So, nach Fachrechtungswechsel vor einem Monat dann auch nochmal ich:
1. In welcher Weiterbildungsrichtung bist du tätig und in welchem Jahr deiner Weiterbildung befindest du dich?
Seit kurzem in der Anästhesie, vorher 2 Jahre und 9 Monate Innere Medizin... daher je nach Sichtweise im 1. oder im 3. Jahr der Weiterbildung
2. Wie sieht ein typischer Arbeitstag für dich aus: wann startest du, wie lange arbeitest du und mit welchen Dingen bist du regelmäßig beschäftigt?
Um 7 geht es los. Dann geht es meist zuerst in den OP und man macht die Narkosen, für die man eingeteilt ist. Zweimal in der Woche muss einer der Assistenten in die Sprechstunde für die ambulanten Patienten. Wenn das OP-Programm fertig ist bzw. man einfach nicht mehr eingeteilt ist, dann geht es zum Prämedizieren der neuen Patienten, die am nächsten Tag geplant operiert werden sollen. So gegen vier haben die Chirurgen dann das OP-Programm für den nächsten Tag fertig, dann haben wir Rapport und machen unser Programm dazu. So gegen fünf oder halb sechs ist Feierabend. Bei Dienst kommt man um 9, macht zweimal am Tag die Schmerzvisiste und bleibt offiziell bis 20:00 Uhr im Haus. Danach kann man heim gehen, wenn nichts mehr los ist. Man hat einfach Rufbereitschaft bis am nächsten Morgen um 7, falls noch ein Notfall kommt.
3. Wie viel Zeit in Stunden nehmen folgende Dinge schätzungsweise an einem durchschnittlichen Arbeitstag ein: Visiten vor- und nachbereiten sowie Durchführen, Diktieren von Arztbriefen, Aufnahmegespräche und Eingangsuntersuchung, Gespräche mit Angehörigen, Gespräche mit Kollegen, Sonstiger Schriftkram, Kaffekränzchen?
Visite machen wir ja nur Schmerzvisite, daher sehr wenig. Keine Briefe, keine Angehörigengespräche, kaum Schreibkram. Ab und an Kaffee...
4. Wo liegen bei den unter Frage 2 behandelten Themen die Arbeitsschwerpunkte bei deinen Tätigkeiten?
Narkosen machen und Prämedikationen
5. Was war das absolute Highlight deiner bisherigen Berufslaufbahn, da das du dich auch heute noch gerne und lebhaft erinnerst?
Da ich ja erst sei 3 Wochen "neu" dabei bin, gibt es noch jeden Tag Highlights. Gestern zum Beispiel die erste von mir intubierte Ileus-Einleitung. Highlights verschieben sich einfach mit der Zeit.
6. Welche Erfahrungen und Tipps im Umgang mit dem Pflegepersonal kannst du weiter geben?
Das Team auch als solches verstehen. Ohne den anderen geht es nicht, daher sollte man sich auch gegenseitig helfen und unterstützen. Das kommt dann nämlich auch zurück!
7. Wie geht man aus deiner Erfahrung geschickt mit den ärztlichen Kollegen aus dem Kreise der Assistenzärzte um? Welche Probleme können hier auftauchen?
Eigentlich gilt das gleiche wie mit der Pflege. Muss aber sagen, dass ich mit keiner dieser Gruppen bisher echte Probleme hatte.
8. Chef- und Oberärzte als Vorgesetzte lassen sich leider nicht umgehen. Wie sind hier deine Erfahrungen im täglichen Umgang im positiven wie auch im negativen Sinne?
Höflich und ehrlich und bei Bedarf auch mal korrekt. Dinge ruhig in Frage stellen, so lange man dabei ruhig und konstruktiv bleibt. Ansonsten bei Bedarf immer um Hilfe bitten, ich hab sie bisher immer bekommen!
9. Wie spielt sich konkret die Weiterbildung ab: arbeitest du einfach nur oder gibt es Unterricht durch Ober- und Chefärzte, um den Anforderungen der Weiterbildungsordnung gerecht zu werden? Führst du ein Nachweisheft zur Weiterbildung? Fühlst du dich gut betreut?
Aktuell noch viel 1:1 Teaching. Die meiste Zeit steht im OP jemand neben mir, beim Ein- und Ausleiten der Narkose immer. Prämedizieren geh ich allein, kann aber jederzeit anrufen, wenn ich ein Problem hab. Ich hab einfach eine persönliche Tabelle mit meinen Narkosen angefangen als Nachweis.
10. Was sind aus deiner Sicht die Vorteile deines Fachgebietes im Vergleich zu anderen Fachrichtungen? Und andersherum: wo liegen die Nachteile des Gebietes, die man in Kauf nehmen muss?
Vorteile sicher die geregelteren Arbeitszeiten, die wenige Schreibarbeit und für mich vor allem die Fokussierung auf einen Patienten. Zudem bei Bedarf die Möglichkeit, Teilzeit zu arbeiten. Nachteil sicher, dass man eine Art Dienstleister ist, wenig selber bewirken und entscheiden kann.
11. Wie beurteilst du die Chancen im Hinblick auf deine weitere Karriere nach der Facharztprüfung? Möchtest du eine Kliniklaufbahn anstreben oder dich niederlassen bzw. was hast du vor und wie sieht es dabei speziell für dein Fachgebiet aus?
Da ich aktuell noch gar nicht weiss, in welche Facharztrichtung es gehen wird, kann ich das noch nicht sicher sagen. Wenn es die Innere wird, dann auf Dauer eher Praxis. Bei Anästhesie wohl doch eher Spital...
12. Stress, Überstunden und lange bzw. häufige Dienste gehören leider immer noch zum Berufsalltag. Fühlst du dich häufig gestresst, machst du viele Überstunden oder schiebst häufig Dienste oder geht es bei dir eher locker zu? Wie gehst du persönlich mit Stress und derartigen Belastungen um?
Mh, aktuell fühle ich mich im Dienst schon gestresst, aber das liegt an der mangelnden Erfahrung. Sonst denke ich, die Arbeitsbelastung liegt durchaus im Rahmen des Machbaren.
14. Was möchtest du angehenden Assistenzärzten oder ärztlichen Kollegen als deine zwei wichtigsten Tipps mit auf den Weg geben?
Den Job nicht zu ernst und nach Möglichkeit nicht mit nach Hause nehmen. Niemand ist unersetzbar, also muss man auch nicht alles sofort und selber machen. Eine gewisse Balance zwischen Arbeit und Leben ist nötig, um die Arbeit auf Dauer gut und gern zu machen.
15. Heute nochmals vor deine Berufswahl gestellt: würdest du noch einmal den Beruf des Arztes wählen?
Ja.