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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Unwirtschaftlich - und jetzt?



Malzkaffee
14.01.2018, 23:16
Hi zusammen,
is schon einige Zeit her, seitdem ich hier das letzte Mal geschrieben hab. Bin ja auch über das Studium raus, aber ein besseres Forum gibt's scheinbar nicht^^.
Naja Folgendes: Meine Chefin hat mir nach dem zweiten Jahr nahe gelegt, dass mein Arbeiten wirtschaftlich nicht das Gelbe vom Ei ist und ich mir was anderes suchen soll. Kann ich verstehen. Ich bin kein Verkäufertyp.
Aber was jetzt? Gibt's irgendwas außerhalb der Uni, wo man nicht verkaufen muss? An den MDK hab ich schonmal geschrieben, Dentalfirmen für die Forschung gibt's leider in meiner Gegend nicht. Da müsste ich weiter weg ziehen, das wär dann erst die Notlösung.
Vielleicht fällt noch jemandem was ein.

Feuerblick
14.01.2018, 23:19
Der MDK hatte keinen Bedarf? Und warum nicht eine andere Praxis? Ich weiß nicht, wie das bei Zahnis ist, aber in humanmedizinischen Praxen gibt es durchaus welche, in denen man nicht „verkaufen“ muss...

Malzkaffee
14.01.2018, 23:27
Ich warte noch auf die Antwort beim MDK. Ich glaub aber das schaut nicht schlecht aus. Aber wenn's nicht klappt, hätte ich gern noch was in der Hand.

Aber ich glaub nicht, dass es Zahnarztpraxen gibt, in denen man nicht verkaufen muss. Das rechnet sich halt einfach bei vielen Behandlungen gar nicht. Beispielsweise bei ner Endo. Die kann man nur mit Zuzahlung leitliniengerecht machen. Steht sogar etwas verklausuliert so in der Leitlinie. Überschreitet den "Rahmen der Vertragszahnärztlichen Leistung" oder so. Ansonsten macht man miese oder es is halt medizinisch nicht ganz das wahre.

Feuerblick
14.01.2018, 23:36
Und wo ist das Problem, das dem Patienten genau so zu erklären? Ich meine, zwischen „verkaufen“ und „die Krankenkasse wird bei dieser Behandlung nur einen Teil der Kosten übernehmen, ich würde es Ihnen aus medizinischen Gründen aber empfehlen“ ist ja auch irgendwie ne Menge Spielraum. „Verkaufen“ ist für mich, wenn man Leistungen an den Patienten bringt, die nicht notwendig bzw. allenfalls ganz nett für ihn und die Kasse des Arztes sind... Beispiel: Einem P-Patienten eine Krone verkaufen wollen, obwohl der rebellierende Zahn auch mit einer neuen Füllung prima auskäme (was für Kassenpatienten Leistung der Wahl wäre).
Was machst du denn mit den Leuten, wenn du die leitliniengerechte Behandlung nicht anbietest?

Malzkaffee
15.01.2018, 00:13
Das reine erklären ist meistens nicht so das Problem.
Das Dilemma fängt an, wenn ein Patient sich gegen die Mehrkosten entscheidet. Oder sich das nicht leisten kann. Dann heißts ja: Mach ich's schlecht, mach ich's ohne die Extras gut und damit Miese oder schicke ich den Patienten weiter und verliere ihn damit? Naja, ich arbeite jetzt nich gerne absichtlich schlecht. Und schon bin ich nicht mehr wirtschaftlich. Es sei denn man ist echt gut und schnell drin. Das einzige Richtige wär dem Patienten den Zahn stattdessen zu ziehen!

Füllungen sind auch so ein Beispiel. Eigentlich kriegt der Kassenpatient Amalgam ohne zuzahlung. Dauert ewig weil keiner mehr Übung drin hat. Also nimmt man entweder Zement oder nen billigen Kunststoff. Zement ist nicht zugelassen, machen aber die meisten. Und der Unterschied zwischen dem billigen un dem teuren Kunststoff? Kein für den Patienten relevanter, muss man halt verkaufen können. Kann ich nicht, wieder unwirtschaftlich.

Das geht immer so weiter: Eine Schiene ist Kassenleistung, die Kiefergelenksdiagnostik kostet bis zu 500 Euro. Mach ich dann ne Schiene bei einem, der sich die genaue Diagnostik nicht leisten kann oder will?

Naja, da gibt's tausend solche Beispiele, vor allem noch in der Prothetik. Ist aber jetzt eigentlich nicht das Thema.

Feuerblick
15.01.2018, 00:18
Nee, mich hat nur interessiert, ob du wirklich „verkaufen“ sollst oder ob du den Patienten sinnvolle, leitliniengerechte Behandlungen nicht nahebringen kannst oder möchtest. Ist ja nicht verwerflich, wenn man sowas nicht kann oder nicht will.
Hätte aber auch sein können, dass es sich um das Verkaufen von mehr oder weniger sinnvollen Zusatzleistungen handelt. Manche Praxen stehen ja auf sowas...
Wollte das nur abgrenzen, denn ersteres ist wirklich ein Problem, letzteres sicher nicht die Regel.

Malzkaffee
15.01.2018, 00:23
Das "Sinnvoll" ist halt immer so ne Sache. Wann ist ein Implantat sinnvoll, oder eine vollkeramische Versorgung? Wenn's sich der Patient leisten kann.

Feuerblick
15.01.2018, 00:42
Naja, medizinisch sinnvoll, aber keine Kassenleistung und „wenn sichs der Patient leisten kann“ sind auch zwei paar Schuhe.

Miss_H
15.01.2018, 01:16
Kiefergelenksdiagnostik? Das höre ich zum ersten Mal und wirklich viele Menschen in meinem Umkreis haben eine Schiene. Ich finde meine Zahnärztin super, aber eine Diagnostik hat sie mir nicht angeboten.

Wieso willst du teure Kunststofffüllungen verkaufen, wenn es die günstigen auch tun. Kannst den Patienten doch aufklären. Amalgam gibt es kostenlos, hat diese Nachteil. Kunststoff ist Standard und gut. Besonderer Kunststoff noch längere Lebensdauer, aber auch teurer. Dann kann doch jeder entscheiden.

Salzi19
15.01.2018, 12:23
@Malzkaffee: Ich kann dich seeeehr gut verstehen, meine erste und meine dritte Chefin waren auch so drauf....glücklicherweise bin ich zwischendurch für 1,5 Jahre in einer Praxis gelandet, die Wert auf gute Ausbildung ihrer Vorbereitungsassistenten gelegt hat und nicht auf die Zahlen geschaut hat. An deiner Stelle würde ich auf jeden Fall die 2 Jahre Vorbereitungszeit abschließen, bevor du dich außerhalb der Praxis umschaust. Das macht die Stellensuche deutlich einfacher. Wenn du mit deiner jetzigen Chefin nicht zurecht kommst, such dir doch für das 2. Jahr was anderes. Stelle solltest du mit etwas Berufserfahrung schnell finden. Poche vielleicht bei den Gehaltsverhandlungen nicht unbedingt auf eine Umsatzbeteiligung, mit Festgehalt (was ja auch immer wieder angepasst werden kann) behandelt es sich deutlich entspannter :-oopss

@Miss_H: Es gibt für Kiefergelenksdiagnostiken ganz "tolle" Messgeräte, die die Kiefergelenksbahnen aufzeichnen und dementsprechend die Schienen exakter auf deine Situation hergestellt werden können. Diese Vermessungen sind keine Kassenleistung und können mit bis zu 500€ privat berechnet werden. Wir hatten in der letzten Praxis auch so ein Ding, aber ganz unter uns, den Aufwand ist das Ergebnis nicht wert ;-) Wenn man wirklich ein Kiefergelenksproblem hat, sollte man in eine Praxis gehen, die sich auf das Gebiet spezialisiert hat. Alle anderen haben ehrlich gesagt nicht viel Ahnung davon außer dem Standardkram, den man an der Uni mal gelernt hat (ich auch nicht :-blush). Da wird halt eine Schiene und ein bisschen Physiotherapie verordnet und das wars dann. Hilft zwar einigen Patienten, aber eben nicht allen.

@Feuerblick: Leider gibt es in der Zahnmedizin sehr wenige Leitlinien. Jeder behandelt so wie er es von seiner Uni, von seiner Assistenzzeit und aus seinen Fortbildungen gelernt hat. Deswegen gibt es ja so viele Unterschiede. Als Vorbereitungsassistent muss man in der Regel so behandeln, wie es der Chef vorgibt (z.B. Amalgamfüllung ja oder nein, Wurzelbehandlung mit Hand oder Maschine). Wenn dann halt der Chef sich ein neues Gerät zulegt (z.b. die oben genannte Vermessungsmaschine oder ein Lachgasgerät), dann wird man schon dazu angehalten, den Patienten diese Behandlungen zu "verkaufen" ob man das selbst für sinnvoll hält oder nicht. Oder der Chef quatscht in die Behandlungsplanung rein... Ich habe es auch schon erlebt, dass meine Chefin meine Behandlungsplanung von 2 Fissurenversiegelungen auf 3 Inlays und 5 Füllungen aufgestockt hat. Und da war ich kein Frischling von der Uni mehr, sondern hatte selbst schon meine Erfahrungen...ich hab aber meinen ursprünglichen Plan durchgezogen.

Muriel
15.01.2018, 15:41
Zahnärzte und Orthopäden - drei Leute, fünf Meinungen und man selber steht völlig hilflos dazwischen :-kotz

Espressa
16.01.2018, 21:49
Diese Gedanken zur Wirtschaftlichkeit nerven mich auch. Glaube zwar, dass ich ganz gut haushalte, mein Chef hätte aber auch gern „mehr“, und wiederum weniger Wiederholer. Ich mache trotzdem wie ich es für richtig halte...

Salzi19
19.01.2018, 11:26
@malzkaffee: Wo und als was hast du dich denn beim MDK beworben?

Feuerblick
19.01.2018, 11:44
Vermutlich als zahnärztlicher Gutachter... werden immer gesucht.