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Aktive Benutzer in diesem Thema

  1. #31
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    Of all the things I lost, I miss my mind the most
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    Zitat Zitat von Lifendhil
    Wenn ich irgendwann in so einer Situation sein sollte, dann wünsche ich mir auch einen, der die Situation auf grund seiner Erfahrung richtig beurteilt und dann auch den Mut hat, danach zu handeln und nicht nur hirnbefreit das macht, was rechtlich sicherer ist. Noch zwei Tage auf der Intensivstation dahin vegetieren? Ne danke, dann lieber einen friedlichen Tod im Pflegeheim.
    Da bleiben nur sehr wenige Situationen. Denn realiter ist es so, dass man als NA meist zu Situationen kommt, wo man eben *nicht* oder *noch nicht* sagen kann, ob "hirnbefreit das rechtlich sichere" machen und den Pat "2 Tage auf der I vegetieren" zu lassen, nicht genau das wäre, was den Pat wieder auf die Beine bringt.

    Als ich noch in meiner Heimat für die Bergrettung NA flog, hab ich mal einen Mann von einer Felswand geholt, der war a) schwer kopfverletzt b) so hypotherm dass er klin tot war. Ich wusste nur nicht seit wie lange, das wusste ja keiner in diesem Moment.
    Dennoch hab ich einer fast irrationalen Eingebung folgend, den Burschen im Hubschrauber reanimiert wie verrückt.
    Der lebt noch heute und keinesfalls als Invalide und Bergsteigen tut er immer noch .

    Und ebenso hab ich Leute wiedergeholt, da hab ich mir noch Jahre später gesagt: Du Volltrottel, warum hast du das nicht gelassen?

    Und noch was: Ein Kollege von mir wurde einmal zu einem moribunden älteren Mann gerufen. Die Ehefrau erklärte ihm: Mein Mann hat Blasenkrebs im Endstadium, der sitzt voll, überall. Mein Kollege untersucht den Mann und hat direkt den dringenden V.a auf eine Pneumonie. Mein Kollege versucht mitten in der Nacht den Hausarzt zu erreichen - kein leichtes Unterfangen, wenn der sich erstmal hinter einer Barriere von Anrufbeantwortern befindet.
    Schliesslich erreicht er den HA: Mein Kollege sagt ihm, dass er eine Pneumonie bei laut Angaben der Ehefrau weit fortgeschrittenem Blasen Ca vermutet. Und der HA flippt aus: Der Mann habe ein papilläres Blasen Ca, im Gesunden reseziert, was soll der Scheiss, das habe er der hysterischen Ehefrau doch nun schon hundertmal erklärt. Der Patient verstirbt inzwischen.
    Vermutlich hätte den Mann nichts mehr retten können, aber das Scheissgefühl was mein Kollege über lange lange Zeit hatte, weil er der Frau des Mannes geglaubt hatte und nicht wenigstens den Versuch unternommen hatte den Pat zu intubieren und beatmen und weitere Massnahmen einzuleiten (und stattdessen ca eine gute halbe Stunde lang rumtelefonierte) wünsche ich Keinem.

    So ist die Realität und so einfach ist sie.

    gruss, Avalanche
    Alien Encounter Advice # 19 If it has feet bigger than your house, hiding in the attic is a bad idea.



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  2. #32
    PJler-Ausbeuterin Avatar von alley_cat75
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    Nachteil der online Diskussion - nur Text, keine Intonation. Die Geschichte auf der ITS habe ich während meines PJ erlebt und war entsetzt über die oberärztliche Anordnung. Alle wussten von der Patientenverfügung, dennoch hat sich die OÄ darüber hinwegsetzen wollen. damals... Heute sehe ich derartige Situationen differenzierter. Gerade wenn ich einen Patienten nicht kenne, würde ich immer reanimieren. Die Wenigsten haben die Niederschrift ihres Willens bei sich bzw. es ist gar keine Zeit, mutmaßlichen Willen zu klären. Das muss man sich wirklich mal vor Augen halten. Du stehst also so oder so als Arzt immer mit einem Bein im Knast, egal was Du tust oder eben nicht tust. Eine Art Glücksspiel.

    Aber zu Deiner eigentlichen Frage, was tun bei Klage: nichts. Ich habe einige Juristen in meiner Familie, sogar einen Notar, der sich mit Medizinrecht beschäftigt und besagte Patientenverfügungen des Öfteren absegnet. Wenn Du als Arzt glaubhaft und nachvollziehbar begründen kannst, warum Du Dich nicht an den Willen des Patienten gehalten hast, musst Du rein gar nichts befürchten. Deutsche Rechtssprechung. Kann gut sein, kann schlecht sein. Im PJ hatte ich selbst auch eine Patientenverfügung, heute nicht mehr. Jeder in meiner Familie kennt meine Meinung zu lebensverlängernden Maßnahmen und wird sie bei Bedarf meinen Ärzten kund tun. Ansonsten vertraue ich darauf, in die richtigen Hände zu geraten und in ein Haus mit Ethikkommission. Wie gesagt, letztendlich gerätst Du an einen Arzt, dem Patientenverfügungen völlig schnuppe sind (Beispiel 2) oder der Angst vor Angehörigen hat (Beispiel 1). Du liegst da, schnappst nicht mehr nach Luft. Ergo: in dieser Situation hast Du eh nichts zu melden. Traurig aber halt die Realität.
    ICD-10: F18.2 Abhängigkeit von Flugzeugkleber.



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  3. #33
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    Zitat Zitat von alley_cat75
    Im Übrigen solltet Ihr Euch mal ausführlich die juristischen Rahmenbedingungen von Patientenverfügungen erklären lassen. Die sind nämlich auch mit notarieller Absegnung nicht immer bindend.
    Da magst du leider evtl. Recht haben, aber es ist mit Sicherheit Körperverletzung, wenn du an einem Patienten, der seinen Willen noch äußern kann, Behandlungen durchführst, denen er nicht zugestimmt hat.

    Und du begehst auch eine Körperverletztung, wenn du bei einem Patienten, der seinen Willen nicht mehr äußern kann, Behandlungen ohne Zustimmung durch dessen Bevollmächtigten vornimmst. Der bewusstlose oder evtl tote Patient selbst wird dich dafür zwar nicht selbst verklagen können, aber sein Bevollmächtigter. Und wenn du einen Patienten durch Maßnahmen, die dir sein Bevollmächtigter untersagt hatte, zum Zombie und Pflegefall machst, kann dich sein Bevollmächtigter auf Schmerzensgeld und Schadenersatz verklagen.



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  4. #34
    PJler-Ausbeuterin Avatar von alley_cat75
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    P. S. Einziger Ausweg für sich selbst - Keine Rea auf die Brust tätowieren. Klassiker unter Notärzten...
    ICD-10: F18.2 Abhängigkeit von Flugzeugkleber.



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  5. #35
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    Zitat Zitat von alley_cat75
    P. S. Einziger Ausweg für sich selbst - Keine Rea auf die Brust tätowieren. Klassiker unter Notärzten...
    Oder ein hübsches Platinbauchkettchen mit der Gravur: "Keine Rea".



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