Eine ähnliche Entwicklung wie bei den Staatsexamensnoten ist bereits bei den Abiturnoten zu beobachten: Die offizielle Schulstatistik der „Ständigen Konferenz der Kultusminister der Länder in der Bundesrepublik Deutschland“ (KMK), deren Auswertung die Anzahl der bestandenen Prüfungen, der Gesamtdurchschnittsnoten sowie die Häufigkeiten der einzelnen Notendurchschnitte im Ländervergleich festhält, bestätigt den allgemeinen Trend der Noteninflation auch für die Abiturnoten der Jahre 2006 bis 2019:
Erhielt im Jahre 2006 nicht einmal jeder hundertste Abiturient die Durchschnittsnote 1,0, so erhöhte sich die Quote bis zum Jahr 2014 um mehr als 50 %. Die Berliner Schulen vergaben die Bestnote 2015 beispielsweise fünfmal so oft wie 2006[6] und 2016 bereits vierzehn Mal so häufig wie zehn Jahre zuvor.
(...)
Die Tendenz zur Bestnotenvergabe mit der Folge einer Entwertung der Abiturzeugnisse wird auch von den Lehrervereinigungen, etwa dem Philologenverband, beklagt.[10][11] Ähnlich äußerte sich der Vorsitzende des Deutschen Lehrerverbands, Josef Kraus, am 7. Dezember 2016 mit der öffentlichen Aussage: „
Ich glaube, dass wir in Deutschland die Ansprüche runtergefahren haben, gleichzeitig aber die Noten immer besser geworden sind. Aus diesem Dilemma müssen wir raus“.[12] Die Entwertung der Noten mit der Tendenz „Einser für alle“,[13] die gute und weniger gute Absolventen gleichstellt und kaum mehr vergleichbar macht, benachteiligt vor allem die besseren Absolventen und stellt Hochschulen wie Arbeitgeber vor Probleme bei der Bewerberauswahl, (...)
Ursachen
Die häufigste Erklärung für die Noteninflation ist die Vermutung, dass die Notengeber an Schulen und Hochschulen auf den seit den 1970er Jahren wachsenden Druck am Arbeitsmarkt reagieren. Lehrer und Professoren geben – so die Vermutung – ihren Schülern und Studenten immer bessere Noten, um deren Chancen auf dem enger gewordenen Arbeitsmarkt zu verbessern. Ein solches Vorgehen kann nicht zum Erfolg führen, wenn es flächendeckend praktiziert wird.
Eine weitere Vermutung bezieht sich auf den Bereich der Kultusbürokratie. Nach dieser Vermutung versuchen Bildungsinstitutionen, die Qualität ihrer Arbeit durch gute Noten unter Beweis zu stellen. Es bestehe demnach ein Druck auf Schulen und Hochschulen, tendenziell immer bessere Noten zu geben, um gegenüber der Kultus- und Wissenschaftsbürokratie Erfolge vorweisen zu können.[15]
Es wird auch vermutet, dass das Phänomen an Hochschulen in zunehmendem Maße von der Bewertung der Veranstaltungen durch die Studenten verursacht wird. Dabei wird unterstellt, dass sich Professoren eine gute Beurteilung ihrer Veranstaltung von den Studenten durch gute Abschlussnoten quasi „erkaufen“.
(...)
Quelle: Wikipedia