uff... ich versuch's in kurzen Worten
Der bubusvenöse Katheter wird gelegt, um die Sauerstoffsättigung im Blut zu messen. Das geht sowohl kontinuierlich (wenn man einen entsprechenden Kathetersatz hat) oder eben alle paar Stunden. Der Katheter wird gelegt wie ein ZVK, nur in die andere Richtung, also hirnwärts, und dann radiologisch überprüft, ob er wirklich im Bulbus sitzt.
Warum interessiert man sich für die jugular- bzw. bulbusvenöse Sauerstoffsättigung? Man versucht, daraus Rückschlüsse auf die Hirndurchblutung und den Hirnstoffwechsel zu ziehen. Im Allgemeinen gelten Sättigungswerte von <50% als Zeichen für eine drohende zerebrale Hypoxie und eine notwendige therapeutische Intervention (was aber in diversen Studien, z.B. von Fandino, angezweifelt wird).
Was macht die Messerei schwierig und/oder unzuverlässig?
Voraussetzung für eine gute Korrelation zwischen Cerebralem Blutfluß (CBF) und Jugularvenöse Sauerstoffsättigung (SvjO2) sind ein konstanter zerebraler Sauerstoffverbrauch, eine konstante arterielle O2-Sättigung, ein konstanter Hb sowie eine konstante Sauerstoffdissoziationskurve, da alle diese Faktoren die Sauerstoffsättigung im Blut bestimmen. Unter klinischen Bedingungen ist es kaum möglich, alle diese Parameter zu überwachen oder gar konstant zu halten. Es würde also auch bei theoretisch konstantem CBF zu starken Schwankun-gen der SvjO2 kommen. Dazu kommen messtechnisch bedingte Schwierigkeiten, die »good data rate« liegt bei 40 – 60% (also im Schnitt nur 50% valide Werte... da kann man auch fast 'ne Münze werfen).
Ein weiteres Problem sind die anatomischen Gegebenheiten. Nicht bei allen Patienten drainieren die venösen Gefäße des Gehirns ihr Blut in gleichem Maß in den Bulbus V. jugularis, sondern auch in das Abflussgebiet "Gesicht". Auch drainiert der Bulbus nicht notwendigerweise nur eine Gehirnhälfte. Die tatsächliche Sauerstoff-ausschöpfung kann dann in einem Areal hoch sein und im nächsten kaum oder gar nicht stattfinden, so dass der Mittelwert, der im Bulbus Venae jugularis gemessen wird, nicht die tatsächliche O2-Sättigung in dem Bereich, der von Interesse ist, wiedergibt.
Ich schwalle ein bißchen, weil das Thema meiner Doktorarbeit war 'Tschuldigung.... ;) Dabei kam heraus, daß zwar ein Zusammenhang zwischen Hirndurchblutung und bulbärvenöser O2-Sättigung sichtbar ist, dieser allerdings über die SvjO2 keine Rückschlüsse auf den tatsächlichen Cerebralen Blutfluß erlaubt. Besonders wichtig ist dabei die Feststellung, dass selbst bei einer CBF von unter 30 ml•min-1•100g-1 die SvjO2 nicht regelhaft unter einen kritischen Grenzwert absinkt. Da denkt man dann von den Meßwerten her, alles sei in Ordnung und das Gehirn "erstickt" derweilen...
Eine zusätzliche denkbare Erklärung für die mäßige Datenausbeute könnte in der zerebralen Pathophysiologie bei schwer hirngeschädigten Patienten gesehen werden. Doch auch bei hirngesunden Patienten wurde nachgewiesen, dass es keinen Zusammenhang zwischen SvjO2 und CBF gibt.
Zusätzliche Gründe, diese Katheter nicht zu legen: Das Infektionsrisiko des Katheters (der liegt IM HIRN), die Möglichkeit einer Verwechselung mit einem normalen ZVK (da liegt doch ein ZVK, da lassen wir doch mal Trispuffer oder NaBi drüberlaufen... und aus die Maus), das Verletzungsrisiko. Und das alles für nur mäßig verwertbare Daten... Andererseits sind bisher die bettseitigen Methoden zur kontinuierlichen Überwachung der Hirndurchblutung alle ein bisserl mau und der Hirnkasten bleibt eine black box für uns.
Ist doch wieder länger geworden, sorry....