PDA

Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Psychiatrie vs Radiologie



Seiten : [1] 2 3

semper_apertus
05.12.2017, 18:58
Hallo Forum :)

Befinde mich momentan in der Bewerbungsphase und ich kann mich einfach nicht zwischen mehreren Fächern entscheiden. Es gibt sowohl Pluspunkte für beide Fächer, sowie gravierende Nachteile. Vielleicht gibt es ja hier ein paar die schon in den genannten Fächern aktiv sind und mir evtl. ein wenig "Input" geben könnten, bzw. ein paar Sorgen entkräftigen können. Bin aber offen für jegliche Vorschläge, auch außerhalb der zwei genannten Optionen. Eins vorneweg: Chirurgische(lastige) Fächer fallen raus (liegt mir einfach nicht).

Das Problem was ich mit der Radiologie habe ist: Ist sie evtl. in 10-15 Jahren "obsolet", bzw. auf ein Minimum an Stellen reduziert? Man hört ja jetzt schon, dass teilweise Bilder per Telemedizin in Indien befundet werden. Im weiteren Verlauf dann sogar vielleicht komplett durch intelligente Software bzw. AI ersetzt, und 1-2 Kollegen die das Ganze absegnen. Dazu im krassen Gegensatz steht die Tatsache, dass die Radiologie als eines der wenigen Fächer mehr Berufseinsteiger hat, als Kollegen die in Rente gehen. Daher evtl. in paar Jahren das "große Aufwachen"?
Außerdem das Problem mit der Niederlassung: Ist es denn heute noch realistisch sich niederzulassen als Radiologe? Zumindest in meiner Umgebung gibt es a) keine freien Sitze und b)werden die vorhandenen alle von (Privat-)Kliniken aufgekauft und mit angestellten Radiologen "aufgefüllt". Kurzum: Lohnt sich die Radiologie denn rein finanziell noch? Ja, ich weiß alle Statistiken bejahen diese Frage: Aber ich glaub wenn man genauer hinsieht, sind es einige wenige die den Ausschlag in den Statistiken ausmachen. Scheint mir schon sehr stark ein "Flaschenhals"-Fach zu sein, mit dem Risiko in 10-20 Jahren nicht mehr in der jetzigen Form zu existieren.

Die Psychiatrie dagegen hat denke ich als Fach definitiv Zukunft, jedoch habe ich aus Gesprächen mit Kollegen herausgehört, dass es wohl kaum lukrativ sein soll, sich als Psychiater niederzulassen. So dass es wohl auf eine lebenslange Klinikkarriere hinauslaufen würde. Jedoch würde ich die Option der Niederlassung doch gerne bei meiner Facharztwahl haben. Und was ich hier so im Forum gelesen haben, verdient ein niedergelassener Facharzt (!) in etwa ein AA-Gehalt. Meiner Meinung nach ein Unding.

Aber vielleicht hat ja jemand noch einen guten Vorschlag :D. Mir wichtig sind:
-kein/kaum chirurgischer Anteil
-kein "Riesenfach" wie z.B. Innere in der Uniklinik
-realistische Option der Niederlassung/Arbeiten außerhalb der Klinik mit fairer Vergütung
-Fach mit Zukunft
-kein kompletter Exot

Und ja, ich weiß die eierlegende Wollmichsau gibt es nicht, aber vielleicht schätze ich die beiden Fächer auch einfach falsch ein. Ich danke euch allen schon mal im Voraus! :-blush

flopipop
06.12.2017, 13:12
Das Problem was ich mit der Radiologie habe ist: Ist sie evtl. in 10-15 Jahren "obsolet", bzw. auf ein Minimum an Stellen reduziert? Man hört ja jetzt schon, dass teilweise Bilder per Telemedizin in Indien befundet werden. Im weiteren Verlauf dann sogar vielleicht komplett durch intelligente Software bzw. AI ersetzt, und 1-2 Kollegen die das Ganze absegnen.

die software soll den befunder in erster linie unterstützen, aber ob sie ihn komplett ersetzen kann...man weiß es nicht..wohin der trend uns auch hinführt, wird der alltag des zukünftigen diagnostischen radiologen anders sein, als heute.



Außerdem das Problem mit der Niederlassung: Ist es denn heute noch realistisch sich niederzulassen als Radiologe? Zumindest in meiner Umgebung gibt es a) keine freien Sitze und b)werden die vorhandenen alle von (Privat-)Kliniken aufgekauft und mit angestellten Radiologen "aufgefüllt".


realistisch ja, aber sehr teuer. deswegen geht der trend von der einzelpraxis weg und hin zu gemeinschaftspraxen und mvz. und wenn auch noch dioe bürgerversicherung kommen sollte, dann wirds für alle praxen nochmal enger.



Die Psychiatrie dagegen hat denke ich als Fach definitiv Zukunft, jedoch habe ich aus Gesprächen mit Kollegen herausgehört, dass es wohl kaum lukrativ sein soll, sich als Psychiater niederzulassen.

zukunft und arbeitsbedingungen hin oder her - man muss sein fach schon ein bisschen mögen. psachiatrie als fach ist schon geschmacksache.....und wenn mans mag - ok.




Aber vielleicht hat ja jemand noch einen guten Vorschlag :D. Mir wichtig sind:
-kein/kaum chirurgischer Anteil

in der radiologie ist aktuell, auch aus o.g. gründen,die interventionelle radiologie zunehmend gefragt. sprich: wenn du das interventionelle arbeiten nicht magst, wirds mit der klinikkariere ab dem facharzt schwieriger, da die kliniken sich zumeist interventionalisten als oberärzte wünschen. klar gibt es rein diagnostisch tätige oberärzte, aber der trend geht eindeutig richtung katheter. wenn du aber eh in die praxis willst, dann ist es egal.

mach einfach das, was dir halbbwegs spaß macht, die zukunft wirst du eh nie 100% prognostizieren können und in jedem fach kann man eine nische finden.

semper_apertus
06.12.2017, 14:36
Erst einmal danke für deine Antwort! :-)


die software soll den befunder in erster linie unterstützen, aber ob sie ihn komplett ersetzen kann...man weiß es nicht..wohin der trend uns auch hinführt, wird der alltag des zukünftigen diagnostischen radiologen anders sein, als heute.
Eben, sehe ich genauso. Und neben dem Jobprofil wird es meiner Ansicht nach auch Änderungen in der Anzahl der verfügbaren Stellen geben. Für mich ist diese (massive) Unsicherheit leider ein Ausschlusskriterium.


realistisch ja, aber sehr teuer. deswegen geht der trend von der einzelpraxis weg und hin zu gemeinschaftspraxen und mvz. und wenn auch noch dioe bürgerversicherung kommen sollte, dann wirds für alle praxen nochmal enger.
Ok, ich muss gestehen, dass ich mich mit sowas leider kaum auskenne. Darf ich fragen warum du denkst, dass es dadurch schwerer für Praxen wird, und beziehst du da die MVZs mit ein? Dachte eigentlich MVZs seien politisch gewollt, und daher wäre es ja kontraproduktiv diese zu beschneiden. Eine generelle Frage zu MVZs: Ist man dort dann im Normalfall angestellt, oder Mitinhaber? Hat ja denke ich mal ganz erhebliche pekuniäre Konsequenzen?


zukunft und arbeitsbedingungen hin oder her - man muss sein fach schon ein bisschen mögen. psachiatrie als fach ist schon geschmacksache.....und wenn mans mag - ok.
"Ein bisschen mögen"( ;) ) tu ich sie ja beide, das ist ja das problem- auch wenn es rein objektiv betrachtet zwei komplett unterschiedliche, ja fast schon gegensätzliche Fächer sind.


n der radiologie ist aktuell, auch aus o.g. gründen,die interventionelle radiologie zunehmend gefragt. sprich: wenn du das interventionelle arbeiten nicht magst, wirds mit der klinikkariere ab dem facharzt schwieriger, da die kliniken sich zumeist interventionalisten als oberärzte wünschen. klar gibt es rein diagnostisch tätige oberärzte, aber der trend geht eindeutig richtung katheter. wenn du aber eh in die praxis willst, dann ist es egal.
Ja, danke, habe ich auch so auf dem Zettel. Vielleicht könnte ich mich aber zumindest mit dem Interventionellen arrangieren, um mir dann zumindest die Möglichkeiten am Krankenhaus zu bleiben offen zu halten. Wie gesagt, ich denke der niedergelassene diagnostische Radiologe wird in der Anzahl wie heute nicht 10-20 Jahre fortbestehen. Wobei man deren Lobby nicht unterschätzen sollte :-oopss


mach einfach das, was dir halbbwegs spaß macht, die zukunft wirst du eh nie 100% prognostizieren können und in jedem fach kann man eine nische finden.
Damit hast du vollkommen recht, nur will ich halt nicht blindens irgendwo hineingeraten, und nachher heißt es: "Hättest du dir vorher überlegen müssen" oder "War doch abzusehen, dass...":-((

Vielleicht haben sich ja auch andere AAs ähnliche Gedanken gemacht, bevor sie sich für eines der Fächer entschieden haben. Klar, man kann nicht alles zu 100% planen, aber ein bisschen Voraussicht schadet nicht:-winky

tarumo
06.12.2017, 15:32
Solange die Software nicht die juristische Verantwortung für den Befund übernimmt, wird es immer Fachärzte für Radiologie geben müssen und damit auch Assistenzärzte. Der technische Fortschritt erleichtert dem Radiologen die Arbeit zweifellos und wird das auch in Zukunft tun, aber das geht ja schon seit 100 Jahren so. Allenfalls Hilfsberufe werden überflüssig (jemand fürs Bilderarchiv z.B.).

In einem Land, in dem selbst Blutentnahmen wegen Bedenkenträgerei zu 90% durch das ärztliche Personal durchgeführt werden (müssen), wird ganz sicher nicht der gleiche Algorithmus, der den Lungenrundherd im Kontroll-CT gefunden hat, eine justitiable Diagnose stellen und die dem Patienten per Siri oder wasweißich vorlesen. Was die Niederlassungschancen angeht, wurde das korrekt beschrieben. Als niedergelassener Psychiater dagegen steht man vor recht geringen Einrichtekosten einer Praxis und auch eine Kassenzulassung dürfte leicht zu erlangen sein. Auf der Minusseite steht das Schlusslicht in der ambulanten Vergütung und ein nicht geringes Regressrisiko wg. teils teurer und dauerhaft zu verordnender Pharmazeutika (deswegen sind die Zulassungen auch easy zu haben) und die relative Unmöglichkeit, sich mit Privatpatienten querzufinanzieren (was durch die typische Patientenbiographien bedingt ist). Auf dem Sektor der "leichten" Erkrankungen konkurriert man dann noch mit Psychologen, Psychosomatikern und Ärztlichen Psychotherapeuten, so daß sich das klassische Klientel eher als Negativauslese (im medizinischen Sinne) zusammensetzen dürfte.

semper_apertus
06.12.2017, 15:55
Solange die Software nicht die juristische Verantwortung für den Befund übernimmt, wird es immer Fachärzte für Radiologie geben müssen und damit auch Assistenzärzte. Der technische Fortschritt erleichtert dem Radiologen die Arbeit zweifellos und wird das auch in Zukunft tun, aber das geht ja schon seit 100 Jahren so. Allenfalls Hilfsberufe werden überflüssig (jemand fürs Bilderarchiv z.B.).
Sehe ich primär ähnlich, nur frage ich mich ob es dann noch 'ne ganze Kompanie an Radiologen braucht, oder ob da 2-3 reichen, die das Ganze abnicken, bzw. verantworten. Ansonsten geb ich dir Recht: den Radiologen wird es auch weiterhin brauchen! Wenn auch vielleicht in anderer Form und dezimiert.


Als niedergelassener Psychiater dagegen steht man vor recht geringen Einrichtekosten einer Praxis und auch eine Kassenzulassung dürfte leicht zu erlangen sein. Auf der Minusseite steht das Schlusslicht in der ambulanten Vergütung und ein nicht geringes Regressrisiko wg. teils teurer und dauerhaft zu verordnender Pharmazeutika (deswegen sind die Zulassungen auch easy zu haben) und die relative Unmöglichkeit, sich mit Privatpatienten querzufinanzieren (was durch die typische Patientenbiographien bedingt ist). Auf dem Sektor der "leichten" Erkrankungen konkurriert man dann noch mit Psychologen, Psychosomatikern und Ärztlichen Psychotherapeuten, so daß sich das klassische Klientel eher als Negativauslese (im medizinischen Sinne) zusammensetzen dürfte.
Danke dafür! Nochmal 'ne neue Info für mich, dass mit dem Regressrisiko war mir gar nicht bewusst. Summa summarum unterstreichst du damit mein eher negatives Bild einer möglichen Option als niedergelassener Psychiater.

Wirklich vielen Dank für eure Tipps und Überlegungen. Gibt es denn andere Facharztrichtungen mit guter Chance der Niederlassung und ohne/mit wenig chirurgischem Anteil? Nur so als Input für meine Überlegungen ;-)

semper_apertus
06.12.2017, 15:55
Erst einmal danke für deine Antwort flopipop! :-)


die software soll den befunder in erster linie unterstützen, aber ob sie ihn komplett ersetzen kann...man weiß es nicht..wohin der trend uns auch hinführt, wird der alltag des zukünftigen diagnostischen radiologen anders sein, als heute.
Eben, sehe ich genauso. Und neben dem Jobprofil wird es meiner Ansicht nach auch Änderungen in der Anzahl der verfügbaren Stellen geben. Für mich ist diese (massive) Unsicherheit leider ein Ausschlusskriterium.


realistisch ja, aber sehr teuer. deswegen geht der trend von der einzelpraxis weg und hin zu gemeinschaftspraxen und mvz. und wenn auch noch dioe bürgerversicherung kommen sollte, dann wirds für alle praxen nochmal enger.
Ok, ich muss gestehen, dass ich mich mit sowas leider kaum auskenne. Darf ich fragen warum du denkst, dass es dadurch schwerer für Praxen wird, und beziehst du da die MVZs mit ein? Dachte eigentlich MVZs seien politisch gewollt, und daher wäre es ja kontraproduktiv diese zu beschneiden. Eine generelle Frage zu MVZs: Ist man dort dann im Normalfall angestellt, oder Mitinhaber? Hat ja denke ich mal ganz erhebliche pekuniäre Konsequenzen?


zukunft und arbeitsbedingungen hin oder her - man muss sein fach schon ein bisschen mögen. psachiatrie als fach ist schon geschmacksache.....und wenn mans mag - ok.
"Ein bisschen mögen"( ;) ) tu ich sie ja beide, das ist ja das problem- auch wenn es rein objektiv betrachtet zwei komplett unterschiedliche, ja fast schon gegensätzliche Fächer sind.


n der radiologie ist aktuell, auch aus o.g. gründen,die interventionelle radiologie zunehmend gefragt. sprich: wenn du das interventionelle arbeiten nicht magst, wirds mit der klinikkariere ab dem facharzt schwieriger, da die kliniken sich zumeist interventionalisten als oberärzte wünschen. klar gibt es rein diagnostisch tätige oberärzte, aber der trend geht eindeutig richtung katheter. wenn du aber eh in die praxis willst, dann ist es egal.
Ja, danke, habe ich auch so auf dem Zettel. Vielleicht könnte ich mich aber zumindest mit dem Interventionellen arrangieren, um mir dann zumindest die Möglichkeiten am Krankenhaus zu bleiben offen zu halten. Wie gesagt, ich denke der niedergelassene diagnostische Radiologe wird in der Anzahl wie heute nicht 10-20 Jahre fortbestehen. Wobei man deren Lobby nicht unterschätzen sollte :-oopss


mach einfach das, was dir halbbwegs spaß macht, die zukunft wirst du eh nie 100% prognostizieren können und in jedem fach kann man eine nische finden.
Damit hast du vollkommen recht, nur will ich halt nicht blindens irgendwo hineingeraten, und nachher heißt es: "Hättest du dir vorher überlegen müssen" oder "War doch abzusehen, dass...":-((

Vielleicht haben sich ja auch andere AAs ähnliche Gedanken gemacht, bevor sie sich für eines der Fächer entschieden haben. Klar, man kann nicht alles zu 100% planen, aber ein bisschen Voraussicht schadet nicht:-winky

davo
06.12.2017, 16:15
Wenn man schon den Teufel an die Wand malen will, dann darf man auch nicht die möglichen Implikationen der automatisierten Psychotherapie, der Tele-Psychotherapie, und des approbierten Psychotherapeuten, der u.U. auch Psychopharmaka verordnen wird dürfen, vergessen ;-)

semper_apertus
06.12.2017, 19:01
Ja, auch wieder wahr davo :-oopss Wobei ich denke, dass die Domäne der Psychiatrie schon noch länger bestehen bleibt, als die der Radiologen. Da ist es eine mehr als logische Konsequenz meiner Meinung nach, welche vor allem die niedergelassenen, nicht interventionellen Kollegen spüren werden.

Nessiemoo
06.12.2017, 21:01
Nicht-chirurgisch: Weniger chirurgisch als Neurologie geht es kaum. Ist zwar ein großes Fach und die Vergütung ist besser als in Psychiatrie, jedoch nicht ganz auf Radiologie-Niveau natürlich.

Spontane Alternativen: Was ist mit Pathologie? Ist gefragt, hat einen minimalen chirurgischen Anteil bei Obduktionen?
Sonst...naja, Allgemeinmedizin, Pädiatrie?

querfeldein
06.12.2017, 21:12
Ist das nicht maßgeblich eine wirtschaftliche Konsequenz? Dort, wo Unternehmen investieren wollen, wird's raschere Veränderung geben. Aber das ist ja auch das spannende an der Radiologie, die Nähe zur Technik und deren Neuerungen. Ja, keiner weiß wie's in 20 Jahren sein wird.

rafiki
06.12.2017, 21:43
Wenn man schon den Teufel an die Wand malen will, dann darf man auch nicht die möglichen Implikationen der automatisierten Psychotherapie, der Tele-Psychotherapie, und des approbierten Psychotherapeuten, der u.U. auch Psychopharmaka verordnen wird dürfen, vergessen ;-)

Selten so einen Unfug gelesen. Tele-Psychotherapie kann für einen sehr begrenzten Personenkreis mit sehr umschriebenen Indikationen infrage kommen. Das meiste, was fundierte Psychotherapie leistet, ist nur in der direkten persönlichen Interaktion möglich.
Und Psychopharmaka werden Psychologen oder primär universitär ausgebildete Psychotherapeuten nie verordnen werden. Psychopharmaka sind nicht nur SSRI (obwohl auch die exakte Indikationsstellung und Abwägung von Risiken bedürfen). Aber glaubst du wirklich, dass Medis wie z. B. Carbamazepin mit hohem Interaktionpotential, Clozapin mit der Gefahr schwerster internistischer Nebenwirkungen, zahlreiche Neuroleptika mit Krampfpotential, Lithium mit der Gefahr schwerer Nierenschäden oder das hochwirksame Tranylcypromin mit der Gefahr tötlicher Blutdruckentgleisung bei Nichteinhaltung von Diätvorschriften von Nichtmedizinern verordnet werden bzw. dass irgendein verantwortungsvoller Nichtmediziner dafür die Verantwortung übernehmen möchte?

semper_apertus
06.12.2017, 22:59
Nicht-chirurgisch: Weniger chirurgisch als Neurologie geht es kaum. Ist zwar ein großes Fach und die Vergütung ist besser als in Psychiatrie, jedoch nicht ganz auf Radiologie-Niveau natürlich.

Spontane Alternativen: Was ist mit Pathologie? Ist gefragt, hat einen minimalen chirurgischen Anteil bei Obduktionen?
Sonst...naja, Allgemeinmedizin, Pädiatrie?
Ja, Neurologie ist im weitesten Sinne auch im "Rennen", allein wegen des Psychjahres ist es auf meinem Schirm, wobei ich glaube, dass es nochmal 'ne Ecke stressiger ist und wirklich ein Riesenfach ist. Wie die Situation als Niedergelassener ist, weiß ich leider gar nicht. Denkst du es ist besser um Neurologiepraxen bestellt, als um Psychpraxen. Einerseits hinsichtlich des Klientels/Fälle als auch von der Entlohnung? Bei den ganzen Statistiken, die ich zu dem Thema gefunden habe, wurden meist Psychiatrie und Neurologie als gemeinsamer Punkt aufgeführt, und das wie gesagt meist ganz hinten in der Liste.

Zu den von dir genannten Alternativen: Von der Theorie her treffen sehr viele meiner Ansprüche an's Fach auf Patho zu, leider ist es mir dann runtergebrochen dann doch zu mikroskopielastig. Aber danke für die Idee, auch Ausschließen von Fächern hilft mir momentan (auch wenn wirklich viele meiner Wünsche an's Fach gepasst hätten!) :-) Pädiatrie kann ich ausschließen, ist einfach nicht meins. Allgemeinmedizin ist auch auf meiner Liste, wobei es mir bei dem Fach davor graut komplett in der "Unimühle" der Inneren unterzugehen. Ist vielleicht eine Fehlinterpretation meinerseits, aber die Kollegen im PJ in der Inneren, die eigentlich Allgemeinmedizin machten, wirkten extremst gestresst, wie eben die Innere so ist ;-) Wobei ich glaube, dass es "nur" 2 Jahre sind die man in der Klinik machen muss, wobei ich mich aber ehrlichgesagt damit noch nicht wirklich beschäftigt habe- sollte ich vielleicht mal tun? :-top Danke für die Vorschläge!


Ist das nicht maßgeblich eine wirtschaftliche Konsequenz? Dort, wo Unternehmen investieren wollen, wird's raschere Veränderung geben. Aber das ist ja auch das spannende an der Radiologie, die Nähe zur Technik und deren Neuerungen. Ja, keiner weiß wie's in 20 Jahren sein wird.
Ja, gebe ich dir Recht, wobei das glaube ich ein Henne/Ei Problem ist: In der Radiologie kann man gut verdienen, also wird investiert. Zudem ist es ein wirklich junges, technisches Fach, was dazu führt, dass es schnelle und viele Entwicklungsschritte gibt.


Und Psychopharmaka werden Psychologen oder primär universitär ausgebildete Psychotherapeuten nie verordnen werden. Psychopharmaka sind nicht nur SSRI (obwohl auch die exakte Indikationsstellung und Abwägung von Risiken bedürfen). Aber glaubst du wirklich, dass Medis wie z. B. Carbamazepin mit hohem Interaktionpotential, Clozapin mit der Gefahr schwerster internistischer Nebenwirkungen, zahlreiche Neuroleptika mit Krampfpotential, Lithium mit der Gefahr schwerer Nierenschäden oder das hochwirksame Tranylcypromin mit der Gefahr tötlicher Blutdruckentgleisung bei Nichteinhaltung von Diätvorschriften von Nichtmedizinern verordnet werden bzw. dass irgendein verantwortungsvoller Nichtmediziner dafür die Verantwortung übernehmen möchte?
Sehe ich genauso, eine Medikamtenanordnung ohne ärztliche Approbation sehe ich auch als sehr unwahrscheinlich an. Aber man will vielleicht nicht nur noch als "Pillenverschreiber" arbeiten wenn man sich als Facharzt niederlässt- aber nichts anderes bleibt einem momentan wirtschaftlich übrig, wenn man sieht was man für eine Stunde Psychotherapie laut Gebührenordnung bekommt.

tarumo
08.12.2017, 12:38
ich greif das nochmal auf:
-die Psychologen und Psychotherapeuten haben unlängst festgelegt, das angedachte Recht auf Medikamentenverordnung NICHT haben zu wollen. Die kennen eben die Risiken. Als Resultat bleiben einem niedergelassenen Psychiater dann nur die schweren, chronischen und teuren Fälle, während die in anderen Fächern üblichen "Verdünnerscheine" (wäre hier z.B. die 17jährige mit Liebeskummer) entfallen. Somit ist der Regress dann sicher und nur völlig Ahnungslose werden sich in eine Niederlassung stürzen. Btw. finanzieren die Banken weder in dem einen noch dem anderen Fach eine Niederlassung im GKV-Sektor- das dann wiederum dazu führt, daß die Praxen bei anstehenden Investitionen o.ä. dann eben aufgekauft werden können/müssen.
-ich kenne dazu keine Zahlen, es wäre mir aber neu, daß irgendwelche Fachrichtungen wegen dem technischen Fortschritt aufgegeben werden mussten. Früher haben die Operateure ihr Röntgen (und ihre Narkose) selbst gemacht, dann kam die Radiologie, aus der sich die Strahlentherapie und die Nuklearmedizin entwickelt haben, in 10 Jahren haben wir dann den Schnittbilddiagnostiker und den FA für Interventionsradiologie, und in 30 Jahren vielleicht irgendwelche Verfahren, die wir noch gar nicht kennen. Insgesamt geht doch die Zahl der Stellen nur stetig nach oben und außer dem FA für Rassemedizin gibt´s doch alle Fächer " von früher" noch bzw. sind über hundert dazugekommen. Lasse mich aber gerne eines anderen belehren.

tarumo
08.12.2017, 12:57
Selten so einen Unfug gelesen. Tele-Psychotherapie kann für einen sehr begrenzten Personenkreis mit sehr umschriebenen Indikationen infrage kommen. Das meiste, was fundierte Psychotherapie leistet, ist nur in der direkten persönlichen Interaktion möglich.?

Leider ist dieser Unfug überhaupt nicht spaßig, sondern wird allen Ernstes von interessierter Seite der Bevölkerung als Trostpflaster für nicht verfügbare ambulante Termine offeriert. Gibt genug Pressemeldungen dazu. Leider hat man übersehen, daß auch für Ärzte und PT der Tag nur 24 Stunden hat und wohl keiner in einer leeren Praxis rumsitzt und auf eine Möglichkeit zur Videokonsultation wartet. Vermutlich ist dann der zweite Schritt, das ganze in ein Callcenter nach Bangalore oder Mumbai abzugeben (DAS wird dann lustig). Gesetzlich wäre es wohl zulässig, gemäß der obligatorischen Minimalversorgung nach SGB V, und der vorherige Gesundheitsminister von NRW fiel ja auch mit der Aufforderung auf, die Patienten sollten bitte Fremdsprachen lernen, um die Ärzte zu verstehen. Übrigens gib/gab es auch Kassen (nachzulesen bei Renate Hartwig), die Millionen in die telefonische Fernbetreuung von Diabetikern durch Callcenter (ungewünschte Anrufe zum Lebenswandel etc.) investiert haben. Im Gegenzug spart man halt bei den Teststreifen , oder beim Insulin (Lantus z.B.)

tarumo
08.12.2017, 13:32
Das Problem was ich mit der Radiologie habe ist: Ist sie evtl. in 10-15 Jahren "obsolet", bzw. auf ein Minimum an Stellen reduziert? Man hört ja jetzt schon, dass teilweise Bilder per Telemedizin in Indien befundet werden. Im weiteren Verlauf dann sogar vielleicht komplett durch intelligente Software bzw. AI ersetzt, und 1-2 Kollegen die das Ganze absegnen. Dazu im krassen Gegensatz steht die Tatsache, dass die Radiologie als eines der wenigen Fächer mehr Berufseinsteiger hat, als Kollegen die in Rente gehen. Daher evtl. in paar Jahren das "große Aufwachen"?

Hast Du da belegbare Zahlen dazu? Soweit ich das überblicken kann, leiden viele Radiologien unter Personalmangel. Die arbeitsintensive Großgerätediagnostik wird immer mehr und die Geräte immer schneller, die manpower kann da bei weitem nicht mehr mithalten. Da es natürlich grundsätzlich mehr Stellen für Internisten gibt, ist deren Stellenteil im DÄB halt einfach dicker. Zum Vorteil gereichen aktuell den Radiologen auch diese Regelwerke a la Strahlenschutzfachkunde, die recht zuverlässig die (erfahrene) Konkurrenz aus dem Ausland "kleinhalten" (selbst ein Harvard - Radiologieprofessor hätte hier keine FK und müßte sich die über Jahre erarbeiten) und natürlich recht hohe Sprachhürden mit dem gewissen "Fachjargon".
Das Thema "Automation" kommt alle paar Jahre hoch und wird im wesentlichen von zwei Kreisen gestreut:
-Technik-Nerds, die zwar von Technik, aber nicht von Medizin und juristischen Feinheiten eine Ahnung haben. Radiologie ist eben nicht nur das Auffinden von einem pathologischen Befund (das schafft auch eine erfahrene MTRA oder ein Student nach Training).
-zweitens von interessierten Kreisen, wenn es um Lohndrückerei geht ("seht her, deren Arbeit kann auch ein Automat machen, und trotzdem wollen sie mehr Geld") - bei jedem Lokführerstreik sehr gut zu beobachten.
Letztendlich machen beide Fraktionen die Rechung einfach ohne den Wirt. Die Technik, Flugzeuge ohne Piloten von A nach B zu bekommen, existiert im Prinzip schon seit dem Zweiten Weltkrieg. Daß es überhaupt (meistens) gutbezahlte Piloten gibt, ist u.a. der Tatsache zu verdanken, daß die wenigsten Passagiere ein Flugzeug ohne Piloten besteigen würden, und Versicherungen das (für die Großluftfahrt) auch nicht goutuieren würden. Also bleibt´s bei militärischen Anwendungen und "low-risk" Dingen wie ein paar Pakete auf eine Alm oder eine Halling zu fliegen. Und in der Medizin ist das ganz genauso.

rafiki
08.12.2017, 14:39
Leider ist dieser Unfug überhaupt nicht spaßig, sondern wird allen Ernstes von interessierter Seite der Bevölkerung als Trostpflaster für nicht verfügbare ambulante Termine offeriert.

Von spaßig hab ich nichts geschrieben und dass es zunehmend angeboten wird, heißt nicht, dass die Entwicklung in dieses Richtung geht.


Übrigens gib/gab es auch Kassen (nachzulesen bei Renate Hartwig), die Millionen in die telefonische Fernbetreuung von Diabetikern durch Callcenter (ungewünschte Anrufe zum Lebenswandel etc.) investiert haben.

Im Gegensatz zur somatischen Beratung ist das wesentliche Wirkmoment einer jeden Psychotherapie die persönliche Beziehung zwischen Therapeut und Patient, die durch kein Medium ersetzt werden kann.

tarumo
08.12.2017, 15:21
Von spaßig hab ich nichts geschrieben und dass es zunehmend angeboten wird, heißt nicht, dass die Entwicklung in dieses Richtung geht.

Die Entwicklung "geht" nicht in die Richtung, sie wird gezielt dahin gesteuert. Und zwar von renditegeilen Telematikanbietern mit besten politischen Kontakten, Kassen, die für solche "Leuchtturmprojekte" Geld geben, was anderswo besser eingesetzt wäre, über willige Ärztekammern, die über eine Gesetzesänderung den Weg zur Fernbehandlung freimachen, bis hin zur Aufforderung der Verbraucherzentrale (!) an die Patienten, bei den Ärzten "Druck" zu machen, damit die so was anbieten. Letzteres war erst neulich...Kann man alles nachlesen. "Freiwillig" anbieten tut das ärztlicherseits kaum jemand..



Im Gegensatz zur somatischen Beratung ist das wesentliche Wirkmoment einer jeden Psychotherapie die persönliche Beziehung zwischen Therapeut und Patient, die durch kein Medium ersetzt werden kann.

Das bleibt unwidersprochen und das wissen wir beide, die anderen wissen es auch, aber es wird geflissentlich ignoriert. Das gleiche gilt auch noch für ein paar andere Fächer, wo z.B. der Foetor und Tastung ein wesentliches Diagnostikkriterium ist...
Aber in einem dichtbesiedelten mitteleuropäischen Industrieland bleibt die Implementierung von Behandlungskonzepten aus dem australischen Outback oder Arktis-Forschungsstationen fast vollständig unwidersprochen ...

semper_apertus
08.12.2017, 16:29
Hast Du da belegbare Zahlen dazu? Soweit ich das überblicken kann, leiden viele Radiologien unter Personalmangel. Die arbeitsintensive Großgerätediagnostik wird immer mehr und die Geräte immer schneller, die manpower kann da bei weitem nicht mehr mithalten.
Erstmal vielen Dank für eure Antworten! Hilft mir wirklich! :-lesen
Und nein, "belegbar" nicht, hatte es nur 'mal beim Querlesen entweder hier im Forum oder eines Blogs aufgeschnappt und es blieb mir einfach im Kopf, weil ich es selbst "krass" fand.
Ich gebe dir Recht, dass durch Automation nicht automatisch jeder Radiologe seinen Job verlieren wird. Vielmehr denke ich aber, dass sich das Berufsbild ändern wird- in Richtung der Interventionen. Und was ich auch für sehr wahrscheinlich halte ist, dass es schwerer wird einen Job außerhalb der Klinik zu finden. Niederlassen ist ja jetzt schon fast unmöglich (allein finanziell), aber ich denke in Zukunft wird es auch in der Summe weniger diagnostische Radiologiepraxen geben, aber vielleicht trügt mich da mein Gefühl auch. Lukrativ ist die Niederlassung nur noch für einige, wenige mit dem nötigen Kapital im Hintergrund ;-)

Wohl aber immer noch lukrativer als die Niederlassung als Psychiater. Vielen Dank nochmal @tarumo für die Ausführungen bzgl. der fast logischen Regressforderungen! Das sind einfach so Dinge, die man als "Anfänger" nicht weiß, nicht bedenkt. Ich denke auch nicht, dass der Beruf einens Psychiaters zeitnah "automatisiert" wird, dafür ist es wohl einfach zu unlukrativ. Wie schon geschrieben wurde, die "leichten" Fälle wird man auch in Zukunft an Hausärtze, Psychologen "verlieren", so dass schlussendlich nur die schwierigen übrig bleiben- und die wird man auch nicht nach Indien outsourcen können.

Generell muss man sich aber im Klaren sein, dass es wohl dramatische Änderungen für die Niedergelassenen geben wird, wenn man sich die aktuellen politischen Entwicklungen anschaut. Ob das jetzt gut oder schlecht für sowohl die Psychiater als auch für die Radiologen sein wird, vermag ich nicht zu beurteilen. Laut Lauterbach sollen ja technisch FÄ nicht mehr so überproportional gut vergütet werden- ob das aber im Gegenzug zu einem Anstieg bei den Psychiatern führt vermag ich nicht zu beurteilen, bzw. bezweifel ich.

Zum Thema Vergütung: Hab aus Interesse mal auf dieser Seite mögliche FÄ "durchgespielt": http://www.karista.de/berufe/psychiater/gehalt/ bzw. http://www.karista.de/berufe/facharzt-radiologie/gehalt/ Sind die Daten denn realistisch? Bzw. gibt es plausiblere Zahlen?

rafiki
08.12.2017, 19:53
Wie schon geschrieben wurde, die "leichten" Fälle wird man auch in Zukunft an Hausärtze, Psychologen "verlieren", so dass schlussendlich nur die schwierigen übrig bleiben- und die wird man auch nicht nach Indien outsourcen können.


Das ist eine ziemlich undifferentierte Darstellung. Das psychiatrische Klientel, was man als schwierig zusammenfasst (v. a. chronisch Schizophrene, schwer Suchtkranke und sehr schwer Persönlichkeitsgestörte) machen am Gesamtgut der psych. Hilfe Suchenden, einen kleinen Teil aus, im ambulanten Bereich höchstens 5-10%. Die restlichen über 90% (unter denen sich u. a. viele psychosomatisch Erkrankte und Lebensüberforderte finden) können gar nicht nur von Hausärzten und Psychologen versorgt werden. Was vielmehr zunehmen muss, ist eine differentiertere Aus-, Weiter- und Fortbildung von Psychiatern in Psychotherapie und Psychosomatik, die derzeit kaum vorhanden ist und dazu führt, dass sie in der allgemeinen Medizin- und Psychologiewelt zurecht als Halbärzte angesehen werden, die nichts als "Pillen verschreiben" können.

davo
08.12.2017, 20:09
LOL! Das wird ja immer absurder :-))