde ich das Patenamt (ich wäre gern selbst Patin, es war mir aber noch nicht vergönnt) als solches sehr schön und kenne noch keinen offiziellen Weg, jemanden als etwas ähnliches ohne Taufe eintragen zu lassen.

LG
Ally

Reflex
09.09.2017, 21:35
Also in der prostestantischen Kirche wird mit der Kindstaufe ja erstmal das Kind in der Gemeinde aufgenommen und die Eltern und Paten erklären, dass sie es im christlichen Glauben erziehen werden. Das Bekenntnis des Täuflings zum christlichen Glauben kommt später ja eh mit der Konfirmation, wenn er/sie es wünscht oder auch nicht. Von daher kann meine Tochter später selber entscheiden, ob sie zu einer christlichen Gemeinschaft dazu gehören will. Genauso wie meine Eltern es mir damals freigestellt haben. Gemeinde gehört für mich als wichtiger Bestandteil des christlichen Glaubens zum Alltag. Daher gehört es für mich dazu meine Tochter in diese Gemeinschaft aufnehmen zu lassen, wenn ich ihr christliche Werte vorlebe.

milz
09.09.2017, 21:45
Btw: Ich persönlich finde es viel anmaßender, dass es Arbeitgeber gibt, die einen Unterschied zwischen "ausgetreten" und "nie getauft" machen.
Deswegen ist die Taufe eine Hypothek für das Kind.

Feuerblick
09.09.2017, 21:50
Deswegen ist die Taufe eine Hypothek für das Kind.
Nein. Denn Arbeitgeber können besser mit "nie in der Kirche gewesen" als mit "aktiv ausgetreten" leben.

Trianna
09.09.2017, 21:51
Keines meiner Kinder ist getauft. Auch ich bin nicht getauft. Für mich persönlich ist Glauben/Religion kein sinniges Konzept

Ich bin der Meinung, dass eine solche Entscheidung vom Individuum selber getroffen werden sollte.

Daher treffe ich diese Entscheidung nicht für meine Kinder.

Meine Große kann bisher auch nichts mit diesem Konzept anfangen (nach 1 Jahr Reli und ein paar GD) und ist daher nicht mehr im Religionsunterricht (der mMn eh nichts im Schulalltag zu suchen hat) und ist auch bei den Schulgottesdiensten nicht mehr dabei.

Vor kurzem sind wir unaufgefordert angeschrieben worden von der Geimeinde von wegen "Alle Kinder der Jahrgänge xy gehen jetzt zur Kommunion, lassen Sie doch ihr Kind taufen". Diesbezüglich muss ich mich noch beschweren ^^

PS: Das Argument mit den Werten etc. zieht für mich nur bedingt, denn auch ich als Atheistin gebe meinen Kindern mit, dass gewisse Sachen nicht so prickelnd sind, andere dagegen super wie z.B. Hilfsbereitschaft.

milz
09.09.2017, 21:53
Nein. Denn Arbeitgeber können besser mit "nie in der Kirche gewesen" als mit "aktiv ausgetreten" leben.
Sag ich doch. Ohne Taufe muss man nicht austreten und somit weniger Probleme. Daher besser nicht taufen!

Eilika
09.09.2017, 21:56
Ich wüsste hier keinen Arbeitgeber, dem das was ausmachen würde. Aus D kenne ich das mit kirchlichen Krankenhäusern ja schon auch noch. Aber gibt es ausserhalb des Gesundheitswesens irgendwelche Jobs, wo das in Deutschland relevant ist?

Feuerblick
09.09.2017, 22:05
@Milz: Dann hatte ich dich missverstanden.

@Eilika: Gibt halt hier in D ne Menge kirchlicher Arbeitgeber. Unter anderem sind hier bei uns auch die Kitas von einem kirchlichen Träger betrieben...

Solara
09.09.2017, 22:11
Soziale Berufe haben in D großteils kirchliche Träger.

Relaxometrie
10.09.2017, 00:14
Und was meinst du mit "rituellem" Austritt? Wenn man Atheist ist, ist einem doch völlig egal, was die Institution selbst glaubt bezüglich eines Austritts.
Den "rituellen Austritt" habe ich als Gegensatz zum rein verwaltungstechnisch-staatlichen Austritt gesehen.
Sozusagen ein Ritual (vielleicht ist das Wort "Ritual" etwas zu groß für das, was ich meine), bzw. ein Verwaltungsakt zwischen der Kirche und dem Kirchenmitglied, welches aus der Kirche austreten möchte.

Und nein!!! Mir ist es nicht egal, daß die Kirche ein ehemaliges Mitglied nach dem Austritt noch als "verirrtes Schäflein" sieht. Die Tatsache, daß man nach dem Kirchenaustritt aus kirchlicher Sicht immer noch Mitglied ist, halte ich für dreist, raffgierig, bevormundend und übergriffig.



Ich bin der Meinung, dass eine solche Entscheidung vom Individuum selber getroffen werden sollte.
Daher treffe ich diese Entscheidung nicht für meine Kinder.
Da stimme ich voll zu!



Ohne Taufe muss man nicht austreten und somit weniger Probleme. Daher besser nicht taufen!
So ist es!

nie
10.09.2017, 08:33
Die Kirche sieht auch Ungetaufte als verirrte Schäflein. Die können ja schließlich auch nix dafür, dass sie in einen Haufen Ungläubiger geboren wurde, der ihnen die Taufe vorenthalten hat.

Mir ist es tatsächlich völlig egal, was die Kirche von mir denkt oder auch nicht. Warum sollte es mich auch interessieren?

Ich bin getauft weil es meiner Familie wichtig war. Ich selbst war schon als Kind wenig überzeugt von der Kirche und habe dann im Zuge der Firmung endgültig entschieden, dass ich mit dem ganzen Kirchenkram nichts anfangen kann. Würde mich als Atheistin bezeichnen und habe seitdem auch nie wieder einen Gottesdienst besucht.
Meiner Familie ist der Glaube weiterhin wichtig aber alles in eher gemäßigter Form. Da wird im Alltag jetzt nicht gebetet oder jeden Sonnag die Kirche besucht. Und insgesamt lassen wir uns mit dem Thema gegenseitig in Ruhe. Ich rede ihnen ihren Glaube nicht schlecht, sie akzeptieren, dass ich damit nichts zutun haben will.

Man hat mir mit der Taufe aber sicher nichts "angetan" oder mir irgendwie geschadet. Es hat einfach keinerlei Relevanz in meinem Leben, dass irgendwo ein Wisch existiert auf dem steht, dass ich getauft bin.
Als Kind in einer katholischen Gegend, in der absolut jeder getauft ist und viele Aktivitäten in Zusammenhang mit der Kirche stehen, hätte ich als ungetauftes Kind nur Nachteile gehabt und wäre immer außen vor gewesen. Hätten meine Eltern mir die Entscheidung über die Taufe überlassen, hätte ich mich vermutlich spätestens zur Kommunion taufen lassen. Nicht aufgrund meines Glaubens sondern weil ich bei all denn Aktivitäten mitmachen wollte. Und hätte vermutlich ein paar Jahre später bei der Firmung trotzdem entschieden, das alles nicht mehr mitzumachen.

Sollte ich mal eigene Kinder haben, werden die auch nicht getauft werden. Weil mir das nicht wichtig ist und ich eben weder versprechen kann noch will, dass meine Kinder im Sinne der Kirche erzogen werden. Meine Kinder werden aber auch nicht in einer Gegend aufwachen, in der sie automatisch außen vor sind wenn sie nicht getauft wurden.

Espressa
10.09.2017, 09:23
Aus christlicher Sicht ist die Kindstaufe ja Quatsch, denn die Taufe symbolisiert eine Entscheidung für ein christliches Leben, die ein Säugling ja sicherlich nicht treffen kann. (Andererseits ist ein Segnen des Kindes als Symbol der Fürsorge und "Aufnahme" in die Gemeinschaft ganz nett. In Anführungszeichen, weil ja ein Kind irgendwo automatisch zur Gemeinschaft gehört..).
Der Katholizismus hat das ganze ja etwas umgestaltet, und das ist mit ein Grund warum ich, obwohl sehr vom christentum überzeugt, nicht viel von der katholischen Kirche halte.
Ich bin zwar so erzogen worden und auch Mitglied, und für gewisse Rituale bin ich auch ganz dankbar (u.a. Begräbnis), es ist dann aber auch eine etwas kulturell-traditionelle Angelegenheit, die Kinder zu taufen. Nicht weil ich an das glaube, was die Katholiken sich davon versprechen, aber als Segen, der halt in der Kirche einen feierlichen Rahmen findet.

Über nachteilige Folgen für die Kinder mache ich mir keine Sorgen, schließlich ist der Glaube ja Bestandteil unseres alltags - von daher ist keine so dringende Distanzierung erforderlich wie für einen Atheisten der das eh für komplettes Märchen hält.

Ich glaube konsequenterweise müsste ich zumindest zum evangelismus konvertieren, das könnte aber üblen Haussegen-Schiefstand nach sich ziehen, also bin ich weiterhin ein Christ mit kath. Kirchensteuer auf der Lohnsteuerkarte...

Lava
10.09.2017, 10:16
Meine Eltern sind nicht getauft, ich bin nicht getauft, mein Mann ist nicht getauft. Problem erledigt :-top

Trianna
10.09.2017, 10:22
@Lava

High 5 ^^

Lava
10.09.2017, 11:41
@Lava

High 5 ^^

Aber das war ja nicht die Frage dieses Threads ;-)

Moorhühnchen
10.09.2017, 12:38
In der Tat schwieriges Thema, ja. Ich kann viele Eurer Argumente nachvollziehen und auch annehmen, vor allem, da es *hier* ja auch totaler Mischmasch ist.

Ich selbst komme aus einer Familie mit evangelischem Vater und Mutter aus einer strengst-hochkatholischen Familie in einer der wenigen katholischen Gemeinden im größtenteils evangelischen Teil Hessens! Absolute Sünde, daß meine Mutter damals - 1971 - schon schwanger einen EVANGELISCHEN Mann heiratete!! Himmel, wo soll das hinführen? :-((
Meine beiden Schwestern und ich sind katholisch getauft. Ich selbst habe zu meinem Patenonkel (Bruder meiner Mutter, katholisch) seeeehr wenig Kontakt, es ist das Familienmitglied, welches ich am "gruseligsten" finde (Typ verwahrloster Bauer - sorry für den Ausdruck, aber so isses). Meine beiden Schwestern hatten mehr "Glück" mit ihren Patentanten (einmal Schwester meiner Mutter, katholisch und einmal Schwester meines Vaters, evangelisch). Das zur Vorgeschichte.

Obwohl ich aus meiner Grundschulklasse das einzige katholische Kind war und den Religionsunterricht mit den Kindern der Parallelklassen besuchen mußte, mochte ich den Unterricht, den der katholische Gemeindepfarrer selbst gehalten hat, sehr gerne. Das Singen und die Geschichten, alles war sehr authentisch. Als der Pfarrer einmal krank war, wurden wir aufgeteilt und mußten den Reliunterricht der evangelischen Kinder besuchen. Damit konnte ich nix anfangen. War halt irgendwie "normaler" Schulunterricht. Die Kommunion war irgendwann mit 10 oder 11 und danach fragte meine Mutter mich, ob ich weiter in die Kirche gehen möchte. Naja, wie Kinder halt so entscheiden... ich wollte nicht mehr in die Kirche gehen, weil es mir dort zu kalt war und ich sonntags lieber die Sendung mit der Maus gucken wollte. War okay für meine Mutter. Wir waren noch einmal an Weihnachten zum Gottesdienst und danach nur noch zu den Beerdigungen von Oma und Opa. Aus-katholiziert!!

An der weiterführenden Schule selbes Spiel, die Katholiken wurden aus allen Klassen zusammengelegt, weil zu wenige und die Evangelen hatten pro Klasse ihren eigenen Lehrer. Meine Reli-Lehrerin war blind, aber machte hervorragenden Unterricht. Trotzdem schielte ich natürlich immer wieder zu meinen evangelischen Klassenkameraden, die alle zusammen Unterricht hatten mit einem etwas skurrilen Lehrer, der hier in der Gegend als "der Motorradpfarrer" bekannt war. Außerdem fuhren die irgendwann alle zusammen zur Konfi-Freizeit, während wir nix hatten. Ab der 8. Klasse hatten wir Katholiken dann einen Lehrer, der zwar den katholischen Reliunterricht machte, aber keine Bibelgeschichten oder sowas in der Art vermittelte. Das war mehr so ein generelles Ethikgedöns wie "Beschreibe, was ein Idol für Dich ausmacht", "Welche Normen und Werte sind Dir wichtig" etc. Ich mochte den Lehrer nicht, der Lehrer mochte mich und meine Ansichten nicht (Ich sagte ihm, daß ich kein Idol habe und auch nicht wüßte, warum ich eins brauchen sollte - da war ich unten durch). Meine Eltern schrieben mir eine Befreiung für den Reliunterricht und ab da saß ich dann einmal die Woche alleine auf dem Schulflur, machte Hausaufgaben und wartete auf meine evangelischen Klassenkameraden.

Irgendwann hätte die Firmung angestanden. Mit den anderen katholischen Jugendlichen aus meiner Heimatgemeinde hatte ich seit der Grundschule nix mehr zu tun, mein Vater war zu der Zeit arbeitslos und so fiel die Entscheidung gegen die Firmung und die teure Familienfeier leicht. Als es in der Oberstufe wieder einen katholischen Reliunterricht mit einer jungen Lehrerin gab, die auch wieder Bibelthemen und (für mich) richtigen Religionsunterricht machte, ging ich wieder hin.

Kurz vor meinem Abi wurde meine Schwester dann schwanger. Schon vor der Geburt meines Neffen hatte ich in einer Buchhandlung eine tolle Kinderbibel gesehen, wollte sie aber von meinem Taschengeld nicht ohne Rücksprache kaufen. Meine Schwester war entsetzt, daß ich davon ausging, sie würde ihre Kinder taufen lassen. Ich war schon ein bißchen enttäuscht. Irgendwie war es ja doch "Familientradition" und ich hatte mich schon auf's Patentante-sein gefreut. Naja, kein Weltuntergang. Trotzdem finde ich, daß den Kindern ein Stück Allgemeinbildung ohne Reliunterricht fehlt. Die Inhalte vom Ethikunterricht gehen irgendwie so ganz generell an mir vorbei. Sowas gab es aber bei mir an der Schule auch nicht: entweder katholisch, evangelisch oder Freistunde.

Meine ersten 4 Arbeitsplätze waren an kommunalen Häusern, da spielte es keine Rolle. Ich habe immer mal wieder überlegt, ob ich aus der Kirche austrete, aber hier in der Gegend gibt es halt auch viele kirchliche Häuser, die finanziell besser dastehen als die kommunalen. Also recht egoistisches Denken, nicht auszutreten. Letztlich ist es aber so, daß ich früher auch Freunde hatte, die extrem religiös waren (aber alles evangelische Freikirchler) und auch derzeit sehr gerne in meinem evangelischen Haus arbeite. Viele Patienten entscheiden sich bewußt für das Haus mit den Diakonissen, erzählen in der Prämed von ihren Glaubensvorstellungen und wie sie dadurch Halt erfahren. Ich bin absolut nicht gläubig, aber ich kann die Haltung nachvollziehen und unterstütze sie!
Viele meiner Kollegen dort sind auch sehr gläubig, engagieren sich beruflich in ihrer Freizeit. Der Chef unserer Gyn war erst letztes Jahr wieder einen Monat in Afrika und hat dort unbezahlt operiert. Einer meiner Kollegen hat mehrere Jahre die Anästhesie-Abteilung eines Krankenhauses in Nepal geleitet. Eine OÄ aus der Gyn opfert ebenso ihren Urlaub/Freizeit, um in Afrika zu helfen. Mir imponiert das sehr, obwohl ich es mir für mich selbst eher nicht vorstellen kann.

So, die ganze Schwafelei ist nur Vorgeschichte für meine Entscheidung, meine Freundin zu unterstützen, wenn sie ihre Kinder taufen lassen möchte. Ich sehe keinen Nachteil für die Kinder. Ich habe gestern schon geschaut, ob ich diese tolle Kinderbibel nochmal finde...
Und wer später austreten will, kann das tun. Soll dann aber auch nicht traurig sein, wenn er eben vielleicht nicht mehr in einer kirchlichen Institution arbeiten kann. Derjenige hat sich ja dann aktiv dagegen entschieden. Vielleicht öffnen sich diese Institutionen aber auch im Laufe der Jahre noch und sehen das mit der Taufe und dem Kirchenaustritt auch nicht mehr so eng. Das wäre meiner Meinung nach wünschenswert! :-)