Zitat von
Bonnerin
So, habe mal mein Paper zur Seite gelegt und stattdessen einen Rohentwurf gebastelt. Sowas sollte aber dann von offizieller Seite der BVMD (ich glaube, irgendwer im Klinik-Thread hatte Insider-Infos/Kontakt) der breiten Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden, sei es in Form von Medienberichten, einer Petition oder ähnlichem. Das ist zu wichtig, als dass es gehandhabt wird wie mit dieser M2-Fremdschäm-Petition.
In den vergangenen Wochen wurde in Deutschland in vielerlei Hinsicht über die Durchführungen von Abschlussprüfungen in Zeiten der Covid-19-Pandemie diskutiert. Einige wurden nach hinten geschoben (das juristische Staatsexamen), andere finden nun doch wie geplant statt (Abiturprüfungen).
Auch über einige Prüfungen im Bereich des Medizinstudiums kam es bereits zu großen medialen Diskussionen, hier vor allem im Bezug auf die M2, das schriftliche Examen nach Abschluss des klinischen Studienabschnitts und vor dem Beginn des Praktischen Jahres (PJ).
Gestern Abend wurde in einem Positionspapier des Medizinischen Fakultätentages (MFT) das Abschlussexamen des Medizinstudiums, das sogenannte M3, in den Vordergrund gerückt. Der erfolgreiche Abschluss dieser Prüfung entspricht der Berechtigung, die Approbation in Deutschland zu beantragen und damit die Berufsbezeichnung Arzt/Ärztin zu führen. Bis zum jetzigen Zeitpunkt wurde eine planmäßige Durchführung dieser Prüfung im Mai und Juni diesen Jahres von allen Seiten (MFT; Bundesvereinigung der Medizinstudierenden in Deutschland (BVMD); Marburger Bund (MB)) gefordert. Diese Durchführung soll nun auf Empfehlung des MFT abgesagt werden.
Als Alternative zur Prüfung steht nun eine Teilapprobation für die angehenden M3-Prüflinge im Raum, verbunden mit einer Zwangsexmatrikulation von den Universitäten. Eine M3-Prüfung solle komplett entfallen, stattdessen soll zu einem späteren Zeitpunkt die sogenannte Kenntnisprüfung abgelegt werden. Diese Prüfung ist eine Anerkennungsprüfung für Ärztinnen und Ärzte, die im Nicht-EU-Ausland einen Studienabschluss erworben haben und in Deutschland tätig sein möchten. Sie entspricht keinesfalls einem ordentlichen Studienabschluss, der zur Führung der Vollapprobation berechtigen würde.
Des Weiteren ergäben sich aus der undeutlichen Rechtslage viele Fallstricke und Benachteiligungen für alle Beteiligten.
Den Studierenden wird ein ordentlicher Abschluss nach einem zwölfsemestrigen Studium nicht gewährt. Mit der Teilapprobation befinden Sie sich zudem in einer prekären Lage: Im Gesundheitssystem stehen Gesundheit und Leben von Menschen auf dem Spiel, weswegen klare Befugnisse wichtig sind. Über welche Befugnisse man mit so einer Teilapprobation verfügen würde, ist unklar und wird sicherlich in einem angemessenen Zeitraum nicht zu evaluieren sein. Dies bringt Unsicherheit für die teilapprobierten Ärzte, ihre Kolleginnen und Kollegen (sowohl auf ärztlicher, als auch auf pflegerischer Seite), für die Kliniken und nicht zuletzt für die Patientinnen und Patienten, die eine rechtssichere Behandlung in Deutschland verdienen.
Stattdessen sollte die reguläre Durchführung des M3 mit Anpassungen bezüglich des Infektionsschutzes für alle Beteiligten (Prüfenden und Studierende) erfolgen um die reguläre Vollapprobation und einen rechtssicheren Arbeitsbeginn für die Medizinstudierenden vor dem Abschluss zu gewährleisten.
Dazu wären folgende Punkte in die Überlegungen mit Einzubeziehen:
- Die vom BMG geplante Änderung, dass an jedem der beiden Tage nur 2 Prüfende das Examen abnehmen ist folgerichtig. Alternativ könnte die momentan verbindliche „Prüfergleichheit“ an beiden Tagen (ein Prüferwechsel darf nicht erfolgen) generell ausgesetzt werden um kurzfristigen Engpässen in der klinischen Akutversorgung auf Seiten der Prüfenden entgegensteuern zu können.
- Das Verfassen einer Epikrise (Arztbrief mit erweiterter Diskussion des Falls und des Krankheitsbildes) sollte anhand von Aktenlage durchgeführt werden. Momentan haben die Kliniken noch genügend Zeit, für jeden Studierenden eine Akte bereitlegen zu lassen, die eine vollständige Anamnese, Vorbefunde und klinische Untersuchungsbefunde beinhaltet. Im ärztlichen Berufsalltag ist es zwischendurch auch nötig und möglich, Arztbriefe von Patienten zu verfassen, die man von Kollegen übernommen hat. Eine solche Form der Epikrise wäre folglich grundsätzlich auch in der klinischen Praxis zu finden.
- Die Demonstration praktischer Untersuchungen (beispielsweise orthopädische Untersuchungen; Hirnnervenzeichen in der Neurologie) sollen ausschließlich an einem Dummy stattfinden. Damit wird sichergestellt, dass wertvolle persönliche Schutzausrüstung (Mund-Nasen-Schutz, Handschuhe) während der Prüfung nur einmalig verwendet werden und nicht beim Betreten verschiedener Patientenzimmer gewechselt werden muss. Der Wegfall der direkten Patientendemonstration wäre aus infektiologischer Sicht eine Sicherheitsmaßnahme für die Patienten selbst, die Prüfenden und die Studierenden.
- Der 2. Tag der Prüfung könnte ebenfalls grundsätzlich umgestaltet werden, zusätlich zu dem BMG-Vorschlag der 2 Prüfenden. Statt einer Prüfung mit 4 Studierenden und 4 Prüfenden könnte es konsekutive Einzelprüfungen geben. Jeder der vier Prüfenden sitzt in einem eigenen Raum, die vier Studierenden durchlaufen Parcours-artig jeden der vier Räume nacheinander, um so die Infektionsgefahr auf ein Minimum zu reduzieren. Für diesen Tag könnten unter Einverständnis aller Beteiligten auch eine Prüfung über ein alternatives Format (beispielsweise eine Gruppenprüfung über das Video-Konferenz-Tool des DFN) erarbeitet werden.
Insgesamt gibt es genügend Spielraum, um sinnvolle Möglichkeiten zu finden, das M3 im Mai/Juni diesen Jahres mehr oder weniger regelhaft durchführen zu können. Damit würde man für alle von der Krise Betroffenen Rechtssicherheit in Form eines regelrechten Abschluss des Medizinstudiums der Examenskandidatinnen und –kandidaten schaffen. Die frisch approbierten Ärztinnen und Ärzte stehen dann dem Gesundheitssystem wie geplant zur Verfügung, in dem Wissen, dass sie alle Rechte und Pflichten eines vollapprobierten Arztes haben.
Wir bitten Sie, diese Punkte bei den Planungen in den kommenden Wochen zu prüfen und zur Kenntniss zu nehmen. Vielen Dank.