PDA

Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Entscheidungshilfe gesucht - Chirurgie



lgt58
13.03.2018, 11:24
Hallo, ich bin im Winter fertig geworden mit meinem Studium und gerade voll im Bewerbungsprozess drin. Allerdings fehlt mir ein bisschen die Entscheidungsfreudigkeit bzw. der exakte Wille was ich eigentlich möchte und daher dachte ich, ihr könntet mir vielleicht weiterhelfen mit Tipps, Denkanstößen etc.

Ich möchte langfristig eigentlich Urologie machen, mit der Möglichkeit zum Niederlassen, vielleicht auch im KH bleibend, mal sehen. Urologie würde ich gerne an einer Uniklinik oder zumindest einem größeren Haus machen, auch mit der Möglichkeit zum Forschen. Allerdings möchte ich erstmal etwas breiter ausgebildet werden, chirurgisch etwas lernen und auch gerne den Notarzt-Schein machen. Daher die Entscheidung für den Common-Trunk in Allgemeinchirurgie. Zum Einen, weil ich das für mich einfach sinnvoll finde, zum Anderen auch im Hinblick auf verschiedene Auslandseinsätze, sei es mit Ärzte ohne Grenzen oder andere Organisationen, für die eine basischirurgische Ausbildung und der Notarzt-Kurs nur hilfreich sein können.

Nun meine Frage: Ich habe schon Zusagen, zum Einen für einen Maximalversorger, allerdings kirchlich getragen. Die Stelle wäre auch für Allgemeinchirurgie. Der Chef scheint sympathisch, achtet darauf, dass auch Anfänger in den OP kommen, sorgt für eine gute Intensiv-Rotation. Notarzt-Kurs wäre allerdings schwierig, da eigentlich nur Anästhesisten und in Ausnahme mal Internisten fahren. Wäre mit aufwändiger Eigeninitiative aber vielleicht machbar.

Eine andere Zusage habe ich für ein sehr kleines Krankenhaus auf dem Land. Dort würde ich auch mal in der Unfallchirurgie arbeiten, allerdings hauptsächlich auch wie gewünscht in der Allgemeinchirurgie. Außerdem hilft man in den Diensten wohl auch mal in der Gynäkologie o.ä. aus. Dh, die Ausbildung wäre, wie ja gewünscht, wesentlich breiter. Das OP-Spektrum natürlich kleiner, wobei das für mich als Anfängerin ja wahrscheinlich eh nicht den merkbaren Unterschied macht. Die fordern quasi, das man an der Notarzt-Ausbildung teilnimmt, da sie Notärzte in dem Bereich brauchen und Chirurgen dort auch fahren. Allerdings ist eine Intensivrotation nicht möglich, das es nur so 5 Its-Betten gibt. Man könne wohl zwischendurch mal da mitlaufen und so, aber richtig Intensivmedizin wäre es nicht. Ich habe hier insgesamt auch ein wenig Angst, dass sich nicht so strikt an Leitlinien gehalten wird, da eben klein und abgeschieden.

Ich finde es schwierig, mich hier im Hinblick auf die 'Karriereplanung' zu entscheiden. Bei dem kleinen Haus habe ich Angst, dass es danach schwierig wird, trotz Fachwechsel, an ein größeres Haus zu kommen. Sehe allerdings die Möglichkeit, mich hervorzutun in einem sehr kleinen Team, und auch gefördert zu werden. Was fällt euch so dazu ein? Wäre wahnsinnig dankbar für verschiedene Sichtweisen, da ich mich da in meinem Kopf echt im Kreis drehe.

Die Standorte lass ich da jetzt mal außen vor, ich kann mich überall einleben, das ist für mich nicht ausschlaggebend.

Danke und etwas überforderte Grüße

Markian
13.03.2018, 13:12
Für mich hört sich das an als hättest du dich insgeheim schon für den Maximalversorger entschieden.

Lava
13.03.2018, 15:24
Kleine Häuser, wo man als Anfänger im Dienst immer alles machen soll (ohne wirklich eingeabreitet zu werden), finde ich persönlich schwierig. Aber das ist Geschmackssache, manche fühlen sich da wohler.

lgt58
13.03.2018, 16:54
Ich würde im Dienst eigentlich Allgemeinchirurgische und Unfallchirurgische Patienten betreuen. Allerdings käme man mal mit in den Gyn-OP zB wenn mehr zu tun ist. Ich muss mich nicht als Diensthabende um ne vaginale Blutung bei ner Schwangeren kümmern, werde aber mal bei Not-Sektios assistieren.

Und ich habe mich noch nicht für den Maximalversorger entschieden. Eigentlich spricht für mich sehr vieles für das Landkrankenhaus, ich mache mir nur etwas Sorgen, dass es meiner Karriere schadet. Zu Unrecht?

Fr.Pelz
13.03.2018, 19:03
Nee das Karriere-Argument würde ich nicht gelten lassen. Ich bin jetzt schon im 5. Jahr an einem Maximalversorger und habe einige Kollegen kommen sehen (nicht nur in der Chirurgie, auch Ortho und Innere), die aus kleinen Häusern kamen. Mich würde eher die fehlende Möglichkeit zur Intensivrotation stören. Brauchst du die denn für die Uro?

hebdo
13.03.2018, 19:42
Für den Notarzt brauchst du in den meisten Bundesländern 6 Monate ITS.

Für MSF sind geburtshilfliche Erfahrungen und Sectios unglaublich wichtig. Notarzttätigkeit über das Maß an ITS erfahrung eher nicht.

Zusammengenommen und in Hinblick auf deine langfristigen Ziele würde ich den maximalversorger nehmen.

Moorhühnchen
13.03.2018, 19:47
Ich bin zwar "nur" Anästhesistin, aber ich arbeite an einem sehr kleinen Haus. Die chirurgischen Assistenten müssen hier allerdings nicht in der Gyn aushelfen, aber das Spektrum reicht von Unfall- zu Allgemein-/Visceralchirurgie. Die Intensivstation ist auch sehr klein (nur 3 "chirurgische" Betten), aber das, was die chirurgischen Assistenten von ihren Oberen da mitnehmen können...... öhm, ja...... null!
Für den Anfang hört sich das breite Spektrum sicher ganz reizvoll an, aber wenn halt die Betreuung/Supervision bei komplizierteren Fällen halt nicht vorhanden ist, wird's schwierig. Jeder chirurgische Assistent, der bei uns angefangen hat und mal an nen durchschnittlichen Maximalversorger wechselt und dort dann Intensivpatienten betreuen soll, fängt quasi bei Null an. Leitlinien? Was ist das?

Irgendwie würde ich Dich von Posting Nr. 1 her auch eher am Maximalversorger sehen. :-)

anignu
13.03.2018, 20:33
Nein, für die Urologie braucht man keine Intensiv.

Ich hab noch nicht verstanden was du eigentlich wirklich willst (außer der eierlegenden Wollmilchsau) und finde die Angaben zu den Häusern noch sehr dürftig. Mit eierlegender Wollmilchsau meine ich: Notarzt, und dafür auf jeden Fall viel Erfahrung auf Intensiv besser noch auch in der Notaufnahme, dann Allgemeinchirurgie, hier aber schonmal viel operieren, dann Urologie, hier aber mindestens Uniklinik, dann Forschen, dann aber eigentlich doch vielleicht niederlassen...

Was du noch gar nicht geschrieben hast: wie sind die Teams. Schau dir an wie die Teams sind. Sind es viele Anfänger/Frischlinge wirst du eine gewisse Konkurrenz haben. Sind eh alles Fachärzte und seit Jahren/Jahrzehnten da und man selbst ist der einzige Neuling hat man eher keine Konkurrenz für die gleichen OPs. Ist es ein ständiges Kommen und Gehen (spricht oft, nicht immer, dafür dass die Arbeitsbedingungen doch nicht so ideal sind) oder sind die Leute schon länger da. Wieviel dürfen die Assistenten tatsächlich machen...
Und bzgl. Anfänger und OPs: mein Chef sagt ganz klar zu jedem Assistenten "ihr dürft erst in den OP wenn ihr alleine die Station im Griff habt". Denn was er nicht will ist dass er einen erfahrenen Assistenten noch zusätzlich abstellen muss, damit die Station läuft. Und je nach Engagement/Eigenorganisation schafft man es in 3 oder auch erst 9 Monaten die Station im Griff zu haben. Ist weniger eine Sache von Wissen als von Organisation + Priorisierung + Kommunikation. Bei uns wärst du völlig falsch, denn es würde dich nur massiv frustrieren, wenn du Monate lang nicht in den OP kommst und weißt, dass du dann wieder weg bist. Ich habs damals durchgezogen und macht nun im OP soviel wie andere nicht mal träumen können.

Die Durchlässigkeit ist im Allgemeinen inzwischen sehr viel höher als es früher der Fall war. Auch Unikliniken brauchen gute Assistenten, die allermeisten Abteilungen die ich kenne nehmen auch Assistenten die vorher schon in kleinen Häusern oder anderen Fachrichtungen waren. Ausnahmen bestätigen die Regel, da willst du aber eh nicht hin.

Dein Problem wird folgendes sein: eine Stelle an der Uniklinik bekommt man wenn es passt. Genau wie in jedem anderen Haus, wenn man sich mal auf das Haus festgelegt hat. Zeit muss passen, Person muss passen etc. Wie bei anderen Stellen auch. Stell dir jetzt vor, du gehst an ein kleines Haus und bekommst die Stelle nicht. Mit deinen Vorurteilen gegenüber der vermuteten geringen Durchlässigkeit würdest du es auf die falsche Entscheidung bei deiner Karriereplanung schieben. Also nimm den Maximalversorger. Dann ist zumindest das nicht der Fehler und es liegt nur noch dran, dass es entweder von der Zeit oder Person grad nicht passt oder eben doch. Und dann hast du deine Stelle.

arbeiter79
15.03.2018, 13:11
Sei froh wenn du nicht auf die Intensivstation musst, das bringt einem als Urologe nichts und als klassischer Chirurg eigentlich auch nicht viel. Außerdem was glaubst du was du nach paar Jahren nur Urologie davon noch weißt? Denke Urologen machen auch so gut wie nirgendwo Dienste auf einer ITS oder sowas, also kaum eine Chance da irgendwie drin zu bleiben.
Und Notarzt wollte ich auch mal fahren aber irgendwann hatte ich bei all den normalen Diensten echt keinen Bedarf mehr noch zusätzlich was zu machen.
Das aus der Chirurgie was dir später in der Urologie etwas bringen könnte lernst du an jedem Haus.