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Bluej
06.10.2017, 17:21
Hallo,
Ich habe vor Kurzen ein großes Landhaus von meinen Onkel geerbt. Ich möchte das Haus gerne später bewohnen. Im Umkreis befinden sich 6 größere Städte mit großen Kliniken. Allerdings müsste ich zu den Klinken zwischen 30min- 75min einfach pendeln. Meine Fragen daher:
Darf man als Arzt überhaupt so weit entfernt wohnen?
Wie sieht es später als Oberarzt aus, bzgl. Rufbereitschaften?

morgoth
06.10.2017, 17:28
30+ Minuten ist für einige Fächer tatsächlich schwierig, ich kenn 30 Minuten so als Grenze von den Verwaltungsvorgaben her. Kommt aber auch aufs Fach und die Dienstregelung an ... Wenn du eine Innere oder eine Chirurgie (mit-)betreust, wirst du wohl kaum 70 Minuten (+X für zum Auto gehen, auf Station ankommen) rechtfertigen können.

Lava
06.10.2017, 17:38
Ich arbeite in Berlin. Ich würde schätzen, die meisten meiner Kollegen haben einen längeren Weg zur Arbeit als 30 Minuten. :-nix Auch in Darmstadt gabs Oberärzte, die in Mainz oder Frankfurt gewohnt haben und sicher länger als 30 Minuten gebraucht haben.

Es gibt wohl auch einige Ärzte, die in Freiburg wohnen und nach Offenburg mit dem ICE pendeln (Strecke 60km). Der fährt zwar nur 30 Minuten, aber halt auch nicht jederzeit. Wenn einer der Assistenten Rufdienst hat, verbringt er wohl die Nacht im Krankenhaus.

nie
06.10.2017, 17:48
Ich kenne auch einige Ärzte, die +/- 60 Minuten von ihrem Arbeitsplatz entfernt wohnen und/oder mit den öffentlichen Verkehrsmitteln pendeln. Die verbringen dann eben ihren Ruf-/Hintergrunddienste im Krankenhaus.

altalena
06.10.2017, 18:01
Kenne so eine festgelegte Zeitgrenze bisher nur von der Gyn bzw Geburtshilfe wg Notsectio etc. (HAHA, hab ja auch nicht viel mehr gesehen bis jetzt). Meine OÄ braucht nachts ca. 20 Min. mit dem Auto. Aber wie das in anderen Fächern geregelt ist, weiß ich nicht.
Ich brauche von Haustür zu Klinik ziemlich genau 60 Minuten.

Mano
06.10.2017, 19:12
Kenne so eine festgelegte Zeitgrenze bisher nur von der Gyn bzw Geburtshilfe wg Notsectio etc. (HAHA, hab ja auch nicht viel mehr gesehen bis jetzt). Meine OÄ braucht nachts ca. 20 Min. mit dem Auto. Aber wie das in anderen Fächern geregelt ist, weiß ich nicht.
Ich brauche von Haustür zu Klinik ziemlich genau 60 Minuten.

20 Minuten bei einer Not-Sectio alleine für den Weg!? Dachte da sollte das Kind schon spätens da sein?

Ansonsten:
https://www.marburger-bund.de/landesverbaende/nrw-rlp/artikel/allgemein/rechtliches/2013/bereitschaftsdienst-statt-rufbereitschaft-bei-zu-knapper-zeitvorgabe-des-eintreffens
Ob sich der Arbeitgeber auf 75min Anfahrt einlassen muss hängt sicher vom Einzelfall ab, aber 30+ Minuten sind in den meisten Fächern normal und unproblematisch...

anignu
06.10.2017, 21:22
So kenn ich das auch. Nach 20 min soll das Kind da sein. Das ist aber meines Wissens auch die einzige zeitlich genau angegebene Vorgabe die zu erfüllen ist. 10 Min bis Eintreffen Facharzt und 20 Min bis Kind da. Allerlängstens. Das gilt aber dann auch nicht nur für Gyn sondern logischerweise auch für den gleichzeitig zu alarmierenden Anästhesisten.

Ansonsten gibt es keine Vorgaben und die Verwaltung darf keine Vorgaben machen ohne die Kosten zu übernehmen. Wenn sich der Arbeitgeber zu bestimmten Zeiten hinreißen lässt, muss er ggf. Bereitschaftsdienst statt Rufbereitschaft zahlen. In unserer Klinik haben die allermeisten Chirurgen (Unfall, Viszeral, Gefäß) eine Anfahrszeit von 30+ min. Viele auch mit 45+ min. Ist halt so. Stört auch keinen.

Ich weiß nur von einer herzchirurgischen klinik die dieses Problem so gelöst hat, dass sie im Vorstellungsgespräch klar gemacht hat, dass nur Leute mit Anfahrtsweg <= 30min eingestellt werden. Inwieweit das rechtens ist, weiß ich nicht. Aber so kann man das Problem auch lösen. Das Problem ist nämlich, dass die Klinik mit ihrer Struktur verantwortlich ist, dass in "adäquater Zeit" der Hintergrunddienst vor Ort ist. Und bei so Sachen wie Herzkatheterbereitschaft machen Zeiten >45min einfach keinen Sinn mehr. Dann fährt man einen Hebungsinfarkt besser in eine andere Klinik.

Rettungshase
06.10.2017, 21:26
Ich bin zu PJ-Zeiten tlws. 60-90min Oneway gefahren. Das hat mich schon nach 2 Monaten verrückt gemacht.
Man sollte sich klar machen, dass man einen großen Teil seiner Freizeit, in der man wach ist, werktags im Auto verbringt, wenn man sich auf die Pendelei einlässt.

Moonchen
07.10.2017, 06:31
In meiner alten Klinik mit Level 1-Neo gab es die Vorgabe dass die Oberärzte innerhalb von 10 min da sein mussten - hat tatsächlich bei der Hälfte funktioniert (kleinere Stadt); die anderen haben immer in der Klinik übernachtet. Unabhängig davon würde ich mir aber auch - wie die anderen - Gedanken mit dem Pendeln machen - 30 min ist ja sicher machbar; 75 min einfache Strecke finde ich auf Dauer schon sehr lang. Wie sähe es denn sonst mit Niederlassen aus?

altalena
07.10.2017, 10:17
20 Minuten bei einer Not-Sectio alleine für den Weg!? Dachte da sollte das Kind schon spätens da sein?


Wenn es wirklich zur Notsectio kommt, ist jeder von meinen Hintergrund-Dienstlern schneller da, man setzt in der Zeit dann schon den Notruf ab und die kommen direkt in den Saal. Muss der diensthabende Assistent dann natürlich entsprechend am Telefon kommunizieren.

CYP21B
07.10.2017, 11:28
In meinen Augen macht es einen Unterschied ob es zeitlich begrenzt ist und welche Dienste anfallen. Hatte jetzt knapp 4 Jahre eine Pendelstrecke von regulär ca 30 min. Das ist ok wenn man nur Bereitschaftsdienste hat. Nichtsdestotrotz bin ich gerade nach Feierabend oft deutlich länger gefahren wegen Staus. Rufdienst gibt es noch nicht so lange und auch nur am Wochenende dh da hatte ich eher kürzere Fahrzeiten. Aber es geht eben ein Haufen Zeit und Geld drauf und man ist total abhängig vom Auto. Die die bei uns (Uch) im Hintergrund ca 30 min brauchen schlafen entweder im Haus oder bleiben prophylaktisch länger bzw werden dann früher und großzügiger angerufen.
Für mich wäre alles was deutlich über eine halbe Stunde geht auf Dauer keine Lösung. Das ist für mich aber auch ein Grund nicht in die richtigen Großstädte zu gehen. Sonst hat Pendeln den Vorteil dass man nicht ständig Patienten über den Weg läuft. Es ist aber auch wieder umständlicher mal was mit Kollegen zu unternehmen.
Jetzt habe ich 10 min zu Fuß und es ist super morgens länger zu schlafen und nicht immer Pufferzeit einplanen zu müssen.

Feuerblick
07.10.2017, 12:16
Als ständige Pendlerin geb ich auch mal meinen Senf dazu:
Alles unter 45 Minuten einfache Strecke (im Durchschnitt) ist eigentlich okay. Das sollte man aber tatsächlich anhand des Verkehrsaufkommens im Berufsverkehr genau anschauen. Gibt Strecken, bei denen hat man als Autofahrer zu normalen Arbeitszeiten keine Chance und braucht deutlich länger als zu anderen Zeiten. Meine Strecke beispielsweise ist eigentlich in 40 Minuten fahrbar, aber sobald man nach 6:30 Uhr losfährt, braucht man zwischen 70 und 90 Minuten... Wer nicht früh fahren kann, der hat ein Problem.
Was die Dienste angeht, müsste man mit den einzelnen Häusern reden. Zwischen 30 Minuten und notfalls im Haus Übernachten, wenn man Hintergrund hat und "total egal" gibt es da alles. Hängt auch vom Fach ab.
Prinzipiell kann man auch als Arzt problemlos pendeln, aber alles über 45 Minuten einfache Strecke ist einfach anstrengend und nervt auf Dauer. Daher würde ich mir das gut überlegen - zumindest wenn Pendeln mit öffentlichen Verkehrsmitteln nicht möglich und man aufs Auto angewiesen ist.

CYP21B
07.10.2017, 18:02
Was man auch nicht unterschätzen sollte ist die Heimfahrt nach einem beschissen 24h-Dienst. Das war ein paarmal schon eher grenzwertig. Wenn ich da über eine Stunde hätte fahren müssen - no way.

Das mit dem Berufsverkehr ist ein wichtiger Punkt. Bei meiner Strecke wären die Normalbedingungen auch ok gewesen. Leider gab es aber jeder Jahr von Frühjahr bis Herbst Baustellen und wenn da was war stand man ewig.

Sonst finde ich Bereitschaftsdienst tendenziell zum pendeln besser als Schichtdienst da man seltener fahren muss.

FirebirdUSA
07.10.2017, 19:13
Fahr 35-45 min einfach... nachts im Rufdienst im Tiefflug geht es zur Not in 25min.
Von der Fahrzeit ok, nur im Rufdienst werde ich deutlich früher alarmiert und freu im Zweifel halt wieder um.

Heerestorte
07.10.2017, 20:37
Was mir gerade zu dem Thema einfällt...
Dürfte man als Arzt, wenn man zu einem Notfall ins KH gerufen wird, eigentlich ein Blaulicht aufs Dach machen und dann schneller anfahren?

LasseReinböng
07.10.2017, 20:56
45 min door to door ( alle anderen Angaben sind Selbstbetrug) hat man in jeder deutschen Großstadt doch locker gebucht. Zumindest zuckel ich jeden Tag pro Strecke so viel ab innerhalb des Stadtgebiets. Bereitschaftsdienste, für die man extra reinkommen muß - wo hat man das denn als Assistenzarzt ?! Psychosomatik ?

Kackbratze
08.10.2017, 00:22
Dürfte man als Arzt, wenn man zu einem Notfall ins KH gerufen wird, eigentlich ein Blaulicht aufs Dach machen und dann schneller anfahren?

Normalerweise nein, wenn Du es wirlich darauf anlegen willst, stelle einen Antrag bei dem jeweiligen lokalen Behörden, allerdings wird es meist mir "wenn Du so wichtig bist, musst Du Anwesenheitsdienst machen" abgelehnt.
Der Rettungsdienst, der im Rendezvouz-Verfahren unterwegs ist hat entsprechende Sonderrechte, aber als Krankehausarzt bist Du da leider raus. Bislang zumindest.

Shizr
08.10.2017, 10:03
Dürfte man als Arzt, wenn man zu einem Notfall ins KH gerufen wird, eigentlich ein Blaulicht aufs Dach machen und dann schneller anfahren?
Nein.



Es ist praktisch ausgeschlossen, für so etwas eine Genehmigung zu bekommen. Und das setzt schon voraus, dass der Arbeitgeber ein "Blaulicht-Dienstfahrzeug" für seine Hintergründe anschaffen will. Aber die Behörden würden wohl zu Recht einwenden, dass man da doch genau so einfach und wesentlich gefahrenärmer schlicht nen Anwesenheitsdienst einrichten kann, wenn die Leute ggf so zeitkritisch im KH sein müssen.
Als Zivilperson... keine Chance. Zu Recht.

Ganz abgesehen davon, dass man eh keine Genehmigung bekommen wird... wer schult bitte die Leute?
Sonderrechtsfahrten sind wesentlich komplizierter als "Blaulicht an und schneller fahren". Es kommt nicht von ungefähr, dass das Unfallrisiko achtfach höher ist als bei "normalen" Fahrten.

Mano
08.10.2017, 10:15
Nein.
Es ist praktisch ausgeschlossen, für so etwas eine Genehmigung zu bekommen. Und das setzt schon voraus, dass der Arbeitgeber ein "Blaulicht-Dienstfahrzeug" für seine Hintergründe anschaffen will.

Theoretisch ist es auch möglich ein Privatfahrzeug mit Blaulicht ausstatten zu lassen - so bei uns z.B. für LNAs und OrgL. Führte dazu, dass es bei uns im Landkreis nun sowohl einen Twingo als auch einen A8 mit Blaulicht und Sondersignal gibt...:-dance
Ansosnten hast du natürlich recht.

altalena
08.10.2017, 11:25
. Bereitschaftsdienste, für die man extra reinkommen muß - wo hat man das denn als Assistenzarzt ?! Psychosomatik ?

Hat eine Kollegin in der Gyn. Da machen die Fachärzte den Vordergrund, und wenn was zu operieren ist, muss ein Assistent reinkommen.