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sweety92
28.05.2018, 19:39
Hallihallo,

ich habe eine Frage, die mir im Kopf rumkreist, die ich aber schon länger habe und anscheinend nur verdrängt habe. Letzte Woche kam sie wieder hoch.

Ich bin aktuell im Chirurgietertial und eigentlich möchte ich schon was chirurgisches machen. Aber dann ist es passiert: Im OP bekam ich am ersten Tag Blut ins Gesicht. Ich hatte nicht den das Gefühl, dass ich was im Auge hatte. Ich war nicht beim Betriebsarzt, weil wir dafür durch die halbe Stadt gurken müssen und dann 5h warten bis alles abgenommen/aufgenommen wurde. Hatte auch gefragt, ob bei dem Patienten was bekannt ist, was verneint wurde. Ich möchte echt keine Sachen hören, wie warum bist du nicht gegangen usw.

Letztenendes ist es unwahrscheinlich, dass der Patient was hat und das ich mich überhaupt über einem Tropfen im Auge damit infiziere.
Jetzt kommt das ABER: ich bin ein echter Angsthase, will/kann aber auch nicht bei jeder Kleinigkeit immer zum Betriebsarzt rennen. Wie geht ihr damit um?
Wenn man was chirurgisches macht, wird es ja doch oft passieren, dass Blut/Sekrete rumspritzen, man sich schneitet oder sticht... Bin ich zu ängstlich?

davo
28.05.2018, 19:55
Dann trage eine Brille. In den USA würde an vielen Kliniken niemand ohne Brille im OP tätig werden - mancherorts sind sogar diese tollen durchsichtigen Plastik"masken" (face shields) gang und gebe.

Ebenfalls sinnvoll sind diese durchsichtigen Unterhandschuhe (Ethiparat, aka "Ethis") und das Tragen von zwei Paar sterilen Handschuhen. Nicht nur deshalb, weil ein nicht unbeträchtlicher Anteil der Handschuhe Mikrorisse hat (das ist nachgewiesen), sondern auch weil so das Wechseln der Handschuhe viel einfacher wird. Habe ich in meiner UCH-Famulatur schätzen gelernt. Einfach das erste Paar am Kittel festkleben lassen, dann das zweite Paar anziehen lassen.

Sich zu schneiden oder zu stechen ist IMHO zumindest als Student viel unwahrscheinlicher.

Differenzialdiagnose
28.05.2018, 21:06
Einfach das erste Paar am Kittel festkleben lassen, dann das zweite Paar anziehen lassen.



Bitte was? Das kenne ich nur von Leuten mit zu langen Fingern, denen die Handschuhe sonst zu weit waren. Was machste denn, wenn der Stich durch alle Handschuhe ging? Erstmal fünf Minuten Klebeband abtüdeln?


Ansonsten: Brille, doppelte Handschuhe und vielleicht doch mal zum Betriebsarzt gehen.

Solara
29.05.2018, 00:16
Nach so einem Vorfall Wunde säubern und desinfizieren. Und in der Ambulanz die entsprechenden Laborwerte abnehmen lassen. Und ebenfalls beim Patienten mit dessen Einverständnis.

Fr.Pelz
29.05.2018, 10:23
Also so oft passiert das dem durchschnittlich geschickten Menschen nicht, zumindest nicht, dass Blut direkt ins Auge kommt. Bei OPs mit Spritzgefahr trägt man Brille und ansonsten hilft die normale Hautbarriere. Ich bin jetzt 5 Jahre in der Chirurgie und hab mich 2x mit Nadeln gestochen- allerdings hatten die vorher keinen Patientenkontakt.

Das mit dem Festkleben hätte ich aber auch gerne nochmal erklärt? Wieso festkleben? In der Unfallchirurgie trägt man 2 paar Handschuhe übereinander aber wie und warum sollte man die wo festkleben?

davo
29.05.2018, 11:03
Ich habe mir das erste Paar sterile Handschuhe mit diesen sterilen Klebebändchen (mit denen man Abdeckungen usw. festkleben kann) an den Ärmeln meines Kittels festkleben lassen. War ein Tipp "meines" LOA nachdem selbst die großen Kittel für mich eigentlich zu klein sind (bzw. zu kurze Ärmeln haben). So ist sichergestellt dass ich nicht unsteril werde, und man kann extrem flott das zweite Paar sterile Handschuhe wechseln (was dort recht oft getan wurde wegen möglicher Unterbrechung der Asepsis).

Nachdem ich mich kein einziges Mal gestochen oder geschnitten habe, aber wir bestimmt 10, 20 Mal die Handschuhe gewechselt haben, war das auch effizient ;-)

Brille hab ich sowieso, darüber war ich auch ganz froh als ich bei einer Hüft-OP einmal komplett mit Blut besprenkelt wurde :-p

jinkxed
29.05.2018, 14:41
Brillenträger sein im OP ist echt das Beste, wenn sie dafür aber an manchen verhexten Tagen nicht ständig blöd beschlagen würde.

Lava
29.05.2018, 15:48
Also ich geh im Schnitt bestimmt einmal pro Jahr zum Betriebsarzt wegen Nadelstichverletzung ^^ Bin wohl besonders ungeschickt ;-)

Ich hab übrigens gleich an meinem ersten Arbeitstag einen Spritzer blut ins Auge beim Assistieren beim Chef bekommen. Da kam dann ein Brief von der BG, dass das Ansteckungsrisiko doch kleiner als 1:1Mio sei und doch bitte keine Maßnahmen mehr zu deren Lasten erfolgen sollen...

mathematicus
29.05.2018, 16:06
Brille hab ich sowieso, darüber war ich auch ganz froh als ich bei einer Hüft-OP einmal komplett mit Blut besprenkelt wurde :-p

Ich trage auch eine Brille. Trotzdem gehe ich nur mit einem Mundschutz, an dem auch ein Augenschutz befestigt ist, in die unfallchirurgischen OPs. Das fühlt sich irgendwie sicherer an bei den Mengen an Blut, die da immer durch den Saal spritzen. :D

WackenDoc
29.05.2018, 16:08
Hach ja, die Arbeitssicherheit im Gesundheitswesen....

sweety92
31.05.2018, 09:52
Ich denke mir, wenn die das ganze BG-Prozedere nicht so kompliziert machen würden, würden das auch mehr in Anspruch nehmen. Was ist denn ein Mundschutz mit Augenschutz?

davo
31.05.2018, 10:04
Man sollte, nur weil man Medizin studiert hat, nicht automatisch selbst zu einem schlechten Patienten werden :-p

Solara
31.05.2018, 10:35
Ich denke mir, wenn die das ganze BG-Prozedere nicht so kompliziert machen würden, würden das auch mehr in Anspruch nehmen. Was ist denn ein Mundschutz mit Augenschutz?

Was ist kompliziert? Ambulanz, blutabnahme, melden, fertig.

jinkxed
31.05.2018, 11:20
Was ist kompliziert? Ambulanz, blutabnahme, melden, fertig.

man muss aber nach wie vor dann im Intervall (nach mehren Monaten usw.) zum D-Arzt oder? Das war eigentlich das einzige ''Nervige'' als ich mich damals vor Ewigkeiten gestochen hatte, ansonsten ist es wirklich kein großer Akt

Solara
31.05.2018, 11:24
Man bekommt von Betriebsarzt die Erinnerung, dass man zur Blutentnahme erscheinen soll, geht hin, lässt Blut abnehmen und lässt sich dann das Ergebnis schicken. Ich weiß nicht wo das Problem sein soll.

Es dient der eigenen Absicherung, wem die nicht wichtig genug ist, dem ist auch nicht zu helfen.

Absolute Arrhythmie
31.05.2018, 11:37
Man sollte sich vor allem wirklich mal vor Augen führen welche Nachteile man hat, wenn die BG die stattgefundene Infektion nicht als berufsbedingt anerkennt...
Und das nur weil man zu faul war mal kurz zum D-Arzt zu gehen...

roxolana
31.05.2018, 12:05
Nach so einem Vorfall Wunde säubern und desinfizieren. Und in der Ambulanz die entsprechenden Laborwerte abnehmen lassen. Und ebenfalls beim Patienten mit dessen Einverständnis.

Das mit dem Einverständnis ist ja auch nicht immer so einfach. Ich wurde mal im PJ von der Chirurgin während der OP mit einer Nadel, die vorher im Patienten drin war, gestochen. Nach der OP ging der Patient in den Wachraum und danach auf die ITS. Als ich nach der OP zum wachen Patienten ging, um ihn den HIV-Wisch unterschreiben zu lassen und Blut abzunehmen, sagte die Anästhesistin zu mir, dass der Patient 24h nach der OP eh nicht einwilligungsfähig ist. Blöd nur, dass man das Blut ja so schnell wie möglich abnehmen muss, weil man die PEP ja nicht erst 2 oder 3 Tage nach der Verletztung einleiten will... Was macht man dann in so einem Fall?

*milkakuh*
31.05.2018, 12:18
Ich werde mir jetzt vorm PJ eine Brille machen lassen. Hab sowieso eine leichte Fehlsichtigkeit aber würde mir ansonsten auch eine mit Fensterglas machen lassen. Dann wird man nicht doof angeguckt, wenn man eine Schutzbrille nimmt und ist einfach immer geschützt. Mal schauen, ob ich es dann noch verfluche, wenn sie immer beschlägt. Hab auch einmal Blut ins Auge bekommen und es leider nicht gemeldet - hab mich aber glücklicherweise nicht infiziert. Gestochen hab ich mich bisher 2x und es jeweils der BG gemeldet - Indexpatient wurde aber in beiden Fällen nicht untersucht.

@roxolana: Blöde Konstellation. Bei einem hochgradigen Verdacht auf eine HIV-Infektion, würde ich wohl das mit der Einwilligungsfähigkeit nach der OP einfach mal "vergessen".

nie
31.05.2018, 12:31
Hier an der Uni lassen einen die Unfallchirurgen gar nicht ohne Schutzbrille in der OP. Und in der Gyn bei den Sectios hatte ich eigentlich auch immer eine an und keiner fands komisch. Ich würde mir da nicht so viele Gedanken machen.
Meine eigene Brille hab ich, aus verschiedenen Gründen, eigentlich nie an wenn ich arbeite/Famulatur gemacht habe.

Hatte in fast 10 Jahren Patientenkontakt aber auch noch nie eine Situation in der wirklich Infektionsgefahr bestand. Aber vielleicht stand ich einfach noch nicht oft genug am OP-Tisch. :-nix

*milkakuh*
31.05.2018, 12:46
Also ich hab schon erlebt, dass PJ'ler mit Schutzbrillen komisch angeschaut wurden. In meiner letzten Famulatur war ich als Assistenz bei einer Oberschenkel Amputation dabei. Da hat mich leider niemand darauf hingewiesen, dass eine Schutzbrille sinnvoll wäre...

Brillen finde ich aber nicht nur praktisch, sondern auch schön :-)) Und da ich zumindest rechts 1,25 Dioptrien haben, kann ich mir ja mit halbwegs gutem Gewissen eine kaufen.