Hey Nessiemoo,
das ist eine der Gebiete in der Pädiatrie, in dem m.E. die größte Diskrepanz zwischen Leitlinie und klinischer Praxis existiert. Bei uns kam es auf den Assistenz-/Facharzt an, was der machen wollte.
Wie du schon sagst, altes Verfahren war bei uns Blutabnehmen, dabei Flexüle legen und dann Tagesbedarf als Teilelektrolyt + 5% Glucose laufen lassen. Dazu trinken wie toleriert. Das wurde auch sehr von den Schwestern favorisiert. "Neues" Vorgehen: klinische Diagnose der Dehydration, zu verabreichendes Volumen für die nächsten 4h festlegen, das entweder in kleinen Mengen (und hier muss man die Eltern aufklären, dass das auch mal löffelweise alle 1-2min sein kann für den Anfang!) p.o. oder per NG-Sonde. Wenn nicht ausreichend toleriert, dann sekundär IV-Rehydrierung. Problem der Schwestern: Die Kinder (> 1 J.) tolerieren die Magensonde nicht. Wobei ich immer noch nicht verstehe wieso das bei i.v.-Zugang besser klappen soll... Bei PO/NGT braucht man kein Blut abnehmen!
Aus meiner Sicht die häufigsten Missverständnisse bei dem Thema:
Um den Schweregrad der Dehydrierung festzulegen brauche ich eine Blutabnahme -> falsch, Dehydrierung ist eine klinische Diagnose.
i.v. ist schonender für das Kind als Magensonde -> die Flexüle wird vielleicht(!) besser toleriert, aber Länge des KH-Aufenthalts, Komplikationen, Todesfälle(!) sind seltener mit PO/MS.
p.o. klappt doch eh nicht, dann muss ich das kind in 4h nochmal ärgern -> nur in 4% der Kinder war in Studien ein Umschwenken auf i.v. notwendig.
Ein Problem ist, glaube ich, dass die wenigsten Kinderkliniken in Deutschland eine kurzstationäre Therapie machen können (4-5h um zu sehen, das es funktioniert, dann Entlassung nach Hause). Wie es hier in Kanada gehandhabt wird muss ich mal fragen. Ich muss ja zum Glück hier nicht im Emergency Department arbeiten