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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Apallikern die Magensonde ziehen



Aufschneider
25.10.2003, 13:56
Und? Was sagt ihr dazu?

Beispiel Florida: Gericht entscheidet Magensonde raus, Bush jr. entscheidet Magensonde wieder rein.

Wieviele werden eigentlich wieder wach?
Wie hoch ist denn in Deutschland die durchschnittliche Lebenserwartung eines Apallikers?
Was kostet denn eigentlich ein Apalliker den Beitragszahler im Monat?

Ich finde: nach spätestens drei Jahren Schlauch raus.

Aufschneider

Neujahrsrakete
26.10.2003, 10:19
Hallo Aufschneider,

der Familie Bush muß man so etwas verzeihen können. Das sind ja schließlich gottgewordene Menschen. Die können und dürfen alles. Und da kann auch kein Widerspruch geduldet werden. Die Bushs werden es schon richten :-( :-??? :-(

Nein, jetzt mal im Ernst. Du sprichst da ein interessantes Thema an. Leider kann ich Deine Fragen (Lebenserwartung, Aufwachhäufigkeit, Kosten) nicht beantworten.
Aber in diesem Semester nehme ich an einem Seminar zur Palliativmedizin teil. Wenn es im einem der nächsten Kurse gerade mal passt, frage ich nach.

Bei dem Fall in Florida finde ich es sehr schade, daß sich der Ehemann nicht durchsetzen kann. Sieht man mal von solchen Dingen wie Versicherungsbetrug und Habgier ab, so denke ich, daß Eheleute, die für den Tod ihres Partners kämpfen, es sich auf gar keinen Fall leicht machen und dem Zustand des jahrelangen Komas verständlicherweise endlich ein Ende setzen wollen.
Vor 1-2 Jahren war doch dieser Fall in England, wo eine Frau mit ALS dafür gekämpft hat, daß sie endlich mittels aktiver Sterbehilfe sterben darf. Mit letzter Kraft ist sie noch vor Gericht gezogen, hat verloren und ist wenige Tage danach eines natürlichen Todes gestorben. (Wenn ich einzelne Fakten nicht richtig erinnere, bitte verbessern.)

Diese Fälle zeigen, daß es klare Grenzfallregeln geben muß.
Die Palliativmediziner sind ja eher gegen aktive Sterbehilfe, weil sie sagen, daß niemand, der schmerztherapeutisch optimal eingestellt ist, noch nach Sterbehilfe verlangen würde.
Aber bei Apallikern, oder z.B. bei Patienten mit ALS geht es ja nicht nur um Schmerztherapie.
Um mit dem Gesetz nicht in Konflikt zu kommen, würde ich (später als Ärztin) natürlich das Leben solange (sinnlos) verlängern, wie es medizinisch möglich und vom Gesetz her nötig ist.
Und bevor ich nicht etwas mehr Erfahrung mit solchen Fällen gemacht habe, möchte ich mich auch nicht auf irgendeine Meinung festlegen.
Aber für solche Fälle, in denen ein Patient trotz bester Schmerztherapie nicht mehr leben möchte, oder früher mal festgelegt hat, daß er nach langem, aussichtslosen Dahinsiechen nicht mehr leben möchte, müssen meiner (bisherigen) Meinung nach Gesetze geschaffen werden, die es ermöglichen, Leben nicht jahrelang, ohne Aussicht auf Besserung, zu verlängern.

Älgen
26.10.2003, 11:25
Hej !

Kann mir mal einer die Grenze zwischen Aktiver & Passiver Sterbehilfe ziehen ?

Ich meine mehr oder weniger präfinalen Krebspatienten (& nicht ganz wenigen I-Patienten ab 'nem bestimmten Stadium, sprich 0 Rea, blauer, grüner, roter & wie auch immer Punkt im Cardex) 'nen MO-Perfusor anbauen is' selbstverständlich & daß ich das Zeug dann so hoch dosier' daß sie keine Schmerzen mehr haben is' auch klar, daß die dann "plötzlich" 's Schnaufen bleiben lassen, naja, das war dann halt so. Auch irgendwelchen komatösen Schlaganfall/Hirnblutugnspatienten 10 mg mo I.M. verpassen machen wir ja nur zur Schmerzlinderung (egal, wie klein der GCS ist ...) - ich denke, daß man diese von der Theorie (& Juristerei ...) ach so hoch gehaltene Grenze zwischen aktiver & passiver Sterbehilfe doch ziemlich relativieren sollte, da ich zumindest während meiner Jahre als KP auf Stroke-Unit, Neuro-I & Haema-I & jetzt dann auch im - Anästhesie - & Palliativteam bei den Kirurgen (die besten 2 wochen der 48 ... ! ) - PJ nicht gesehen habe. & auch wenn ich dem holländischen Modell nicht uneingeschränkt positiv gegenüberstehe & wir in D in den 30ern & frühen 40ern mit Euthanasie ja wahrlich mehr als genug Mist gebaut haben isses (zumindestens nach Herrn Hippokrates & seinem Eid) doch mal unsere Pflicht Leiden zu mindern & den Leidenden beizustehen - oder so ähnlich steht das da, es steht definitiv nix von Leben verlängern drin !
Ich denke daß das in jedem Fall 'ne Einzelfallentscheidung ist & sich kaum in irgendwelche Richtlinien klemmen lassen wird & so man mit dem Pat & den Angehörigen da vorher ausgiebig (& offen !) drüber redet wird sich in den meisten Fällen eine Lösung finden lassen, die keine juristischen Konsequenzen nach sich zieht.

Versteht mich jetzt nicht falsch, ich rede jetzt nicht von dem Pat, der zu Fuß in die Klinik kommt & sagt, er hat sich entschieden & will nicht mehr; aber alle, bei denen klar ist, daß sie das KH sowieso nicht mehr lebend verlassen, die muß man doch wirklich nicht plagen bis zum Letzten, oder ?

& was das mit diesem Apalliker angeht halte ich 3 Jahre für recht lange (sollte eher die Ausnahme sein) & spricht für eine verdammt gute Pflege ! Ob's nun in diesem Falle dann Positiv war sei dahin gestellt ...

Naja, es wird auf jeden Fall mal Zeit, daß dieses Thema mal auf den tisch kommt & man vielleicht auch mal die eigenen Ängste sieht die damit verbunden sind, wenn man letztendlich für eine solche Etscheidung stehen muß ...

Kolja

Froschkönig
26.10.2003, 18:22
Original geschrieben von Neujahrsrakete
Die Palliativmediziner sind ja eher gegen aktive Sterbehilfe, weil sie sagen, daß niemand, der schmerztherapeutisch optimal eingestellt ist, noch nach Sterbehilfe verlangen würde.

Das ist zwar richtig, aber man muß hier unterscheiden zwischen reiner Lebensverlängerung und palliativmedizin. Die palliativmedizin strebt ja auch eine verbesserung der Lebensbedingungen an, also auch der Lebensfreude....bei apallikern eher schwierig....

:-meinung

Aufschneider
27.10.2003, 09:30
Nachdem ich mich grade etwas mit I-Medizin beschäftige, is mir aufgefallen, daß es hier über diese Frau gar keine Diskussion gäbe, die ist nicht hirntod, hat keine Vefügung geschrieben, also forget it.
Komisch, daß da in den Nachrichten niemand drüber redet.

Ich finde, daß es stimmt, daß wir hierzulande den Juristen viel zu sehr in´s Rektum kriechen, anstatt uns mal selber Gedanken über eine Berufsethik zu machen und diese dann aber auch beim Gesetzgeber durchzudrücken, als immer vor potenziell klagewütigen Angehörigen und dem eigenen hypotrophen Ethikverständnis den Schwanz einzuziehen.

Was machen unsere Standesvertretungen denn eigentlich? Sie werden finanziert wie Gewerkschaften, aber haben sie sich jemals so verhalten? Warum machen die denn immer erst hinterher die Schnauze auf? Warum gibt es da keine Diskussionen, zB über Ethik mit der Zielsetzung Richtlinien zu entwerfen.

Klar, das ist ein heißes Eisen, aber nach meiner Mosambikfamulatur muß ich sagen, daß es gar nicht so schwer ist, sich für oder gegen eine Therapie zu entscheiden - wenn es eben nur einen Kurs iv-Antibiose gibt, muß man sich eben entscheiden, kriegt sie der 15 Jährige AIDSPatient oder der 75 jährige blinde Diabetiker.
Warum kneifen wir dann hier vor solchen Entscheidungen?
:-???

Aufschneider

Älgen
27.10.2003, 10:50
Kann mich da dem vorigen Beitrag nur anschließen - Zeit endlich selbst mal was zu tun statt immer nur rumzujammern über die Ungerechtigkeit der Welt & Gegenüber den aarmen Mendizinern im Allgemeinen !?!

Kolja