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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Privat zum Dr. med.? Was denkt ihr über Privatunis?



ehem-user-26-08-2022-1228
27.12.2017, 09:41
Liebe Alle,

Ich wollte fragen, was ihr von Privatunis denkt?

Ich bin aus Österreich und auch hier gibt esPrivate Unis, unter anderem auch die Karl Landsteiner Privatuni. Es ist ein 3-jähriges Bachelor und ein 2-jähriges Masterstudium. Danach ist man ganz normal Dr.med.univ. Also quasi 1 Jahr weniger als an öffentlichen Uni. Früher hielt ich von diesen Privaten Unis eig nichts, aber mittlerweile finde ich es irgendwie nicht mehr so schlimm.

Ich war halt einfach der Meinung, dass an diesen Unis die Lehre einfach viel schlechter ist, dass es quasi nur eine abgespackte Version einer öffentlichen Uni ist, dort nur Schnösel rumlaufen und man sicher in den Krankenhäusern nicht ernst genommen wird.

Ich habe mich jetzt aber damit beschäftigt und viele Leute kennengelernt, die dort studieren und ich muss sagen, dem ist nicht so. Es sind einfach ganz normale Leute, klar, einige sind Schnösel deren Eltern ihnen das ganze Studium und noch ein Penthouse gleich neben der Uni bezahlen, aber viele sind auch ganz normale Leute, die sich entweder einen Kredit aufgenommen haben oder hart nebenher arbeiten.

Dadurch, dass die Gruppen sehr klein sind, lernt man mit Sicherheit so viel wie an öffentlichen Unis und man trägt ja auch einen großen Teil selbst, was und wie gut man lernt.

Was denkt ihr darüber? Und würdet ihr denken, an eurer Uni, während der Fam oder im PJ würden Studenten von Privatunis irgendwie lächerlich gemacht werden oder man hätte generell eine andere Einstellung?

Freu mich auf eurer Meinungen

Solara
27.12.2017, 18:15
Warum will man teuer (!) an der Privatuni studieren, wenn es doch an einer staatlichen Uni auch geht. Du sprichst von Linz, oder?

davo
27.12.2017, 19:25
Nein, die KL ist in Krems, einer 24.000-Einwohner-Stadt in Niederösterreich. Sehr klein und nicht sehr bekannt.

Die JKU in Linz hingegen ist staatlich, keine Studiengebühren.

Meine persönliche Meinung dazu: Die Ausbildung ist wahrscheinlich weder besser noch schlechter als an anderen Unis. Aber während man bei der PMU in Salzburg einen ganz eindeutigen, geldwerten Vorteil hat (nämlich dass man ein Jahr früher fertig ist), hat man an der KL diesen Vorteil entgegen deiner Annahme nicht, da in Krems sowohl das Bachelorstudium als auch das Masterstudium je 6 Semester lang sind. Ich persönlich sähe also keinen Grund, für das Studium in Krems viel Geld zu bezahlen, wenn man dasselbe Studium in derselben Zeit auch ohne Studiengebühren absolvieren kann ;-)

Solara
27.12.2017, 19:36
Ne private Uni in Krems ist tatsächlich an mir vorrübergegangen. Was will man nur in Krems? Dann kann man auch gleich nach Kosice etc. gehen, das ist wenigstens größer. Okay, nicht mehr Österreich, aber zumindest im Nachbarland.

davo
27.12.2017, 19:45
Ja, die KL ist aus irgendeinem Grund deutlich weniger präsent in den Medien als die PMU. Mein Eindruck war immer, dass die KL deutlich mehr "upper class" ist als die PMU, aber ich hab keine Ahnung, ob das gerechtfertigt ist :-))

Das Klinikum in Krems ist auch vergleichsweise klein, ca. 450 Betten. Und in Tulln, 30 Autominuten entfernt, gibts nochmal ca. 450 Betten.

Aber noch viel interessanter ist meines Erachtens die sogenannte Danube Private University (was etwas verwirrend ist, da es in Krems auch die Donau-Universität gibt, eine staatliche Weiterbildungsuniversität mit teuren Master-Studiengängen), ebenfalls in Krems, wo man Zahnmedizin studieren kann. Einfach mal googeln :-p

Solara
27.12.2017, 20:28
Oh, nicht das KH Krems erwähnen, da bin ich traumatisiert.

ehem-user-26-08-2022-1228
27.12.2017, 21:35
Ja genau, also in Salzburg gibts die PMU, die hat eine Partneruni in Nürnberg, soweit ich weiß. In Wien gibts dann noch die SFU (Sigmund Freud Uni) und eben die Karl Landsteiner. Preislich sind die alle so bei 15.000-23.000€ im Jahr, was ich schon Hammer finde, wenn man bedenkt, dass es doch 6 Jahre sind und man ja auch noch leben muss. Es ist halt doch sehr verschult und die Lernerei ist sicher nicht zu unterschätzen, also groß arbeiten nebenher ist wohl nicht.

Einerseits denke ich mir, 150.000€ Schulden ist schon Hammer, andererseits nehmen sich genug junge Leute einen Kredit von 300.000€ für ein Eigenheim auf. Ich würde es auf keinen Fall machen, mir wärs einfach zu viel Kohle und somit ein immenser Druck.
Mich hat es halt nur mal interessiert, wie das generell so gesehen wird, vor allem dann eben in den Krankenhäusern und bei den Fachärzten selbst zB. ob es da Vorurteile gibt (berechtigt oder nicht sei mal dahingestellt) oder nicht.

Obwohl ich Englisch heutzutage auch sehr wichtig finde, vor allem auch in der Medizin, weil viele Artikel nun mal auf Englisch veröffentlicht werden, finde ich es irgendwie nicht so gut, dass das Studium auf Englisch ist. Aber vielleicht kommt man da rein und hat dann eh keine Probleme später.

Wahrscheinlich ist es komplett egal, fragt einen später eh keiner mehr, wo man studiert hat und was man dafür bezahlt hat.

ehem-user-26-08-2022-1228
27.12.2017, 21:35
Oh, nicht das KH Krems erwähnen, da bin ich traumatisiert.


Wieso denn das? Als Patient/in oder als Famulant/in? :-)

davo
27.12.2017, 21:49
Stimmt, die SFU gibt es ja auch noch...

Der Vergleich mit dem Kredit für das Eigenheim ist unsinnig. Denn das Eigenheim kann ich jederzeit wieder verkaufen - und dass es vom Staat kostenlose Eigenheime geschenkt gibt, ist mir auch nicht bekannt :-p

Vorurteile gibt es sicher, aber das kann einem ja egal sein... interessiert im Normalfall bestimmt niemanden, wo man studiert hat.

Studium auf Englisch, wenn Dozenten und Studenten großteils deutsche Muttersprachler sind, richtet IMHO viel mehr Schaden an als es einem bringt...

Lena118
28.12.2017, 17:28
Würdet ihr denn wenn ihr ca. 2-3 Semester an einer der Privatuni ( Österreich) studiert habt, und die Möglichkeit hättet einen staatlichen Studienplatz in Deutschland wahrzunehmen, diesen annehmen ? Höchstwahrscheinlich ohne Anrechnung der in AT erbrachten Studienleistungen.

davo
28.12.2017, 17:40
Interessante Frage :-)) Schwer zu sagen.

Wäre ich an der PMU (mit nur 10 Semestern Regelstudienzeit), würde ich wahrscheinlich in Österreich zu Ende studieren, da es finanziell vorteilhaft sein sollte, man nicht mehr so lange warten muss bis man fertig ist, und man automatisch den Dr. med. univ. bekommt. Wäre ich an der KL oder der SFU wäre die Entscheidung schwerer - finanziell ist es da wahrscheinlich ein Nullsummenspiel. Aber wahrscheinlich würde ich dennoch in Österreich zu Ende studieren, einfach weil es schön ist, wenn man weiß, dass man nicht mehr so lange auf den Abschluss warten muss.

Andererseits ist es sicher auch ganz interessant, den Vergleich zwischen zwei Staaten und zwei völlig unterschiedlichen Unis zu haben. Aber dafür 1-1,5 Jahre später Arzt zu sein? Hm.

Hängt glaube ich auch davon ab, wo man studiert, wie wohl man sich dort fühlt, wo man in Deutschland studieren würde, und wie wohl man sich dort fühlen würde.

Lena118
29.12.2017, 13:04
Hey Davo danke für die differenzierte Antwort.

Also ich studiere momentan an der Wiener Privatuni.

Für mich sind die am meisten ausschlaggebenden Argumente vor allem:

1. Die sehr hohen Studiengebühren und
2. der noch nicht absehbare Ruf bzw. die Reputation nach Abschluss des Studiums. (ggf. abwertung zu deutschen staatlichen Studenten ?)

und etwas auch die Entfernung, gute 900 km sind es von meinem zuhause.


Dementsprechend fällt es mir schwer abzuwägen ob ich, wenn ich einen Platz bekommen SOLLTE, diesen annehme oder nicht.
Ist ja beides mit positiven und negativen Aspekten verbunden. In DE muss man sich ja keine Gedanken um den Ruf nach dem Abschluss mehr machen, da es alles schon lange etablierte Unis sind, die Private ist noch sehr neu, baut gerade erst den neuen Campus. Die Studiengebühren fallen natürlich auch weg.

Die größte Frage bleibt im Endeffekt um es sich lohnt dafür 1 bis 1 1/2 Jahre länger zu machen ?


Freue mich über weitere Antworten und Meinungen !

kartoffelbrei
29.12.2017, 13:08
Also ich weiß bei kaum einem meiner Kollegen, wo sie studiert haben. Insofern würde ich mir um den Ruf nicht allzu viele Gedanken machen...

davo
29.12.2017, 13:19
Das mit dem "Ruf" kannst du IMHO völlig vergessen. Interessiert doch niemanden, wo du studiert hast. Und wenn jemand fragt, dann halt rein als small talk.

Was mich da schon viel eher interessieren würde, ist ob die SFU im WDOMS steht (denn das ist schnell mal wichtig, wenn man in Übersee arbeiten will - tut sie) und ob sie auf der California list steht (was wichtig ist, wenn man in Kalifornien den FA machen will oder als Arzt arbeiten will - tut sie nicht).

Und obwohl es finanziell wahrscheinlich ein Nullsummenspiel ist (da du, wenn du in Wien bleibst, ja 1-2 Jahre zusätzliches FA-Karriereendgehalt hast), wäre es sicher interessant, stattdessen in D zu studieren, da man das Geld dann eben sofort hat statt erst in vielen Jahren. Andererseits wäre es sicher interessant, früher fertig zu sein. Kann dir also glaube ich niemand sagen. Musst du selbst entscheiden.

Nachdem du die erste SFU-Studentin bist, die mir über den Weg läuft, würde mich aber viel mehr interessieren, was du so über das Studium zu erzählen hast! :-))

Lena118
29.12.2017, 16:16
Danke für die Antworten Leute.

Noch mal kurz zu dem "Ruf", da ihr ja sagt es sei völlig irrelevant. Verhält sich das auch so dann bei der Jobsuche, z.B eines beliebten Faches? Wird da nicht wirklich berücksichtig auf welcher Uni man sein Studium absolviert hat?

@ davo
Gerne kann ich bisschen was erzählen und die mMn positiven und negativen Dinge umreißen. Weitere konkrete Fragen kann ich dir auch gerne beantworten

Also das Studium ist sehr interdisziplinär aufgebaut, nach Organsystemen mit allen Fächern von Anatomie bis zur Klinik und Diagnostik. Einerseits lernt man sehr viel klinisches andererseits jedoch wird man in den Grundlagen mMn nicht so detailreich ausgebildet wie zB im deutschen Regelstudiengang. In jedem Modul hat man auch Praktika zum einüben der klin. Fähigkeiten mit Fallbeispielen.
Auch die Dozenten sind meistens sehr bemüht, bieten auch die Möglichkeit der Hospitation auf Ihrer Station an, schon ab dem 1. Semester.
Dazu kommt das man innerhalb der ersten 3 Jahre im Studium die Ausbildung zum Rettungssanitäter absolviert, was auch meines Empfindens nach eine gute Alternative zum Pflegepraktikum ist.
Da man alle Prüfungen am Computer schreibt bekommt man die Ergebnisse dementsprechend auch in 1-2 Tagen.


Jedoch gibt es natürlich auch Sachen zu bemängeln. Zum Beispiel, dass man den Präpkurs erst und nur! im 6. Semester hat, weswegen das theoretische Anatomie lernen sehr zäh und teilweise uninteressant ist. Außerdem gibt es nicht wirkliche vorklinische Laborübungen/Praktika hat wie es in Deutschland üblich ist. Im moment ist auch das Platzangebot etwas dürftig, aber der neue Campus soll im nächsten Jahr fertiggestellt werden. Allgemein kann man sagen, dass man teilweise merkt, dass es sich noch um eine "neue" Uni handelt, da sich viele Dinge erst einspielen müssen, mit der Zeit aber merkbar besser werden.

Habe jetzt mal die wichtigsten Sachen erwähnt aber gehe wie gesagt gerne auf Fragen ein.


Außerdem sind die negativ aufgeführten Punkte, v.a im Bezug auf die Naturwissenschaftlichen Grundlagen (Präpkurs, Vorklinische Übungen) eventuell ein Punkt weswegen sich der Wechsel nach DE lohnen würde, oder überschätze ich das ?

davo
29.12.2017, 17:38
Vielen Dank für deinen Bericht! :-top


Noch mal kurz zu dem "Ruf", da ihr ja sagt es sei völlig irrelevant. Verhält sich das auch so dann bei der Jobsuche, z.B eines beliebten Faches? Wird da nicht wirklich berücksichtig auf welcher Uni man sein Studium absolviert hat?

Ich kann mir nicht vorstellen, dass es eine Rolle spielt. Aber ich bin auch erst im 9. Semester :-p Und es wird sicher vereinzelt Gegenbeispiele geben. Dennoch: Es gibt in den wenigen beliebten Fächern ja auch Assistenzärzte, die in Österreich studiert haben (und das bestimmt nicht freiwillig :-p) - die dürfte es ja auch nicht geben, wenn die Uni so wichtig wäre.


Dazu kommt das man innerhalb der ersten 3 Jahre im Studium die Ausbildung zum Rettungssanitäter absolviert, was auch meines Empfindens nach eine gute Alternative zum Pflegepraktikum ist.

Interessant. Das bringt für die spätere Tätigkeit bestimmt deutlich mehr als das Pflegepraktikum.


Da man alle Prüfungen am Computer schreibt bekommt man die Ergebnisse dementsprechend auch in 1-2 Tagen.

Sei froh. Bei uns dauert es stets Wochen, manchmal Monate.


Außerdem sind die negativ aufgeführten Punkte, v.a im Bezug auf die Naturwissenschaftlichen Grundlagen (Präpkurs, Vorklinische Übungen) eventuell ein Punkt weswegen sich der Wechsel nach DE lohnen würde, oder überschätze ich das ?

Rein vom Inhaltlichen her überschätzt du glaub ich den langfristigen Lerneffekt der deutschen Vorklinik. Ja, wir hatten 2,5 Semester lang Präparierkurs, ja, der war auch wirklich sehr gut gemacht, ja, man hat da auch sehr viel gelernt, ja, hin und wieder hilft es einem dann ein wenig in den chirurgischen Fächern, aber den Großteil vergisst man sehr schnell wieder. Es ist eine tolle Erfahrung gewesen, ja, aber rein vom Inhaltlichen her hält sich der langfristige Nutzen IMHO eher in Grenzen. Unser Biochemie-Praktikum war auch hin und wieder ganz interessant, aber die wirklich wichtigen Dinge hat man erst später in der Klinischen Chemie gelernt. Das Physiologie-Praktikum war sehr gut gemacht, aber der Nutzen für die Arbeit als Arzt hält sich glaube ich in Grenzen. Das was wirklich wichtig ist, wie z.B. die unterschiedlichen Arten von Alkalosen und Azidosen, versteht man sehr schnell, man braucht dafür kein Praktikum, und es wird in der Inneren Medizin sowieso noch oft wiederholt.

Für die Vorklinik würde ich deshalb nie nochmal von vorne anfangen. Für mich wären die zwei Hauptaspekte der finanzielle Aspekt und der Zeitpunkt des Abschlusses - und bis zu einem gewissen Grad auch der nette Bonus des Dr. med. univ. Aber die Vorklinik - naja.

Lena118
03.01.2018, 22:52
Vielen Dank für die sehr ausführlich Antwort davo!

Du hast auf jeden Fall recht, der Zeitpunkt des Abschlusses ist ein auch für mich ausschlaggebender Punkt der mich am meisten "zweifeln" lässt.
Das muss man sich gut überlegen.

Weißt du zufällig ob es eine Möglichkeit gibt, sich zB von der Uni in Deutschland hochstufen zu lassen oder einzelne Klausuren wie zB die Naturwissenschaft anerkennen zu lassen ?
Über das LPA geht es ja nicht aufgrund des ganz anderen Studienaufbaus.

Marcel in Bulgarien
15.01.2018, 20:52
Auf eine privat Universität würde ich mich nur einlassen wenn man das nötige Geld dazu besitzt und die Gebühren keine finanzielle Belastung darstellen. Sicherlich sind die privaten Universitäten super Ausbildungsstellen, doch in das Berufsleben mit Schulden zu starten ist nicht schön. Ich selbst studiere in Sofia. Hier sind die Gesamtkosten ähnlich wie in Deutschland und das Studium ist Nc frei. Mehr über meine Erfahrungen zu meinem Studium im Ausland findet ihr auf: www.marcel-in-Bulgarien.de viel Spaß beim
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