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Zitat von
Autolyse
Und wie weit bist Du im Jurastudium?
Und woher kommt die Zuständigkeit der Amtsärzte für Verfahren in denen keine Behörde beteiligt ist?
Wenn Du Dich so gut auskennst, warum dann nicht mit der Leitentscheidung in der Sache (die mit dem Amtsarzt auch nichts am Hut hat)? Im Übrigen braucht es das nach der Rechtsprechung gar nicht, immerhin sind der Arbeitgeberin mangels Kenntnis des Inhalts erhebliche Beweiserleichterungen zuzubilligen, die dann zu einer Darlegungs- und Beweislast der Arbeitnehmerin führt. Das stützt dein Argument eben nicht.
Bitte auch kurz darlegen, warum das Verfahren aus § 275 Ia 3 SGB V dadurch verdrängt wird.
Ich habe nie gesagt, dass ich Jura studiere. Aber in der Tat habe ich vorm Medizinstudium einen LL.B. erworben ;) Aber insgesamt erfreue ich mich immer über solche Gespräche.
Zu deinem Kritikpunkt bzgl. Zuständigkeit der Amtsärzte: Es bedarf nicht zwingend die Beteiligung einer Behörde. Eines der zentralen Aufgaben der Amtsärzte im Gesundheitsamt ist die Ausstellung von Gutachten für Entscheidungen der öffentlichen Verwaltung und Gerichten. Außerdem kann der Arbeigeber den AN zur Vorlage eines amtsärztlichen Attests auffordern, wenn berechtigte Zweifel an der Glaubwürdigkeit des AUs bestehen. Einem AU ist grundsätzlich ein hoher Beweislast beizumessen, und daher kann man den AN nicht einfach so auffordern, zum Amtsarzt zu gehen. Allerdings ist ein berechtigter Zweifel gegeben, wenn ein AN, der bisher in bestem gesundheitlichen Grundzustand war, und nie krankheitsbedingt ausfallen musste, auf einmal genau in der 14 Tage Frist des Kündigungsprozesses arbeitsunfähig wird (dazu unten noch mehr). Die Rechtsmäßigkeit dieser Praxis wurde bereits in einigen OLG Urteilen festgestellt.
Zu deinem zweiten Kritikpunkt: Da hast du recht. Die BAG-Entscheidung vom September 2021 wäre ein besseres Beispiel gewesen. Ich erwähnte das LAG-Urteil, weil es sich bei der Klägerin um eine Pflegekraft handelte und es mMn. anschauerlicher wäre, die Handhabung von solchen Fällen in den KHs darzulegen. Zum Anderen vertreten wir größtenteils Mandaten aus SH, weshalb wir für unsere Stellungsnahmen auf das Landesrecht stützen.
Hinzu kommt, dass es bei diesen Urteilen um die Frage der Lohnfortzahlung ging, und nicht darum, ob der AG eine Vorstellung beim Amtsarzt fordern kann. Daher ist es nicht unbedingt verwunderlich, dass es sich in den Urteilen kein Wort über ein amtsärztliches Attest finden lässt.
Zu deinem dritten Kritikpunkt: Ich verstehe nicht ganz, was du genau mit "Verdrängen" meinst. Jedenfalls ist 275 1a Nr. 3 SGB V kein ins Stein gemeißeltes Gesetz (ich weiß, ich höre die Ironie von meinem Satz auch 😁). Es gibt zahlreiche Gerichtsurteile, die bestätigt haben, dass die Erschütterung des Beweiswerts der AU durch den Arbeitgeber nicht ausschließlich auf die in § 275 Abs. 1a SGB V aufgeführten Regelbeispiele ernsthafter Zweifel an der Arbeitsunfähigkeit beschränkt sein muss (wirf gerne wieder einen Blick in 5 AZR 149/21 😉). Das worauf es ankommt, ist, dass nach Maßgabe des Arbeitgebers objektiv greifbare, belastbare Tatsachen feststellbar und ggf. (!) beweisbar sind, die ein Ergebnis der ernsthaften Zweifel an einer AU tragen könnten. Und genau da kommen Anwälte ins Spiel, die jeweils der Gegenseite das Vorhandensein/Nichtvorhandensein von objektiv greifbaren, belastbaren Tatsachen darlegen, und wenn sie zu keiner Übereinkunft kommen, gehts dann, salopp gesagt, vors Gericht.
P.S. Ich weiß nicht, in wie weit dieses Thema die anderen Leser interessiert. Aber wenn du noch etwas zu Beanstanden hast, kannst du mir gerne eine PN schreiben