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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Kündigungsfristen befristete Verträge TV Ärzte VKA



Stornosaurus
20.12.2017, 17:26
Liebe Kollegen,

Ich habe eine allgemeine Frage zu euren Erfahrungswerten bezüglich der Kündigungsfristen für befristete Verträge des TV Ärzte VKA.

Anwendung findet §31 Abs 5.

Meine Personalabteilung behauptet, es ginge bei den Fristen nicht um die Beschäftigungszeit / Betriebszugehörigkeit, sondern um die Vertragsdauer. Nach Ende der Probezeit wäre dann für einen Vertrag, der auf fünf Jahre befristet ist, immer eine Kündigungsfrist von vier Monaten zum Quartalsende einzuhalten.

Welche Erfahrungen habt ihr gemacht?

Danke!

Anne1970
20.12.2017, 19:07
Rechtsberatung erhältst du beim Marburger Bund. Als Mitglied kann man jeden Vertrag auch per Fax prüfen lassen.

Moorhühnchen
20.12.2017, 19:26
Wenn Du weg willst, würde ich mich auf §35 berufen:


§ 35 Kündigung des Arbeitsverhältnisses
(1) 1Bis zum Ende des sechsten Monats seit Beginn des Arbeitsverhältnisses beträgt die Kündigungsfrist zwei Wochen zum Monatsschluss. 2Im Übrigen beträgt die Kündigungsfrist bei einer Beschäftigungszeit (Absatz 3 Satz 1 und 2)
bis zu einem Jahr ein Monat zum Monatsschluss,
von mehr als einem Jahr 6 Wochen,
von mindestens 5 Jahren 3 Monate,
von mindestens 8 Jahren 4 Monate,
von mindestens 10 Jahren 5 Monate,
von mindestens 12 Jahren 6 Monate
zum Schluss eines Kalendervierteljahres.
Wenn sie Dir querkommen, kann eine Rechtsberatung natürlich nie schaden.

Autolyse
20.12.2017, 21:39
Es kann nur Beschäftigungsdauer gemeint sein, andernfalls wäre die Regelung in sich widersprüchlich.

Eine Kündigung ist bei einer Vertragsdauer von 12 Monaten und weniger ausgeschlossen (§ 31 Absatz 5 Satz 1 TV-Ärzte/VKA). Würde sich die Frist nach der beabsichtigten Vertragsdauer richten, dann wäre die Regelung in Satz 2 für insgesamt mehr als 6 Monate überflüssig. Da es sie gibt, kann nur Beschäftigungsdauer gemeint sein.
Ein weiteres Argument ist, dass dies innerhalb des V. Abschnitts des Tarifvertrages ein systematischer Bruch wäre, da dieser insgesamt an Beschäftigungszeiten anknüpft. Dies wird insbesondere durch § 31 VI TV-Ärzte/VKA gestützt. Wollte man den systematischen Bruch annehmen, müssten sich dies im Text zudem klar niederschlagen.

Abgesehen davon gibt es immer Möglichkeiten aus einem Vertrag rauszukommen. Gerade in den schneidenden Fächern gibt es überproportional häufig "verhaltensoriginelle" Charaktäre. Deren Eigenschaften kann man nutzen und innerhalb der Zwei-Wochen-Frist des § 626 Absatz 2 Satz 1 BGB zum Schluss kommen, dass durch deren Verhalten das Vertrauensverhältnis zum Arbeitgeber irreparabel beschädigt ist. ;-)
Allerdings hinterlässt das verbrannte Erde und wenn man sowas hypothetisch in Erwägung zöge, dann sollte man sich ob der Fallstricke beraten lassen.

SineNomine
21.12.2017, 06:01
Rechtsberatung erhältst du beim Marburger Bund. Als Mitglied kann man jeden Vertrag auch per Fax prüfen lassen.

oder auch beim Hartmannbund, je nachdem wo man Mitglied ist

Pflaume
21.12.2017, 14:34
Meine Personalabteilung behauptet, es ginge bei den Fristen nicht um die Beschäftigungszeit / Betriebszugehörigkeit, sondern um die Vertragsdauer.[...]

Welche Erfahrungen habt ihr gemacht?

Ich habe die Erfahrung gemacht, dass das ein gern genommenes Blabla von der Personalabteilung ist, wenn sich jemand nach der Kündigungsfrist erkundigt und der Personalabteilung gerade nicht in den Plan paßt, daß der gehen will. Wenn die Kündigung dann auf dem Tisch liegt, werden aber die korrekten Regelungen zugrundegelegt, denn eine andere Chance hat man als Arbeitgeber ja eh nicht.

Also ich würde schön die Kündigung abgeben, mich bei den Fristen nach §31 richten, und am wichtigsten: Natürlich sich den Eingang der Quittung (mit Datum) auf einer Kopie quittieren lassen. Habe ich so gemacht und hat bestens funktioniert, auch wenn beim Abgeben der Kündigung nochmal kurz ein "aberaber..." aufkam. Habe ich freundlich ignoriert und paar Tage später netterweise sogar eine schriftliche Bestätigung des Austrittstermins bekommen (zusammen mit dem Angebot, bis dahin natürlich jederzeit den Vertrag doch wieder zu verlängern).

Soweit meine Erfahrungen. Im übrigen kann auch ich Mitgliedschaft und Beratung beim Marburger Bund ans Herz legen.

Anne1970
22.12.2017, 04:06
Kann da nur zustimmen, Pflaume :grins: .
Der Marburger Bund ist der Verband, der die Tarifverhandlungen mit den AG führt und die Tarifverträge aushandelt; ist spezialisiert auf Angestellte.

Stornosaurus
23.12.2017, 13:25
Danke dir! Der Marburger Bund sieht das genau so. Nur eben nicht meine Personalabteilung. Und die werden sich nun wohl mit den Justitiaren streiten müssen. Laut MB hätte es in den letzten dreißig Jahren nur ein einziges Mal eine derartige Auslegung (Vertragsdauer statt Beschäftigungszeit) seitens eines Arbeitgebers gegeben.

tarumo
23.12.2017, 21:41
Sehe ich das richtig, daß sich alles um eine Auslegungs-Differenz von vier Wochen dreht, die Dich der Arbeitgeber gerne weiter "zwangsarbeiten" lassen würde? Boah....
Laß den MB sich drum kümmern, wahrscheinlich regelt sich das dann in Deinem Sinne. Krankenhausjuristen/personaler sind IMHO nicht die hellsten Lichter am Baum...
Bevor ich mich allerdings auf private Kosten in einen längeren Rechtsstreit verstricke, würde ich dann lieber noch Resturlaub/Überstunden/Zeitzuschläge und vielleicht noch ein paar Fortbildungstage nehmen, und wenn dann noch ein, zwei Wochen übrigbleiben, dann kann einem so eine Auseinandersetzung schon mal auf den Magen schlagen;-) Auf einen groben Klotz gehört ein grober Keil. Zeugnisse würde ich in jedem Fall jetzt schon zeitnah anfordern, damit die Gegenseite nicht noch eins draufsetzen kann.