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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Nicht-gerechtfertigte Fahrt mit blauen Blinklicht und Signalhorn?



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novaminsulfon
26.10.2017, 19:09
Hallo liebe Community,

folgendes Szenario, was ich gerne zur Diskussion stellen möchte. Ich benötige diesbezüglich dringend Rat.

Ein KTW transportiert einen Patienten, der während des Transportes zu einem Notfallpatienten wird. Der RDV ordnet eine Fahrt mit blauen Blinklicht und Signalhorn an wählt jedoch "unbeabsichtigt" genau das Krankenhaus, was nicht das Nächstgelegene ist. Glück in Unglück. Die Patienten kann trotz allem zügig in ärztliche Obhut übergeben werden. Keine Folgeschäden etc. Ist mittlerweile auch wieder wohl auf.

Zu meiner Frage. Der RDV erkennt den medizinischen Notfall und reagiert gerechtfertigt. Gehen wir einfach mal davon aus. Nur die Wahl des Krankenhauses ist nicht korrekt bzw. schlichtweg zu weit. Handelt es sich jetzt um eine nicht-gerechtfertigte Fahrt mit blauen Blinklicht und Signalhorn? Hat der RDV sich jetzt strafbar gemacht? Wäre das sogar schon ein Kündigungsgrund?

Danke für Euer Feedback.

WackenDoc
26.10.2017, 19:34
RDV? Was führte dazu, nicht das nächstgelegene Krankenhaus anzufahren? Wurde die Änderung an die Leitstelle gemeldet?

novaminsulfon
26.10.2017, 19:43
RDV = Rettungsdienstverantwortlicher
Keine Lagemeldung an die Leitstelle. Fehlende Ortskenntnis bezüglich Wahl des KH.

Markus-HEX
26.10.2017, 20:28
Insgesamt wirkt die Fragestellung sehr konstruiert.

Ein KTW ist üblicherweise für den Transport von Nicht-Notfallpatienten vorgesehen. Wird ein Patient zum Notfallpatienten, muss halt eine Güterabwägung durchgeführt werden, wie man weiter verfährt (z.B. zügige Anfahrt des nächsten, geeigneten Krankenhauses, Hinzuziehung eines Fahrzeuges für Notfallpatienten (RTW), je nach NA-Indikationskatalog ggf. auch eines NEFs), dieses sollte sinnvollerweise nach Absprache mit der Leitstelle geschehen.
Eine Cowboy-Aktion wie "ich erkenne einen akuten Notfall, ziehe keine Hilfe hinzu, fahre aber mit Sonder-/Wegerechten ein (offenbar nicht das nächste - wird hier mit fehlender Ortskenntnis begründet) Krankenhaus an" dürfte sicherlich einige Nachfragen bedingen- und das zu Recht.
Wie das juristisch (strafbare Handlung, Kündigungsgrund...) aussieht, wird sicherlich von mehreren Faktoren abhängen - z.B. Sauberkeit der Dokumentation (z.B. Divi-Protokoll, Info der Leitstelle), bestehende Dienstanweisungen/SOP/Vorgaben des ÄLRD, Patientenschädigung ....

WackenDoc
26.10.2017, 21:32
Ja, hört sich schon komisch an. Wer genau ist der Rettungsdienstverantwortliche?
Wenn ich ein Problem habe, dann seh ich zu dass ich Hilfe bekomme und da ist die Leitstelle mein erster Ansprechpartner: Die wissen wo welches Krankenhaus ist, können mir Hilfe schicken oder auch zumindest mal über Funk helfen, was die Patientenversorgung angeht.

FirebirdUSA
26.10.2017, 21:40
Ist zwar schon lange her, aber bei uns musste JEDE Signalfahrt bei der Leitstelle gemeldet werden und die wollte schon wissen warum und wohin.

Markus-HEX
26.10.2017, 21:40
Den Begriff RDV kenne ich auch nicht - vom Zusammenhang klingt es als med. höchstqualifiziertester an Bord des Fahrzeuges, bei einem KTW üblicherweise also einem Rettungssanitäter. Für diesen kenne ich üblicherweise dann die Bezeichnung Transportführer (der andere ist dann der Fahrer)

WackenDoc
26.10.2017, 21:50
Oder der Schichtführer der Organisation wo die Karre zu gehört?

Heerestorte
26.10.2017, 21:59
Ich denke er meint das, was viele als Rettungsdienstleiter kennen. Zumindest bei uns nennt man den Chef aller RD-Mitarbeiter Rettungsdienstleiter.

Markus-HEX
26.10.2017, 21:59
Oder der Schichtführer der Organisation wo die Karre zu gehört?
Ergibt nur nicht wirklich Sinn, weil in der Frage steht, dass der Rettungsdienst-Verantwortliche eine Notfall erkennt Und darauf hin die Sondersignalfahrt anordnet. Somit muss er ja nahe am Patienten sein

ehem-user-11022019-1151
27.10.2017, 18:32
Ist zwar schon lange her, aber bei uns musste JEDE Signalfahrt bei der Leitstelle gemeldet werden und die wollte schon wissen warum und wohin.

Ich bezweifle, dass sich da bei vielen in dieser Hinsicht etwas geändert hat.
Einfach das Signal anmachen und losfahren ohne Bescheid zu geben würde, würde das rauskommen, ein Gespräch mit dem Chef mit sich ziehen.
Die LST fragt zwar nicht immer genau nach dem Grund, ist jedoch befugt, zu fragen, was sich geändert hat oder nicht.
Und gerade wenn es ein KTW ist, wird er ziemlich genau nachfragen.
War das vielleicht der Grund, warum die Leitstelle nicht informiert worden ist?

Ob das ein Kündigungsgrund ist, weiß ich nicht, die unangekündigte Signalfahrt sollte aber berechtigterweise eine Abmahnung mit sich ziehen.
Ich hoffe, dass ich dir als Rettungsdienstmitarbeiter nicht erklären muss, warum es wichtig ist, eine Signalfahrt anzumelden?

Markus-HEX
29.10.2017, 12:41
Ich glaube, wir werden wohl keine Antwort mehr lesen....

Blinki86
30.10.2017, 06:47
I
Ich hoffe, dass ich dir als Rettungsdienstmitarbeiter nicht erklären muss, warum es wichtig ist, eine Signalfahrt anzumelden?

Erzähl mal. :)

Brutus
30.10.2017, 07:28
Einfach das Signal anmachen und losfahren ohne Bescheid zu geben würde, würde das rauskommen, ein Gespräch mit dem Chef mit sich ziehen.
Diesem Gespräch würde ICH relativ gelassen entgegen sehen. Es ist ja nicht so, dass da das Geläut angemacht wurde, um die Pizza nicht kalt werden zu lassen. ==>

Ein KTW transportiert einen Patienten, der während des Transportes zu einem Notfallpatienten wird. Der RDV ordnet eine Fahrt mit blauen Blinklicht und Signalhorn an wählt jedoch "unbeabsichtigt" genau das Krankenhaus, was nicht das Nächstgelegene ist. Glück in Unglück. Die Patienten kann trotz allem zügig in ärztliche Obhut übergeben werden. Keine Folgeschäden etc. Ist mittlerweile auch wieder wohl auf.
Ja mei, wenn ich überlege, wie oft wir mit einem auf dem ersten Blick unauffälligen Patienten losgefahren sind, und während der Fahrt dann doch entschieden haben, dass es vielleicht doch besser zügiger gehen sollte... :-nix
Auch die Geschichte mit dem nächsten Krankenhaus -> angefahren wird das nächste GEEIGNETE Krankenhaus. Und wenn ich auf dem Weg dahin an fünf Krankenhäusern vorbei fahre, dann ist das halt so. Was bringt mir die geilste Chirurgie im Landkreis, wenn das Köpfchen schon rausguckt und die Häuser keine Gyn haben? ;-)


Die LST fragt zwar nicht immer genau nach dem Grund, ist jedoch befugt, zu fragen, was sich geändert hat oder nicht.
Und gerade wenn es ein KTW ist, wird er ziemlich genau nachfragen.
Die Lei(d)tstelle würde bei uns gar nicht mitkriegen, wie wir ins Krankenhaus fahren, es sei denn, wir erzählen es ihr. ;-)
Bei einem KTW ist es richtig, dass man da (hinterher) nachfragen kann / soll / muss. Aber auch da: wenn die Leitstelle Euch zu einem Patienten mit dem KTW schickt, und der dann während der Fahrt zu einem Notfall wird, dann ist das halt so. Und wenn ich auf dem platten Land bin, das NEF steht am anderen Ende des Landkreises, dann dürfte es bei einigermaßen stabilen Patienten schneller gehen, wenn ich mit viel Licht und Getöse ins GEEIGNETE Krankenhaus fahre...


Ob das ein Kündigungsgrund ist, weiß ich nicht, die unangekündigte Signalfahrt sollte aber berechtigterweise eine Abmahnung mit sich ziehen.
Warum? Klar, wenn die Leitstelle Euch zur geplanten Dialysefahrt schickt, sollte man halt das Geläut auslassen. Aber wenn sich doch der Patient im Auto befindet und z.B. nach der Dialyse schlecht ist, daraufhin es MIT Licht und Ton zurück in die Klinik geht, warum sollte das eine Abmahnung geben? :-nix


Ich hoffe, dass ich dir als Rettungsdienstmitarbeiter nicht erklären muss, warum es wichtig ist, eine Signalfahrt anzumelden?
Da wäre ich jetzt auch interessiert...

BTW: Seit wann entscheidet die Leitstelle, ob ein Auto mit Blau unterwegs ist? Auf dem Hinweg zum Einsatz? Ja, da könnte man drüber streiten. Auf dem Rückweg mit Patient im Auto? Nein, definitiv nicht. Die Leitstelle KANN dann überhaupt nicht mehr entscheiden, weil sie den Patienten nicht kennt. Ihr vor Ort aber schon! Und die letztendliche Entscheidung ob Licht und Ton angemacht wird, trägt eh der Fahrer. Selbst ich als Notarzt kann nur meine Meinung zum Ausdruck bringen, dass es gerne schnell gehen darf, aber anordnen kann ich das nicht. Die Entscheidung, aber eben auch die Verantwortung trägt der FAHRER! Denn der muss letztendlich auch die Rübe dafür hinhalten, wenn was passiert.

ehem-user-11022019-1151
30.10.2017, 08:19
Es geht doch nicht darum, ob die Leitstelle entscheidet oder nicht sondern ob du informierst oder nicht. Übrigens, über die Fahrt mit Sonderrechte zum Einsatzort braucht man nicht streiten, das entscheidet die Leitstelle, die hier weisungsbefugt ist.
Es geht darum, dass du die Fahrt bei der Leitstelle als nun beginnende Sonderfahrt meldest, nicht anmeldest
Wenn du als NA, RA, RS die Entscheidung triffst, hast du einen Grund, der gerechtfertigt ist.

Da es bei jedem Verband andere Anweisungen gibt, kann das durchaus unterschiedlich gehandhabt werden, aber im generellen kann gesagt werden, dass wenn eine Dienstanweisung besteht, dass man eine Änderung der LST mitteilen MUSS, halte ich ein nachfolgendes Gespräch mit etwaigen Konsequenzen durchaus für gerechtfertigt, jedoch müssen alle Faktoren berücksichtigt werden.
Eine Information sollte allein aus rechtlichen Gründen erfolgen.

Edit: ich habe vorhin "anmelden" geschrieben, das kann irreführend klingen, melden klingt besser

Brutus
30.10.2017, 08:41
Übrigens, über die Fahrt mit Sonderrechte zum Einsatzort braucht man nicht streiten, das entscheidet die Leitstelle, die hier weisungsbefugt ist.
Ganz klares Jain. ;-)
Wir haben ganz häufig, dass die Leitstelle das NEF nachfordert z.B. zur Schmerztherapie. Da ist dann ja ein RTW vor Ort. Und damit für die Leitstelle klar, dass die Situation soweit in Ordnung ist und da nur jemand hinmuss, der mal "was" spritzt. Diese Einsätze werden dann häufig als "Einsatz ohne" rausgegeben. Das finde ich mal völlig daneben. Genauso wie die meisten der RA / NFA neben mir. Und die fahren wir in der Regel dann trotzdem "blau". Wenn das Probleme geben würde, ginge das aber auch in die andere Richtung nach hinten los. Denn das könnte man ja auch mal als unterlassene Hilfeleistung auslegen, denn Schmerztherapie ist ja ein nicht unwesentliches Recht eines jeden Menschen. :-nix

Eine Dienstanweisung zum Melden wie man jetzt unterwegs ist, besteht bei uns (zumindest in der Notfallrettung) nicht.
Kann bei den KTW anders sein, gerade bei den HiOrgs, aber m.W.n auch dort nicht (wenn dann intern bei denen).
Wie groß ist denn Euer Bereich? Wenn bei uns im Landkreis mit 10-15 Städten jedes Auto jede Änderung der Befindlichkeit melden würde, dann wäre unsere Kreisleitstelle wohl schnell überfordert. Wie gesagt, in der Notfallrettung ist es halt so, dass die Anmeldung für ein Krankenhaus über die Leitstelle geht, aber wie und woher nicht. :-nix

Feuerblick
30.10.2017, 08:56
Ich kenns tatsächlich auch so, dass man der Leitstelle Bescheid gibt, wenn man mit Musik weiterfährt. Zum einen als Absicherung (selbst wenn man nur geblitzt wird, ist ein Nachweis leichter zu führen, wenn die Leitstelle Bescheid weiß) und zum anderen, weil man in der Regel ja doch auch das Krankenhaus informiert haben möchte, dass sich die Situation jetzt verändert hat.
Aber vermutlich ist das von Landkreis zu Landkreis unterschiedlich geregelt. Daher kann man kaum sagen, ob sowas wirklich eine Abmahnung nach sich ziehen kann (bewusstes Handeln gegen eine Dienstanweisung kann zur Abmahnung führen) oder eben ganz normal ist...
Interessanterweise schweigt sich der TE zu weiteren Details aus.

Brutus
30.10.2017, 09:01
Keine Frage: gibt es eine Dienstanweisung, dann sollte man sich daran halten.
Und der erste Punkt sollte im eigenen Interesse schon befolgt werden. Die Info an das Krankenhaus sehe ich geteilt: dort dürfte es relativ egal sein, ob da ein RTW mit oder ohne Blaulicht kommt. Da wäre die Info warum schon eher wichtig. Aber da würde ich als Notarzt nur dann eine weitere Rückmeldung geben, wenn es jetzt elementar anders abläuft (Beatmung, Rea, etc.)...

Feuerblick
30.10.2017, 09:07
Es ist aber vermutlich schon für ein KH von Interesse, wenn ein KTW (!!!) mit Signal kommt. Weil man da per se ja nicht mit einem akuten Notfall rechnen dürfte ;-)

nie
30.10.2017, 09:15
Bei einer initialen KTW Tour wärs wohl aber schon ganz nett zu wissen, dass da jetzt ein Patient ankommt, dem es so schlecht geht, dass er mit Blaulicht gefahren wurde. ;-)

Ich kenne das eigentlich auch so, dass man der Leitstelle Bescheid gibt, wenn man mit Signal fährt. Ob man das jetzt wirklich machen muss, weiß ich aber nicht. Zumindest während meiner Zeit gabs auf jeden Fall keine Dienstanweisung dazu. Wenn es die gibt, dann kam die schon vor meiner Zeit.
Gleiches gilt für Änderungen des ursprünglichen Fahrtziels.

Bin aber auch schon mit Signal gefahren ohne die Leitstelle zu informieren. Hat die Leitstelle vermutlich einfach nie erfahren.
Gerade sowas wie „Nachforderung Analgesie“, was Brutus oben schon erwähnt hatte, fahre ich trotzdem dringend. Meist fällt mir auch erst bei der Datenerfassung auf, dass der Einsatz ohne Sonderrechte gemeldet war.

Aber in der initial geschilderten Situation (KTW - Patient wird zum Notfall und mit Blaulicht quer durch die Stadt ins KH gefahren) würde bei uns zumindest eine Nachtbesprechung stattfinden. Weniger um Abmahnungen zu verteilen sondern einfach um die Situation zu klären. Zumal KTW bei uns oft von Leuten besetzt werden, die keine Erfahrung in der Notfallrettung haben.

Allerdings wissen die Chefs ja genausowenig wie die Leitstelle, was der KTW den ganzen Tag so treibt und wenn keiner was sagt, wird’s wohl auch keine Konsequenzen haben.