teaser bild
Seite 1 von 8 12345 ... LetzteLetzte
Ergebnis 1 bis 5 von 39
Forensuche

Aktive Benutzer in diesem Thema

  1. #1
    Los! Tanz deinen Namen! Avatar von Leelaacoo
    Mitglied seit
    12.09.2003
    Ort
    Wo bin ich? Hier? Wo ist das? Und wieviele?
    Semester:
    FA
    Beiträge
    1.884
    Hallo Ihr!
    Die Frage hört sich im ersten Moment vielleicht seltsam an...dazu der Fall:

    Vor einigen Tagen nahm ich einen Patienten vom Notarzt an. 79 Jahre alt, verwahrlost (Messi-Wohnung, Alkoholabusus etc.)...die Nachbarn hatten die Polizei und den Rettungsdienst gerufen, weil er seine vom Nachbar erledigten Einkäufe nicht vor der Haustür abgeholt hatte (nett, dass es solche Nachbarn noch gibt!). Der RD fand ihn im Bett liegend vor, wach udn orientiert, stark exsikkkiert, SpO2 92%, RR 80 mmHg syst., sonst aber nicht dramatisch...NA hinzugerufen, da BZ initial 45 mg/dl. Während des Transportes erhielt er Glc und NaCl, kam recht stabil bei uns auf ITS an (die NÄ hatte noch überlegt, ihn erst in die Ambulanz zu bringen, hatte aber wohl den richtigen Riecher...).
    Als ich ihn aufnahm hatten wir stabile Kreislaufverhältnisse (RR 100 mmHg syst., SpO2 96% mit wenig O2, BZ 103 mg/dl, Temp 36,7°C, HF 120/min bei VHFlimmern-dieses wohl neu)...im EKG bis auf das VHFlimmern keine Besonderheiten, insb. keine ERBS. Neurostatus opB, Pulmo unauffällig, HT rein. der Patient gab an, er habe seit 2-3 Tagen Bauchschmerzen, deshalb sei er nicht mehr aufgestanden, habe nicht mehr gegessen, nur noch wenig getrunken. Er hatte das vorher nie, keine Übelkeit, kein Durchfall/Obstipation, keine Dysurie, keine AP...Alkoholiker, habe aber vorher eher 1-2 Bier/Tag getrunken. In den letzten 4 MOnaten laut Nachbarin deutlich abgebaut, Gewicht verloren (sie schätzte 20 kg, er wußte es nicht recht). War nie beim Hausarzt...wen wunderts.
    Das Abdomen war leicht gebläht (die NÄ hatte Aszites vermutet), im rechten UB deutliche resistenz (ca. faustgroß, derb). DG leise, aber nicht hochgestellt, sicher kein Peritonismus.
    Ich hatte den patient schon prima vista als Tumorpatient gesehen...sonographisch konnte man die RF im UB darstellen, war aber schlecht einzusehen wegen vorgealgerten Darmschlingen, mehrere suspekte Leberherde, kein Aszites, keine Zirrhose, restliche Organe unauffällig, mehrere größere suspekte LK paraaortal. Unklare Rf auch im Pankreaskopfbereich...war mir nicht sicher, ob es sich dabei um ein Pankreas-Ca handelte. RöThorax bis auf leichten Emphysemaspekt unauffällig. Arterielle BGA paO2 130 mmHg, paCO2 60 mmHg, pH 7,32, BE -4, Bic. 22 mmol/l...nicht so wirklich dramatisch.
    Dann kam das Labor: Hb 16 g/dl (exssikiert halt), sonst übliches C2-BB ohne Drama, Gerinnung gut, Krea 1,0 mg/dl (das hatte ich höher erwatet), HST normal, Leberwerte leicht erhöht, Bili normal, Elyte ok, Lipase normal, Procalcitonin normal (weil an Sepsis gedacht), TSH normal.
    Ok, Flüssigkeit, Waschen, Tumorabklärung dachte ich...haben ihn aus dem Aufnahmeraum ins Zimmer gefahren, ich hab mir grad überlegt, ob wir ein CT Abdomen fahren (war 22 Uhr). Dann gibts Asystoliealarm...
    Während der Rea keine Hinweise auf Atemwegsverlegung, nach Rippen-Fx unter Rea mussten wir noch einen Pneu links entlasten, nach 15 mg Supra insg. und > 40 min Rea ohne ROSC bei stets Asystolie brach ich ab.

    Und nun, nach der langen Geschichte: gestern war ich bei der Sektion dabei (besser Pathodemo, Sektion machen die Pathos alleine):
    Kolon-Ca (ileo-coecal...wie getastet, aber nicht stenosierend!), ausgedehnte LK-Metastasierung (gesamtes Abdomen, großes LK-Packet im Bereich des Pankreaskopfes....das was ich als V.a. Pankreas-Ca sonographiert hatte, paraaortal etc....fraglich auch im Lungenhilusbereich), dazu Metastasenlebr, keine Zirrhose. Übrige Organe samt Herz und Lunge unauffällig! Lunge etwas überbläht, aber keine Thromben o.ä.! Herz ohne Hinweise auf Myokardschäden....kein Eiter im Peritoneum, keine Entzündungshinweise, keine Organrupturen! Keine Blutung! Hirn opB, kein Apoplex/Blutung etc.
    Ich fragte die Pathologin, woran genau er nun gestorben sei...sie meinet, ausgedehntes Tumorleisen...ok, klar, aber WORAN denn nun genau? Warum wurde er auf einmal asystol? 2 Minuten vorher schien alles stabil.
    Ich kenne das von Onko-Patienten, die nicht gerade an irgendwelchen Komplikationen (Blutung, Infektion o.ä.) sterben...erst ist alles wie immer...dann wollen sie ganz schnell heim...und sterben dort ... woran?
    Setzt der Tumor Mediatoren frei?
    Ich weiß, es ist müßig, darüber zu reden...und wahrscheinlich lachen manche, aber ich finde die Frage interessant, habe bisher dazu nicht viel gefunden.

    LG Lee (hatte diese Woche 4 Reas im Dienst...2 gut, 2 tot...uff)

    PS: sorry für Schreibfehler, bei mir klemmen manche Tasten
    Geändert von Leelaacoo (05.03.2011 um 11:54 Uhr)



    Stark für Ärzte - Stark für Euch. - Der Hartmannbund - [Klick hier!]
  2. #2
    Diamanten Mitglied Avatar von Relaxometrie
    Mitglied seit
    07.08.2006
    Semester:
    waren einmal
    Beiträge
    10.181
    Ich kann die von Dir vermuteten Mechanismen (Mediatoren u.s.w.) nicht erklären. Die Frage, woran Tumorpatienten letztlich sterben, habe ich mir aber auch schonmal gestellt. Einerseits, weil ich mir selbst unsicher war, woran sie denn sterben, andererseits, weil mir aufgefallen ist, daß ich die Fragen des Laienumfelds oft nicht wirklich tiefgehend beantworten kann. Die Fragen von Laien können einem immer wieder Wissensgrenzen aufzeigen, manchmal stellt man fest, daß Dinge einfach hingenommen werden, ohne daß sie tatsächlich erklärt werden können.
    Zur weiteren Beschäftigung mit dem Thema ist mein Vorschlag, das Thema "Tumorkachexie" zu beleuchten. Alleine der Wikipedia-Eintrag dazu lässt schon erahnen, daß das Thema komplizierter ist, als man beim einfachen Stellen der Frage vermutet.



    Stark für Ärzte - Stark für Euch. - Der Hartmannbund - [Klick hier!]
  3. #3
    Diamanten Mitglied
    Mitglied seit
    10.01.2009
    Beiträge
    3.915
    Ich fand ja die Todesursache "Herz-Kreislauf-Versagen" ja auch immer schon seltsam, weil ja klarerweise Herzschlag und Kreislauf aufhören wenn jemand stirbt...



    Stark für Ärzte - Stark für Euch. - Der Hartmannbund - [Klick hier!]
  4. #4
    Krüppelkatze
    Mitglied seit
    13.03.2008
    Ort
    Mainz
    Beiträge
    2.021
    Zitat Zitat von Relaxometrie Beitrag anzeigen
    Zur weiteren Beschäftigung mit dem Thema ist mein Vorschlag, das Thema "Tumorkachexie" zu beleuchten. Alleine der Wikipedia-Eintrag dazu lässt schon erahnen, daß das Thema komplizierter ist, als man beim einfachen Stellen der Frage vermutet.
    Jepp, in die Richtung würde ich auch denken. Ich hab keine Ahnung über die genauen Mechanismen (und bin mir auch grad nicht sicher, ob überhaupt irgendwer weiß, was da pathophysiologisch abgeht), aber bei fortgeschrittenem Tumorleiden mit ausgeprägter Kachexie (und den Umverteilungsphänomenen, die Tumoren zu hren Gunsten vornehmen) könnt ich mir vorstellen, dass da einfach der zerebrale Stoffwechsel zusammenbricht und sich Atem- und Kreislaufzentrum verabschieden, ohne dass ein makroskopisch sichtbares Akutereignis dazu beiträgt.
    Irgendwann hab ich mir auch mal gemerkt, dass übergewichtige Patienten Tumorleiden häufig länger überleben, die haben dann evtl. einfach mehr Reserven, um die Versorgung des Gehirns aufrecht zu erhalten, auh wenn der Tumor massiv Ressourcen abgreift.
    [/rumspekulieren ohne Quellen]
    I explained that the difference in being sick and being healthy is having to make choices or to consciously think about things when the rest of the world doesn’t have to. The healthy have the luxury of a life without choices, a gift most people take for granted.



    Stark für Ärzte - Stark für Euch. - Der Hartmannbund - [Klick hier!]
  5. #5
    Diamanten Mitglied Avatar von Relaxometrie
    Mitglied seit
    07.08.2006
    Semester:
    waren einmal
    Beiträge
    10.181
    Zitat Zitat von Espressa Beitrag anzeigen
    Ich fand ja die Todesursache "Herz-Kreislauf-Versagen" ja auch immer schon seltsam, weil ja klarerweise Herzschlag und Kreislauf aufhören wenn jemand stirbt...
    Auf dem Totenschein darf man das ja auch nicht als Todesursache schreiben, weil das "Herz-Kreislauf-Versagen" am Ende jedes Sterbeprozesses steht. So, oder so ähnlich, steht es auf den Totenscheinen. Habe bisher erst einen Einzigen ausgefüllt.

    Man denkt manchmal, daß hier das "Henne-Ei-Problem" gilt. Obwohl sich für das Herz-Kreislauf-Versagen wohl doch immer eine Ursache finden lassen sollte. Selbst wenn die Ursache unerkannt bleibt, ist sie trotzdem real vorhanden.
    Geändert von Relaxometrie (05.03.2011 um 12:38 Uhr)



    Stark für Ärzte - Stark für Euch. - Der Hartmannbund - [Klick hier!]
Seite 1 von 8 12345 ... LetzteLetzte

MEDI-LEARN bei Facebook