Ich habe am 1. September ein FSJ im Altenpflegeheim begonnen. Viel lieber wollte ich in ein Krankenhaus, aber das einzige Krankenhaus in der Nähe, ein sehr kleines und spezialisiertes, bietet laut Aussage meiner Hilfsorganisation keine FSJ-Stellen an - also musste ich ins Altenpflegeheim meiner Stadt.
Und naja was soll ich sagen - die Arbeit ist so - ich weiß nicht wie es beschreiben soll - so schrecklich unbefriedigend. Es macht nicht wirklich Freude - und das obwohl die (meisten) Schwestern, wirklich sehr angenehm sind, genau wie auch die Bewohner. Ich bin dem "leichtesten" Wohnbereich zugeteilt worden (sie brauchten jemanden, der am Wochenende arbeitet - und da ich die einzige Volljährige unter den FSJlern bin, war diese Einteilung nicht wirklich Zufall). Soll heißen, die Bewohner sind überwiegend geistig recht fit, man erkennt einen Willen, sie sind nicht bettlägrig - man sieht, dass sie wirklich "leben". Vielleicht wäre die Arbeit auf den Wohnbereichen, mit schwereren Fällen interessanter gewesen, da herausfordernder, obwohl natürlich psychischer erheblich belastender.
Momentan bestehen meine Aufgaben darin, morgens eigenständig 3 Bewohner auszukleiden, zu waschen und anzuziehen. Daneben muss ich allen Bewohnern meines WBs bei Toilettengängen helfen, sie baden, Mahlzeiten reichen und mundgerecht zubereiten, Rollstühle putzen, Arztgänge machen um Rezepte abzuholen u. Medikamentenblätter abzeichnen zu lassen, Betten machen und neu beziehen etc. Also das Normale halt, was wohl jeder Zivi oder FSJler machen muss... das Problem dabei ist, dass man das alles unter enormen Zeitdruck zu bewältigen hat, so dass kaum Zeit dazu bleibt, sich mal mit den Bewohnern zu unterhalten und ihnen Gesellschaft zu leisten. Man rotiert ununterbrochen, und wenn man dann doch 5 Minuten Luft hat, ist das paradoxerweise noch unerträglicher, weil dir deine Erschöpfung ins Bewusstsein dringt. Du weißt nichts mit dir anzufangen, weißt nicht ob du dich nach rechts oder links drehen sollst - denn selbstständig kannst und willst du nichts machen, denn man könnte ja einen Fehler begehen.
Und wenn man dann nach 9 Stunden nach Hause kommt, ist man zu nichts mehr fähig, nicht mal zum denken. Man versucht seinen Körper in die Dusche zu hieven, und trotzt Appetitlosigkeit etwas in sich reinzustopfen - und das alles macht man in einer solchen Langsamkeit, dass es schon wieder Zeit zum schlafen ist, da man am nächsten Tag wieder um 5 Uhr morgens aufstehen muss (was im Übrigen eine Kunst für sich ist), weil 6.30 Dienstbeginn ist. Das alles schlauchte mich so sehr, dass ich nach 6 Tagen arbeiten nicht mehr konnte. Mir war permanent schlecht, hatte absolut keinen Appetit, konnte die Nacht über nicht schlafen, hatte Kopfschmerzen oder Bauchschmerzen (das wechselte sich galanterweise ab). Also ließ ich mich krankschreiben. Dieser Krankschreibung folgte in der darauffolgenden Woche die nächste, weil ich mit einem grippalen Infekt gesegnet wurde. Deshalb habe ich Zeit zu schreiben, neben der Arbeit wäre ich zu solchen Beiträgen, die ein wenig Denkarbeit erfordern gar nicht fähig.
Ich bin froh diese Erfahrungen gemacht zu haben, aber wenn ich dieses WS keinen Studienplatz bekomme, und bis zum SS warten muss (ich bin zuversichtlich dann einen Platz zu erhalten) - dann sind das noch 7.(!!!) Monate. Ich beweifle ehrlich, ob ich das durchhalte, bzw. durchhalten will. Sich jeden morgen aus dem Bett zu quälen (jede zweite Woche darf ich 7. mal um 5Uhr raus *FREUDE*), kann es doch nicht sein.
Ich habe keine Problem damit, den Bewohnern den Hintern abzuwischen (auch wenn ich jedesmal mit Ekelreaktionen zu kämpfen habe, aber das wird im OP sicher nicht anders sein - das wird sich geben), sie zu baden oder durch die Gegend zu fahren - aber ich habe scheinbar große Probleme dies fast täglich über 8 Stunden zu tun. Es fehlt die geistige Herausforderung und die daraus folgende Befriedigung bei ihrer Bewältigung. Wahrscheinlich kommt auch noch hinzu, dass ich absolut nicht gewohnt bin 8 Stunden lang körperlich zu arbeiten. Ich saß sonst nur in der Schule und strengte meinen Geist an - naja mal mehr mal weniger.
Meine Eltern meinten nur grinsend: "Willkommen in der Arbeitswelt!", oder wahlweise auch "Da musst du durch." , "... bildet den Charakter bla". Ehrlich gesagt, kann ich auf diese 7 Monate "Charakterbildung" gut verzichten. 3 Monate sind ok, aber nicht 7. Das traue ich mir nicht zu.
Das Problem sind Alternativen. Ein Ausbildung für ein halbes Jahr wäre ziemlicher Unsinn, würde ich sagen. Fällt euch etwas dazu ein - Alternativen mit größerer geistiger Betätigung?
Es wäre auch schön, wenn sich andere Zivis oder FSJler zu Wort melden, die in einem Altenpflegeheim Dienst haben. Eure Erfahrungen interessieren mich sehr.
Verschnupfte Grüße