Das weiss die Kasse (noch) nicht. Deswegen sollen die Kassenärztlichen Vereinigungen (d.h. unsere Zwangsorganisation) ja auch Servicestellen einrichten (mit unseren Zwangsmitgliedsbeiträgen), die in den einzelnen Kassen rumtelefonieren sollen. Das Problem: wer sich mit Call Centern auskennt, wird sicher wissen, dass das nicht die hellsten und besten Mitarbeiter sind, die einen solchen Job annehmen. Und wie sollen die bitteschön telefonisch herausfiltern, was innerhalb von vier Wochen angesehen werden muss und was nicht? Im Zweifel werden die immer annehmen, dass das ganze dringlich ist- um sich und ihre Vorgesetzten vor etwaigen Regressen zu schützen. Das wird super. Im Gesetz heisst es ja auch nebulös, dass "qualifiziertes Personal" in den Servicestellen sitzen soll, die den Patienten einen Termin in "zumutbarer Entfernung". Was "qualifiziert" in diesem Zusammenhang sein soll, weiss man noch nicht. Und was eine "zumutbare Entfernung" darstellt auch noch nicht- könnte mir vorstellen, dass in Mc Pomm eine ganz andere zumutbare Entfernung rauskommt, als im Rheinland.
Die Daten, wie viele und wie lange Patienten du gesehen und behandelt hast, erhebt die Abrechnungssoftware. Dummerweise nimmt die Software auch Plausibilitätskontrollen vor, die mit der Realität mal kollidieren- es wird dann einfach rechnerisch unterstellt, dass dein Tag anscheinend mehr als 24 Stunden hat, wenn die kummulierte Behandlungszeit zu lange ist (weil einfach eine gewisse Behandlungsdauer angenommen wird). Dann kommt auch schnell mal eine Prüfung ins Haus. Den Umstand, dass man auch mal einfach die Kontaktzeit kürzer hält und die Taktzahl hochtreibt, wenn der Laden brennt- kommt den Bürokraten nicht in den Sinn.
Du *musst* übrigens mind. 20 h in der Woche der Patientenversorgung zur Verfügung stehen, ich weiss nicht, ob einige KVen strengere Vorgaben machen. Aber dafür musst du seit einigen Jahren nicht mehr im gleichen Ort deiner Praxis wohnen (wie vorher vorgeschrieben). Im Zweifel musst du aber innerhalb von 30 min vor Ort sein können. Praxis auf dem platten Land und wohnen in der City ist nicht mal so eben möglich.
Wirtschaftlich gesehen "musst" du ja mindestens so viel Umsatz machen, dass du deine Miete, Strom, Angestellte, Versicherungen etc. bezahlen kannst- wie viele (Kassen-) Patienten das sind, muss man im Einzelfall mal durchrechnen. Die Quartalspauschale pro Patient für Augenärzte im KV Bereich Nordrhein liegt bei unter 15 Euro (IM QUARTAL!!). Bei so niedrigen Sätzen müssen schon so einige angesehen werden- das Problem: wenn man die durchschnittlichen Fallzahlen seiner Facharztgruppe nach oben überschreitet (also Beispielsweise 1500 Patienten im Quartal ansieht anstatt 1200), wird jeder Patient darüber mit 90% Abschlag vergütet. D.h. du bekommst weniger als 1,50 Euro pro Patient...
De facto ist es aber so, dass kein Mensch weiss, wie viel Euro du konkret bekommst zum Augenblick der Behandlung- du bekommst ja zunächst nur "Punkte" gutgeschrieben, wie viele Cent der einzelne Punkt dann im nachhinein Wert ist, steht erst einige Monate nach Quartalsende fest... Kafka hätte es nicht besser machen können.
Und wie ich es im Eingangsposting schon geschrieben hatte: die Bedarfsplanung ist teilweise Jahrzehnte alt- vor einigen Jahren hätte es noch niemand ahnen können, dass es mal eine intravitreale Anti- VEGF Therapie gegen die exsudative AMD geben würde. Das sind mal eben pro Woche 30-40 Patienten, die mal eben extra kontrolliert werden müssen... aber die Abrechnungsmodalitäten werden dem Fortschritt einfach nicht gerecht. Die Leitlinien von DOG und retinologischer Gesellschaft geben auch die Kontrollintervalle vor- da kann man nicht einfach sagen, "Nö- keine Zeit dafür. Bude voll. Sehen uns zur nächsten Injektion".