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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Der Lebensweg Medizin - Ob es das Richtige für mich ist?



Fromey
12.06.2018, 21:23
Hallo,

in etwa zwei Wochen habe ich mein Abitur und wähle jetzt meinen zukünfitgen Weg ...

mein Bauchgefühl sagt mir, dass der Arzt-Beruf und das Studium das Richtige für mich sind. Das hat mich in den letzten Monaten dazu bewegt, mich umfassend mit dem Studium und Beruf auseinanderzusetzen

Gleichzeitig gibt es viele Dinge, die ich am Arztberuf auszusetzen habe.

Schon lange fühle ich mich in Krankenhäusern gar nicht wohl, was vielleicht auch an meinen eigenen Erfahrungen damit liegt. Schon allein der typische Geruch in Krankenhäusern erweckt in mir dieses Unwohlsein

Ich weiß jetzt schon, dass wenn ich Arzt werde, ich keine OPs machen will, weil ich mich für so etwas nicht wirklich beeindrucken kann und für mich da einfach zu viel Verantwortung dran hängt. Wenn ich da nicht wirklich 100% für brenne, will ich nicht das Schicksal eines anderen dafür aufs Spiel setzen. Da sollen nur die Profis ran, genauso wie ich es bei mir selbst auch haben wöllte.

Die einzige Tätigkeit, die ich mir als Arzt sehr gerne vorstellen kann, wäre in einer Praxis. Darauf hätte ich schon ziemlich Lust.

Ein weiterer Grund ist, dass ich mich ungerne mit schweren Schicksalen konfrontiere. Nicht, weil ich dafür eine Abneigung verspüre, sondern weil ich sehr emphatisch bin und bei so etwas viel Mitleid verspüre und nicht 100% objektiv sein kann, wenn es sich herausstellt, dass ein junges Mädchen Leukämie oder eine Mutter von drei Kindern einen Gehirntumor hat. Vor allem würde ich solchen Menschen dann gerne viel mehr Zeit/Zuneigung schenken. Aber als Arzt hat man ja (vor allem in der Praxis) nur sehr wenig Zeit für seine Patienten. Häufig ist es dann, wie am Fließband. (wenn man als Kassenarzt etwas verdienen will) und das finde ich moralisch nicht ok. Ich gucke deshalb auch keine Notfall-Medizin Dokus an, weil ich ungerne von zu Hause aus zur Unterhaltung zugucken will, wie ein Mensch, den ich nicht kenne, fast am sterben liegt


Dann ist da noch ein weiterer Grund.

Als Medizin-Student muss man ja unheimlich viel lernen und auswendig lernen. Das ist klar und ist mir völlig bewusst und ich wäre da vermutlich auch bereit zu. Aber in der Medizin gibt es eine einmalige Sache, die in fast keinem anderen Studiengang zu finden ist. Während man als BWL oder Ingenieurstudent 80% der Dinge nach dem Studium getrost wieder vergessen kann, sollte ein Medizin-Student lieber die vielen Bücher im Kopf behalten - denn davon könnte das Leben eines Menschen abhängen. Anatomie bei einer Notfall OP (da kann man nicht mal eben das Buch aufschlagen) bis hin zu Biochemie und Physiologie, wenn man schnell entscheiden muss, mit welchen Medikamenten und wie genau man einen Krebspatienten zu behandeln hat. Denn: Ein zweites Mal gibt es für einen Mediziner nicht. Ein Informatiker kann das Programm neu starten. Im Umkehrschluss heißt das, dass ich mcih mit dem Wissen nicht nur die 6 Jahre im Studium herumschlagen muss, sondern mein gesamtes Leben. Und das finde ich nicth sehr verlockend.

Was mir auch nicht zuspricht, ist das heutige Gesundheitssystem. Als Kassenarzt muss ich mich an Vorschriften halten, wie viele Patienten ich wie lange behandeln kann und wie ich Medikamente etc. zu verschreiben habe. Sonst gibt es Kostenabstriche. Das steht häufig im Widerspruch zu den moralischen Pflichten eines Arztes. ICh möchte nicht teil eines solchen Fließband-Systems sein.

Als Privatarzt trage ich dazu bei, dass gerechte Behandlung ein Privileg für die Wohlhabenden ist.

Ich persönlich bin dagegen, dass man Patienten ohne Ende Medikamente beschreibt und setze mich dafür ein, auch die tägliche Ernährung als Medikament zu nutzen. Aber das wird von der Schulmedizin oft belächelt. Krebspatienten im Krankenhaus bekommen trotzdem Fleischwurst mit Butter auf Weißbrot und dazu einen Schokopudding zum Frühstück.


Ich habe Angst, dass ich mich als Arzt diesem System unterordnen muss und es dann nicht mit meinem Gewissen vereinbaren kann und total unglücklich werde.


Die Gründe weshalb ich Arzt werden will sind, dass ich mich für NaWis interessiere und gerne Menschen helfe und darin eben einen Schnittpunkt sehe und weil ich mir erhoffe ein besserer Arzt sein zu können als die, die wir heute zum Teil haben.... Außerdem ist es ein sicherer Beruf.

Naja ich wollte das loswerden, bevor ich mir die ganze Mühe für Ham-NAT und schließlich den steinigen Weg des Medizinstudiums gehe und wollte gerne wissen, was ihr davon hält.

LG

EVT
12.06.2018, 21:52
Hast du schon einmal ein Praktikum im Krankenhaus gemacht?
Anfänger operieren nicht alleine (und nicht alle Ärzte müssen operieren) und man kann durchaus ein paar Sekunden oder auch Minuten nachdenken, bevor man ein Medikament verschreibt. ;-) Für Fragen gibt es Oberärzte und Nachschlagewerke. Man muss auch nicht jedes Detail jedes einzelnes Faches immer im Kopf haben.

Mit der übermäßigen Empathie ist schön schwieriger finde ich. Müsste man später dann schauen, wie ausgeprägt es noch wäre und welches Fach dann in Frage käme.

Coxy-Baby
12.06.2018, 22:37
Nur so für mich als interessierten Laien „Krebspatienten im Krankenhaus bekommen trotzdem Fleischwurst mit Butter auf Weißbrot und dazu einen Schokopudding zum Frühstück.„ warum sollte man das als Krebspatient nicht bekommen?

WackenDoc
12.06.2018, 22:45
Werd halt Heilpraktiker. Da brauchst keine Ausbildung, kannst mit irgendwelchen Ideen Geld verdienen, hast eigentlich keine Kontrolle und Vorgaben mehr. Kannst als honorar das verlangen, was deine Patienten bereit sind zu bezahlen.

ehem-user-11022019-1151
12.06.2018, 23:29
Werd halt Heilpraktiker. Da brauchst keine Ausbildung, kannst mit irgendwelchen Ideen Geld verdienen, hast eigentlich keine Kontrolle und Vorgaben mehr. Kannst als honorar das verlangen, was deine Patienten bereit sind zu bezahlen.

Ich finde diese Aussage ziemlich unangepasst. Immerhin macht sich der Themenersteller Gedanken über viele Aspekte.
Dann zu sagen, er solle doch einfach Heilpraktiker werden (denn da müssen die Krebspatienten kein Weißbrot und Schokopudding essen (??was ist, wenn sie das aber wollen!?)), finde ich schon sehr seltsam.
Insbesondere unter dem Gesichtspunkt, dass du diese "Schwurbelmedizin" nicht unterstützt (Ps. ich auch nicht.)

Vielleicht sehe nur ich das so, aber du musst einfach berücksichtigen, dass es sich hier um einen 19-jährigen handelt, der gerade sein Abi gemacht und und vielleicht bisschen "die Welt verbessern" will. Aussagen wie "werde doch Heilpraktiker, dann kannst du ganz toll empathisch Zeug verkaufen" bringen nämlich genau eines: Ärger und Unsicherheiten.

Just my two cents.

bremer
12.06.2018, 23:43
Als Medizin-Student muss man ja unheimlich viel lernen und auswendig lernen. Das ist klar und ist mir völlig bewusst und ich wäre da vermutlich auch bereit zu. Aber in der Medizin gibt es eine einmalige Sache, die in fast keinem anderen Studiengang zu finden ist. Während man als BWL oder Ingenieurstudent 80% der Dinge nach dem Studium getrost wieder vergessen kann, sollte ein Medizin-Student lieber die vielen Bücher im Kopf behalten - denn davon könnte das Leben eines Menschen abhängen.


Na ja, ich würde mal behaupten, dass wir 80% von dem, was wir im Studium gelernt haben, ebenfalls wieder vergessen. Ist ja logisch. Warum sollte das bei uns anders sein.



und weil ich mir erhoffe ein besserer Arzt sein zu können als die, die wir heute zum Teil haben

Gewagte Aussage. Vor allem in einem Forum von lauter Medizinstudenten und Ärzten.

Du machst dir sehr viele Gedanken. Das ist einerseits gut, andererseits ist Arzt trotz allem ein Beruf wie jeder andere. Dank der guten Arbeitsmarktlage allerdings einer der sehr attraktiven.

WindChain
13.06.2018, 07:15
Letztlich wirst du das nur selbst beantworten können.
Aber verstehe ich das richtig? du fühlst dich in Krankenhäusern unwohl, findest unser Gesundheitssystem ungerecht und schlecht und stehst der "Schulmedizin" sehr kritisch gegenüber? Nun, in der HochSchule (Uni) wird man nicht drum herum kommen, schätze ich. (;

Alles nur Pillenverschreiber, Big Pharma Friends und Privatabrechner hier.

Ich würde noch mal drüber nachdenken. Es gibt sicher noch andere Berufe, die sinnvoll sind und recht gut bezahlt werden. Da wird man doch so nicht glücklich mit

Absolute Arrhythmie
13.06.2018, 08:23
Hallo,

in etwa zwei Wochen habe ich mein Abitur und wähle jetzt meinen zukünfitgen Weg ...

mein Bauchgefühl sagt mir, dass der Arzt-Beruf und das Studium das Richtige für mich sind. Das hat mich in den letzten Monaten dazu bewegt, mich umfassend mit dem Studium und Beruf auseinanderzusetzen
Da würde mich jetzt mal interessieren, was das für dich heißt, dich "mit dem Beruf und dem Studium auseinanderzusetzen"? Hast du mal Praktika im Krankenhaus oder bei einem niedergelassenen Arzt gemacht? Hast du dir mal Beispielhaft angeguckt, was man im Medizinstudium so macht?


Gleichzeitig gibt es viele Dinge, die ich am Arztberuf auszusetzen habe.
Sich kritisch mit Dingen auseinander zu setzen finde ich immer wichtig und richtig, aber auch hier bleibt die Frage, welche Quellen du für deine Beurteilung heranziehst. Wenn du selbst schon im KH gearbeitet hast oder Angehörige hast, die Mediziner sind, wirst du ja wahrscheinlich einen gewissen Einblick ins Berufsleben haben. Wenn du deine Infos aus den Medien hast, dann kannst du davon ausgehen dass 80% dessen, was du über den Arztberuf weißt, Quatsch ist ;-)


Schon lange fühle ich mich in Krankenhäusern gar nicht wohl, was vielleicht auch an meinen eigenen Erfahrungen damit liegt. Schon allein der typische Geruch in Krankenhäusern erweckt in mir dieses Unwohlsein
Das halte ich ehrlich gesagt für problematisch. Fühlst du dich im KH nur ein bisschen unwohl, oder kannst du es da kaum aushalten? Du wirst nämlich ziemlich viel Zeit deines Lebens im KH verbringen müssen, wenn du Medizin studierst. Im Studium musst du drei Monate Pflegepraktikum, vier Monate Famulatur, ein praktisches Jahr und diverse Wochen Blockpraktikum im KH absolvieren. Und auch danach führt in den Weiterbildung als Assistenzarzt eigentlich kein Weg daran vorbei, zumindest ein bis zwei Jahre im KH zu verbringen.


Ich weiß jetzt schon, dass wenn ich Arzt werde, ich keine OPs machen will, weil ich mich für so etwas nicht wirklich beeindrucken kann und für mich da einfach zu viel Verantwortung dran hängt. Wenn ich da nicht wirklich 100% für brenne, will ich nicht das Schicksal eines anderen dafür aufs Spiel setzen. Da sollen nur die Profis ran, genauso wie ich es bei mir selbst auch haben wöllte.
Du musst als Arzt nicht operieren, es gibt genügend nicht-schneidende Tätigkeiten. Wobei du an Invasivitäten in keiner klinischen (also Patienten-nahen) Disziplin vorbeikommen wirst.


Die einzige Tätigkeit, die ich mir als Arzt sehr gerne vorstellen kann, wäre in einer Praxis. Darauf hätte ich schon ziemlich Lust.
Wie kommst du zu dieser Erkenntnis? Hast du mal ein Praktikum bei einem niedergelassenen Arzt gemacht oder kennst du die Arbeit nur aus Sicht des Patienten?


Ein weiterer Grund ist, dass ich mich ungerne mit schweren Schicksalen konfrontiere. Nicht, weil ich dafür eine Abneigung verspüre, sondern weil ich sehr emphatisch bin und bei so etwas viel Mitleid verspüre und nicht 100% objektiv sein kann, wenn es sich herausstellt, dass ein junges Mädchen Leukämie oder eine Mutter von drei Kindern einen Gehirntumor hat. Vor allem würde ich solchen Menschen dann gerne viel mehr Zeit/Zuneigung schenken. Aber als Arzt hat man ja (vor allem in der Praxis) nur sehr wenig Zeit für seine Patienten. Häufig ist es dann, wie am Fließband. (wenn man als Kassenarzt etwas verdienen will) und das finde ich moralisch nicht ok. Ich gucke deshalb auch keine Notfall-Medizin Dokus an, weil ich ungerne von zu Hause aus zur Unterhaltung zugucken will, wie ein Mensch, den ich nicht kenne, fast am sterben liegt
Damit wirst du, falls du dich zum Medizin-Studium entscheiden solltest, unweigerlich lernen müssen umzugehen. Jeder Mensch mit dem du beruflich zu tun haben wirst, hat in irgendeiner Form ein Schicksal, mit dem er umgehen muss. Und du wirst ziemlich viel davon erfahren ;-) Wenn du da zart besaitet bist, ist das vielleicht langfristig ein Problem. Mitgefühl ist gut und wertvoll, aber Mitleid ist mMn absolut fehl am Platze. Eine gewisse Professionalität kann man sich sicher mit der Zeit aneignen, das musst du selbst beurteilen ob du dir das zutraust.



Dann ist da noch ein weiterer Grund.

Als Medizin-Student muss man ja unheimlich viel lernen und auswendig lernen. Das ist klar und ist mir völlig bewusst und ich wäre da vermutlich auch bereit zu. Aber in der Medizin gibt es eine einmalige Sache, die in fast keinem anderen Studiengang zu finden ist. Während man als BWL oder Ingenieurstudent 80% der Dinge nach dem Studium getrost wieder vergessen kann, sollte ein Medizin-Student lieber die vielen Bücher im Kopf behalten - denn davon könnte das Leben eines Menschen abhängen. Anatomie bei einer Notfall OP (da kann man nicht mal eben das Buch aufschlagen) bis hin zu Biochemie und Physiologie, wenn man schnell entscheiden muss, mit welchen Medikamenten und wie genau man einen Krebspatienten zu behandeln hat. Denn: Ein zweites Mal gibt es für einen Mediziner nicht. Ein Informatiker kann das Programm neu starten. Im Umkehrschluss heißt das, dass ich mcih mit dem Wissen nicht nur die 6 Jahre im Studium herumschlagen muss, sondern mein gesamtes Leben. Und das finde ich nicth sehr verlockend.
Das ist so einfach nicht wahr. Ich hab jetzt (kurz vorm Staatsexamen) sicher 80% dessen, was ich im Studium gelernt hab, wieder vergessen (und ich gehöre eher zu den Strebern). Man kann - wie schon geschrieben wurde - alle möglichen Dinge nachschlagen und kann bei den meisten Dingen auch mal ne Minute nachdenken, bevor man was tut. Und Menschen sterben auch nicht einfach so innerhalb von 30 Sekunden, weil man was falsch gemacht hat (in Einzelfällen schon, deshalb sollte man natürlich eben doch nachdenken und nachlesen bevor man etwas tut, und sich nicht darauf verlassen dass man sich schon richtig an sein (mittlerweile wahrscheinlich veraltetes) Wissen aus dem Studium erinnern wird). Das Studium an sich ist arbeitsintensiv, aber es gibt sicher Fächer die schwerer und aufwändiger sind (alle MINT-Fächer zB).


Was mir auch nicht zuspricht, ist das heutige Gesundheitssystem. Als Kassenarzt muss ich mich an Vorschriften halten, wie viele Patienten ich wie lange behandeln kann und wie ich Medikamente etc. zu verschreiben habe. Sonst gibt es Kostenabstriche. Das steht häufig im Widerspruch zu den moralischen Pflichten eines Arztes. ICh möchte nicht teil eines solchen Fließband-Systems sein.

Als Privatarzt trage ich dazu bei, dass gerechte Behandlung ein Privileg für die Wohlhabenden ist.
Dagegen könntest du sicher etwas tun, in dem du dich während und nach deinem Studium in der Gesundheitspolitik engagierst :-)


Ich persönlich bin dagegen, dass man Patienten ohne Ende Medikamente beschreibt und setze mich dafür ein, auch die tägliche Ernährung als Medikament zu nutzen. Aber das wird von der Schulmedizin oft belächelt. Krebspatienten im Krankenhaus bekommen trotzdem Fleischwurst mit Butter auf Weißbrot und dazu einen Schokopudding zum Frühstück.
Die Aussage verstehe ich nicht. Meinst du, dass ein appetitloser Patient der gerade eine Chemotherapie durchmacht nicht das essen sollte, worauf er Appetit hat und was ihm schmeckt? Vielleicht solltest du mit solchen Aussagen warten, bis du ein bisschen mehr zu medizinischen Themen weißt ;-)



Ich habe Angst, dass ich mich als Arzt diesem System unterordnen muss und es dann nicht mit meinem Gewissen vereinbaren kann und total unglücklich werde.
Natürlich musst du dich als Arzt zu einem gewissen Teil "dem System" unterordnen. Das musst du in anderen Branchen aber auch ;-) Geh mal an die Börse oder in die freie Wirtschaft, da ist auch nicht alles ethisch und moralisch perfekt :-)) Außerdem hast du ja, wie bereits erwähnt, auch die Chance etwas zu verändern und dich zu beteiligen.



Die Gründe weshalb ich Arzt werden will sind, dass ich mich für NaWis interessiere und gerne Menschen helfe und darin eben einen Schnittpunkt sehe und weil ich mir erhoffe ein besserer Arzt sein zu können als die, die wir heute zum Teil haben.... Außerdem ist es ein sicherer Beruf.
"Menschen helfen" zu wollen ist eher eine Motivation um ins Kloster zu gehen und Aussätzige in Indien zu pflegen. Mit der Motivation wirst du in der Medizin aller Wahrscheinlichkeit unglücklich werden.


Naja ich wollte das loswerden, bevor ich mir die ganze Mühe für Ham-NAT und schließlich den steinigen Weg des Medizinstudiums gehe und wollte gerne wissen, was ihr davon hält.

LG
Was ich davon halte? Ich denke, du solltest dringend Praktika machen, bevor du dich entscheidest. Mach doch ein FSJ im Pflegedienst und schau dir "das System" und die Arbeit im KH mal genau an. Dann hättest du, solltest du dich für das Studium entscheiden, auch gleich einen Grundstock an klinischer Erfahrung und müsstest das Pflegepraktikum nicht mehr machen.
Oder du probierst es halt einfach. Wenn es dir dann doch nicht gefällt, ist das ja kein Weltuntergang. Man kann schließlich auch den Studiengang wechseln.

davo
13.06.2018, 08:29
Wenn du deine Einstellung konsequent zu Ende denkst, wirst du JEDEN Job als Belastung empfinden. Denn du wirst ÜBERALL an oft unsinnige Gesetze, Vorschriften usw. gebunden sein, du wirst ÜBERALL belastende Situationen erleben, usw. Willkommen in der Realität :-p

Ich glaube, dass man mit dem Alter oft etwas entspannter wird, und dass du mit Mitte 20 wahrscheinlich nicht mehr so verkrampft sein/denken wirst wie jetzt. Viele, die mit 15-20 verbisserne Weltretter waren, sind mit 35-45 entspannte Pragmatiker. Insofern würd ich mir da keine großen Sorgen machen. Wenn dich Medizin interessiert, dann studier Medizin.

Und am Rande noch eine Anmerkung zum Krankenhausessen, um zu erläutern dass deine Sichtweisen oft zu kurz gedacht / zu kindisch sind: Das ist nicht deshalb so mies weil niemand weiß, dass Ernährung wichtig ist (obwohl es auch Unsinn wäre zu behaupten dass man Krebs mit Ernährung heilen könne - ich hoffe du meintest nicht sowas in der Art), sondern weil niemand noch höhere Krankenversicherungsbeiträge zahlen will. Irgendwer muss halt dafür zahlen, und man kann sich nicht alles leisten was sinnvoll wäre. Das trifft auf den Staat genauso zu wie auf jeden einzelnen Menschen. Außerdem ignorierst du die Tatsache, dass man oft sehr wohl wählen kann ob man Obst oder Pudding will, und viele Patienten entscheiden sich halt für den Pudding. Das wirst du auch noch begreifen müssen - dass nicht jeder Patient immer das macht was du für sinnvoll hältst.

Oops!
13.06.2018, 09:06
So viel Empathie verwächst sich auch.
Ist wie Babyspeck.
Wenn du realisierst, dass du deine Brötchen verdienen musst, wirst du deinen Job erledigen.
Und Sympathie für den Patienten bzw für seine gesundheitliche-soziale Situation sollte dich nicht handlungsunfähig machen.
Wer vor Mitleid zerfließt, ist als Arzt im falschen Beruf.
Erstens kann er dem Patienten nicht mehr objektiv helfen, andererseits riskiert er seine eigene (psychische wie physische) Gesundheit.

Medizin ist nicht nur Chirurgie und Krebs.
Und Krankheiten, die extrem krasse Millisekundenentscheidungen notwendig machen würden, sind auch nicht an der Tagesordnung.
Ausnahmen sind zB Notfallmedizin oder Anästhesie. Ruhe bewahren, Überblick verschaffen, das Richtige tun.
Standardsituation prägen sich irgendwann ein in Bezug auf Medikamente, Behandlungen etc.
Anatomische Strukturen ebenfalls.

Und genau weil sich nicht jeder alles für immer merken kann, gibt es Fachärzte.

Pharmaverschwörungstheorie ist Quatsch.
Viele Patienten bestehen auf Medikamente, weil es dann „schneller vorüber geht“ (zB Antibiotika).
Manche lassen sich nicht auf eine Lifestyle-Änderung ein, weil das halt mühsam ist - dann wird eben ein manifester, insulinpflichtiger Diabetes draus. Jeder hat das Recht auf freiwillige Selbstgefährdung.
Andersherum wirst du Pharma zu schätzen wissen, wenn du siehst, dass es weder entwickelt noch verschrieben wurde, um Menschen zu Gelddruckmaschinen zu machen, sondern um Patienten zu helfen.
Dass mit Pharma Geld umgesetzt wird, ist nun mal so. Wie sollte es auch anders sein?

Schwerwiegende Erkrankungen allein (!) durch Ernährung zu beeinflussen, ist allerdings eher dem guten Glauben zuzuordnen.
Was du auch lernst: du kannst nicht jedem helfen.
Was du zudem feststellen wirst: es gibt Krankenhäuser, die sich sehr um gesunde Ernährung bemühen - und dann gibt es trotzdem wieder Patienten, die auch daran etwas zu meckern haben.
Da wird dann gefragt, ob Ernährung denn alles sei und ob nicht mehr Wert auf die perfekte medizinische Behandlung gelegt werden sollte (was bereits der Fall ist).
Du kannst es nie allen recht machen.

Nicht jedes Krankenhaus duftet „nach Krankenhaus“.
Krankenhaus ist praktisch: alles vor Ort, kurze Wege. Ist wie ein Arztbesuch mit Übernachtungsmöglichkeit und Zimmerservice ;-)
Wenn du den Duft von Sterillium meinst: daran solltest du dich gewöhnen.

Andere Jobs sind auch geprägt von Hierachchie, Buckeln, Treten.
Du wirst immer irgendeinen Part haben, der dir nicht so prall gefällt.

Alternativ fallen mir noch Physiotherapie, Ergotherapie, Logopädie ein.
Oder Sozialarbeiter.
Wahlweise Ernährungsberatung.
Oder Psychologie.
Ethik bzw. Theologie wär auch noch eine Idee.

Bevor du dich entscheidest, mach Praktika.

Kackbratze
14.06.2018, 08:50
Ich habe das mal gelesen und fasse meine Eindrücke zusammen:
Ich will Arzt werden, aber Krankenhäuser sind doof.
Ich will Arzt werden, aber Verantwortung ist doof.
Ich will Arzt werden, aber schwere Schicksalsschläge sind doof.
Ich will Arzt werden, aber das Gesundheitssystem ist doof.

Dann bist Du im klassischen Arztberuf falsch. Punkt.

Weder die Ausbildung noch das spätere Arbeiten scheinen bei Dir reales Interesse zu wecken. Ich lese höchstens Abneigung oder Ablehnung. Dann lass es.
:-meinung

Arrhythmie
14.06.2018, 09:24
Vieles stellt man sich auch ganz anders vor, als es am Ende dann ist. Da kann man noch so viel "erzählen" und sich von anderen anhören - das Einzige was wirklich hilft ist die Selbsterkenntnis. Mal was auszuprobieren und sich von manchem ein eigenes Bild zu machen, ist sinnvoll.

Aber irgendwie finde ich auch, dass sich Dein Beitrag nicht danach liest, als wäre Medizin das richtige...

Lava
14.06.2018, 09:36
Ich habe das mal gelesen und fasse meine Eindrücke zusammen:
Ich will Arzt werden, aber Krankenhäuser sind doof.
Ich will Arzt werden, aber Verantwortung ist doof.
Ich will Arzt werden, aber schwere Schicksalsschläge sind doof.
Ich will Arzt werden, aber das Gesundheitssystem ist doof.

Dann bist Du im klassischen Arztberuf falsch. Punkt.

Weder die Ausbildung noch das spätere Arbeiten scheinen bei Dir reales Interesse zu wecken. Ich lese höchstens Abneigung oder Ablehnung. Dann lass es.
:-meinung

Recht plakative Aussage. Ich denke, es gibt in unserem Berug genug Nischen, dass jeder seine findet. Und nur weil man das Establishment nicht mag, muss man ja nicht schon vorher aufgeben. Entweder man findet Kompromisse oder versucht wenigstens, etwas zu ändern, was der eigenen Ansicht nach falsch ist. Sonst wäre das so wie "du willst keine unbezahlten Überstunden machen? dann werd nicht Chirurg!" und da waren wir uns doch einig, dass das der Vergangenheit angehören sollte.

Kackbratze
14.06.2018, 10:58
Ich habe noch einen Punkt vergessen:
Ich will Arzt werden, aber einen Studienplatz zu organisieren ist mir irgendwie zu stressig.

Wer nicht will, der soll es lassen. Ich bleibe bei meiner plakativen Aussage.
Man muss nicht allen Leuten, die nicht mit mindestens 60% hinter ihrer Entscheidung stehen den roten Teppich incl. geführter Führung anbieten und sich danach in der Klinik beschweren, dass es Absolventen gibt, die gleich die Medizin verlassen oder als frustrierte Assistenten mit Burnout oder Suizid die Krankenversorgung verlassen.

Ja, man kann mit Abitur Medizin studieren. Man muss es aber nicht. Ein Praktikum im Krankenhaus oder bei einem niedergelassenen Kollegen bringt mehr Informationen als 1000-Zeichen-Postings in Foren, in denen man nur seine Zweifel und Theorien salbadert und sich somit weiterhin dem realistischen Auseinandersetzen mit dem eigentlichen Beruf entzieht.

Feuerblick
14.06.2018, 22:43
Ich bin da ganz einer Meinung mit Bratze. Wer so viele Haare in einer Suppe findet, die er bisher weder bestellt noch probiert hat, der sollte es lieber lassen, denn der wird nicht glücklich.
Ja, natürlich findet auch in der Medizin fast jeder sein Plätzchen, aber warum sollte man sich ein so langes und arbeitsintensives Studium antun, wenn man jetzt schon weiß, was einem alles nicht gefallen wird?
Praktika machen und wenn dann die genannten Punkte immer noch stören - anderes Fach suchen. Man muss nicht unbedingt Arzt werden, um seine Erfüllung zu finden. Und „Menschen helfen“ kann man auch als Sozialarbeiter, Müllmann oder Klempner.

Wicki12
15.06.2018, 13:35
Ich würde mich hier auch mit Kackbratze einreihen. Natürlich ist es eine plakative Aussage, aber die ist manchmal eben nötig um Sachen verständlich zu machen.

Ich glaube nach dem Abi haben viele das Studium als Zweck im Kopf, nicht als Mittel zum Zweck. Das ist ganz natürlich, weil man eben noch nicht weit denkt. Du hingegen tust das, was schonmal lobenswert ist. Und ich glaube dabei hast du festgestellt: Medizin Interesse ist da, ich hab Lust auf das Studium. Aber eben eigentlich nicht auf alles was danach kommt. Mir kommt das etwas vor wie die Menschen, die Fächer auf Lehramt studieren weil sie das Fachgebiet mögen und dann später aber feststellen, dass sie eigentlich gar kein Bock auf Kinder haben.

Jetzt gehört natürlich eine Portion Mut dazu diese "Abneigungen" bzw. die Konfrontation damit nicht nach hinten zu schieben und einfach mal Medizin zu studieren. Ist ja ein langes Studium. Guess what: Es ist noch ein viel längeres Berufsleben.

Daher würde ich auch eher sagen: Überleg dir das sehr sehr gut.

CreditCarf
16.06.2018, 10:19
@TE:

Probier es einfach selbst aus. Wenn es nicht passt, dann machst du eben was anderes.

Viel Glueck!

WackenDoc
16.06.2018, 17:43
Die Medizin hat einen riesigen Vorteil: Der Beruf "Arzt" ist so gut bezahlt, ist so vielfältig und wird so gut bezahlt, dass fast jeder früher oder später seine Nische findet.

facialis
16.06.2018, 20:54
Die einzige Tätigkeit, die ich mir als Arzt sehr gerne vorstellen kann, wäre in einer Praxis. Darauf hätte ich schon ziemlich Lust.

warum eigentlich? was unterscheidet aus deiner sicht grundsätzlich die arbeit im krankenhaus von der in einer praxis?


Ich habe Angst, dass ich mich als Arzt diesem System unterordnen muss
das wirst du müssen. wie alle es tun.



Die Gründe weshalb ich Arzt werden will sind, dass ich mich für NaWis interessiere und gerne Menschen helfe und darin eben einen Schnittpunkt sehe und weil ich mir erhoffe ein besserer Arzt sein zu können als die, die wir heute zum Teil haben....
das sind wahrlich keine gründe, medizin zu studieren. wenn das deine motivation ist - dann lass es


Außerdem ist es ein sicherer Beruf
das hingegen ist ein vorteil und damit ein grund für das studium. und das sozialprestige. bist du bereit, dafür einen preis in form von zahlreichen nachteilen des berufes (schicksalsschläge, verantwortung, gesundheitssystem, dienstbelastung etc...) zu bezahlen?