Hallo,
mir ist bewusst, dass hier schon etliche Forenbeiträge bezüglich des Themas sind, aber viele dieser Beiträge sind bereits veraltet und gehen nicht auf alle Aspekte ein. Daher möchte ich hier ein paar Fragen stellen, die sich vor auf das Pharmaziestudium und die Berufschancen danach beziehen. Erfahrungen aller Art sind erwünscht (egal, ob Studium abgeschlossen / abgebrochen etc.). Danke.

Folgendes:

1 - Nehmen wir mal, jemand interessiert sich für Pharmazie und möchte sich nach dem Studium in der Forschung oder Industrie engagieren. Derjenige mag die Arbeit in der Apotheke aber überhaupt nicht. Würdest du demjenigen das Studium empfehlen?

2 - Viele reden von „guten Berufsaussichten“. Inwiefern stimmt das? Es gibt Bereiche wie die Bundeswehr, die Krankenhausapotheke, die Pharmaindustrie, aber selbst wenn man das Wort „Pharmazie“ beispielsweise bei dem Unternehmen Bayer eingibt, kommen einem nur (!) 4 Jobangebote raus, aus denen hervorgeht, dass vor allem provomierte Naturwissenschaftler (also auch Biologen, Chemiker etc.) für die Stelle gesucht werden. Dadurch steht man also auch immer in Konkurrenz. Die meisten Jobangebote bei Bayer sind auch eher für Praktikanten.

3 - Wie sieht der Arbeitsalltag in der Industrie aus? Ich habe gehört, dass es viel ,,Schreibtischarbeit'' sein soll. Welche Tätigkeiten darf man als Pharmazeut übernehmen?

4 - Diese Frage knüpft an die vorherige an. Wenn man unbedingt in der Forschung oder Industrie arbeiten möchte, kommt man dann um die Promotion nicht rum oder hat es auch mit Glück zutun, ob man eine Stelle bekommt? (-> Wahrscheinlich beides, die Frage ist eher, ob man es ohne Promotion auch schaffen könnte)

Mich würde am meisten diese Frage interessieren, ob sich das Studium in seiner Länge und Fülle (Regelstudienzeit nur 4 Jahre) deiner Meinung nach im Jahr 2023 lohnt
5 - Studieninhalt in Bezug auf die Realität. Das Studium ist anspruchsvoll, erfordert viel Zeit und Selbstdisziplin und viele schaffen es nicht, es in Regelstudienzeit zu beenden. Auch werden beispielsweise Teedrogen auswendig gelernt, wann diese blühen etc. Labore, die einen bis ins 8. Semester begleiten, bei denen man eher unnötige Titrationen durchführt, Zeichnungen von inneren Strukturen von Pflanzen abgeben muss etc. Worauf ich hinaus möchte: viele Inhalte werden gelernt, die man im Endeffekt danach nicht mehr braucht. Natürlich ist das bei anderen Studiengängen ebenso, aber von Erzählungen (!) habe ich mitbekommen, dass es vor allem in der Pharmazie viel ist. „Im Endeffekt stehen viele in der Apotheke und beraten Kunden“. Lohnt sich die ganze Mühe und die Tiefe des Studiums in Bezug auf das Gehalt und die Berufsaussichten danach?

6 - Wie sieht es mit der mentalen Gesundheit aus? Der Druck im Labor alles pünktlich zu schaffen, Kolloqs (mündliche Prüfungen), Klausuren und dann am besten noch alle Vorlesungen besuchen. Meistens auch leider eher Bullimie Lernen, da man sich viel Wissen in kurzer Zeit ,,reinstopfen'' muss, um die Klausur zu bestehen. Ich meine, ist so eine Wochenanzahl an Stunden und solche Anforderungen überhaupt noch gesund?

7 - Wie stehst du dazu, dass das Studium durch die Approbationsordnung festgelegt ist und man deswegen z.B. sehr viel Stoff in vier Jahren lernt, wochenlang bis 18 Uhr im Labor steht etc. Findest du, dass das Studium veraltet ist und es einer Reform bedarf?

8 - Statistiken zeigen, dass immer mehr Apotheken schließen. Das hängt mit der Konkurrenz der Online-Apotheken zusammen, aber natürlich auch mit der derzeitigen Politik (Bedingungen werden in der Apotheke immer schlechter). Hat der Apotheker Beruf überhaupt noch eine Zukunft?

9 -Falls du dein Studium abgebrochen hast: was studierst du jetzt und bist du nun zufrieden mit deiner Wahl? Was hat dir am Studiengang nicht gefallen?

Danke für alle Erfahrungen und ehrliche Meinungen. Bitte beachtet, dass alle Meinungen subjektiv sind - wenn euch also die Studieninhalte interessieren und ihr gerne im Labor steht, dann ist Pharmazie bestimmt etwas für euch. Dieser Beitrag ist nicht dazu gedacht, dass man angehenden Studenten und Studentinnen Angst macht, sondern lediglich Fragen (und teilweise Erfahrungen) meinerseits.