Wir hatten in der Tat für eine ausgeschriebene Stelle 7 Bewerbungen, die innerhalb von 4 Wochen eingingen. Fand ich ok.
Wir sind aber eine kleine Klinik, die nicht viele Fachärzte ausbildet. Ich sehe eher die Gefahr in den grossen Unikliniken (in Deutschland wäre es Häuser wie Freiburg, Münchnen oder Berlin), die eine zweistellige Anzahl von Assistenzärzt*innen haben. Davon werden dann immer 4-5 pro Jahr fertig. Ob das wirklich so gut ist.
Klar, die Gesellschaft altert, aber es gibt Vieles, was sich im Fach in Richtung Hypofraktionierung bewegt und KI leistet auch ihren Beitrag in der Reduktion des Arbeitsaufwandes pro Patient in der Konturierung & Planung.
Vor 10 Jahren erhielt jede adjuvante Brust 25-33 Fraktionen, aktuell sind es 15-20 Fraktionen (auch wenn viele sich weiterhin weigern und pT1pN0-"Omas" 6 Wochen lang zur Behandlung fahren lassen), wir machen jetzt schon einige mit 5 Fraktionen (Livi), was denkst du passiert in 10 Jahren? Und ob doch nicht mal irgendein super genetischer Test rauskommt (a la Oncotype), der das Rezidivrisiko besser abschätzt und uns einige dieser adjuvanten Mammas wegnimmt?
In vielen Kliniken machen adjuvante Brustbestrahlungen mehr 1/4 des Patientenaufkommens aus. Angenommen die Hälfte davon ist pN0 und du reduzierst bei Ihnen die Fraktionen von 20 auf 5, heisst das für 12% deiner Patientinnen nur noch 1/4 der Fraktionen. Macht ca. 9% absoluten Verlust in Fraktionen (und Geld) auf einen Schlag.
Über die Prostata wollen wir gar nicht reden...
Nicht zu vergessen sind die ganzen "benachbarten" Fächern, die unsere Aufgaben mitübernehmen. Palliativmediziner, Schmerztherapeuten, int. Onkologen, die "unsere" Chemotherapien machen, Psychoonkologen, usw... Das alles haben wir komplett früher allein gemacht. Und dann kommt KI. Ich habe keine Zweifel, dass in 10 Jahren so eine KI komplett das Zielvolumen für viele "Standard-Indikationen" allein konturieren wird und ich nur noch Mini-Korrekturen machen werde.
Meine persönliche Meinung: Strahlentherapiekliniken in Deutschland funktionieren nur durch eine hohe Anzahl von fleissigen Assistenzärzt*innen, die die meisten zeitauswändigen Aufgaben erledigen (Stationsarbeit, Ambulanz, Konturierung). Sie sind günstig und leicht ersetzbar. Ausserdem kann man sie wunderbar für wenig wertvolle Forschungsaufgaben einsetzen, womit andere Leute ihre Karriere aufbauen. Daher behält man möglichst viele von ihnen und braucht nur eine begrenzte Anzahl an Fachärzten, die Pläne abnehmen, komplexe Beratungen machen, Tumorboards betreuen, usw. Das System funktioniert nur solange diese stetige Facharztproduktion auch von den Praxen absorbiert werden kann. Wenn das nicht mehr der Fall ist, gibt es ein Problem.
Die Bundesärztestatistik zeigt ein Wachstum von 3% / Jahr kontinuierlich über die letzten Jahre. Ob das auf lange Sicht gut wird?