Essen. Gegen den Studentenandrang schotten sich die Universitäten mit hohen Zulassungshürden ab. Immer mehr Studenten wollen sich aber die Lebensplanung dadurch nicht verbauen lassen, sie gehen vor Gericht und klagen sich ihren Studienplatz ein - häufig mit Erfolg. So registriert das Verwaltungsgericht Gelsenkirchen derzeit einen wahren Boom bei den Eilverfahren, vor allem in den Numerus-clausus-Fächern Medizin und Psychologie. Allein in den vergangenen Wochen liefen 300 neue Verfahren ein. Insgesamt wurden 1200 Eilverfahren registriert, mit denen Studenten doch noch an einen Studienplatz kommen wollen. Hans-Justus Charlier, Vorsitzender Richter in Gelsenkirchen: "Seit einiger Zeit bemerken wir, dass Studienbewerber verstärkt versuchen, in die NC-Fächer zu kommen."
Mussten die sieben Verwaltungsgerichte in NRW 2002 knapp 1500 solcher Verfahren bearbeiten, waren es ein Jahr später über 4800, ein Plus von über 200 Prozent. Schon haben sich Rechtsanwälte auf NC-Verfahren spezialisiert.
Im Prinzip funktioniert eine Klage so: Abgelehnte Studienbewerber erheben beim zuständigen Verwaltungsgericht Studienplatzklage. Das Gericht prüft mit einer "hochkomplizierten Berechnungsmethode", so Richter Charlier, ob die von der Hochschule angegebenen Kapazitäten korrekt sind. Kann die Hochschule nicht ausreichend belegen, dass sie komplett ausgebucht ist, haben die Kläger Glück. So musste die Uni Duisburg-Essen nach einem Urteil im Mai dieses Jahres 22 zusätzliche Medizinstudienplätze einrichten. Auch in Bochum wurden nach einer Klage weitere Plätze geschaffen, die dann unter allen Klägern verlost werden.
Eine Erfolgsgarantie gibt es nicht. Die Aussichten stehen vor allem in den Fächern Biologie, Medizin, Pharmazie, Psychologie und Zahnmedizin schlecht, da der Andrang immens hoch ist. Gute Chancen haben nach Ansicht von Anwälten abgewiesene Bewerber in Lehramtsstudiengängen sowie in Pädagogik, Sozialwissenschaft oder Germanistik.
"In diesen Fächern kann ich jedem zu einer Klage raten", sagt Rechtsanwalt Rolf Tarneden aus Hannover. Er habe in diesem Jahr jeden seiner Mandaten untergebracht. "Wer Wartezeiten in Kauf nimmt, ist selber Schuld." Und die Kosten? Mit rund 800 Euro müsse man rechnen. Das Problem: Zahlen muss der Kläger in jedem Fall, egal ob er gewinnt oder verliert.
Gefunden in der WAZ vom 22.12.2006
Autor: C.Onkelbach
Überschrift: Klagewelle an den Unis