Hallo zukünftige Mediziner,
ich habe nach dem Abitur 2013 (Bayern: 1,1) ein Auslandshalbjahr verbracht, um angefangene Sprachkenntnisse zu vervollständigen und einfach mal rauszukommen etc. Sicherlich auch, weil ich mir noch überhaupt nicht sicher über meinen Studienwunsch war (Journalismus fand ich immer interessant, aber nach Gesprächen über die Jobunsicherheit etc. und einem Praktikum in der Lokalzeitung nach der 11. Klasse war mir eigentlich relativ bald klar, dass das doch nicht das Richtige sei.)
Dann über Weihnachten zu Hause geschaut, was die beste Variante für einen Studienbeginn im SoSe sei (Wahl viel auf Wirtschaftsmathe, Augsburg, "wahrscheinlich" da zukunftsträchtig und Vereiningung von verschiedenen Disziplinen etc.).
Wusste dann aber schon nach der Rückkehr aus Spanien im März, dass das eigentlich eher nicht der Weißheit letzter Schluss sein kann, da mein Interesse an Informatik (nach der 10. Klasse glücklich abgewählt) ganz klar zu gering sei und auch die Mathematik an der Uni womöglich größeres Interesse an der Mathematik an sich beansprucht als einfach nur Freude an komplexen Denkvorgängen.
Gestört haben mich letztendlich vor allem auch die Aussicht auf eine Tätigkeit im Büro/vorm Computer ohne Menschenkontakt, dass ich eigentlich überhaupt keine Interessen oder Fähigkeiten (klar, nirgendwo ist alles interessant und nirgendwo alles auf einen zugeschneidert) hätte einbringen können usw.
Das war auf jeden Fall ein großer Fehler. Hat mir Selbstbewusstsein im buchstäblichen Sinne und vor allem Vertrauen auf mich selbst (Stichtwort: Vertrauen auf die eigenene Entschiedungsfähigkeit...) genommen.
Während den 4-5 Wochen an der Uni, d.h. vor Abbruch, und eigentlich auch schon unmittelbar davor, war ich in Gedanken eigentlich ziemlich oft bis durchgehend bei Medizin und hab die Vorzüge gegenüber Journalismus respektive Wirtschaft innerlich aufgezählt (herausfordernd, interessant, Aussicht auf beständigen Job anstelle von Dasein als freier Arbeiter, "sinnvoll", Studium in kleineren Gruppen etc.). Als dann noch der beste Freund um Hilfe für seinen TMS gebeten hat, war's endgültig um mich geschehen und ich war sprichwörtlich von der Medizin "gefesselt". Hab dann Ende Mai z.B. auch viele Videos zum Teil bis mitten in die Nacht zu dem Thema angesehen, weil ich mich eben nicht davon loseisen konnte (die Frage: "Könntest du das?" hat aber auch immer mitgespielt, zu dem Zeitpunkt aber noch nicht so vordergründig). Dann natürlich auch Ende Mai gerade noch rechtzeitig nach wirklich außerordentlich positivem Beratungsgespräch an der FAU Erlangen die Bewerbung abgeschickt. (Leider noch keine Zusage zum jetzigen Zeitpunkt und wahrscheinlich würde ich bis zum Sommersemester warten müssen. Mit TMS-Anmeldung sollte jedoch allerspätestens WS 15/16 kein Problem sein.)
Hatte mich Ende Mai dann auch für ein fünfwöchiges Pflegepraktikum (die ersten 30 Tage) beworben und das dann auch bis Ende Juli absolviert. Umgang mit alten, sterbenden Patienten und auch das Wechseln von z.B. Windeln bei Chlostridien-Patienten war keine sonderliche Belastung, wenn ich ehrlich bin, sondern hab vor allem gemerkt, dass ich einen guten Draht zu den Patienten habe bzw. hätte. Allerdings war ich nach einem Gespräch kurz vor Beginn des Praktikums mit einem Amtsarzt (Leiter des Gesundheitsamtes) aus unserem Bekanntenkreis wieder ein bisschen auf den Boden der Tatsachen zurückgekehrt, obwohl dabei eigentlich nichts "Neues" zur Sprache kam. Kernpunkte: "Warum willst DU Medizin studieren"? "Was man immer bedenken muss: Arzt ist ein handwerklicher Beruf." "Viele Ärzte sind unglücklich und kommen zu mir."
Nachdem ich dann dem Narkosearzt in meiner ersten Praktikumswoche beim Legen eines ZVK am Hals zugesehen hab oder mir dann mal im Internet angesehen, was z.B. ein Orthopäde (würde mich z.B. als Niederlassung reizen etc.) im Facharztkatalog alles an komplexen Eingriffen abgeleistet haben muss, hat sich für mich der Traum vom Medizinstudium erstmal ganz schön relativiert (ehrlich gesagt traue ich mir das Stand heute nicht zu), da ich nun wirklich nicht der handwerklich Geschickteste bzw. Interessierteste (Ich könnte nicht mal nen Luftballon auf Anhieb zuknoten oder eine Bierflasche mit nem Feuerzeug auf Anhieb öffnen. Bei Ballsportarten oder auch ganz früher in der Grundschule beim Häkeln etc. war's bzgl. Motorik der Hände allerdings auch einigermaßen brauchbar) bislang war. Dachte lange Zeit, dass wenigstens "Anästhesisten" nicht invasiv arbeiten würden und auch dass Orthopäde nicht = Unfallchirurg bedeutet. Außerdem erzählt in Foren oder solchen Dokus wie "JuniorDocs" dann jeder, dass für ihn Medizin entweder die bessere Alternative zu einem vielleicht eher brotlosen Biologiestudium sei oder er schon seit früher Jugend daheim rumwerkelt und deswegen "so geil" auf die operative Tätigkeit sei (passe halt überhaupt nicht in dieses Schema F). Am liebsten wäre ich wsl diagnostizierender Onkologe.
Gleichzeitig hat mir das Praktikum weiterhin ganz gut gefallen und sobald ich mich jemandem auf Nachfrage über eventuelle Zukunftsabsichten rede und dabei Medizin mit erwähne, merke ich einfach, dass mich Medizin einfach trotzdem irgendwie gepackt hat (Das rationellle "Warum" kann ich immer noch nicht so genau beantworten ehrlich gesagt. Klar, Interesse an Medizin hatte ich schon immer und dass man was Herausforderndes und Spanendes sucht, wenn man ehrgeizig ist und bislang immer schneller als andere gelernt hat, ist auch klar. Ingenieurstudium käme z.B. überhaupt nicht in Frage. Aber nichts was jetzt das Schlagwort "Berufung" anspricht.) Was natürlich das ganze Brainstorming nach Alternativen natürlich ad absurdum führt und da der 15. Juli dann auch schon längst vorbei war, habe ich versucht weiterhin positiv über Medizin zu denken und mich auch schon mit Plänen zur Überbrückung bis zum Sommersemester auseinandergesetzt.
Viel zu oft erwischt mich aber auch der Gedanke, dass meine Begabung (Sprachen, schreiben, nüchternes Analysieren ...) offenbar wirklich woanders läge (Sprachen, Empathie) und es nicht "schlau" sei Medizin zu machen. Viele raten mir, Jura zu machen, aber dafür hätte ich zum Beispiel kaum eine Faszination und nach der Erfahrung mit Wirtschaftsmathe einfach Angst davor, wieder den selben Fehler zu begehen. Gleichzeitig habe ich Angst davor, mich durchs Warten jetzt zu 1000 % auf Medizin einzuschießen, obwohl ich eigentlich rationell ganz gut sagen kann, dass ich nicht dafür gemacht bin. Klar, ich bin empathisch, hatte 15 Pkt. im Chemie-Abi, hab Interesse fürs Fach und bin relativ belastbar, hab auch sonst neben der Schule immer viele Sachen gemacht und hätte deswegen auch keine zu große Furcht vor dem Lernaufwand.
Aber jetzt wieder schnell irgendwas anfangen erscheint mir auch falsch, weil ich dann eigentlich nicht mehr auf Medizin wechseln kann, da sich die Bedenken, die ich jetzt hab, ja nicht in Luft auflösen.
Ich hab mich einfach in eine verdammt komplizierte Lage gebracht und bin ehrlich gesagt überfordert, wie ich damit umgehen soll.
Könnt ihr vielleicht eine Perspektive aufzeigen außer Psychiater (Erfolgserlebnisse? Eignung?) oder Amtsarzt (würde eig passen, aber kann ja eig kein Ansporn fürs Studium sein, da nicht wirklich spannend), bei der man, falls man wirklich nicht mit dem operativen Zeug am Ende des Studiums zurecht kommen sollte und nicht ins Labor/Forschung gehen will, eine Vision aufbauen könnte?
Vielen Dank und sorry für den langen Text!
(Am meisten ärgere ich mich, dass ich nicht schon eher mit der Studienwahl mich auseinandergesetzt habe, z.B. 11. Klasse. Dachte immer, dass kommt dann mit dem Alter)
PS: Während meines Pflegepraktikums hab ich natürlich auch immer auf die Kittel der angestellten Personen geachtet. Was kann man sich unter "Arzt Medizinische Klinik" vorstellen?