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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Opt-out: Was ist Wahrheit, was ist Personalerwunschtraum



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vle85
18.02.2018, 17:59
So, nachdem nun meine Freundin eins vorgelegt bekam, und ich meines auch direkt mit dem Arbeitsvertrag unterschreiben sollte dachte ich mir ich frage mal die erfahrenere Medizinerschaft, was denn nun wirklich dahinter steckt.

Die Personalbüroleiterin wollte mir jetzt weiß machen, dass das Opt-Out de facto komplett die Arbeitszeitbegrenzung der EU aushebelt, sowohl für Überstunden, als auch für Dienste, was ja unbedingt Not täte, da ja ansonten für mich IMMER eine Ablöse zur Verfügung stehen müsste, da ich ja dann "nur" 2 Überstunden machen könnte pro Tag, und das ja für den Dienstplan schwierig sei.

Mir war es aber so geläufig, dass ein Opt-Out eigentlich nur dazu dient, dass man im Monat im Zweifel mehr Dienste schieben ohne dass der Arbeitgeber gesetzeswidrig handelt, wenn er die nicht mit Freizeitausgleich abgilt, dies aber nicht unbedingt Einfluß auf die zulässigen Überstunden hat.

Weiß einer denn nun, wie das wirklich ist?

Unterschrieben habe ich sowieso erstmal noch nicht.

Pflaume
18.02.2018, 18:20
Mir wollte man bei Vertragsunterschrift auch mal erzählen, dass ich ja gar keine Dienste machen könne in dem Haus, wenn ich das Opt-out nicht unterschreibe, da 24h-Dienste ohne Opt-out nicht zulässig wären. Stimmte nicht. Die Überschreitung der 10h-Grenze bei Bereitschaftsdienst (und nur dann!) war über den Tarifvertrag geregelt. Trotz Opt-out wäre bei mir eine Überschreitung der Arbeitszeit über 10 h (geplant oder durch Überstunden) nicht zulässig gewesen, da nirgends vorgesehen war, mehr als 10 h Vollarbeit pro Tag zu leisten.

Ist grundsätzlich ratsam, einen Arbeitsvertrag und solche Opt-out-Geschichten vor Unterschrift dem Rechtsanwalt vom Marburger Bund vorzulegen.

Abgesehen davon: Lies das Arbeitszeitgesetz, deinen Vertrag und deinen Tarifvertrag.

Moorhühnchen
18.02.2018, 18:24
Beides ist richtig! (Ich warte jetzt eigentlich nur auf Brutus, der kann das schöner erklären als ich - oder wird zu den entsprechenden Threads verlinken, wo das schon öfter erklärt und besprochen wurde.)

Siehe:
http://www.medi-learn.de/foren/showthread.php?78518-Was-genau-bedeutet-Opt-out

Kurz gesagt, hat die Personaltante auch recht, es geht zum einen um die Überstunden, zum anderen ist in kleinen Abteilungen das Opt-out zur Absicherung des Arbeitgebers schon fast notwendig, sobald Du mehr als 5-6 Dienste pro Monat schieben sollst und/oder mehr als 2 WE-Dienste pro Monat.... jetzt nur mal grob formuliert.... die vielen Feinheiten habe ich leider selbst noch nicht verstanden, habe aber derzeit auch kein Opt-out unterschrieben, da ich es bei Teilzeitstelle mit wenig Diensten auch nicht brauche. :-))

EDIT:
Mir wollte man bei Vertragsunterschrift auch mal erzählen, dass ich ja gar keine Dienste machen könne in dem Haus, wenn ich das Opt-out nicht unterschreibe, da 24h-Dienste ohne Opt-out nicht zulässig wären. Stimmte nicht. Stand im Tarifvertrag.Ja, daß man GAR KEINE Dienste ohne Opt-out machen kann, ist schlichtweg falsch. Man kann halt nur nicht so VIELE Dienste machen, ohne daß es "illegal" wird. ;-)
Ich finde ja persönlich, daß die Anzahl der Dienste, die man OHNE Opt-out schieben darf, recht erträglich ist. Wenn ich Brutus' Rechnung richtig in Erinnerung habe, hieße 'kein Opt-out' in etwa: 4-5 Dienste im Monat, davon einer am Wochenende (zB. Samstag). Man korrigiere mich, falls ich es falsch wiedergebe...

EDIT 2:
da ja ansonten für mich IMMER eine Ablöse zur Verfügung stehen müsste, da ich ja dann "nur" 2 Überstunden machen könnte pro Tag, und das ja für den Dienstplan schwierig sei.Wobei ich mir gerade sicher bin, daß auch das Opt-out nix an der maximalen Arbeitszeit pro Tag ändert, wenn es nicht um Bereitschaftsdienst geht........ :-nix

Ich glaube, die Personaltante hat schon das Richtige gemeint, es nur *falsch* ausgedrückt. Oder sie war eine von der Sorte wie in meiner ehemaligen Personalabteilung: "Opt-out? Was ist das? Warum sollte man mehr als 48 Stunden die Woche arbeiten WOLLEN?" :-oopss :-keule

vle85
18.02.2018, 18:37
Beides ist richtig! (Ich warte jetzt eigentlich nur auf Brutus, der kann das schöner erklären als ich - oder wird zu den entsprechenden Threads verlinken, wo das schon öfter erklärt und besprochen wurde.)

Habe leider über die Suchfunktion nichts gefunden, würde mich aber auch über ältere Threads freuen.

Moorhühnchen
18.02.2018, 18:43
Habe leider über die Suchfunktion nichts gefunden, würde mich aber auch über ältere Threads freuen.Ich habe es in meinem Posting oben gerade geändert und hinzugefügt. Schau mal dort! :-)
Ich denke, das ist einer der Threads, wo es am verständlichsten erklärt wurde.

FirebirdUSA
19.02.2018, 18:54
Mit den 2 Überstunden/Tag hat sie Recht. Damit kann man aber recht viele Dienste machen. Oder ist diese Anzahl an Überstunden die Regel?

Autolyse
19.02.2018, 20:02
[...]
Die Personalbüroleiterin wollte mir jetzt weiß machen, dass das Opt-Out de facto komplett die Arbeitszeitbegrenzung der EU aushebelt, sowohl für Überstunden, als auch für Dienste, was ja unbedingt Not täte, da ja ansonten für mich IMMER eine Ablöse zur Verfügung stehen müsste, da ich ja dann "nur" 2 Überstunden machen könnte pro Tag, und das ja für den Dienstplan schwierig sei.
Das ist in der Tat völliger Blödsinn. Opt-Out basiert auf § 7 IIa des Arbeitszeitgesetzes und beinhaltet ausschließlich die Verlängerung der Arbeitszeit über acht Stunden hinaus durch angeordneten Bereitschaftsdienst ohne das ein Freizeitausgleich stattfinden muss. Damit wird nur die 48 Stunden-Grenze verschoben und auch nur für den Bereitschaftsdienstanteil.

Mir war es aber so geläufig, dass ein Opt-Out eigentlich nur dazu dient, dass man im Monat im Zweifel mehr Dienste schieben ohne dass der Arbeitgeber gesetzeswidrig handelt, wenn er die nicht mit Freizeitausgleich abgilt, dies aber nicht unbedingt Einfluß auf die zulässigen Überstunden hat. [...]
Genauso ist es. Der Vollarbeitsanteil darf im Zeitraum von 12 Monaten die 48 Stunden nicht überschreiten. Wenn Du also jeden Tag zwei Stunden länger bleibst ist das trotzdem illegal. Da aber aber eine Kontrolle der Arbeitszeit durch die Aufsichtsbehörden faktisch nicht stattfindet trotzdem irrelevant.

vle85
19.02.2018, 23:39
Super, vielen dank an alle für die informativen Antworten

roxolana
20.02.2018, 06:56
Ich klinke mich mal mit einer anderen Frage ein: Was ist von Schichtdienst-Modellen wie 7d x 12h - 7d frei - 7d x 12h - 7d frei usw. zu halten? Rechnerisch kommt man so auf durschnittlich 42h die Woche. Ist das rechtlich unbedenklich?

freak1
20.02.2018, 08:49
Du darfst regelhaft nur maximal 10h am Tag arbeiten. Alles darüber ist nur als Bereitschaftsdienst erlaubt.

vle85
20.02.2018, 09:44
Spaßige Info:
In dem Wisch der mir ausgehändigt wurde ist nicht ablesbar, wie viele Stunden maximal an Arbeitszeit dazu kommen sollen...

FirebirdUSA
20.02.2018, 10:16
Du darfst regelhaft nur maximal 10h am Tag arbeiten. Alles darüber ist nur als Bereitschaftsdienst erlaubt.

Auch das ist nur halb richtig, vermutlich ist das oben genannte Schichtsystem legal sofern es in einem Tarifvertrag oder einer Betriebsvereinbarung vereinbart wurde legal und zwar wegen ArbZG §7 Abs.2

Sowohl von der Höchstarbeitszeit von 10h als auch den Ruhepausen von 11h darf dann abgewichen werden wenn es einen entsprechenden Ausgleichszeitraum gibt (und das ist ja hier der Fall) der dem Schutz des Arbeitnehmers gilt und die Tätigkeit in explizit genannte Bereiche fällt, z.B. die Pflege von Kranken (vgl. Punkt 3 der entsprechenden Auflistung).

Autolyse
20.02.2018, 15:31
Wobei mir kein MB-Tarifvertrag bekannt ist, der die Anzahl von unmittelbar aufeinanderfolgenden Schichten zu 12 Stunden nicht auf vier begrenzt.

freak1
20.02.2018, 19:12
In welchem Tarif sind denn Schichten von über 10h drin? Doch nicht im aktuellen TV Ärzte ?!

Ich finde da nur was mit Bereitschaftsdiensten, das ist ja normal das man damit über 10 darf aber richtig Vollarbeitszeit? (Regelhaft, Notfallsituationen geschenkt)

anignu
21.02.2018, 01:35
Mei dann kombiniert man das halt: 8h Vollzeit + 4h Bereitschaftsdienst höchste Stufe. Irgendwie geht das schon...

Mach ich doch auch im Dienst: 8h Vollzeit (+halbe Stunde Pause) dann 6,5h Bereitschaftsdienst höchste Stufe und dann wieder 1,5h Vollzeit. Und ich bin froh dass es so läuft. Ich hab meine zwei Tage reingearbeitet und gut isses.

roxolana
21.02.2018, 05:33
Ich hab jetzt mal nachgelesen: Im TV des betreffenden Hauses sind 12h-Schichten erlaubt, allerdings tatsächlich nur 4 am Stück, so wie Autolyse sagt. Interessiert nur scheinbar niemanden.

Brutus
21.02.2018, 14:05
Mei dann kombiniert man das halt: 8h Vollzeit + 4h Bereitschaftsdienst höchste Stufe. Irgendwie geht das schon...
Mach ich doch auch im Dienst: 8h Vollzeit (+halbe Stunde Pause) dann 6,5h Bereitschaftsdienst höchste Stufe und dann wieder 1,5h Vollzeit. Und ich bin froh dass es so läuft. Ich hab meine zwei Tage reingearbeitet und gut isses.
Was im Übrigen wirklich nicht erlaubt ist: An einen Bereitschaftsdienst DARF sich keine Regelarbeit anschließen! ;-)

anignu
21.02.2018, 17:23
.....

anignu
21.02.2018, 17:24
Wo kein Kläger, da kein Richter. Ah, und ich hab mich getäuscht: es sind 7,5h Bereitschaftsdienst und dann 1,5h Vollzeit. sonst würde es nicht aufgehen.

Wir haben auch schonmal diskutiert ob wir die Arbeitszeiten genau aufschreiben und das System kippen. Will realistischerweise gar keiner der Kollegen. Ich glaub einer von 20 wollte das mal. Vorbild wäre dann das Drei-Schicht-System der Internisten. Da würde ich sowas von ko.... wenn das kommen würde.

Es ist doch so: eine Spätschicht + Nachtschicht zusammen und dafür am nächsten Nachtmittag/Nacht frei ist doch viel geiler als eine Woche Spätschicht oder eine Woche Nachtschicht. Oder sieht das jemand anders?

pottmed
21.02.2018, 18:51
6 Nächte und dann eine Woche frei hat auch viele Vorteile....